Volltext Seite (XML)
KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, den 26. September 1964,19.30 Uhr Sonntag, den 27. September 1964,19.30 Uhr 2. Außerordentliches Konzert Dirigent: Gerhard Rolf Bauer Solist: Rudolf Kehrer, Sowjetunion Heinz Röttger Sinfonische Meditationen (Uraufführung) Lento — Allegro molto Lento — Andantino — Lento Allegro vivace Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester C-Dur KV 467 Allegro Andante Allegro vivace assai — Pause — Peter Tschaikowski Konzert für Klavier und Orchester b-Moll op. 23 Allegro non troppo e molto maestoso — Allegro con spirito Andantino semplice — Prestissimo — Andantino semplice Allegro con fuoco Rudolf Kehrer Rudolf Kehrer wurde 1923 in Tbilissi als Sohn einer Musikerfamilie geboren. Bereits als Sechsjähriger begann er Klavier zu spielen und wurde 1934 in das Staatliche Konservatorium seiner Heimatstadt aufgenommen. Nach einer Unterbrechung seiner musikalischen Laufbahn (er studierte an der Physikalisch-Mathematischen Univer sität Tbilissi und war anschließend als Lehrer tätig) legte er 1957 mit glänzendem Erfolg seine Prüfung als Pianist ab und wirkte daraufhin als Klavierpädagoge am Konservatorium in Taschkent. 1961 wurde Kehrer als 1. Preisträger im Allunions wettbewerb für Instrumentalsolisten ausgezeichnet und begann eine Tätigkeit als Professor am Moskauer Staatlichen Konservatorium, die er noch heute ausübt. Sein erstes, sehr erfolgreiches Gastspiel in der DDR gab der Künstler im Jahre 1962. ZUR EINFÜHRUNG Heinz Röttger, der Komponist unserer heutigen Uraufführung, stammt aus Herford (Westfalen). Seit 1928 studierte er an der Akademie der Tonkunst in München Komposition und Dirigieren sowie an der Universität dieser Stadt Musikwissenschaft und promovierte im Jahre 1934 mit einer Dissertation über „Das Formproblem bei Richard Strauss“. Nach einem Volontärsjahr an der Staatsoper München war er von 1935 bis 1945 als Opernkapellmeister in Augsburg tätig. 1948 wurde Röttger Musikalischer Oberleiter am Stadttheater Stralsund, drei Jahre später Generalmusikdirektor am Volkstheater Rostock. Die gleiche Funktion hat er seit 1954 am Landestheater Dessau inne; dazu kam von 1961 an noch eine Tätigkeit als ständiger Gastdirigent an der Deutschen Staatsoper Berlin. Röttger, der außerdem zahlreiche Gastdirigate innerhalb der DDR sowie in der Bundesrepublik und in der Volksrepublik Polen absolvierte und mehrfach durch Auszeichnungen geehrt wurde (u. a. Händelpreis 1961, Ernennung zum Professor 1963), trat als Komponist besonders mit Bühnen-, Orchester- und Kammermusikwerken hervor. Zu nennen sind namentlich die an verschiedenen Theatern unserer Republik (bzw. im Fernsehfunk) aufgeführten Bühnenwerke, die drei Einakter „Bellman“, „Phaeton“, „Heiratsantrag“ und die abendfüllende Oper „Die Frauen von Troja“ (1961). An Orchesterwerken entstanden neben anderen Komposi tionen eine Sinfonie und drei Solokonzerte für Violine, Klavier und Violoncello. In seiner musikalischen Sprache erstrebt der Komponist — nach seiner eigenen Aussage — vor allem eine klare, geordnete, rhyth misch fundierte Struktur. Die Partitur der durch die Dresdner Philharmonie zur Uraufführung ge langenden „Sinfonischen Meditationen" (Meditation = lat. sinnende Be trachtung, Nachdenken) wurde im Dezember 1963 abgeschlossen. Das klar gegliederte dreisätzige Werk weist — ohne große sinfonische Steige rungen, kräftige Unisono-Wirkungen zu scheuen — eine größtenteils durchsichtig-kammermusikalische, übersichtliche Faktur auf. Zu Aufbau und Anlage der Komposition, zu deren Orchesterbesetzung ein Klavier hinzutritt, äußerte der Komponist selbst folgendes: „Der erste Satz beginnt mit einer langsamen Einleitung. In zarter Andeu tung taucht das Hauptthema auf, fragend, suchend, mit schillernd-vibrie- render Farbgebung. (Dieses Hauptthema mit seinem charakteristischen Septimenintervall kehrt in allen Sätzen in variierter Form — den inneren Zusammenhalt herstellend — wieder.) Das an die Einleitung anschlie ßende gegensätzliche Allegro molto besitzt eine vorwärtsdrängende, stür mische Thematik, die in massierter Forte-Instrumentation vorgetragen wird. Der langsame zweite Satz breitet den zögernd-veTtikalen Anfang des vorangegangenen Satzes in einer horizontalen Flächenwirkung mit ruhig kontinuierlichem Schreiten aus (erstes Thema). Eine ausdrucksvolle Strei- cherkantilene folgt (zweites Thema). Der etwas fließendere Mittelteil be wegt sich in polyphonen Bahnen (auf dem Hauptthema aufbauend): So wohl vom Stimmgefüge, wie von der Dynamik und dem Instrumentarium her strebt die Entwicklung einem Höhepunkt zu. Dann folgt — quasi in Form eines Bogens — das Einlenken zum Zurück: Wieder erklingen, dies mal in umgekehrter Reihenfolge, die Streicherkantilene (zweites Thema) und die Hauptthematik. In der fragenden Anfangsstimmung des Werkes endet — meditierend — der langsame Satz. Auf dem Prinzip einer rhythmisch-fundierten thematischen Terrassen dynamik ist der dritte Satz aufgebaut. Eine zweigeteilte Themengruppe kehrt in dynamischer Steigerung und instrumentaler Veränderung mehr fach wieder. Diese zweigeteilte Themengruppe (a: ein achttaktiger synko-