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Rabenauer Anzeiger : 19.09.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190809192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19080919
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19080919
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-09
- Tag 1908-09-19
-
Monat
1908-09
-
Jahr
1908
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bereits Arbeitslosenkraivalle stattgefunden. Recht trübe steht's auch in Belgien aus. Die Krise in der Industrie der Borinage, der durch ihre zahl reichen Kohlenbergwerke bekannten belgischen Landschaft, vergrößert sich täglich. Viele Betriebe entließen ihre Arbeiter, andere verringern die Arbeitszeit. Bei der Eisenbahn soll billiger eingekauft werden. Der preußische Eifenbahnministcr sagt in einem Erlaß, bei der Vergebung von Liefe rungen erscheine es geboten, auf den Preisrück- gang der meisten Materialien zu achten. Vermischtes. DaS goldene Priesterjubiläum des Papstes. Papst Pius X. kann am 18. September lein goldenes Priesterjubiläum begehen. Die Feier soll aber erst am 16. November stattfinden, dem Jahrestage seiner Bischofsweihe. Landwirtschaftlicher Unterricht im Heere. Die zwischen dem preußischen Kriegsministerium und dem Landwirtschaftsministerium geführten Verhandlungen wegen Einführung des landwirt schaftlichen Unterrichts bei der preußischen Armee sind laut Magdeb. Ztg. bereits zum Abschluß gelangt. Nach Erteilung der kaiserlichen Geneh migung werden beide Ministerien an die General kommandos und die Landwirtschaftskammern ent sprechende Verfügungen richten, damit noch in diesem Jahre mit dem Unterricht begonnen wer den kann. Ei« hübscher Zug vom deutschen Kronprinzen wird aus Berlin mitgeteilt. Eine arme Boten- srau hatte einen Beutel mit 26,90 Mark ver loren, die sie ersetzen mußte. Der Kronprinz las m der Zeitung davon und ließ der hocherfreuten Frau sofort 50 Mark übermitteln. Ein Manöverscherz wird dem „Heidelberger Tageblatt" erzählt. Im Manövergelände nahm während des Marsches ein Soldat eine Zwetsche don einem Baum, was der gestrenge Herr Feld webel sofort bemerkte. Er gab Befehl zum Halten und der Soldat mußte die „verbotene Frucht" mit einem Zwirnsfaden wieder an den Baum hängen. Gymnasiasten, die ins Manöver wollten. Aus Osnabrück wird der Köln. Ztg. folgende wahre Geschichte berichtet: Einige mit besonderer Kühnheit begabte Schüler des hiesigen Ratsgym- vasiums hatten den Einfall, direkt an den Kaiser M telegraphieren und ihn in beweglichen Worten SU bitten, an einem Tage den Unterricht aus fallen zu lassen, weil Manöver in der Gegend seien, die man sich ansehen wolle. Alsbald traf ein Telegramm ein, es möge veranlaßt werden, den Schulunterricht am nächsten Tage ausfallen SU lassen. Dieses Telegramm im Auftrage des Monarchen war aber nur adressiert: „An den Direktor des Gymnasiums", und so übergab man in Unkenntnis der Dinge dem Direktor des königlichen Realgymnasiums (das Natsgymnafium ist städtisch). Dieser war erstaunt, konnte aber nicht umhin, den Befehl auszuführen. So kam denn, daß die Schüler dieser Anstalt frei hat- ien, während diejenigen des Ratsgymnasiums hinter den Mauern sitzen mußten. Die deutschen LenkballonS. Graf Zeppelin ist mit der Eintragung seiner Gesellschaft, die zunächst mit einem Kapital von 3 Mill. Mark urbeiten soll und an dec er sich selbst mit 300 000 Mark beteiligen will, in das Handels- kegtster beschäftigt. Wird damit der Bau neuer Luftschiffe vorbereitet, so zeigen der Militär- und der neue Parseval-Luftballon, was sie können. Der Militärluftkreuzer, der seine 13 stündige Dauerfahrt