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Rabenauer Anzeiger : 28.04.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-190804280
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19080428
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19080428
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-04
- Tag 1908-04-28
-
Monat
1908-04
-
Jahr
1908
- Titel
- Rabenauer Anzeiger : 28.04.1908
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Die Berliner Brandchronik verzeichnet wieder täglich mehrere Dachstuhlbrände, offenbar das Werk von Brandstiftern. Jetzt wird der Norden heimgesucht. Vor einem Hause wurde ein Ver dächtiger verhaftet, während zwei weitere Männer nach einer tollkühnen Flucht über die Dächer entkamen. Gräßlicher Abschluß einer Hochzeit. Eine furchtbare Familientragödie hat sich, wie aus Hadersleben gemeldet wird, auf der dicht jenseits der dänischen Grenze gelegenen Besitzung des Landmanns Teckelsen in Brist zugetragen. Im Hause war die Hochzeit eines Sohnes gefeiert worden, und das junge Ehepaar war eben bei der eigenen Besitzung angekommen als es aus dem eben verlassenen Hof die Flammen auflodern sah. Beide eilten schleunigst zurück und weckten die bereits schlafenden Bewohner, die nur noch mit knapper Not das Freie gewinnen konnten. Vater und Bruder des jungen Ehemannes fanden aber gleich darauf den Tod in den Flammen, indem sie bei Rettung des Viehs unter dem zu- sammcnbrechenden Dach des brennenden Stalles begraben wurden. Die Frau des Hofbesitzers verfiel darüber dem Wahnsinn. Nach allgemeiner Annahme.ist die Feuersbrunst auf Brandstiftung zuriickzufühlen, die die frühere Braut des jungen Ehemannes aus Rache verübt haben soll. Gattenmord. In einem Steinbruch in der Sulzbacher Flur in Weimar wurde ein mensch- hcher Fuß gefunden. Die Ermittelungen führten Dr Verhaftung eines Korbmachers Koch in Groß- Romstedt, der auch gestanden hat, seine Fran er mordet und zerstückelt zu habeu. Die Ursache des Mordes war ein Streit um 300 Mark, die Koch seinem Sohne ohne Schuldschein geliehen hatte. In Langenberg in Reuß j. L. erschoß ein verheirateter Arbeiter seine 18jährige Geliebte und sich selbst. In Würzburg erschoß sich ein Gefreiter aus Liebeskummer. Aus Metz verschwand der Oberleutnant Franke. Er wollte wegen eines langjährigen Magenleidens den Tod suchen. Beraubung eines Kassenboten. In Bala- chany wurde auf einen von vier Soldaten beglei teten Kassierer der Kaspikompagnie ein Ueberfall verübt. Der Kassierer und zwei Soldaten wurden getötet, die beiden anderen Soldaten und mehrere Arbeiter schwer verletzt. Von den 24 000 Rubeln die der Kassierer bei sich hatte, wurde nur ein geringer Teil geraubt. — In Schüttorf in Han- Uvver drangen nachts zwei Einbrecher in das Kontor einer Firma. Sie töteten den Nachtwächter durch Messerstiche, doch gelang es ihnen nicht, den Geldschrank zu erbrechen. Mit geringen Wert sachen suchten sie das Weite. In Bouloguc snr Meer wurden der itali- euischc Graf Marchetti, ein ehemaliger Offizier, ""d dessen Frau unter der Beschuldigung der Falschmünzerei verhaftet. Das Ehepaar, indessen Wohnung in Enghien bei Paris eine Untersuchung vorgmonuneu wurde, soll Mitschuldige und Hel fershelfer in London und Marseille haben. Die Rache der Verlassenen. Aus Venedig wird der „Frkf. Ztg." geschrieben: