Volltext Seite (XML)
Metallurgie des Gußeisens. 24. April 1907. Stahl und Eisen. 597 Die folgende Zahlenreihe I stellt sechs Fälle zusammen, die alle gleichharte Gußstücke ergeben: B. Phosphorgehalt. Ein Phosphorgehalt von 0,75 °/o kann Kaltbruch verursachen, ein solcher von über 1,3 °/o hart machen. Phosphor ist das am meisten die Festigkeit herabsetzende Element, wenn sein Gehalt die gebotene Grenze überschreitet. Dies ist oft bei 1 °/o der Fall. Am besten hält man ihn unterhalb 0,8 °/o und geht nur darüber hinaus, wenn es in Kücksicht auf die gewünschte Dünnflüssigkeit des geschmol zenen Eisens geschehen muß. Man hat oft be hauptet, daß Phosphor unter allen Umständen nachteilig für die Festigkeitseigenschaften sei. Dies ist aber falsch. W o o 1- wich hat nachgewiesen, daß ein Gehalt von 0,2 bis 0,5 °/o Phosphor nur günstig auf die Zähigkeit des Guß eisens (ductile qualities) ein wirkt. Ebenso besteht die Erfahrung, daß dünnwan- digeGußstücke mit 0,2 bis 0,4 °/o Phosphor und 2,50 bis 2,75 °/o Silizium sich beträchtlich biegen lassen, ehe der Bruch eintritt, ja sogar sich regelrecht lochen lassen, ähnlich schmiedbarem Eisen, wenn man sie gleich diesem behandelt. Hält man den Phosphorgehalt in geeigneten Grenzen, so wirkt er dem Bestreben des Schwefels, mehr Kohlenstoff in gebundener Form erscheinen zu lassen, entgegen. So kann man Gußeisen mit hohem Schwefelgehalte tatsächlich dadurch brauchbar machen, daß man den Phosphor gehalt auf 0,5 bis 0,75 °/o steigert und so die Härte vermindert. Nach Beketts Versuchen wirkt der Phosphor härtevermindernd ebenso wie das Silizium ein, indem ein zehntel Prozent Phosphor einem viertel Prozent Silizium gleich wertig ist.* Dieser Satz besteht allerdings nur so weit zu Recht, als die Sicherheitsgrenze das ist ungefähr 1 °/o Phosphor — nicht überschritten wird. Phosphorhaltiges Roheisen ist leichter schmelz bar als phosphorfreies. Um dies nachzuweisen, stellte West den durch Abbildung 1 gekenn zeichneten Versuch an. H und K sind Probe Abbildung 1. * Es ist dies die Behauptung eines amerika nischen Gießerei-Ingenieurs, die mit großer Vorsicht aufzunehmen ist. Zum mindesten übertreibt Bekett sehr stark. Stäbe, die 38 und 60 mm stark angefertigt werden. Jedes Paar besteht aus einem phosphor ärmeren und einem phosphorreicheren Stabe. Hängt man ein solches Paar in flüssiges Eisen, so schmelzen beide ab, der letztere Stab aber um 1 bis 11/a Minuten rascher bei etwa zwei- bis dreiminutlicher Schmelzdauer. West hätte noch hinzufügen können, daß der Schmelzpunkt nicht oder nur gering durch hohen Phosphor gehalt beeinflußt wird, was aus den unten ge gebenen Zahlentafeln, welche die Schmelzpunkte vieler Roh- und Gußeisengattungen enthalten, hervorgeht. C. Mang an gehalt. Der Mangangehalt soll bei dünnwandigen Gußstücken 1 % nicht überschreiten, sofern nicht der Siliziumgehalt über 2,5 % hinausgeht, weil andernfalls sein härtender und schwindungvermehrender Einfluß zum Vorschein günstig, indem es dem Schwefel 'entgegenwirkt und die Neigung zu Rotbruch und Hartwerden des Gußeisens her absetzt. Es kann also ein nicht zu hoher Man gangehalt als Widersacher kommt. Sonst wirkt Mangan des Schwefels . Abbildung 2. geradezu weich machen. Außerdem wirkt Mangan als Desoxyda tionsmittel auf die Oxyde ein und vermindert dadurch die Gefahr der infolge von Gasausschei dungen gebildeten Hohlräume; es macht das ge schmolzene Eisen dünnflüssig und verzögert die Erstarrung. Den Einfluß des Mangans auf die Schwin dung und Härte hat West in folgender Weise festgestellt: Es wurden im Sinne der Abbildung 2 zwei Probestäbe von 61 cm Länge und 25 mm Quadrat gleichzeitig innerhalb eines eisernen Rahmens, mit Hilfe gewöhnlicher Eingüsse, liegend gegossen, und die Schwindung mit Hilfe des Keiles D gemessen. Die Härte wurde dann durch Bohren mit einem Normalbohrer gemessen, indem die Stäbe angebohrt wurden. Die in 60 Sekunden erzielte Lochtiefe ist als Härte in die Zahlenreihe II eingetragen. Eine große Lochtiefe deutet also auf geringe Härte und umgekehrt. Die in der Zahlenreihe, die nur auszugsweise wiedergegeben ist, verzeichnete Bruchfestigkeit und Durchbiegung ist an senk recht von oben gegossenen runden Probestäben von 29 mm Durchmesser festgestellt. Lediglich durch solche Bohrproben ließ sich der Einfluß des Mangangehaltes bemerkbar machen, was sonst vielfach gar nicht möglich XVII.27 2