glänzend bestanden hat, machte am Dienstag über Berlin eine zweistündige Fahrt Wit dem Klicgsminister von Einem an Bord. Sein Erscheinen über der Straße „Unter den Linden" wurde vom Publikum jubelnd begrüßt. Bereits gleich nach 7 Uhr morgens war der nenc Lenkballon des Majors von Parseval zu seiner großen Fahrt aufgestiegen, der die Abnahme durch die Militärverwaltung folgen soll. Major von Parseval war guten Muts, trotzdem der Ballon eine Windstärke von 6 bis 8 Metern zu überwinden hatte. Das Luftschiff fuhr unter vorsichtiger Benutzung seines einzigen Motors und nahm ungefähr die Richtung, die der Militär ballon in der Sonnabend-Nacht gewählt hatte. Der Sieger in der Wagenfahrt Berlin- München, 625 Kilometer, wobei die Tagesleistun gen vorgeschrieben waren, wurde der Berliner Legationsrat Felsing mit 49 Stunden 12 Min. in einer Woche. Der Sieger äußerte sich über die Fahrt unter anderem: Meinen achtjährigen Wallach „Niebelung" habe ich nicht wegen seiner Schnelligkeit gekauft, sondern seiner Ausdauer wegen. Ich habe zuerst seine Kräfte gespart und sie erst auf der längsten Strecke ausgenutzt. Es war eigentlich eine schwierige Sache, mit den Oestcrreichern zu konkurrieren, denn den öster reichischen Pferden kann man nur auf gebirgigem Gebiet etwas abgewinnen, in der Erbene sind sie unerreichbar. Menschenfresserei im Kongo. Vor einiger Zeit wurde über den Untergang des belgischen Dampfers „Ville de Bruges" im mittleren Kongo und über die Verspeisung der europäischen Schiff brüchigen durch Eingeborene berichtet. Einzel heiten teilt jetzt ein deutscher Landsmann im Tag mit: Auf die Köpfe der armen Weißen, die, im Strome schwimmend, ihre Hände hilfehestchend nach den Booten der Eingeborenen ausstreckten, sausten die Ruder der schwarzen Bestien nieder, bis die Opfer besinnungslos aus dem Wasser ans Land gezogen werden konnten. Die einge borene Besatzung des Schiffes ließ mam am Leben. Was dann mit den Schwerverwundeten und Toten geschehen ist, konnte ich genau nicht feststellen. Sicher ist aber, daß die Kanibalen die Leichen aufgefressen haben- Dies haben mir sowohl die Europäer in Lizala wie die ver schonten Schwarzen des Dampfers bestätigt. Nur der Maschinist konnte sich retten und wurde halbverhungert entdeckt. Der erste Automobil-Löschzug in Berlin hat am vergangenen Montag seinen Dienst aus genommen^ Lum/wb/OLs-cl.jnksunLti'on.KniLHL-u.knsÄenrmuLeum ml-urenn Das Internationale Kriegs- und Friedensmuseum in Luzern, das erst 1902 eröffnet wurde sollte im Interesse des Weltfriedens zu wirken, und das von mehr als 300 000 Menschen besucht worden ist, muß den Ort, auf dem es steht, verlassen, weil der Grund und Boden nicht Eigentum des Museums ist. Damit dürfteu aber die Tage des Museums überhaupt gezählt sein, denn die Stadt Luzern verfügt nicht über die Mittel, die einen Neubau des interessanten Bauwerks an anderer Stelle ermöglichen ließen. Die Leitung des Museums appelliert daher an alle Friedens- fre«nde, im Interesse des Fortbestehens des Museums Beiträge zu spenden. ein Versehen der Chemischen Fabrik Wülfing, Dahl u. Co., Nitrobenzol in einen großen Teil der städtischen Wasserleitung gedrungen und hat das Wasser giftig und ungenießbar gemacht, so daß vor dem Genuß des Wassers in rohem, un gekochtem Zustande gewarnt wird. Die Wasser versorgung der betroffenen Stadtteile geschieht möglichst durch Sprengwagen. Mehrere Personen sollen, wie ein Gerücht besagt, bereits nach dem Genuß des vergifteten Leitungswassers erkrankt sein. — Nitrobenzol ist das Produkt der Ein wirkung konzertrierter Salpetersäure auf Benzol. Es ist ein gelbliches Oel, das stark nach Bitter