Leiter des technischen Teiles Dr.-Ing. E.Schrödter, Geschäftsführer des Vereins deutscher Eisen- hüttenleute. Kommissionsverlag von A. Bagel-Düsseldorf. STAHL UN EISEN ZEITSCHRIFT Leiter des wirtschaftlichen Teiles Generalsekretär Dr. W. Beumer, Geschäftsführer der Nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahl industrieller. FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTENWESEN. Nr. 19. 8. Mai 1907. 27. Jahrgang. Die Erneuerung des Stahlwerks-Verbandes. NX/ enn man auch von der „Erneuerung“ des VV Stahlwerks - Verbandes spricht, die in letzter Stunde vor dem 1. Mai perfekt wurde, so bedeutet der neue Verband doch in mehr als einer Beziehung einen Fortschritt gegenüber dem alten und ist ein guter Beweis dafür, daß unsere Industrie aus sich selbst heraus die für ihre notwendige Organisation zweckmäßigen Formen herauszubilden vermag. Man schafft sie aus der Zeit für die Zeit, unbekümmert um die volkswirtschaftliche Theorie, die noch immer hinter der Praxis herhinkt. Aber es wäre falsch, diese Praxis etwa deswegen großer Ziele und Ideale bar zu halten. Denn vor den Vertretern der deutschen Stahlwerke stand unverrückbar als Ziel und Zweck ihres Zusammenschlusses die Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungs fähigkeit unserer Industrie nach innen und nach außen. Trotzdem war es nicht leicht, diesen Zu sammenschluß zustande zu bringen. Der bei den unzweifelhaft guten finanziellen und sonstigen Ergebnissen des alten Stahlwerks-Verbandes unter allen Mitgliedern vorhandenen Verbandsfreund lichkeit standen die verschiedenen, aus natür lichen und technischen Eigenarten der Werke entspringenden Sonderinteressen gegenüber, die jede für sich ihre Berechtigung hatten und nach einem billigen Ausgleich verlangen durften. Werke mit einer historisch gewordenen Position sahen sich dem Vorwärtsdrängen jüngerer, nach wei terem Ausbau ihrer Fabrikation strebender Be triebe gegenüber; und so berechtigt dort die Auf rechterhaltung der traditionellen Stellung war, so natürlich war der Ausdehnungsdrang der jüngeren Werke. Das individuelle Moment ist ja auch in der deutschen Eisenindustrie besonders stark ver treten und ist hier wie überall auf die Dezen tralisation gerichtet. Wie es der Bildung eines großen Trustes widerstrebt, abgesehen davon, daß ihm die Verstaatlichung der Eisenbahnen in Deutschland ein wesentliches Druckmittel vorenthält, so ist es auch dem Abschluß von XIX.27 Kartellen hinderlich; und die andauernd gute Konjunktur wirkte ebenfalls nicht förderlich auf die Selbstüberwindung ein, die auch wie manches andere leichter zu loben als zu üben ist. Dafür ist jetzt nach der Erneuerung des Stahlwerks-Verbandes zu hoffen, daß die gute Konjunktur in der Eisenindustrie für die näch sten Monate mindestens noch als gesichert an zusehen ist, und daß man bei einer Erleich terung des Geldmarktes und der daraus fol genden zu erwartenden Steigerung des Unter nehmungsgeistes sogar einen weiteren Aufschwung erhoffen darf, zumal da auch die Zeichen auf dem Weltmärkte günstige sind. War die Leitung des Stahlwerks-Verbandes schon in der Vergangenheit mit ebensoviel Energie als Ge schick auf den Ausbau der internationalen Ver ständigungen gerichtet, so darf man von ihr auch in der Zukunft hoffen, daß sie im besten Sinne eine Politik des Schutzes der natio nalen Arbeit treiben und jeder Verschleuderung ihrer Produkte auf dem Weltmärkte vorbeugen wird. Aus manchem bisherigen Dumping ground ist ein guten Nutzen bringendes Absatzgebiet geworden; und eine solche pflegliche Behandlung des Exportes wird um so dankbarer aufzunehmen sein, als sie mit der auf die Interessen unserer heimischen weiterverarbeitenden Industrie und ihren Rohstoffbedarf zu nehmenden Rücksicht Hand in Hand geht. Dieser aus dem Auslandsgeschäft des Ver bandes entspringende geldliche und ideale Nutzen kommt selbstverständlich insonderheit der Ge samtheit der Stahlwerksbesitzer zunutze, wie er anderseits nur durch ihren festen Zusammen schluß zu einem einzigen Corpus zu erreichen war. Einer für alle, alle für einen, heißt es auch hier; und es wird schwer halten, im ein zelnen auszurechnen, wer den größten Vorteil vom Verbände habe. Auf den Weltmarkt an gewiesen, muß die deutsche Eisenindustrie hier für den schärfsten Wettbewerb gerüstet sein; ohne den Stahlwerks-Verband würde sie hier 1