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Rabenauer Anzeiger : 03.11.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190811032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19081103
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19081103
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-11
- Tag 1908-11-03
-
Monat
1908-11
-
Jahr
1908
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 03.11.1908
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gerin die ihr rechtlich nach dem Anstellungsver- trage zustehende Provision zu zahlen. Es kam aber eine Einigung in Höhe von 28,50 Mark zustande. Die Durchstechereien im Dessauer Gefäng nis. Die vor einigen Monaten am Dessauer Gerichtsgefängnis vorgekommenen großen Durch stechereien des Hilfsgefangenenaufsehers Wilhelm Sasse fanden vor der driiten Strafkammer des Landgerichts ihre gerichtliche Entscheidung. Der Angeklagte Sasse vermittelte, nachdem er durch Geldbeträge bestochen worden war, den brieflichen Verkehr zwischen dem bekannten, kürzlich verur teilten Berliner Geldschrankeinbrecher Otto Wilke, dem Schwager des dieser Tage verhafteten Ein brecherkönigs Franz Kirsch und den in Berlin befindlichen Spießgesellen, sowie den schriftlichen Verkehr zwischen den einzelnen Gliedern der im Dessauer Gertchtsgefängnis sitzenden Hehlerbande, die mit den Berliner Einbrechern in engster Ver bindung stand. Ferner war der Gefangenen aufseher dringend verdächtig, dem Angeklagten Wilke mehrere Sägeblättchen verschafft zu haben, wodurch diesem ün im Februar dieses Jahres unternommener kühner Ausbruchsversuch beinahe geglückt wäre. Hierbei kam auch zur Sprache, daß Kirsch, der hier im Gefängnis sitzt, es jetzt verstanden habe, in seinem Hute mehrere Säge- blättchen in seine Zelle einzuschmuggeln, die aber rechtzeitig bemerkt wurden. Der Angeklagte Sasse besorgte ferner die Korrespondenz zwischen einem im Gefängnis sitzenden Köthener Ingenieur und dessen Frau. Endlich sollte sich Wtlke wegen der im September 1906 in Wiesbaden versuch ten Befreiung seines Schwagers Kirsch und der Bestechung des dortigen Aufsehers Fischer, der deswegen schon bestraft ist, verantworten. Da mals gelang eS einer Anzahl von Berlin nach Wiesbaden gereisten Zuhältern durch plötzliche Umkreisung Kirschs, der nach der Bahn transpor tiert werden sollte, zu befreien; er wurde aber bald wieder ergriffen. DaS Urteil gegen den Aufseher Sasse lautete auf vier Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Ehrverlust, gegen Wilke auf eine Gesamtstrafe von acht Jahren drei Mona ten Zuchthaus. Die übrigen Angeklagten wur den zu kürzeren Gefängnisstrafen verurteilt. Während der Verhandlung wurde der Tischler Max Schulze aus Berlin auf Antrag des Staats anwalts nach Beendigung seiner Aussage unter dem dringenden Verdacht verhaftet, neben Kirsch und Wilke den Landeshauptkaffendiebstahl in Dessau verübt zu haben. Wegen Beleidigung des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Fischer, der Schmiergelder angenommen haben sollte, wurde der Berliner Redakteur Petersen zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt. Aus aller Welt. Ein dreizehnjähriger „Lebemann" wurde auf dem Anhalter Bahnhofe von einem Krimi nalbeamten angehalten. Dem Beamten fiel ein Bürschchen auf, das, kaum den Kinderschuhen entwachsen, eine ansehnliche Zeche machte, tüchtig trank und anderen reichlich zum Besten gab. 3ns Gebet genommen, gab der Knirps an, aus Burgstedt hierhergekommen zu sein. Eine telegra phische Anfrage