Ein junger Rechtsanwalt, Johann Munari, hatte mit der Tochter des Komponisten Smareglia ein Ver hältnis und es schien, daß er Fräulein Sma- reglia heiraten wollte. Nun legte sich aber die vormalige Geliebte des jungen Juristen, eine ge- wisse Eamatti, deren Ruf durchaus nicht tadellos war, dazwischen. Sie lud eines Abends den Rechtsanwalt zu sich und schnitt dem in Schlaf versunkenen Mann den Hals ab, öffnete dann das Gasrohr und erstickte sich. Einige Klienten Munaris hatten eine wichtige Sitzung in seiner Kanzlei abzuhalten, ein Sportverein harrte seiner, umsonst suchte man ihn überall. Endlich nach mei Tagen machte man die grauenhafte Ent deckung. Zwanzig Kinder von ihrer Mutter ermor det. Einer Reihe von grausigen Verbrechen ist man in Ungarn auf die Spur gekommen. Wie aus Debreczin gemeldet wird, wurde dort gegen die Frau des Landwirtes Peter Kiß die Anzeige erstattet, daß sie ihre beiden Kinder ermordet hätte. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß die Frau mit Hilfe ihres Maunes alle zwanzig von ihr bisher geborenen Kinder im Alter von einem Monat bis zu einem Jahre erwürgt hat. Beide Eheleute wurden verhaftet. Sie gestanden, die Kinder ermordet zu haben, weil sie sich der Not nicht aussetzen wollten. gerichtsdalle Die Affäre Harden-Enlcnburg steht wieder im Vordergründe des Interesses, seitdem der von Harden mit Erfolg angestrengte Münchener Pro zeß zwei Zeugenaussagen gebracht hat, die sich mit dem Schwur des Fürsten Eulenburg, er habe nie Schmutzereien getrieben, in schroffem Wider spruch befinden. Fürst Eulenburg beruft sich auf seinen Eid und läßt erklären, daß auch er volle Klarheit wünsche. Ein Mitarbeiter der Berliner Zeitung machte den Versuch, den Fürsten in Liebenberg in der Mark zn sprechen, der lang jährige fürstliche Rechtsbeistand Geheimrat Lemme teilte ihm jedoch mit: „Es ist leider nicht mög lich; der Fürst kann niemanden sehen, er kann kaum ein paar Worte sprechen; er mußte sogar seine Tochter nach kurzer Zeit entlassen. Er be kommt fortwährend Morphiumspritzen und schläft viel. Wenn er nicht schläft, peinigen ühn die furchtbarsten Schmerzen. Notdürftig konnte ich das Geschäftliche mit ihm besprechen, laufende Sachen, die unbedingt notwendig waren. Er be dauert lebhaft, daß er sie nicht sprechen kann. Neber die schwebende Frage konnte ich nur ganz kurz und scherzend mit ihm reden. „Ja, was soll ich denn nur sagen", erklärte er; „ich habe ja doch geschworen; mehr kann ein Mensch nicht tun. Wie kann nian denn nur an meinem Eide rütteln! Ich liege hier hilflos und in München werden die Zeugen vernommen. Ich bin außer stande, etwas anderes zu erklären, als was ich unter meinem Eide ausgesagt habe." Der Fürst wünscht die Anklage, damit endlich einmal alles klar gestellt werde. Er will nicht, daß die Sache im Sande verläuft, denp dann bleiben ja die Vorwürfe auf ihn sitzen. Es ist sein aufrichtig ster Wunsch, daß nichts verborgen bleibe, nicht die geringste Kleinigkeit." — Damit die Berliner Staatsanwaltschaft Vorgehen kann, sollen die Akten des Münchener Prozesses bereits nach Ber lin gesandt worden sein. Weiter heißt es, daß Harden und Justizrat Bernstein beschlossen, eine Mcincidsanzeige gegen den Fürsten Eulenburg zu erstatten. Außer dem Milchhäudler Riedl und dem Fischmeister Ernst, die bekundeten, im An fang der