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pierter Komplex und b: ein achttaktiger Unisono-Komplex; später a und b zusammen) wird umgeben — vorher und zwischendurch — von einem Motivgefüge leicht improvisatorischen Charakters (Septimensprung). Gleichsam brückenschlagend wird gegen Schluß in Fortissimo-Breite das Hauptthema des ganzen Werkes nochmals zu Gehör gebracht.“ Einen Monat nach dem berühmten d-Moll-Klavierkonzert KV 466, am 9. März 1785, vollendete Wolfgang Amadeus Mozart das Konzert für Klavier und Orchester KV 467, das er am 10. März in einer seiner Aka demien im Wiener Nationaltheater erstmalig vortrug. Gegenüber dem schwermütigen, bereits in romantische Ausdrucksbezirke vorstoßenden d-Moll-Konzert zeigt dieses Werk wieder eine ganz andere Grundhaltung: Kraftvolle Heiterkeit, festlicher Glanz und farbige Klangpracht dominie ren hier. Dennoch blieb Mozart auch in dem besonders durch seine uner hörte Einfallsfülle bestechenden C-Dur-Konzert bei einer schon im voran gegangenen Konzert manifestierten ausgesprochen sinfonischen Gestal tungsweise. Der brillante, virtuos-elegante Klavierpart wie der vor allem durch mannigfache interessante Bläserwirkungen fesselnde Part des reich besetzten Orchesters werden gleichermaßen in das musikalische Gesche hen einbezogen, wobei die große sinfonische Einheit des Werkes auch durch motivische Verästelungen und Reminiszenzen zwischen den ein zelnen Sätzen zum Ausdruck kommt. Der Charakter des ersten Satzes wird im wesentlichen durch sein ener gisches, zündendes Hauptthema bestimmt; die marschartige Thematik ent spricht der zu dieser Zeit sehr beliebten, von Mozart auch in einigen ande ren Klavierkonzerten aufgegriffenen Form des sogenannten „Militärkon zertes“. Jedoch werden dem gegenüber auch kontrastierende, lyrisch innige Episoden wirksam, und ein Nebenthema erinnert sogar stark an das Hauptthema der dunklen g-Moll-Sinfonie KV 550. „Eine von allen Rücksichten auf die Menschenstimme befreite ideale Aria“ nannte der Musikforscher Alfred Einstein den folgenden Satz, ein an mutsvolles Andante. Er besteht aus einer fortlaufenden, weitgeschwun genen Kantilene des Soloinstrumentes, vom Orchester zart durch Bläser und sordinierte Streicher umspielt, mit Trioien und Pizzicato-Begleitung. — Ungetrübte, geschliffene Heiterkeit herrscht schließlich im liebenswür dig-temperamentvollen, in freier Sonatenform angelegten Finale, dessen tänzerisches Thema in vielseitiger, geistvoll-witziger Weise verarbeitet wird. „Die Arbeit geht sehr langsam vorwärts und will mir nicht gelingen“, heißt es in einem Brief Peter Tschaikowskis an seinen Bruder Anatol während der Komposition des Klavierkonzerts b-Moll op. 23. „Grundsätzlich tue ich mir Gewalt an und zwinge meinen Kopf, allerlei Klavierpassagen auszutüfteln.“ Diese Zeilen zeugen von der unerbittlichen Selbstkritik, die der Meister immer von neuem an sich übte, von seiner schöpferischen Unzufriedenheit, die es ihm stets schwer machte, an seine künstlerische Leistung zu glauben. Aber auch der berühmte russische Pia nist Nikolai Rubinstein, Direktor des Moskauer Konservatoriums, dem Tschaikowski das Werk ursprünglich widmen wollte und von dem er technische Ratschläge für die Gestaltung des Soloparts erbeten hatte, lehnte es mit vernichtenden Worten als völlig unspielbar und schlecht ab, was sich der Komponist sehr zu Herzen nahm. Und doch sollte gerade das 1875 beendete b-Moll-Konzert eine der allerbekanntesten und