ergab, daß er seinen richtigen Namen angegeben hatte. Er hatte aber verschwie gen, daß er seinem Vater mit 250 Mark Bar- Seld und einem Scheck über 1500 Mk. durchge- Migen war. In Berlin hatte sich der jugendliche Bergnügungsreisende, der noch die Volksschule besucht, eine große Aktenmappe gekauft, „damit Wan ihn für einen Rechtsanwalt halte". Dann hatte er sich stolz in den Strudel der Großstadt gestürzt und das Geld bis auf 100 Mk. durch- gebracht. Auf Veranlassung seiner Heimatbehörde Umrde das hoffnungsvolle Bürschchen in Schutz haft genommen, bis ihn sein Vater wieder ab lmrst immer das Weihnachtsfest von ihr mit w vieler Freude erwartet worden und wieviel <Mude hatte es ihr nicht stets gespendet! ^sute nichts von alledem, nur tiefes Weh und Aißer Schmerz! Wehmütig betrachtete sic die Zweiglein Heidekraut von dem Strauß, den sie an jenem ^age des Begegnens pflückte und die sie zur Erinnerung an' die selige Stunde aufbewahrt hatte. Heute schmückten sie, verdorrt und Mk, ihre Brust. Ja, hätte nicht der Vater den Munn ihrer Liebe gehaßt, so stände er ^vielleicht heute mit ihr unter dem kerzcn- münimernden Baum- Doch da das Schicksal grausam diese Möglichkeit vernichtet, so mochte wenigstens eine liebe Erinnerung an den Men Geliebten, die verdorrten Heideblnmen, dru Christabend über sic schmücken. — Der Ferne! O, Dora, er ist Dir ja so M! Ahnst Du denn nicht seine Nähe? ^wh, nur jene Tür trennt Dich vom Glück! Und jetzt wird diese Tür geöffnet, und auf der Schwelle erscheint allein der Vater. . „Dora, meine Tochter, mein alter Bredow 9t nicht gekommen", sagte er mit bewegter Mmne, „doch sieh', das Christkindlcin schickt 9>is dafür Ersatz." . Er machte eine lange Pause; die Bewegung 9t zu mächtig, als daß er weiter reden könnte. Dora schaut den Vater mit fragenden - Dicken an. Ein ungewisses Ahnen zieht leise ' durch ihre Seele. Die Hände hat sie über die Mst gefaltet und preßt sie fest gegen das Mrmisch klopfende Herz. Und da fallen die Mlos zerdrückten Blüten des dürren Heide- "mmchens nieder auf den Teppich. . Was soll auch noch das verwelkte Er- Alerungszeichen an verlorene nnd begrabene ^wbe an oer Brust, wenn nun die neue, junge, holte, der ihm seine Reiselust ausgetrieben hat. Knabenraub. In Hamburg wurde ein vier jähriger Knab?, dessen Eltern auf einer Geschäfts tour in Amerika weilen, beim Spielen auf der Straße entführt. Der Entführer fordert in einem Schreiben an die Polizei 6000 Mark Lösegeld unter der Androhung, daß die Verwandten die Nichtauslösung des Knaben bedauern würden. Verhaftete Räuber. Die Budapester Polizei verhaftete zwei von den vier Räubern, die die Kommerzialbank in Neupest überfielen und 80 000 Kronen raubten. Es sind zwei Arbeiter, die alsbald ein Geständnis ablegten. Das Geld wollen sie im Walde vergraben haben. I« Jena starb der Kirchenrat Prof. Dr. Bäntsch aus Kummer über den Tod seines ein zigen Sohnes. Seine Gattin hatte sich ertränkt. Die Bombe. Es wird amtlich bestätigt, daß in Barcelona während der Anwesenheit des spa nischen Königspaares eine Bombe explodierte, wodurch eine Person schwer verletzt und großer Schaden angertchter wurde. Drei Kinder erstickt. Bei einem Stubenbrande, der durch das Spielen mit Streichhölzern ent stand, sind in Laucha bei Halle an der Saale drei kleine Kinder erstickt. Drama eines Kindes. In Tampadel im Be zirk Breslau erhängte sich ein 14-jähriger Junge, weil er mit zärtlicher Liebe an seiner verstorbenen Mutter hing und sein Vater in eine zweite Ehe eingegangen