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Der 7. Oktober 1964, 15. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokrati schen Republik, ist uns ein besonderer Anlaß, Rückschau zu halten auf das in dieser Zeit Geschaffene und Geleistete, zurückzublicken also gleichzeitig auf 15 Jahre kulturelle Aufbauarbeit. Die Dresdner Philharmonie, heute als ein Spitzenorchester Europas wieder ein weltbekannter Begriff, hat bedeutenden Anteil an der Entwicklung des Musik lebens unserer Republik. Obwohl die Heimstatt des Orchesters, das Gewerbe haus auf der Ostraallee. Ende des Krie ges vollständig zerstört worden war, weist die Statistik bereits 1950/51 wieder die stattliche Anzahl von 137 durchge führten Konzerten mit 112 000 Besuchern nach; 23 davon fanden in Schwerpunkt betrieben der Industrie statt. 1954 nahm die Philharmonie ihre — schon vor dem Kriege ausgedehnte — internationale Reisetätigkeit wieder auf. Konzerttour neen führten sie nach Frankreich, der VR Rumänien (1954). Italien (1956), Spa nien. Pontugal, Frankreich, nach der Schweiz und der VR Polen (1957). und zum 10. Jahrestag des Bestehens der DDR unternahmen die Philharmoniker unter Nationalpreisträger Prof. Heinz Bongartz, der sie von 1947—1964 als Chef dirigent zu großen künstlerischen Erfol gen führte, eine sechswöchige Reise durch China. 1959, 1961 und 1962 gastierte das Orchester in der benachbarten CSSR. 1962 in Jugoslawien und 1963 wieder in der VR Polen. Außer Konzertreisen in alle Teile der DDR fanden von 1949—1963 12 Tourneen nach Westdeutschland mit insgesamt 165 Konzerten statt. In Aner kennung seiner hervorragenden Ver dienste — Einsatz für das zeitgenössische Musikschaffen und Pflege des klassi schen Erbes — ehrte unsere Regierung das Orchesterkollektiv am 7. Oktober 1958 durch die hohe Auszeichnung des Vater ländischen Verdienstordens in Silber. Der Festakt zum 90jährigen Bestehen der Philharmonie im November 1960 konnte bereits im neuerbauten, 1051 Plätze um fassenden Kongreß-Saal des Deutschen Hygiene-Museums festlich begangen werden. Welch weiter Weg von den har ten, mühevollen Anfängen nach Kriegs ende in den verschiedenen Interims sälen der Randgebiete Dresdens! Heute besitzt die Philharmonie, deren künst lerische Leitung seit Beginn dieser Spielzeit von Prof. Horst Förster über nommen wurde, einen außerordentlich großen Hörerkreis aus allen Teilen der Bevölkerung: durchschnittlich 160 000 Be sucher kommen jährlich zu den Kon zertveranstaltungen des Orchesters — den 270 abgeschlossenen Anrechten in der Spielzeit 1949/50 stehen heute (1964/65) 6100 Anrechte gegenüber. Es wird weiter hin wichtigste Aufgabe und Verpflich tung der Dresdner Philharmonie sein, den schaffenden Menschen Erbauung und Freude durch das Erlebnis der Musik zu vermitteln und als Sendbote Dresdner Musikkultur in anderen Län dern Zeugnis davon abzulegen, wie in unserem Staat Kunst und Kultur in großzügigster Weise gepflegt und geför dert werden. ZUR EIN F'Ü H R U N G Der 1906 in Dresden geborene Johannes Pau] Thilman, Schüler von Grabner, Scherchen und Hindemith, wirkt heute als Professor für Komposition an der Musikhochschule seiner Heimatstadt. Thilman, der zu den führenden Komponistenpersönlichkeiten unserer Republik gehört, Vorsitzender des Verbandes deutscher Komponisten und Musikwissen schaftler im Bezirk Dresden ist, trat 1926 mit seiner übrigens von Paul Hindemith interpretierten Violasonate in Donaueschingen erstmalig an die Öffentlichkeit. 1929 brachte Osborne unter Scherchens Leitung auf dem Musikfest der IGNM in Genf sein Klavierkonzert zur Aufführung. Seitdem fand das umfangreiche, vielseitige, nahezu alle Gattungen um fassende, substantiell gewichtige Schaffen des Komponisten ständig stei gende Beachtung im In- und Ausland. Dirigenten wie Böhm, Keilberth, Kempe, Scherchen, van Kempen, Kon witschny, Bongartz u. a. nahmen sich seiner Orchesterwerke an, unter denen besonders mehrere Sinfonien, ein Violinkonzert und die Sinfoni schen Variationen über ein tragisches Thema zu nennen sind. Thilman bedachte fast alle Gattungen der Kammermusik, vor allem die