achtziger Jahre mit dem damaligen Grafen Eulenburg Selbstbefleckung getrieben zu haben, sind angeblich noch vier Tatzeugen vor handen, die Justizrat Bernstein in dem gegen ihn vom Fürsten Eulenburg anhängig gemachten Be leidigungsprozeß zur Stelle bringen will, so daß das schlechte Leumundszeugnis Riedls nicht in Betracht käme. Wie noch verlautet, ließ Harden den Fürsten vor seinem Schwur unter Angabe von Zeugen wiederholt warnen. Vermischtes. Das Kaiscrpaar auf Korfu. Beide Majestäten machen täglich Spaziergänge und der Kaiser er ledigt regelmäßig auch die Regierungsgeschäfte. Dem Abgesandten des Sultans, Turkhan Pascha, verlieh der Monarch die Brillanten zum Groß kreuz des Roten Adlerordens. Das englische Kriegsschiff „Jmplacable" hat Korfn verlassen. Die Besatzung brachte im Vorbeifahren Hurras auf den deutschen Kreuzer „Hamburg" aus, die 'von der Besatzung der „Hainburg" stürmisch er ¬ widert wurden und sich beiderseitig lange fort- etzten. Bei einem Wettrudern gegen die Eng- änder hatte die deutsche Mannschaft vortrefflich abgeschnitten. — Der Kaiser soll, da er sich beim Anzünden einer Zigarette die linke Bortspitze ver engte, seine Barttracht geändert haben und die Schnurbartspitzen nicht mehr fast senkrecht nach oben gerichtet tragen, sondern mehr seitlich ge legt. Wie es heißt, hat die neue Barttracht den Beifall der Kaiserin gefunden. Dagegen erinnert man sich wohl noch, daß die hohe Frau den Backenbart, den sich der Monarch vor Jahren auf einer Reise hatte wachsen lassen, nicht leiden mochte und daß dieser Bart denn auch bald wie der aus dem Gesicht des Kaisers verschwand. Lothringen erhält kein neues Armeekorps. Die Nachricht von der Bildung eines neuen Korps entbehrt nach dem „Tag" jeder Begrün dung. Sollte später einmal der Frage der Neu bildung eines Armeekorps näher getreten werden, so kämen nur die Bereiche des 1. oder des 14. Korps in Betracht, bei denen bereits eine dritte Division vorhanden ist. Die Bremse. Die Düsseldorfer Regierung versagte dem Beschlusse des Gemcinderats in Oberkassel auf Teuerungszulagen für Lehrper sonen die Genehmigung. Ein japanischer Prinz in Deutschland. Prinz Kuni von Japan traf dieser Tage zur Besichti gung der Polizeischule in Kottbus ein. Die internationalen Studienreisen dehnen weiter aus. Wie wir namentlich aus England, Frankreich Besuch erhalten, entsenden wir dorthin Reisegesellschaften. Zu dem geplanten Besuch deutscher Geistlicher in London wird gemeldet, daß die Delegierten unter Führung eines Aus schusses von kirchlichen Würdenträgern am 20. Mai von Bremen abfahren werden. Die Leitung liegt in den Händen des Berliner Hofpredigers Dryauder. An der bis 3. Juni dauernden Reise werden etwa 100 evangelische Vertreter, 15 Me thodisten, Baptisten, Unitarier und 2 bis 3 Rab biner teilnehmen. Katholiken beteiligen sich an der Fahrt nicht. Die in Berlin eingetroffenen französischen Studenten haben eine sehr freund liche Aufnahme gefunden. .In den sowohl von französischer wie von deutscher Seite gehaltenen Reden wurde dem Sichkennen-, Sichverstehcn- und Sichvertragenlernen das Wort geredet, vor allem aber der gemeinsamen Aufgabe gedacht, die Wis senschaft zu fördern. Die Franzosen äußern sich über das Gesehene höchst anerkennend und ver schiedene Pariser Blätter begleiten ihre Berichte über den Berliner Besuch