war. Brand einer Ortschaft. Die ungarische Ort schaft Karaxenyfalva wurde van einer Feuers brunst heimgesucht, lieber hundert Gebäude sind eingeäschert. Eine Person ist verbrannt. Schiffsuntcrgang. Wie aus Hoek van Holland gemeldet wird, ist der Great-Eastern-Dampfer „Varmouth" verunglückt. Wrakstücke von ihm wurden aufgestscht. Von der Besatzung fehlt bis jetzt jede Kunde. Pulverexplosion. In der Pulverfabrik in Kriewald in Schlesien fand dieser Tage eine Ex plosion statt. Drei Arbeiterinnen wurden hierbei getötet und vier schwer verletzt. Die bestraften Diebinnen. Die „Rußk. Netsch" erzählt folgende Geschichte: In der deutschen Ko lonie Blumenthal (Kreis Melitopol) hatte ein tscherkessischer Wächter auf dem Felde Weiber beim Stehlen von Weizen ertappt. Die Dorfbe wohner beschlossen, die Diebinnen auf eine origi nelle Weise zu bestrafen, was denn auch geschah. Den Weibern wurde ein Weizenbündel auf den Rücken gebunden, worauf sie unter dem Geleit des tscherkessischen Wächters und einiger Bauern durch das Dorf geführt wurden. Ein Mann mit einem Blasinstrument ging voran und lockte durch die Töne seines Instruments das ganze Dorf herbei. Es war Sonntag. Zahlreiche Dorfbewoh ner schlossen sich dem Zuge an. Die übrigen Bauern bildeten rechts und links Spalier, pfiffen, lachten und klaschten Beifall. Eine Menge von Kindern machte den Zug mit. So wurden die Diebinnen von 5 Uhr nachmittags an bis nach Sonnenuntergang durch alle Straßen des Dorfes geführt und dann erst sreigelassen. 80 000 Krone» von Bankräuber» erbeutet. Neulich mittags wurde in Neupest, einem Vor ort von Budapest, ein ungemein dreister Raub anfall auf die dortige Filiale der Kommerzial- bank verübt, ein Raubanfall, der lebhaft an die Schauerromane Nick Carters und Cherlock Hol mes erinnert. Vier junge, elegant gekleidete Leute fuhren in einem Automobil vor der Bank filiale vor, drangen mit gezogenen Revolvern in das Banklokal ein, sperrten sämtliche Hausein gänge ab, zwangen mit dem Rufe: „Die Hände hoch!" alle Beamten, die Hände in die Höhe zu heben. Nur ein junger Mann widersetzte sich; er erhielt von einem der Räuber mit einem Browning-Revolver einen Schlag auf den Kopf, so daß er bewußtlos zu'ammensank. Nachdem die Räuber noch die Telcphondrähte durchschnitten hatten, forderten sie, den Direktor der Bank auf, ihnen sämtliche Gelder auszufolgen. Der Direk tor ließ sie in den Handkassenschalter eintreten. Dort nahmen sie 80 000 Kronen an sich. Zwei der Räuber verließen hierauf das Lokal, während die zwei anderen zurückblieben und mit ihren Revolvern den Rückzug deckten. Dann verließen auch diese beiden nach wenigen Minuten das Lokal, sperrten aber vorher alle Türen ab, mach ten noch die Fensterläden zu und flüchteten. Die Polizei hat ein ganzes Aufgebot nach Neupest gesandt, um den Räubern auf die Spur zu kom- men. Bisher aber vergeblich. Vermischtes. Neuer Aufstieg Zeppelins. Am Donnerstag machte Graf Zeppelin, trotz des Verlustes ver schiedener Gasbehälter durch Sturz in den See, einen Aufstieg mit dem württembergischen Thron folger an Bsrd seines Luftschiffes. — Wie es heißt, wird der Kaiser während seines Jagdbe- suchs bei dem Fürsten zu Fürstenberg in Donau eschingen den Grafen Zeppelin empfangen. Vom deutschen Kronprinzen erhielt der Graf ein herz lich gehaltenes Glückwunschtelegramm. Unsere Heeresverwaltung «ud das Griechi sche Feuer. Die Erfindung des deutschen Inge nieurs R. Fiedler, die ihn befähigt, eine größere Wasserfläche in Brand zu setzen, wurde, wie die „Inf." erfäyrt, auch von der Militärbehörde auf ihre Brauchbarkeit für ihre Zwecke im Kriegsfälle erprobt. Seinerzeit wurde der Neuentdeckung dieses, bei den Griechen der historischen Zeit schon in Verwendung gewesenen „Griechischen Feuers" — Konstantin vil. vernichtete schon im Jahre 941 damit die 1000 Schiffe der Russen- flotte vor Konstantinopel — große Bedeutung beigelegt, und auch der Kaiser interessierte sich lebhaft für das Verfahren, daß er sich in Weißensee fünfmal demonstrieren ließ. Leider erwies sich, daß das griechische Feuer für moderne Krieg führung völlig unbrauchbar ist. Damit wird diese Erfindung in das Reich seiner hübschen Spiele reien verwiesen, die als Beleuchtungseffekte in An wendung kommen. Die Schulbildung der Soldaten. Eine inter essante Ueberstcht über die Schulbildung der preußischen Mannschaften, die im Ersatzjahr 1907 bei dem Landheer und der Marine eingestellt worden sind, wird soeben im Oktoberheft des Zentralblattes für die Unterrichtsverwaltung, ver öffentlicht. Beim Landheer wurden 151900 Mannschaften eingestellt, von denen nur 21 in ihrer nichtdeutschen Muttersprache eine Schul bildung empfangen hatten und 39 (gleich 0,03 Prozent) ohne Schulbildung waren. Von den 9481 bei der Marine eingestellten Mannschaften besaß einer nur eine Schulbildung in der nicht deutschen Muttersprache, während ein anderer (0,01 Prozent) ohne Schulbildung war. Für die Monarchie ergibt sich damit, daß von 16 l,381 Mannschaften 22 nur in der nichtdeutschen Mutter sprache unterrichtet und 40 ohne Schulbildung waren. Der Gesamtprozentsatz der Mannschaften ohne Schulbildung ist 0,02. Das bedeutet einen Wesentlichen Fort'chritt, denn zehn Jahre vorher betrug dieser "Prozentsatz noch 1,07 Prozent. Entmündigung eines Grafen. Gegen den Reichsgrafen von der Schulenburg auf Haus Oefft in Westfalen ist von seiner Familie die Entmündigung wegen Geistesschwäche beantragt worden. Der Graf hat in dem Prozeß des Reichskanzlers gegen den „Schriftsteller" Brand eine Nolle gespielt. Gegen die „Schonheitsabende" geht jetzt die Polizei allgemein vor. Auch in Stuttgart wurde ein solcher Abend verboten. Hunde als Mitgift. In der Mandschurei be steht die Mitgift eines jungen Mädchens nicht wie in Europa in barem Gelbe, sondern meiner gewissen Anzahl wertvoller Hunde mit dickem Fell oder Seidenhaar. Stand und Verhältnisse des betreffenden Mädchens lassen sich fast mit Sicherheit aus der Anzahl der Hunde folgern, die sie dem Gatten in die Ehe bringt. Erhält sie sechs Hunde, so ist sie arm. Ein bis zwei Dutzend beweisen, daß ihre Familie nur mittelmäßig si tuiert ist, während bis zwölf Dutzend Hunde und darüber den Beweis liefern, daß sie einer reichen Familie entstammt. Die Hunde werden ihres saftigen Fleisches halber sorglich gemästet und ihr Fell zu Decken, Teppichen, Pelzwerk, Jagd westen usw. verarbeitet, die unverwüstlich sind. Der serbische Kronprinz, der Kriegsschreier, wird in der Wiener Allg. Ztg. (er passierte be kanntlich Wien auf der Reise nach Petersburg) wie folgt abgemalt: Ein höchst, aber schon höchst salopp gekleideter junger Mann schlenkerte schlot ternden Ganges an den etwas verblüfft salutie renden Bahnbeamten vorbei und faßte dann, knieweich und nach Kinderart den rechten Fuß eingeknickt, die Hände tief in den Paletottaschen vergraben, bei der Stiege Posto. Er sieht ganz anders aus, als man sich ihn vorstellt, dieser mit Nachsicht des Heldentums zum Nationalhelden und Kriegsgott Serbiens ernannte junge Mann. Seine lässige