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Rabenauer Anzeiger : 19.09.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190809192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19080919
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19080919
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-09
- Tag 1908-09-19
-
Monat
1908-09
-
Jahr
1908
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PsLMM Rundschau. Deutschland. Gegen den Plan einer Jnseratensteuer wendet sich das Organ des Bundes der Landwirte, die Deutsche Tageszeitung. Das Blatt sucht uachzuweisen, daß eine gerechte Erhebung der Steuer unmöglich ist. Bleibt das Stellungsgesuch steuerfrei, so ist nicht einzusehen, weshalb ein armer Landwirt, der einen Knecht sucht oder ein Gespann ver kaufen will, sein Inserat besteuern muß, wäh rend der Millionärssohn, der eine Stelle als Volontär sucht, von der Steuer befreit bleibt. Nicht zu unterschätzen ist auch die Gefahr der Abwanderung von Inseraten in den redaktio nellen Teil, wodurch der Preßkorruption Tor und Tür geöffnet werden würde- — Eine Art Wehrsteuer soll in die geplante Nachlaß- steuer etngeflochten worden sein. Man wird darüber die nicht mehr ferne Publikation der Vorlage abwarten müssen. Die Verhandlungen des sozialdemokrati schen Parteitages in Nürnberg galten am Dienstag zunächst der Frauenfrage. Es wurde lebhaft darüber debattiert, in welchem Umfange die Frauen fortan in der Partei organisation vertreten sein sollen, nachdem durch das Neichsvereinsgcsetz alle Schranken für die Frauen gefallen sind. — Der Partei vorstand beantragte, daß politische Sonder organisationen für die Frauen in Zukunft nicht mehr gestattet sein sollten. D ch sollen die Frauen in den Vorständen der Vereine und auch in den Parieivorständen offiziell ver treten sein. Mehrere Mitglieder, so der frühere Abgeordnete v. Elm, erklärten sich gegen die unbedingte Hinzuziehung der Frauen zu den Parteiämtern und entfesselten damit einen recht kräftigen Sturm seitens der weib lichen Mitglieder des Parteitages. Der An trag des Parteivorstandes gelangte schließlich zur Annahme. Die Beratung des ersten Tages schloß nach heftiger Debatte mit der Annahme einer die Tätigkeit der Parteischule anerken nenden Resolution. Sämtliche 362 Mandate wurden sür gültig erklärt. Das bedeutet den Sieg der norddeutschen Genossen und des Berliner Parteivorstandes auf der ganzen Linie. Aus dem Bericht über die Kaffe und Presse geht hervor, daß die Partei dies Jahr ohne Defizit abschltcßt. Die Frage der Bud getbewilligung vertagte mau und beschäftigte sich mit der Maifeier. Auch die Weinsteuer befindet sich, wie verlautet, unter den Steuerplänen, die neuer dings im Reichsschatzamte ausgearbeitet wor den sind und dem Bundesrate vorgelegt wer den sollen. Eine Einigung zwischen den ver bündeten Regierungen über diese Steuer habe aber noch nicht stattgefundeu. Sie soll als Flaschensteuer gedacht sein. Frank e ch. Die von dem französischen und dem spa nischen Botschafter im Auswärtigen Amte zu Berlin überreichte Nota ist Gegenstand ernster Prüfung; vor deren Beendigung ist über den Eindruck, den die Nota in den amtlichen Kreisen hervorgebracht hat, nichts zu erfahren. Außer den bekannten Bedingungen fordern Frankreich und