mit warmen Worten. Ein Musterwohnhaus für Arbeiter, das aus den Mitteln einer wohltätigen Stiftung er richtet wurde, ist dieser Tage in Paris au der Ecke der Rue d'Allemagnc und der Passage de Melun der Benutzung übergeben worden. Akan hat beim Bau des Hauses au solche Ar beiter und Handwerker als Einwohner gedacht, die zu Hause in ihrer Werkstätte arbeiten. In folgedessen gehört zu jeder Wohnung ein beson derer Arbeitsraum, ein Atelier, das mit einer elektrischen Anlage zum Antriebe und zur Be wegung der Arbeitsmittel versehen ist. Das Haus hat zwei Flügel und sechs Etagen. Der Zugang zur Werkstätte befindet sich unmittelbar vom Treppcnflur, so daß die Kunden und Auftrag geber nicht erst die Wohnräume der Arbeiter zu betreten brauchen. Die einzelnen Wohnungen be stehen aus zwei und drei Zimmern und kosten jährlich je nach Lage 500 bis 740 Francs Miete. In besonderer Weise ist bei der Anlage auch für die Kinder Rücksicht genommen worden. Im Erdgeschoß befindet sich eine geräumige und luf tige Halle, in der die Kinder beim Regen und schlechten Wetter spielen können. Außerdem hat nian auf dem Dache eine Terrasse angelegt, auf der sich an heißen Sommerabenden die Eltern mit den Kindern zur Erholung anfhalten sollen. Ain Treppengeländer ist eine sinnreiche Vorrich tung angebracht worden, die es verhindert, daß die Kinder auf dem Treppengeländer Hinunter rutschen und durch Absturz verunglücken. Alle Räume und Wohnungen des Gebäudes sind mit elektrischer Beleuchtung versehen. Ueber Mord, Totschlag und Hinrichtungen n Preußen während des Jahres 1906 berichtet die Statist. Korr.: Es sind 696 Personen, da runter 491 männliche, dem Morde oder Totschlag zum Opfer gefallen. Verhältnismäßig die meisten Morde hatte Westfalen mit 3,03 auf 100,000 Personen, die wenigsten Schleswig-Holstein mit 1,33. 2855 vom Hundert aller Morde kamen auf Erstechen, 21,37 auf Erschlagen und 14,79 auf Erschießen. Die Zahl der Hinrichtungen (nur Männer) betrug 12, davon 4 in der Rhein provinz und Sachsen. In den letzten 5 Jahren wurden 73 Hinrichtungen an 66 Männern und 7 Frauen vollzogen. London im Schnee. Der Winter hat auch der Hauptstadt Englands noch einmal einen Be such abgestattet. Wie aus London gemeldet wird, ist dort ein großer Schneefall eingetreteu, der ganz London in eine Winterlandschaft ver wandelt hat. Auch aus der Provinz werden Schneefälle bei großer Kälte gemeldet, die die Frühjahrsblumen- und Gemüscpflanzungen schwer geschädigt haben. Als Bariton für die Berliner Hofoper wird nach Berliner Zeitungen ein erst 19 jähriger Maurergeselle namens Berthold Pusch ausgebildet. Der künftige Hofopernsänger wurde durch Zufall auf einem Neubau „entdeckt." Ein fideles Gefängnis. Als die Frau des Aufsehers vom Gefängnis in Jllkirch, deren Mann gerade auf dem Amtsgericht beschäftigt war, einem Gefangenen die Abendkost bringen wollte, packte dieser die Frau und sperrte sie trotz heftiger Gegenwehr in die eigene Zelle, die er dann znschlug. Auf den Lärm kam ein an derer Gefangener, dessen Zelle gerade offen stand, der Frau zu Hilfe; der Ausreißer versetzte ihm aber ein paar tüchtige Hiebe und sperrte ihn wieder in seine Zelle. Dann holte er sich den Hausschlüssel, öffnete das Tor und entfloh. Im Gefängnis aber klopfte und schrie unterdessen aus Leibeskräften die Frau Kerkermeister, um aus