Haltung, sein schlotternder Gang, reduziert aussehsnde Toilette, sein mehr als non chalantes Benehmen sind nichts weniger als mi litärisch und prinzlich. Deuten mehr auf einen kleinen Handelsjüngling hin, dem die „gute Kinderstube" fehlt. Ein mageres, blutleeres, stark veramüfiertes Gesicht, eine Nase, die kühn vor springt und sich dann erschreckt in einem melan cholischen stumpfen Winkel zur Erde duckt, Au gen, die neugierig und scheu zugleich unstet um- herschweifeu. Kurz, er sieht „ganz anders" aus. Der Herzog von Cumberland spendete an läßlich seines 50 jährigem Jägerjubiläums, das er dieser Tage beging, der Gemeinde Grünau bei Gmunden, in derem Gebiet der größte Teil seines Jagdgebietes liegt, 10000 Kronen. Küßlustige Amerikanerinnen. Nach einem arbeitsreichen Tag in Delaware ruhte sich der amerikanische Präsidentschaftskandidat Taft er müdet in seinem Hotel aus. Sechs junge, bild hübsche Mädchen der Stadt hatten aber gerade an diesem Tage beschlossen, ihn zu küssen und warteten mit Ungeduld in der Halle des Hotels auf dessen Erscheinen. Plötzlich kam ein großer, überaus starker Herr die Treppe herunterge schritten, der von den Mädchen für Taft gehalten wurde. Der angebliche Taft war aber nur ein Freund desselben, der Richter P. Wharton aus Newyork. Wharton war kaum in die Nähe der Mädchen gekommen, als diese auf ihn zustürzten und anfingen, ihn nach Herzenslust abzuküssen. Wharton, der nicht leugnete, der Präsidentschafts kandidat zu sein, ließ sich diesen Kußregen gerne und ruhig gefallen. Ein siebentes junges Mäd chen, daß sich etwas abseits hielt, sah mit ver schämten, zu Boden geschlagenen Augen zu. An diese wandte sich jetzt Wharton mit der Frage, ob sie nicht auch ihren zukünftigen Präsidenten küssen möchte. „Ich möchte ganz gerne," antwor tete sie, „aber Vater ist für Bryan, da geht es wohl nicht". — „Das hat nichts auf sich. Eines Kusses wegen müssen Sie ja die republikanische Partei nicht unterstützen", entgegnete der schlaue Politiker, und hielt seine Wange zum Kusse hin. In diesem Augenblicke erschien Taft. Entsetzt ob ihres Irrtums stürzten die Mädchen laut auf schreiend davon; lachend sah ihnen Taft nach, machte aber dennoch seinem Freunde die bitter sten Vorwürfe, daß er ihn um einen so erlesenen Genuß gebracht habe. Englands erster weiblichrr Bürgermeister ist die Lehrerin Fräulein Dove in Highwycombe. Sie ist für das am 9. November beginnende Gemeindeverwaltungsjahr gewählt worden. Der weibliche Bürgermeister kann alle Funktionen ausüben, nur die friedensrichterlichen Aemter nicht. frische, nie vergehende Pflanze lebendiger Liebe in wenigen Augenblicken in ihrem Herzen ihre holden Blüten öffnen wird? Und dann hört sie wie im Traum den Vater weiter reden: „Dora, darf ich ihn Dir bringen, den Ersatz?" Sie vermag nicht zn antworten, die Kehle ist ihr wie zugeschnürt. Aber ein kaum merklich Nicken des Kopfes ist dem Vater Antwort genug. — Er tritt zurück uud Dora hört ihn sprechen: „Nun dann hinein, lieber Freund, ich glaube, Sie werden angenommen, ich will indeß nach Jensen sehen." Dora starrt nach der offenen Tür zum Studierzimmer des Vaters. — Und da, jetzt schreitet eine hohe männliche Gestalt über die Schwelle und im Jubelruf tönts von den Lippen Doras: „Sie, Herr Dornberg — — o, Du — Du Fritz? ? — In lieblicher, unendlich ent zückender Verwirrung steht sie vor ihm. Was denn? Ist das nicht nur ein Spuk, ein Traum? Er, den sie so fern und für immer verloren geglaubt, wird ihr vom Vater gebracht? Und nannte ihn der Vater