beliebtesten Schöpfungen Tschaikowski werden. Der Komponist widmete es nach der Ablehnung Rubinsteins dem deutschen Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow, einem großen Verehrer seiner Musik. „Ich bin stolz auf die Ehre, die Sie mir mit der Widmung dieses herrlichen Kunstwerkes er wiesen haben, das hinreißend in jeder Hinsicht ist“, schrieb Bülow, der das Konzert bei der Uraufführung am 25. Oktober 1875 in Boston spielte und es in Amerika und Europa zu größten Erfolgen führte. „Die Ideen sind so originell, so edel, so kraftvoll, die Details, welche trotz ihrer gro ßen Menge der Klarheit und Einigkeit des Ganzen durchaus nicht scha den, so interessant. Die Form ist so vollendet, so reif, so stilvoll — in dem Sinne nämlich, daß sich Absicht und Ausführung überall decken.“ Seitdem ist der große Erfolg diesem an das Erbe Schumanns und Liszts anknüp fenden wie auch Elemente der russischen Volksmusik aufgreifenden und doch ganz persönlich geprägten Werk stets treu geblieben. Eingängige, sinnenfreudige Melodik und originelle Rhythmik, aufrüttelndes, lebens bejahendes Pathos und musikantischer Schwung, stilistische Eleganz und virtuose Brillanz sind die Eigenschaften, die es zu einem Lieblingsstück sowohl des Publikums als auch der Pianisten aller Länder werden ließen. Mit einer außerordentlich schwungvollen selbständigen Einleitung be ginnt das Werk, das von Hörnerfanfaren eröffnet wird. Eine durch Vio linen und Violoncelli vorgetragene schwelgerische Melodie wird vom Soloinstrument zunächst mit rauschenden Akkorden begleitet, dann von ihm aufgenommen und ausgeschmückt und schließlich nochmals original in den Streichern gebracht. Das Hauptthema des folgenden Allegro con spirito ist einem ukrainischen Volkslied nachgebildet, das der Komponist von blinden Bettelmusikanten auf dem Jahrmarkt in Kamenka bei Kiew gehört hatte. Ihm steht ein innig-gefühlvolles Seitenthema kontrastierend gegenüber. Ein buntes, glanzvolles Wechselspiel zwischen Solopart und Orchester mit mehreren virtuosen Höhepunkten kennzeichnet den Ver lauf der hauptsächlich von Motiven des zweiten Themas getragenen Durchführung des Satzes. Lyrisch-kantabel ist der Anfangsteil des in Liedform aufgebauten zweiten Satzes: Von Violinen, Bratschen und Celli zart begleitet, bläst die Flöte eine sanfte, anmutige Melodie. In den lebhafteren, scherzoähnlichen mitt leren Teil fand ein modisches französisches Chanson „II faut s’amuser, danser et rite“ (Man muß sich freuen, tanzen und lachen) Eingang. Der Schlußteil führt dann wieder in die verträumt-idyllische Anfangsstim mung zurück. Von sprühendem Temperament, kraftvoll-tänzerischer Rhythmik ist das stark durch ukrainische Volksmusik inspirierte Finale, ein Rondo, erfüllt. Neben dem feurigen, fröhlichen Hauptthema, dessen Melodie einem ukrainischen Frühlingslied entstammt und das zu wilder Ausgelassenheit gesteigert wird, gewinnt im Verlaufe des Satzes auch das gesangliche, ausdrucksvolle zweite Thema Bedeutung. Ein hymnisch-jubelnder, wir kungsvoller Schluß beendet das Werk. Urte Hartwig Vorankündigung: 3./4. Oktober 1964, 19.30 Uhr 3. Außerordentliches Konzert (Im Rahmen der Sozialistischen Musikfesttage 1964) Dirigent: Horst Förster Solistin: Maria Vermes, Halle J. P. Thilman: Orchesterballade (Uraufführung) G. Wohlgemuth: Violinkonzert (Erstaufführung) P. Tschaikowski: 4. Sinfonie f-Moll DRESDNER 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1964/65 III 9 14 EMZ 964 2 It-G 009,51/64