Spanien für die Anerkennung Mulay Hafids noch den formellen Widerru des heiligen Kriegs durch Botschaften des Sultans an die Städte und Stämme sowie die sofortige Annahme der zur Sicherung der Häfen und der Straßen nach dem Innern notwendigen Maßregeln. Rußland. Mit der Cholera in Rußland wird's stetig schlimmer. Die Städte Petersburg, Kiew, Jekaterinoslaw und Taschkent sind »ür cholera- gefährlich, die Gouvernements Petersburg, Moskau, Tomsk, das transkaspische Gebiet, mehrere Provinzen und die Petersburger Bahnlinien für cholerabedrohterklärt worden. Seit dem Ausbruch der Seuche erkrankten in Rußland 6747 Personen und starben 3130. Die Behörden treffen endlich die Maßnahmen, die längst hätten ergriffen werden müssen. Dänemark. Der dänische Millionenbetrug. Der frühere dänische Justizminister Alberti spielt nach dem Eingeständnis seiner Millionenbetrügereien den Geistesschwachen. Mitschuldige scheint er nicht zu haben- Der Wunsch, Popularität unter den Bauern zu gewinnen, soll Alberti zur Zah'ung sehr hoher Butterpreise veranlaßt haben. Zur Deckung der ihm hieraus er wachsenden Verluste verübte er die ersten Betrügereien. Bei der Fälschung der Unter schriften unter dem Schriftstück über die Hinter legung von 9 Millionen Kronen hat sich Alberti gar keine Mühe gegeben, weil ihm angeblich ein Schreibsachverständiger versicherte, daß die sorgsam gemachte Fälschung einer Handschrift leichter entdeckt werde, als eine flott hingeworfene. Der frühere Landwirt schaftsminister Ole Hansen, der als Vize präsident der geschädigten Bauernsparkaffe zurücktreten mußte, scheint ruiniert zu sein — Dcr bisherige Ministerpräsident Christen sen, der unter dem Druck der öffentlichen Meinung noch vor dem Zusammentritt des zum 28. September einberufenen Parlaments seinen Abschied nehmen mußte, teilt mit, wie Alberti ihn hinter's Licht geführt hat. Er beteuert, gutgläubig gewesen zu sein und nie einen Heller von Alberti empfangen zu haben. Holland. Das holländische Parlament ist am ver gangenen Dienstag mit einer Thronrede er öffnet worden, die ziemlich nüchtern ist. Die Königin war dem Akt ferngeblieben, auf ihren Zustand geht die Thronrede mit keinem Worte ein- Neu ist die Ankündigung einer Einkommensteuer, die an die Stelle der jetzigen Vermögens- und Betriebssteuer treten soll. Orient. Wahre Streikwut herrscht in Konstanti nopel. Zu den Eisenbahnern haben sich die Straßenbahner ge ellt, so daß der Straßen bahnverkehr aufgehört hat- Für Ende dieser Woche ist ein teilweiser Ausstand der Dampfer angestellten angekündigt. Die Eisenbahn gesellschaften verlangen Schutz gegen die Streikenden. Zwischen Oesterreich-Ungarn und Serbien besteht wieder Konfliktsstoff infolge der groß serbischen Umtriebe in Bosnien und der Her zegowina. Der serbische Minister des Aeußern hat den österreichischen Minister des Aeußern in Wien besucht und versichert, daß die ser bische Regierung die Bewegung nicht unter stütze. Die serbische Presse hetzt aber weiter, und der Befehl an die vier österreichisch-unga rischen Kriegsfah.zeuge auf der Donau, sich sich kriegsbereit zu machen, kann auch nicht beruhigend wirken. kerichtrvaile. Ein 49 jähriger Rekrut. Aus Düsseldorf wird gemeldet: Vor dem hiesigen Kriegsgericht hatte sich ein gewisser Josef Weiß zu