nicht lieber Freund? Traum? ? O nicht doch! Süße, selige Wirklichkeit; venu jetzt hört sie seine liebe Stimme: „Dora, meine Dora! Jetzt sind gefallen alle Schranken die uns trennten. Und so frag' ich Dich wie damals dort auf blühender Heide im Sommersonnenglanz heut unter dem schimmernden Schein der weihnachtlichen Tanne: „Dora, liebst Du mich, so wie ich Dich liebe?" — Und kein „Ja"! Aber mehr als alles das, was Worte zu sagen.vermögen. Sie sieht ihn an mit einem Blick so voller Glückseligkeit und inniger Liebe und als er seine Arme öffnet, da sinkt sie au seine Brust und umschlingt mit beiden Händen den Nacken des geliebten Mannes. In seliger Vergessenheit schwinden die Minuten! O, nun ist alles, alles gut! 9tun kam das Glück doch noch zu ihr, Christkindlein hat's beschert zum seligen Feste. — Leise knistern einige verbrannte Nadeln der Tanne und erfüllen das Zimmer mit Weihnachts- vnft. — Als Karstens nach einer Viertelstunde zurückkehrte, schritten ihm die Glücklichen eng umschlungen entgegen. — Ja, das war eine bittere Stunde, die jene einsame Nacht gebracht, wo er im heißen Ringen den alten Haß und Groll begraben hatte. Aber jetzt erntete er den Lohn für dieses Ueberwinden! Das Glück seines Kindes leuchtete ihm in solcher Fülle und Allgewalt entgegen, daß glänzende Tropfen der Rührung über seine Wangen rannen. — Und dann fällt ihm Dora um den Hals und ihre Lippen sprechen: „Du guter, lieber Vater, wie soll ich Dir danken, wie sollen wir Dir danken?" In heißem Dankesgefühl sinkt sie vor dem Vater auf die Kniee und küßt seine Hand immer und immer wieder. „Tausend heißen Dank." . „Ja, auch meinen Dank, Herr Doktor, für das, was Sie uns gaben. — Sie gaben uns unser Glück, uud wir wollen Ihnen dadurch danken, daß wir es uns erhalten. Ich gelobe es Ihnen in dieser weihevollen Stunde der Christnacht, daß ich dnrch treue Liebe an Dora das gut mache:-, will, was mein Vater an jener anderen Dora gesündigt." „Gottes Segen über Euch, meine Kinder!" sagte Karstens leise und innig. Liebkosend strich er mit der Linken über den welligen Scheitel der vor ihm knicendcn Tochter und seine Rechte streckte er Dornberg entgegen, der sie mit herzlichem Drucke ergriff. Minutenlang schwiegen dann alle. Der Wcihnachtsengel flog leise durch das Zimmer und berührte mit leisem Flügelschlage segnend die Häupter der drei glücklichen Menschen. Endlich sprang Dora auf. Glücklich lächelnd sah sie dein Geliebten ins Auge und sagte dann: „Nun muß ich erst die alte, gute Seele, die treue Hanne rufen und ivenn Jensen nocb hier ist, auch ihn. Die beiden Alten, Guten müssen mein großes Glück sehen und sich daran freuen." Karstens betrachtete die strahlenden, glück schimmernden Augensterne seines geliebten Kindes, dem nun nach langen düsteren Tagen der Frühlingsmorgen des seligsten Glückes an gebrochen war, mit inniger Rührung. Und von den Zügen der Tochter glitt sein Blick zu dem, der ihr dies Glück gebracht, zu der hohen Gestalt Dornbergs. Beider Glück wob ein verknüpfend Band zwischen dieser Stunde des Christabends und der Vergangenheit. Das geistige Ange Karstens schaute zurück zu jenem Tage, wo auch zwc> Glückliche so vor ihm gestanden, auch ein« Dora, auch eiu Dornberg. Nur wards damals kein ständig Gsück Aber er kann jener Stunde jetzt ohne Bitterkeit gedenken; denn er empfindet cs iv innerster Seele, daß seiner Kinder Glück für alle Zeiten gegründet ist. Und dann spricht er, bewegt, und doch scsi und klar.
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