ihrer unfreiwilligen Haft befreit zu werden. Moderne Schatzgräber. Bei Ensisheini im Reichslande fanden Zuchthäusler bei Erdarbeiten eine Zementkugcl- Man zertrümmerte sie und fand darin etwa 2000 Mk. in Gold und Silber. Wahrscheinlich handelt es sich nm Diebesbeute, da seinerzeit einem Bürger von Eusisheim 3000 Mark gestohlen wurden. M l eist uns Semiil. Dammcrfiuudc. HlWMie lieb' ich dich, du traute Dämmer- stunde, Wenn Tag und Nacht sich leis die Stirne küßt, Wenn schweigen rings' im tiefen Walscsgrunde, — Die Farbe», — alles Himmel ist! Die Farben bleichen auf der Erde Breiten, Und wo beim Scheiden uns die Sonne grüßt, In Nacht die Welt mit ihrem Leid und Streiten Und frei der Blick, wo alles Himmel ist! Ins weite Blan, wo hoch die Sterne gehen, Da Gottes Walten ihre Bahnen mißt; Nun kann auch ich den eignen Weg einst sehen, Nur Gottes Weg, der immer Himmel ist! Mir ist, ich würde leis emporgetragen, Als ob das Herz die Erde ganz vergißt. — Und Jnbelklang statt Erdenkampf und Klagen. An Jesu Herz, da alles Himmel ist! Ein Zeitkind. „Kläre ist schon wieder da, — ich soll mit ihr spielen; ach Mama, die ge sellschaftlichen Pflichten reiben eincn ganz auf'" Mlttlreiler. Original-Roman von Gebt». Schätzler-Perasiul. 18 Korinsky biß sich zornig auf die Lipprn. „Was will machen, Herr Graf, wenn einem der Sturm des gebens durch einanderschükleU? Mich aufznraffen, eine ^cllung wieder einznnehmen wie einst, ich habe es ver- juch! und mit ehrlichstem Wollen. Vergebens!" »Aber Herr", stieß Graf Joachim hervor. „Wie tonnten Sie nur so tief sinken?" Der Kunstreiter, den jeder Hinweis auf seine elende Lage tief verletzte, zuckte die Schulter und sagte bitter: »Herr Graf, ich gehöre zu den Menschen, welche ent schieden bei altem, was sie beginnen, Unglück haben und sogar meist noch andere Personen mit hineinziehcn. Sie haben mich damals gekannt. Man nannte mich einen Abenteurer, ich mar es nicht, bei Gott nicht! Daß ich nicht viel Vermögen halte, war wohl richtig. Aber als ich Elli mit mir nahm, hakte mir mein Onkel, der Besitzer Anes großen polnischen Gutes, eine glänzend dotierte Acrwalterslelle seines Besitzes angeboken. Noch ehe ich «nkarn, starb er und ich ging dabei völlig leer aus. Das war das erste Unglück. Das zweite folgte auf dem Fuße, indem Baron Randeck meine und Ellis Bitten um Vergebung mit einem Fluche beanlwortete. Und als sollte sich dieser Fluch sogleich bewahrheiten, verlor ich meinen ganzen Vermögensrest durch den Zusammensturz der Pariser Bank, welche meine ohnehin nicht großen Gelder verwaltete. Ich stand mit Elli beinahe mittellos da. In jenem Augenblicke wünschte ich, Herr Graf, Baron Randeck hätte damals die Waffe gegen mich ab- oefeuert, die er bereits erhoben hakte, als er mich und Elli flüchtend überraschte". korinsky machte eine Pause und Graf Joachim nickte mit finsterer Miene - , 5ic haben reck', d-nn das Elend, welckes Sie über Randeck und wohl auch über Elli brachten. ;chreil zum Himmel. Wochenlang rang der Baron noch mit dem Tode, denn als er mit der erhobenen Waffe in sein Zimmer zurücktaumelke, stürzte er vom Schlage gerührt zn Boden. Davon wußte Sie wohl nichts?" „Rein, bei Gott nicht", beteuerte korinsky erschüttert. Weder ich noch Elli, und sie soll es auch niemals erfahren. Aber was kann ich jetzt noch tun?" „Nichts!" erwiderte