verantwor ten, der im Jahre 1881, um dem Eintritte ins stehende Heer zu entgehen, in das Ausland ge flüchtet war. Heute ist er nun 49 Jahre alt. Das Heimweh hat ihn kürzlich nach Deutschland zurückgetrieben. Wegen Fahnenfluchts verurteilte ihn das Kriegsgericht zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten und Versetzung in die zweite Soldatenklasse. Hygiene in der Artillerie. Aus Metz wird dem B. T. geschrieben: Eine unappetitliche Ge pflogenheit, die mit moderner Hygiene und Rein lichkeit unvereinbar ist, führte den Kanonier Melcher I vom Feldartillerieregiment 70 wegen „Beharrens im Ungehorsam" verbunden mit aus drücklicher Verweigerung des Gehorsams vor das Kriegsgericht. Nach den Bekundungen des Vor gesetzten wird der Pferdemist im Stall von den Artilleristen mit der Hand aufgehoben, da der Gebrauch von Gabeln hier untersagt ist. Als beim Stalldienst eine Abteilung den von der Dunggrube auf die Straße hinabfallenden Schmutz zurückwerfen sollte, wollte Melcher die Gabel und nicht die Hand benutzen. Der Sergeant ließ ihn aber die Gabel wegsetzen und befahl ihm die Hand zu gebrauchen. Melcher weigerte sich und gab in der Verhandlung an, er habe Ekel em pfunden, und außerdem habe er Wunden an der Hand, die von dem Schmutz infiziert worden wären. Das Kriegsgericht der 33. Division war der Ansicht, daß Melcher den Befehl lediglich aus Starrköpfigkeit und Eigensinn nicht ausgeführt habe, und verurteilte ihn zu zwei Monaten Ge fängnis. Scheidung und Hochzeit am gleiche« Tage. Mit einer interessanten Ehege'chichte hatte sich dieser Tage der Anklagesenat in Budapest zu be schäftigen. Der Maschineningenieur Karl Wil helm Rödler hatte sich im Jahre 1905 mit Fräu lein Gertrud Schulzendorfer in Berlin verheiratet, die Ehe wurde aber nach etwa zweijähriger Dauer auf Antrag des Gatten in Budapest rechtskräftig geschieden. Während des Scheidungsprozesses befand sich Rödler im Auslande, wo er an dem selben Tage eine neue Ehe einging, an dem seine frühere Ehe mit der Berlinerin geschieden wurde. Als er später aus dem Urteil den Sachverhalt erfuhr, kehrte er nach Budapest zurück und stellte sich unter der Selbstbezichtigung der Bigamie frei willig den dortigen Behörden. Die Staatsan waltschaft erhob auch Anklage, doch erkannte jetzt der Senat auf Einstellung des Verfahrens mit der Begründung, daß eile strafbare Handlung nicht vorliege, da zur Stunde, als der Beschul digte eine neue Ehe einging, das Scheidungs urteil des Budapester Gerichts bereits gefällt war. Ja, treu ist die Soldatenliebe .... Um seiner Geliebten gefällig zu sein, stellte der Füsilier O-in Berlin unter Eid in Abrede, mit ihr intim verkehrt zu haben. Nachher schlug ihm das Gewissen und er zeigte sich selbst an. Das Kriegsgericht ließ Milde walten und verurteilte ihn nur zu 6 Monaten Gefängnis. Aus aller Wett. Die Untersuchung über die Unterschlrife auf der Kieler Kaiserwcrft zieht weitere Kreise. Es wird immer klarer, daß sich ein ganzes Konsortium von Alt- und Großhändlern zu unredlichem Tun vereinigt hatte. Auch Bestechungen kommen jetzt mehr und mehr an das Tageslicht. So werden neuerdings zwei Sekretäre beschuldigt, in Ver bindung mit einem Dritten, der schon gestorben ist, für Geld an den Großhändler Falkenthä und Genossen Submissior