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24. April 1907. Bücherschau. 1903 angestellten Erhebungen über ihre wirtschaftliche Lage. Die verzeichneten Daten sind, wie die Denk schrift selbst besonders hervorhebt, insofern mit Vor sicht aufzunehmen, als ein Vergleich der Zahlen der Berufsstatistik vom Jahre 1895 mit den Ergebnissen der Erhebungen über die Privatangestellten zeigt, daß weder die Verteilung der Zahl der von der Er hebung erfaßten Privatangestellten über die einzelnen Bundesstaaten, noch die Verteilung nach Beruf und Familienstand annähernd mit den Zahlen der Berufs statistik übereinstimmt. Bei der für „Stahl und Eisen“ z. B. besonders in Betracht kommenden Gruppe, d. h. für die Privatangestellten in Bergbau und Hütten wesen, Industrie und Bauwesen (Gruppe B) kommen auf 100 Personen nach der Berufsstatistik von 1895 nur rund 36 unter Berücksichtigung der Privatangestellten- Enquete 1903, dabei ist die Beteiligung dieser Gruppe B fast das Sechsfache der Beteiligung der Gruppe: Landwirtschaft, Gärtnerei usw. und das Ein einhalbfache der Beteiligung der Gruppe Handel und Verkehr. In bezug nun darauf, in welcher Anzahl die Privatangestellten in den einzelnen Erwerbs zweigen vertreten sind, ergibt sich, daß im Durch schnitt rund 61 °/o der von der Enquete erfaßten Privatangestellten im Bergbau, Hüttenwesen und Industrie Beschäftigung finden, die nächsthöchste Beteiligungsziffer mit rund 23 0/o weist die Gruppe „Handelsgewerbe" auf, während die nächsthöhere Gruppe (freie Berufsarten) nur mit rund 4 0/o an den Erhebungen beteiligt ist. Uebrigens sind insgesamt nach dieser Statistik beim männlichen Geschlecht 50% als kaufmännisches und 37% als technisches Personal — darunter 24,50 % als Werkmeister — be schäftigt; beim weiblichen Geschlecht gehört die über wiegende Mehrheit (72%) dem kaufmännischen Be rufe an. Der Einkommensdurchschnitt beziffert sich auf ins gesamt rund 2100 «; für die Gruppe Bergbau, Hütten wesen und Industrie ergibt sich, daß im Durchschnitt — es sind die Einkommensklassen 1800 bis 2100 und 2100 bis 2400 K zusammengefaßt — 30,11 % der Privatangestellten jenes Durchschnittseinkommen be ziehen. Dieser Prozentsatz ist unter allen Berufs gruppen der stärkste. Mit Rücksicht auf das Alter wird im Bergbau, Hüttenwesen und Industrie das höchste Einkommen in 40 bis 45 Altersjahren erreicht, es beträgt im Durchschnitt 2401,67 6. Die von der Enquete insgesamt erfaßten Privatangestellten aller Berufsarten erzielten übrigens 307 754 253 6 an Jahres gehältern, davon zahlte die Gruppe Bergbau, Hütten wesen und Industrie insgesamt 200773 974 -, d. h. rund 66 %. Der Umfang der Stellenlosigkeit in den letzten fünf Jahren wird dadurch gekennzeichnet, daß 11 % aller befragten Privatangestellten stellungslos gewesen sind. Nach Berufsarten sind 9,61 % der im Bergbau, Hüttenwesen und in der Industrie beschäftigten Privatangestellten stellenlos gewesen, d. i. somit weniger als der Durchschnitt; einen geringeren Prozentsatz weist die Gruppe „Personal für niedere Dienstleistungen“ auf, während die höchste Stellenlosigkeit sich nach dieser Statistik in der Gruppe „Landwirtschaft usw.