der Graf schroff. „Der Baron wurde wieder hergesiellt, doch hoffen Sie nichts von ihm, niemals". „Das ist es ja eben", seufzte der Kunstreiter. „Sie wissen es wohl kaum, wie schnell es bergab geht, wenn das Unglück einmal begonnen hat. Ja, wenn man nns beiden, mir und Elli etwas unter die Arme greifen würde, es würde wieder besser werden. Nicht meinetwegen wünschte ich es, nur um Ellis willen, deren stilles, unsagbares Leiden ich nicht mehr mit ansehen kann. Da mich der Zufall mit ihr hierher in die Nähe von Randeck führte, so wollte ich noch einen letzten Versuch machen, den Baron zu ver söhnen". „Sie haben die Baronesse in der Nähe?" fuhr Graf Joachim auf. Ein zorniges Aufleuchten brach aus Korinskys Blicken. „Sie vergessen, Herr Graf, daß Elli mein Weib wurde und zwar vollkommen rechtmäßig". Graf Joachim lachte ironisch auf. „Aber was sind Sie denn nun?" — „Ich bin — Kunstreiter", sagte korinsky. „Die Kunstreiterei wäre schließlich ein Brok, so gut wie jedes andere, wenn es wenigstens mich und Elli vor dem langsamen Verhungern schützte. Aber auch dies nicht einmal", sagte korinsky — „Was sagen Sie? Kunst reiter?" meinte der Graf nicht wenig verblüfft. „Jawohl, Kunstreiter", wiederholte korinsky. „Ich nenne mich Monsieur Arangois, bin Mitglied eines reisenden Zirkus unterster Sorte, welcher eben in Weilburg Quartier ge nommen hat und reite mit unseren, müden, abgehetzten KaueupEci^u abends die hohe LuMe. Am dem zer-t setzicn Lrdensbaude hier macht mein Direktor Reklame und schließlich muß ich ihm noch dankbar sein, denn es gab Zeiten, wo wir nicht hungerten. — „Abscheulich!" fuhr der Graf auf. „Wie können Lie cs wagen, unter solchen Verhältnissen hierherzutommen?" „Ich bin wie ein gehetztes Wild", stieß der Pole her vor. „Meine, Ellis Lage muß sich ändern. Wir gehen ja völlig zu Grunde. Das ist auch die Ursache, weshalb ich heimlich zu Ihnen kam, Herr Graf. Sie allein missen um das Geheimnis. Vermitteln Lie für uns bei dem Baron Randeck". Er hatte die letzten Worte in heftiger Erregung gesprochen. Graf Joachims Antlitz färbte sich bläulich rot vo Entrüstung. „Lassen Lie mich damit ungeschoren", schrie er. „Ich kann nicht anders als Lie verachten mit Ihren russischen, in den Schmutz einer Gauklerbande gezerrten Orden, mit Ihrer trotz aller Erbärmlichkeit noch aufrecht getragenen Stirn". Mit einem wütenden Ausdruck hatte Korinsky ihn unterbrochen. Er schnellte in die Höhe, hob drohend seiner selbst kaum mehr mächtig, die geballten Fäuste nud rief: „Mir dies, Graf Joachim? O, Sie sollten mir diese Worte bezahlen, wenn ich nicht in diesem Augenblicke Ihnen machtlos gegenüberskände". — Die Tür ging gerade in diesem Augenblick hinter ihm auf. Eine von den beiden allen Dienerinnen trat herein, um ihrem Herrn den Schlaftrunk zu bringen. Der Pole ließ die erhobenen A nie sinken und taumelte zur Seite. Er stützte sich- schwer mit der Hand ans die Lehne eines Lessels. Erschrocken und verwundert schaute die Dienerin auf den verdächtigen Gast ihres Herrn, um sich dann so fort wieder zu eulfcrnen. Unten im parterre ange- kommen, erzählte sie mit erregter Stimme der andern Frau, wie Graf Joachim einen Besuch bei sich habe, der» man gar nicht ins Schloß hereinkommen sah »nd wie verdächtig dieser Mensch aussehe.
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