sangebote a ff Altmaterial verraten zu haben, so daß er und seine Verbün deten noch rechtzeitig höhere Preise bieten und jeden Wettbewerb wirkungslos machen konnten. Auf Grund eines Haftbefehls aus Kiel wurde dieser Tage in Berlin in der Kleiststraße ein Kaufmann F., Inhaber einer Doppelfirma T. u. F., verhaftet. Er soll einen revidierenden Se kretär durch Bestechung dazu haben verleite« wollen, bei der Prüfung der Bücher nichts Be lastendes festzustellen. Eine Berliner Firma wurde dadurch in die Affäre verwickelt, daß sie anBe- amte der Werft auf Frist und Wechsel Teppiche lieferte. Die Wechsel übernahm Falkenthal, um mit ihrer Hilfe Einfluß auf die Beamten zu ge winnen. Auch auf eine Firma aus einem Ber liner Vorort und mehrere Hamburger Firmen erstrecken sich jetzt die Ermittelungen. In München ist gegen einen Rechtsanwalt wegen einer falschen eidesstattlichen Versicherung, die er als Sachwalter Frankenthals abgegeben haben soll, und wegen Begünstigung eine Untersuchung jetzt eingeleitet werden. Familiendram«. In Lichtenberg bei Berlin vergiftete ein junger Gastwirt sein einjähriges Kind mit Leuchtgas; er selbst erhängte sich. Der Mann verübte die Tat aus Eifersucht auf seine Frau, die sich viel mit den Gästen beschäftigte. Eine Lehrerin als Totschlägerin. Das Mün chener Schwurgericht soll Anklage gegen eine junge Lehrerin erhoben haben, die beschuldigt wird, ein beim Unterricht lachendes Kind aus Wut zu Tode geprügelt haben. Ans der Bahnfahrt nach Rostock wurden ein Maler und seine Schwester plötzlich irrsinnig. Sie bedrohten die Mitreffenden mit dem Tode und konnten nur mit Mühe im Gelbensande überwältigt werden. Liebhaber von Krone« waren die Einbrecher, die dem Hause des Generaldirektors Ballin in Hamburg einen Besuch abstatteten. Sie stähle« in der Hauptsache nur neue goldene Kronen, die sie aus Orden herausbrachen. In der Wohnung der Soubrette Minka von Berra, die am Münchener Lustspielhause engagieit ist, gab der junge Baritonist Sulzer, der mit der Künstlerin ein Liebesverhältnis unterhalten hatte, zwei Schüsse auf sich ab. Die Soubrette hatte ihm vorher, als er bei ihr vorsprach, durch ihre Mutter mitteilen lassen, daß sie sich von ihm lsssage. Die Verletzungen Sulzers sind nicht lebensgefährlich. Mit 8300 Mk. durchgrbrannt ist der 4l Jahre alle Arbeiter Jakob Bosawski aus der Elifabethstraße 23 in Berlin, ein verheirateter Mann und Vater mehrerer Kinder. B. war seit einem Jahre in einer Fischhandlung iw Ncbenhause Nr. 22 beschäftigt. Schon oft wäre« größere Summen durch seine Hände gegangen. Er sollte von der Elifabethstraße 8300 Mk. nach einem Bankgeschäft in der Königstraße bringe», er ging aber nicht dorthin und ist seitdem ver schwunden. Der Flüchtige, auf den die Polizei behörden der Grenz- und Hafenstädte aufmerksaw gemacht wurden, ist 1,68 Meter groß und gE krumm. Er hat schwarzes Haar, Schnurr- »»" Spitzbart und trägt einen dunklen JackettanB und eine Automobtlistenmütze. Kessclexplosion. Auf der an der holländische» Grenze bet Hcerlen gelegenen Grube „Laura explodierten am Dienstag der Hanplkffsel uda kleinere Kessel. 