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er einen Lehrstuhl für Dirigieren und Komposition an der Musikakade mie Sofia. Der auch musikschriftstellerisch tätige Komponist schrieb bis her verschiedene Kammermusiken, Orchesterstücke, Konzerte, Solo- und Chorlieder. Sein Stil trägt typisch nationales Gepräge, indem er ganze Melodien aus der bulgarischen Folklore oder einzelne Charakteristika übernimmt und das Urwüchsig-Bulgarische mittels moderner Ausdrucks technik individuell gestaltet. Goleminow ist eine ausgesprochen männ liche Künstlerindividualität. Er stellt mit Vorliebe das Kraftvolle in Glück und Leid, im Menschen- und Volksleben dar. Eine urgesunde Melodik, ein drängender Rhythmus, ein koloristisch intensivierter Klang sind be zeichnende Merkmale seiner lyrisch-dramatischen Tonsprache. Die Musik der Suite aus dem 1942 in Sofia uraufgeführten Tanzdr^ma „Nestinarka“ (Feuertänzerin) ist von ausgeprägter Originalität. Golemi now schrieb das Werk, nachdem er die alten Bräuche, speziell den Feuer tanz, und die religiösen Riten der bulgarischen Bauern im entlegenen Dorf Bulgari eingehend studiert hatte. Diesen Studien sind die mitrei ßenden, leuchtenden Volksmelodien und der zündende, nervige Rhythmus einiger Tänze (des Nestinarka-Reigens, dessen Thema einem Volkslied nach°ebildet ist, und des Tanzes im 11 /s-Takt) in dieser Suite zu danken. Der Einfallsreichtum der Musik wird durch die wirkungsvolle, farbige Instrumentation noch betont. Ljubomir Pipkow wurde am 6. September 1904 in Lowetsch ge boren und erhielt seine erste musikalische Ausbildung bei seinem Vater Panajot Pipkow. Nach Abschluß seiner Studien an der Sofioter Musik akademie (1926) und an der Pariser Ecole normale (1932, Komposition bei Paul Dukas) ging er an die Naticnaloper Sofia als Korrepetitor, später als Chormeister. Nach dem Volksaufstand 1944 wurde er — bis 1947 — Direktor der Nationaloper. Von 1947—1954 war er Vorsitzender des bulga rischen Komponistenverbandes. Seit 1948 ist er als Professor für Vokal- Ensembles am Konservatorium Sofia tätig. Der mit höchsten Staatspreisen ausgezeichnete Komponist hat Bedeutendes für die Entwicklung und Demokratisierung der bulgarischen Tonkunst geleistet. Pipkow ist in sei nen Sinfonien, Konzerten, Orchester- und Chorstücken, Opern und Kam mermusiken dem bulgarischen Volkslied verpflichtet, seinen Melodiewen dungen und Rhythmen, gleichzeitig einer freieren Ausdruckskunst im nationalen Geiste huldigend. Für einen neuen sozialen Humanismus ein tretend, bevorzugt er in seinen Werken, die seine dramatisch-heroische Begabung erkennen lassen, einen progressiven, häufig sozialistischen Ideengehalt. Lazar Nikolow (Jahrgang 1922) stammt aus Burgas am Schwarzen Meer und gehört zu den profiliertesten Vertretern der jüngeren bulgarischen Komponistengeneration. Er studierte bei Milri Nenow (geb. 1902), der seinerseits übrigens einst Musik und Architektur in Dresden studierte und von dem Werke in der Philharmonie wie auch in Berlin erklungen sind. Lazar Nikolow schrieb bisher u. a. zwei Sinfonien, zwei Klavierkonzerte, eine Orchestersuite, drei Klaviersonaten sowie Solosona ten für verschiedene Instrumente. Das heute erklingende Konzert für Streichorchester, das Konstantin Iliew bereits 1962 mit den Dresdner Philharmonikern musizierte, entstand 1949 und ist eine seiner gewichtig sten und populärsten Schöpfungen. Es ist gekennzeichnet durch eine wun derbar dichte, konzentrierte Faktur und eine immer wesentliche Aussage. Der Komponist schreibt eine lineare, herbe Handschrift; die Logik seiner vornehmlich polyphon orientierten Gestaltungsweise führt ihn zur freien Tonalität, die für das gesamte Konzert charakteristisch ist. In beiden schnellen Ecksätzen unterstreicht ein solistisch konzertierendes Streich quartett das konzertante Prinzip des Werkes. Der erste Satz (Allegro moderato) wird von einem kraftvollen Streicherakkord eingeleitet. Dann erklingt — über einem Pizzicatcbaß und einem kleinen, engstufigen Melisma der Bratschen — in der ersten Violine das charakteristische Hauptthema, das melodisch und rhythmisch Einflüsse der bulgarischen Volksmusik zeigt, die mehrfach in dem Werk zu beobachten sind. Das Hauptthema beherrscht den ersten und dritten Abschnitt des ersten Sat zes. Im Mittelpunkt des kontrastreichen, sich häufig dramatisch steigern den musikalischen Geschehens steht eine liedhafte, im wesentlichen vom Solostreichquartett getragene Episode. Ein Seitengedanke beschließt den Satz energisch. Das substanzreiche, kontrapunktisch gestaltete Andante erweist sich als eine Passacaglia, als eine Folge von Variationen über einer ständig wiederkehrenden Grundfigur. Rondocharakter besitzt schließlich der launige dritte Satz (Allegro vivo) mit seinem auf tempe ramentvolle Sechzehntelbewegung gestellten Hauptmotiv. Wie im ganzen Konzert gestalten häufige Taktwechsel das Bild der Partitur auch in diesem Satz differenziert und mannigfaltig. Nach Motorik und Akkordik mündet das Werk in eine große Steigerung, in der auch ein Glissando aller Streicher nicht fehlt. Der 1924 geborene Konstantin Iliew gehört ebenfalls zu den nam haften jüngeren Komponisten Bulgariens. Den Besuchern der Dresdner Philharmonie ist er bereits als Dirigent begegnet. Heute erklingt ein Werk aus seiner Feder, das neben seinem Flötenkonzert zu seinen wertvollsten Arbeiten gehört: die Variationen für Orchester. j- )r pj e t er Hartwig Zur freundlichen Beachtung: Da zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Programmheftes noch kein Aufführungsmaterial zur Verfügung stand, mußte leider im Falle der Werke L. Pipkows und K. Iliews auf eine detaillierte Einführung verzichtet werden.