Bläser musik, schuf Werke für Laien- und Schulorchester sowie reizvolle Haus musik. Auch als Musikschriftsteller trat der Komponist mit drei Büchern zu Fragen der neuen Musik sowie mit Aufsätzen über Musik in in- und ausländischen Fachzeitschriften hervor. Johannes Paul Thilman schreibt zu seinem heute erklingenden Werk: ..Als ich im Januar und Februar 1964 die Orchesterballade komponierte, ging es mir darum, in Form einer Ballade die erregende Auseinander setzung um die Schwierigkeiten beim Aufbau des Sozialismus zu schil dern — und zu versuchen, zu einer künstlerischen Lösung dieser Probleme zu kommen. Später, auf der zweiten Bitterfelder Konferenz 1964, wurde das, was ich vorhatte, durch einige Aussprüche Walter Ulbrichts bestätigt. Die Künst ler wurden aufgerufen. ,an der Auseinandersetzung mit den Widersprü chen unserer sozialistischen Entwicklung teilzunehmen 4 . Weiter sagte Walter Ulbricht: .Eine besonders komplizierte Seite des tiefen künstleri schen Erfassens unserer Wirklichkeit ist die realistische Gestaltung der neuen Konflikte — der menschlichen Siege und Mißerfolge. Ohne tiefe Konflikte und bedeutende Lösungen wird es keine großen Werke der Kunst geben; sie würde sonst steril werden. 4 Und zuletzt meinte er noch: ,Wir wollen, daß sie in tiefen menschlichen Konflikten, in der realisti schen Darstellung menschlicher Triumphe und menschlichen Versagens mit ihren spezifischen Möglichkeiten entdecken helfen wie Konflikte zu lösen sind. 4 Damit ist das Anliegen dieser Orchesterballade sehr treffend zum Ausdruck gebracht worden. Die Orchesterballade ist ein einsätziges, aber deutlich gegliedertes Werk. Eine Ballade ist mehrstrophig, ihr Ausdrucksgehalt soll vom Lyrischen bis zum Dramatischen reichen. Es gibt nun wirklich drei .Strophen 4 , die ein sehr lebhaft gestaltetes Grundthema vom Konflikt in immer größeren Steigerungen aufbauen, wobei die letzte Strophe, lebhaft und stürmisch, über die Schwierigkeiten hinweg zu einer befreienden Lösung vorstoßen will. Diese drei .Strophen 4 sind das konflikthafte, mit Widersprüchen und Widrigkeiten ringende, dramatisch gesteigerte Element der Ballade. Zwi schen diese Strophen schieben sich lyrische Ruhepunkte ein, die sich aller dings zu Höhepunkten entfalten und die folgenden Strophen vorbereiten. Eine langsame Einleitung steht am Beginn der Orchesterballade, voll herber Klänge, auf die Kämpfe und Lösungsversuche des Werkes hin deutend. Ein um modale Möglichkeiten erweitertes h-Moll ist die Grund tonart der gesamten Ballade, den dramatischen Grundakkord unter streichend.“ Gerhard Wohlgemuth, dessen Leben und Schaffen seit den 40er Jahren eng mit seiner Wahlheimat Halle verbunden ist, wurde am 16. März 1920 in Frankfurt am Main geboren. Sein Lehrer auf musiktheo retischem Gebiet war Fritz Reuter. Seit dem Jahre 1949 wirkte der Kom ponist als Cheflektor für den Sektor Musik im Mitteldeutschen Verlag Halle und bei Hofmeister Leipzig, seit 1956 ist er freischaffend tätig.- Am Institut für Musikerziehung der Martin-Luther-Universität Halle nimmt er einen Lehrauftrag für Musiktheorie wahr. Gerhard Wohlgemuth ist Mitglied des Zentralvorstandes und des Bezirksvorstandes Halle im Ver band deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler. Er gewann be deutsamen Einfluß auf das mitteldeutsche Musikleben, von Halle aus fand auch sein kompositorisches Schaffen allgemeine Förderung und An erkennung. Ausgehend von der sogenannten Spielmusikbewegung der 20er Jahre, entwickelte sich sein Werk in ständiger Verbindung zur Volks musik, in der Traditionsbewußtheit gegenüber den verpflichtenden Vor bildern der mitteldeutschen Musikgeschichte seit dem 15. Jahrhundert. Diese Zusammenhänge äußern sich in der pädagogischen Zielsetzung zahl reicher seiner Schöpfungen, Sonatinen, Suiten, Inventionen, Jugendalben, ebenso wie in der Publikation älterer Musik von Scheidt, Johann Krieger, Händel u. a. Von den kleineren Formen der Klaviermusik, des Liedes wandte sich der Komponist mit wachsender Reife den größeren der Kam mer-, Orchester- und Chormusik zu. Besondere Erfolge erzielte er in der