5 Personen wurden getönt»»» 16 verletzt, davon 3 schwer. Bom Löwen zerfleischt. In Laval verübte ein Bediensteter eines Kinematographentheatcr* namens Grollter Selbstmord, indem er sich w den Löwenkäfig einer benachbarten MenaE schlich und sich von den Löwen z rfleischen lick In einem zurückgelassenen Briefe gab Grollt» als Motiv seine Verzweiflung über eine ungl»»' ltche Liebe an. - stsnSe!, Sewerbe unü velkevl. Schlechte Zeiten überall. Die Lage d» deutschen Arbeilsmarltes hat sich, wie miigem»' 'bedeutend verschlechten und in England habe» Ver Vorfkelä. Novelle von M. Kneschke - Schönau. (Nachdruck verboten^ Und wie er sich dieser schweren Ausgabe entledigte, mit welchem Feingefühl der schlichte Mann aus dem Volke mir das Furchtbare verkündete! Ich werde es ihm nie vergessen. Die treuen Augen voller Tränen, in der zitternden Hand ein Veilchensträußchen vom Grabe unseres Kindes, so empfing er uns an der Station und sagte mit zuckenden Lippen: „Ein Gruß vom kleinen Adalbert! Die Englein haben ihn geholt hinauf in den himmlischen Saal!" * Ein Zittern lief über die Gestalt der Baronin, und eine große Träne rann ihr über die bleiche Wange. Noch heute, nach so viel Jahren, fühlte sie den heißen Schmerz, der da mals ihr Mutterherz zerriß. Leise beugte sich Franzius vor und küßte sanft die herabhängende Hand der unglücklichen Frau. „Lassen Sie mich schweigen von der furchtbaren Zeit, die darauf folgte," fuhr die Baronin leise fort. „Nur so viel, meine rechte Hand, meine Stütze, wenn das Leid mich nieder brechen wollte, war Fritz Larssen. In seiner kindlichen Ein falt fand er stets das rechte Wort, um mich wieder aufzu richten. Zwei Jahre lang siechte mein Mann dahin und erlag trotz aller ärztlicher Kunst doch noch der Wunde, die er vor Hwricourt erhalten hatte. Die Lunge war zu fehr in Mit leidenschaft gezogen worden. Dieser neues schwere Schicksalsschlag warf mich zu Boden. Ich verfiel in Trübsinn und wurde in eine Nervenheilaustalt nach Thüringen gebracht. Nach anderthalb Jahren erst kehrte ich heim. Meine erste Frage galt dem treuen Larssen, als ich ihn nicht, wie ich erwartete, an der Bahnstation versand. Man antwortete mir verlegen, ausweichend, - er sei nicht mehr in unseren Diensten, wäre fortgezogen, man wisse nicht wohin. Umsonst drang ich in meinen Schwiegervater, mir Näheres mitzuteilen. Der alte, müde Mann bat mich, nicht nachzu- lorschen. Später würde er mir alles erzählen... Jetzt,müsse ich vor jeder Aufregung gehütet werden; ich wäre doch nun das letzte, was ihm geblieben sei, und um seinetwillen sollte ich mich schonen. Ich gab seinen Bitten nach. Aber Tag und Nacht zermarterte ich mir das Hirn mit der Frage: „Was ist mit Larssen? Was kann nur Schreckliches geschehen sein, das man mir verbergen möchte?" Im geheimen suchte ich die Leute auszuforschen. Ich erfuhr von ihnen nicht das geringste. Sie waren zu gut instruiert." „Da sollte mir eines Tages Aufschluß werden. Ich war auf dem Friedhof gewesen, um die Gräber meiner Lieben zu schmücken, und hatte bei der Rückkehr einen Waldpfad ein geschlagen. In Gedanken war ich weiter und weiter gewan dert und hatte weder der Zeit noch des Weges geachtet. Da raschelte es plötzlich neben mir im Buschwerk, und auf blickend gewahrte ich ein zerlumptes altes Weib am Boden hocken, das bei meinem Anblick in ein heiseres Lachen aus brach." Ach, die Frau Baronin!" kreischte sie auf, wobei sie mit wild fuchtelnden Armen