“ und zwar mit 18,64%, findet. Im Anschluß an diese statistischen Angaben ist der Denkschrift eine eingehende Kostenberechnung einer Pensions- und Hinterbliebenenfürsorge beigegeben. Wir entnehmen ihr nur einige charakteristische Zahlen. Gehört ein Angestellter 40 Jahre der Versicherung an, so erhält er auf Grund dieser Berechnung 1575 K Invalidenpension, das Witwengeld beträgt 630 K, hierzu kommen noch 126 K Waisengeld für jede Waise, während für jede Doppelwaise 210 K gezahlt werden. Zur Deckung dieser Verpflichtungen müßten, wenn der Angestellte mit 20 Jahren in die Versicherung eintritt, für je 100 K Gehalt ein schließlich sämtlicher Unkosten jährlich 10,20 K Fürsorgebeitrag geleistet werden; bei einem Durch schnittsgehalt von 2100.6 ergibt das 216,24 jähr lich, das sind rund 10% des Einkommens. Dieser hohe Prozentsatz beweist, daß ohne staatliche und andere Beisteuerungen die Kosten einer eventuellen Pensions- und Hinterbliebenenversicherung für Privat angestellte unmöglich aufgebracht werden können; dabei ist noch zu berücksichtigen, daß der Prozent satz von 10% die günstigsten Bedingungen als Grund lage hat. E. W. Clemens Winkler-Denkmal. Der Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für den verstorbenen Geheimen Rat, Professor Dr. phil. und Dr.-Ing. h. c. Clemens Winkler* hat er freulicherweise den Erfolg gehabt, daß aus weiten Kreisen Beiträge in Höhe von insgesamt rund 15 500 JI eingegangen sind. Die Unterzeichner des Aufrufes wollen daher jetzt die nötigen Schritte tun, damit das Standbild selbst ausgeführt wird, und fordern nochmals dazu auf, etwaige nachträgliche Zuwendungen unter der Bezeichnung „Für das Clemens Winkler- Denkmal“ baldigst an die Kassenverwaltung der König lichen Bergakademie zu Freiberg (Sachsen), die auch noch Abdrücke des Aufrufes verschickt, gelangen zu lassen. * „Stahl und Eisen“ 1905 Nr. 24 S. 1467. Bücherschau. Der oberverwaltungsgerichtliche Schutz der In dustrie und des Getcerbes suwie Verfassungs grundrechte gegen polizeiliche Uebergriffe. Von Dr. Leo Vossen, Rechtsanwalt, am Ober landesgericht in Düsseldorf. Hannover 1907, Helwingsche Verlagsbuchhandlung. 3,20 In einem Staate, in dem man es fast härter bestraft, wenn Sonntags ein Brötchen verkauft, als wenn es gestohlen wird, kann man sich zwar über das Anschwellen der Polizeiverordnungen nicht wundern; aber eine andere Frage ist doch die, ob sich die Nation einen solchen Zustand auf die Dauer gefallen lassen soll. Erfreulicherweise werden schon heute eine unendlich große Zahl von Polizeiverfügungen durch die zuständigen Zivil- und Verwaltungsgerichte für ungültig erklärt und durch die letzteren auf gehoben. Der Verfasser des vorstehend angezeigten Buches glaubt nun wohl mit Recht, daß viele dieser teilweise geradezu unglaublichen Polizeivorschriften unterbleiben würden, wenn die unteren Polizeibehörden stets über die Rechtsprechung des Oberverwaltungs gerichts, die nunmehr in 47 Bänden vorliegt, unter richtet Sein würden, und wenn auch die Staatsbürger selbst ihrerseits ungerechtfertigten Polizeivorschriften gegenüber sofort auf die entgegenstehende Judikatur hinwiesen. Aus diesem Grunde hat er in seinem lehrreichen und interessanten Buche eine Reihe dieser Urteile teils gewürdigt, teils kritisiert und aus dem Gewerberecht, als insbesondere für die Industrie überaus wichtig, zunächst u. a. das Recht der konzessionierten gewerblichen Anlagen behandelt. Da es gerade auf diesem Gebiete an höchst bedauerlichen Uebergriffen der Polizeigewalt nicht fehlt, empfehlen wir das Werk der Beachtung industrieller Kreise auf das angelegent-