mandelöl riecht; cs schmeckt ätzend, stark mit Wasser verdünnt dagegen süß, ist aber in jedem Fall giftig. Wassermangel in Amerika. Wie die italie nische Landschaft Apulien, so haben jetzt einige nordamerikanische Staaten unter Wassermangel zu leiden, und hier wie dort spielen sich die gleichen Szenen ab. Die Not erstreckt sich auf die Staaten Pennsylvanien, Michigan, Ohio, Wisconsin, Minnesota, Indiana und Virgina, wo seit sieben Wochen kein Regen gefallen ist. Viele Fabriken, Mühlen und sonstige Betriebe, die vom Wasser abhängen, mußten ihre Arbeit einstcllen, und auf diese Weise sind Hunderttau sende brotlos geworden. Das Wasser wird für teures Geld verkauft. Die Feldfrüchte verdorren, Wälder geraten in Brand und der Schaden wird riesengroß. Das Volk veranstaltet Bittgänge um Wasser. Der Preis für Frauenhaar. Die Riesen hutmode für diesen Winter bedingt eine Haar tracht, zu der sehr viel Haar erforderlich ist. Da nicht jede Dame über einen reichen Harrschmuck verfügt, wird künstliches Haar viel gefragt und gekauft werden. In Parts hat bereits ein schwunghafter Handel mit Frauenhaar eingesetzt, und ein Friseur der französischen Hauptstadt hat sich umlängst über den Preis von Frauenhaar geäußert. Am billigsten ist nach seinen Angaben chinesisches Haar. Es ist sehr hart, dick und grobsträhnig. Der Preis variiert zwischen fünf zig und sechzig Franken das Kilo. Damit unsere Damenwelt dieses Haar tragen kann, muß es zunächst durch chemische Bäder weicher und schmiegsamer gemacht werden. Sehr gesucht ist dagegen blondes Haar. Es kostet, wenn die Haare 80 Zentimeter lang sind, 1500 Franken das Kilo. Am teuersten ist aber natürlich weißes und seidenweiches Haar, das sehr schwer aufzu treiben ist, wird dreitausend Franken und da rüber per Kilogramm gezahlt. Der Kaiser hat dem Prinzregenten von Bayern und dem König von Sachsen seine leb hafte Befriedigung über die Haltung und Aus bildung der bayerischen und sächsischen Truppen im Kaisermanöver ausgesprochen. Unsere Südwestafrikaner. Aus der belgischen Hafenstadt Antwerpen kommen Klagen über das Aussehen und Auftreten deutscher Soldaten, die aus Südwestafrika heimkehren. Wir wissen, wie hart oie Leute gekämpt haben, um so bedauer licher ist es, daß ihr Ansehen im Auslande durch Trunkenheit und schlechte Kleidung leidet. Nach dem die zuständigen Behörden aufmerksam ge macht worden sind, darf auch Abhilfe gehofft werden. Ueber ein betrübendes Bild nach An kunft des Dampfers „Bürgermeister", der den Kolonialstaatsselcetär Dernburg und c!n u Trans port aus Südwestafrika zurückkehrendec deutscher Soldaten an Bord hatte, wird der Voss. Ztg. aus Antwerpen geschrieben; Vom frühen Morgen an liefen in allen Straßen und Winkeln deut che Kolonialsoldaten in nicht passenden, alten und vor allem so schmutzigen Uniformen herum, daß die Leute kopfschüttelnd stehen blieben und ihnen nachsahen. Mittags sah ich eineu völlig betrun kenen Soldaten mit einem Dämchen, das er zärtlich umschlungen hielt, über die Place Verte fahren und am Nachmittag drei deutsche betrun kene Soldaten mit zwei Seeleuten, die mit wehender deutscher Fahne durch die Hauptstraßen fuhren. Gegen Abend stieß ich zweimal auf so sinnlos betrunkene Schutztruppensoldaten, daß ihnen große Ktnderscharen johlend folgten. Seit Ausbruch des Aufstandes in Deutsch-Südwest afrika haben wir Deutschen in Antwerpen uns schon manchmal schämen müssen, wenn Ange hörige unserer Armee, auf die wir so stolz sind, in zerlumpten Uniformen durch die Straßen wanderten. Der Aufstand ist zu Ende und die Militärverwaltung hat doch sicherlich nunmehr Uniformen genug, um die Soldaten so zu klei