ans mich zukam. „Sieh da, wieder zurück vou der Reise? Und wie hält man's denn ans, ohne das Herzepünktchen, den Fritz? Ja, starren Sie mich unr an! Ich bin's, die Beate, die Mutter vom „treuen Larssen", dem Mörder, dem Zuchthäusler!" Ein entsetzliches Lachen gellte mir in die Ohren; ein Schauder erfaßte mich, und unwillkürlich wandte ich mich zur Flucht. Mit einer Wahnsinnigen allein im Walde! Angstvoll spähte ich nach Hilfe aus und floh den Weg wieder zurück, den ich gekommen war. Aber das schreckliche Weib folgte mir auf den Fersen, wobei sie schrie, lachte und wilde Verwünschungen gegen mich ausstieß. Ich sei an allem schuld. Ich bätte ihn der Mutter entfremdet, ihn aufgestachelt zum Ungehorsam, ihn zum Mörder gemacht. Endlich nahte Hilse. Ein Förster, durch das Geschrei angclockt, kam herbeigeeilt, verscheuchte das wütende Weib und geleitete mich aus dem Walde. Er kannte mich nicht, denn er war erst kurze Zeit am Ort. Aber Beate kannte er, und so erfuhr ich, daß sie nicht gelogen, daß Larssen, mein Larssen, im Zuchthause einen Totschlag büßte. Mir schwindelte; halb ohnmächtig erreichte ich unser Haus. Mit der letzten Kraft, die mir jener wüste Auftritt und die seelische Erschütterung über das Gehörte gelassen hatte, trat ich vor meinen Schwiegervater und verlangte ge naue Auskunft und die volle Wahrheit über Larssen- Senf,end fügte sich der alte Mann. „Ich fehe ein, daß die Ungewißheit über deines SM' lings Geschick schädlicher auf dich cinwirkt als die schrei lichste Wahrheit," sagte er bedrückt. „So magst du den» alles wissen. Nach deiner damaligen Abreise ging Larssen wochenlang wie ein Träumender einher und litt sichtlich sehr »nick deiner Abwesenheit. Er erst llte feine Pflichten, aber ohns Freudigkeit. Nur wenn Briese von dir einliefen, schien anfzuleben und bettelte mit Blicken stets sv lange, bis ich W' von deinem Befinden Bericht erstattete. Dcr arme Teufel tat mir leid, und ich beschäftigte NM mehr mit ihm, als es sonst wohl der Fall gewesen waff So bemerkte ich denn auch, daß sich zwischen ihm und d" Nichte unsres Obergärtncrs ein zartes Verhältnis entspai"» Ich freute mich darüber, daß dem armen Menschen ein Liebes glück erblühte und sein bisher ödes Dasein verschönte. Ta- Mädchen war hübsch und jung, fleißig und allzeit Dinge. Du hast sie nicht kennen gelernt, sie kam crstF>am deiner Abreise zu ihrem Onkel. Na, kurz und gut, die Sw» entwickelte sich ganz nach Wunsch. Eines Tages überrchaA ich das Pärchen im Garten. Sie wollten erschreckt tavo^ laufen; ich aber beruhigte sie und meinte bedeutsam, da» sich auf deu Pferdestall ganz gut ein Stockwerk aussctzeu »» eine Wohnung sür einen verheirateten Kutscher schaffen ms ' Da hattest du die Freude scheu sollen. Das Mädel iu» mir mit einem Ungestüm die Hand, daß ich glaubte, eS uw» mich be ßeu. Und Larssen — na, wie dcr blicken konnte, wc» ihm ein Sonnenstrahl in die Seele fiel, das weißt du I am besten. ... Da das Paar nun wußte, wie ich über die Sache da»?- erwartete ich jedeu Tag, daß Fritz bei dem Obergärtner u die Kleme anhalten würde, und war nicht wenig erstaunt z hören, daß Larssen jetzt wieder öfter bei seiner Mutter vc kehrte und zwischen ihm und Erika, so hieß die Kleine, ew .
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