den, daß sie sich mit Anstand sehen lassen können. Wenn aber keine Uniformen da sind, dann darf man die Leute im Auslande nicht in die Städte lassen. Vergiftetes Leitungswasser. Eine eigenar tige Trinkwasserkalamität ist in Elberfeld ent standen. Es wird darüber gemeldet: Laut Be kanntmachung des Oberbürgermeisters ist durch Für Geist und Gemüt. Mahnung. ast Du mit einem, der Dir lieb, Dich tags erzürnt und's ist Dir leid, O zögre, zögre nicht: vergib Und söhn' Dich mit ihm aus noch heut'. Verschließe nicht in falscher Scham Dein Herz: verzeihen ist so schön! Laß nicht des Tages Leid und Gram In Deine Träume übergehn. Nein, sprich ein Wort, das liebevoll. Es kann die Nacht die letzte sein, Und schiedet ihr in Streit und Groll, O Gott, wie würdet ihr's bereun! Opferfreudig. Sekundaner: „Ach, Fräulein Liesbet, für Sie könnte ich alles, selbst das schwerste vollbringen." — Liesbet: „So, was denn zum Beispiel ?" — Sekundaner: „Für Sie würde ich selbst eine mathematische Hausarbeit machen." Verstimmung herrschte. Sic hätten sich in letzterer Zeit viel gestritten, wobei der wortkarge Bräutigam immer den kürzeren gezogen habe. In Liebcshändel sich eiuzumengen, habe ich stets für eine Torheit gehalten, und so ließ ich hier den Dingen ihren Lauf. Es schien auch alles wieder in Ordnung zu seiu, denn eines Sonntages, es war Anfang November und ein herrlicher Tag, sah ich das Pärchen einträchtig im Sonntagsstaat im Walde in der Richtung nach Stubbenkammcr gehen. Am anderen Morgen teilte mir mein alter Friedrich sehr aufgeregt mit, daß Larssen über Nacht nicht heimgekommen sei, und daß auch Erika vermißt werde. Das war allerdings seltsam! Ich schickte Friedrich zur alten Larssen. Vielleicht war das Paar bei ihr gewesen, und sie vermochte dann Auskunft zu geben. Ganz verstört kam Friedrich zurück. Das Weib hatte ihn wütend ange fahren und bissig bemerkt, daß wir doch am besten wüßten, wie wenig sie über ihres Sohnes Tun und Lassen unterrichtet sei. Sie wolle auch nichts von dem ungeratenen Menschen wissen. Darauf hatte sie dem Friedrich die Tür vor der Nase zugeschlagen. Aufs höchste beunruhigt, ging ich nun selbst auf die Suche und durchstreifte stundenlang den Wald, ohne eine Spur von den Vermißten zu finden. Müde und niederge schlagen kam ich heim und erfuhr schon auf dem Wege das unglaubliche Gerücht, das ivie ein Lauffeuer das Dorf durch eilte, Fritz Larssen habe seine Braut ermordet und sich selbst dem Ortsrichtcr gestellt. Ich eilte sofort zum Ortsrichter, vor dcsseu Hause das halbe Dorf versammelt ivar und in lauten Entrüstungsrusen die Empörung kundgab, die aller Gemüter erfüllte. Tatsache war, daß Larssen in einem unbeschreiblichen Zustand von Seelcnqual zum Ortsrichter gekommen war und erklärt hatte, seine Braut von den Wittower Klinken hinab gestürzt zu haben. Ueber die näheren Umstände der gräßlichen Tat behauptete er ein hartnäckiges Stillschweigen. Ich bat, den sofort in Haft genommenen Mann sprechen zu dürfen; doch der Richter bedauerte, das nicht gestatten zu können, ehe der Mörder von der sofort benachrichtigten Behörde vernommen worden sei. Während wir noch zusammen sprachen, kam die Botschaft, daß die aufgebotene Gendarmerie die zerschellte Leiche des Mädchens am Strande, unmittelbar unter der großen Wittower Klinke gefunden habe, und daß kein Zweifel bestehe, daß es böswillig hiuabgestoßen worden sei. Die Empörung des Volkes war grenzenlos, und als der angebliche Mörder nachmittags zu der Uuglücksstclle geführt wurde, um mit der Leiche konfrontiert zu werden, bedurfte es der ganzen Energie der begleitenden Gendarmen, um ihn vor einer Lynchjustiz zu schützen. Ich war von diesem Ereignis wie betäubt und konnte und wollte das Schreckliche nicht glauben. Es gelang mir, den Unseligen noch kurz vor seiner Abführung nach dem Gerichtsgefängnis in St. zu sprechen. Er war anscheinend ruhig und gefaßt, nur seine Gesichtszüge waren wie erstarrt, uno wie erloschen blickten die treuen, guten Augen. Als er mich erblickte, lief ein Zittern durch seine Gestalt und ein schmerzliches Zucken über sein Gesicht. Aber gleich darauf erlangte er wieder jene steinerne Ruhe. „Fritz!" schrie ich auf. „Das ist doch nicht wahr, das kannst du doch nicht getan haben! Rede doch, Mensch, verteidige dich! Nur nicht dieses hartnäckige Schweigen, mit dem du dir deine Lage nur verschlimmerst! Es war gewiß nur ein unglücklicher Zufall, eine Unachtsamkeit. Erzähle doch offen nnd ehrlich, wie es gekommen ist." Larssen schüttelte aber nur das Haupt und sagte dumpf: „Es war ein Mord." „Unmöglich!" rief ich und schüttelte ihn am Arm. „Larssen, was wird die Baronin dazu sage» !" Da lief wieder jenes krampfhafte Zucken über sein bleiches Gesicht, und mit einem herzzerreißenden Blick stummer Oual sah er mich noch einmal an, ehe er seinen Häschern mit taumelnden Schritten folgte. Bald nachher begannen die Gerichtsverhandlungen. Sie waren nicht von langer Dauer. Das Geständnis der Tat war Beweis genug. Es handelte sich nur noch um die Frage, ob der Mord mit Ueberleguug begangen worden sei. Das konnte nicht erwiesen werden; denn trotz des Ver teidigers und meines dringenden Zuredens war Larssen zu keiner: näherenLngaFen über die Vorgänge auf der Klivve zu vewegem mur )o viel erfuhren wir, daß ein Streit zwischen dem Liebespaar vorangegangcn war, Ler zu Tätlich keiten geführt und mit dem Sturze vou dem Felsen ge endet hat. Das ganze Verhalten des Mörders, das Vermeiden jeder entlastenden Aussage erschien allen sehr seltsam. Man ließ ihm seiner unbescholtenen Vergangenheit und seines guten Leu munds wegen mildernde Umstände angedeiheu, wozu wohl auch meine warme Fürsprache keigetragen haben mochte. Sv wurde wenigstens das Schlimmste, die vom Staatsanwalt beantragte Todesstrafe abgewehrt, und das Urteil lautete auf lebenslängliche Zuchthausstrafe. So, mein gutes Kiud, das siud die nackleu Tatsachen, mit denen du dich abfiuden mußt, so sehr sich dein Gefühl auch dagegen sträuben mag," schloß mein Schwiegervater den Bericht, der mich aufs tiefste erschütterte. „Warum habt ihr mich nicht benachrichtigt?" klagte ich. „Ich wäre sofort gekommen, und mir wäre es vielleicht ge lungen, ein offenes Geständnis von Larssen zu er»eichen und Licht in die dunkle Angelegenheit zu bringen; denn daß «k wirklich der Täter gewesen ist, glaube ich nimmermehr!" „Trotz seines Eingeständnisses?" fragte mein Schwieger» vatcr. „Trotzdem!" rief ich bestimmt aus. „Und ich ruhe nicht eher, als bis ich Larssen selbst gesprochen habe nnd er auch mir, Ange in Auge und Hand in Hand die Tat ein» gestanden hat." „Ich habe das vorausgcsehen," entgegnete mein Schwieger vater, „und glaube mir, ich habe auch damals sofort den Gedanken gehabt, dich hcrbeizurufen und deinen Einfluß auf den Mann wirken zu lassen. Aber mit Rücksicht auf deine Gesundheit, die sich damals kaum etwas zu bessern begann, mußte ich es unterlassen. Ich kann dir den Brief dcs Anstalt-« arztes in R. zeigen, in dem er sich ganz energisch gegcn meine» Antrag aussprach, dich zu diesem Zweck einige Zeit aus dei "Anstalt zu entlassen. Ich mußte mich fügen. Dein Wohl stand mir doch höher als das Geschick dieses Menschen, daS zu ändern wahrscheinlich auch dir nicht gelungen wäre."
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