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24. April 1907. Die Wirkungen von Erdbeben und Feuer auf die Eisenkonstruktionen. Stahl and Eisen. 589 gehörige Geschäftshaus, welches nach dem Brande nur einer „Renovierung“ bedurfte, um wieder bewohnbar zu werden. Von den verschiedenen Deckenkonstruktionen haben sich bei diesen Gebäudetypen gut aus führte Eisenbetondecken im Feuer am besten bewährt. Bei Ziegelsteindecken wurden vielfach die Steine locker, fielen herunter und durch schlugen teilweise die Decken der unteren Ge schosse. Als mangelhaft haben sich überall die Decken erwiesen, welche eingebaut waren zwischen eisernen Trägern, deren untere Flansche gegen Feuer gar nicht oder un zureichend geschützt waren. Auch bei auf gehängten Decken erfolgte die Zerstörung, wenn die unteren Trägerflansche keine feuersichere Umkleidung hatten, da die Flammen sehr bald durch die Decken schlugen und dadurch un gehinderten Zutritt zu den Eisenkonstruktionen erhielten. Die größten Verluste erlitten die Besitzer von Gebäuden der Klasse B. Zuerst wurden die zumeist hölzernen Decken vom Feuer er griffen und stürzten ein. Dadurch wurden die eisernen Träger bloßgelegt und bildeten bald, da sie in der Regel keine eigentliche Feuer schutzumkleidung besaßen, mit den Decken einen gemeinsamen Trümmerhaufen. Hierzu kam, daß im Innern der Gebäude die wichtigsten Trag konstruktionen — die Säulen —in geradezu leichtfertiger Weise ausgeführt waren. In mehreren Häusern war als sogenannte feuer sichere Umkleidung der flußeisernen Säulen eine Art Rabitzmantel vorgesehen. Daß diese Säulen schutzlos direkt den Flammen ausgeseszt waren und wie sie durch das Feuer deformiert wurden, zeigt Abbildung 13. Gewöhnlich war ein Schutz durch ein Gewebe von Drahtnetz oder Streck metall in 4 bis 5 cm starkem Mörtel, 5 cm vom Eisen entfernt, als ausreichend angesehen worden. Auch diesen Mantel zerstörten die Flammen bald. Häufig fiel der Mantel nur stellenweise ab, so daß das Feuer durch den entstandenen Luftkanal noch angeschürt wurde. Soll der Isolierung wegen ein Luftraum zwischen Eisen und Mantel angeordnet werden, so scheinen die Erfahrungen bei diesem Brande zu lehren, daß nur durch eine doppelte vollkommene Um mantelung der Hohlraum geschaffen werden darf, ein Verfahren, welches im allgemeinen teurer wird als eine Verstärkung des einfachen Mantels. Die vielfach als Feuerschutz angewendeten Terrakottaumkleidungen für rechteckige Säulen haben sich meist ebenfalls als zu schwach er wiesen. Wenn auch die Möglichkeit zugegeben werden muß, daß häufig die Steine wegen der schlechten Mörtelverbindungen schon durch die Erdstöße gelockert wurden oder auch abfielen, so läßt doch die Tatsache, daß bei runden Säulen die Terrakottaverkleidung dem Erdbeben meist standgehalten hat, die Vermutung zu, daß der Terrakottamantel bei den viereckigen Säulen erst von den Flammen zerstört wurde. Die runden Säulen boten offenbar dem Feuer eine kleinere Angriffsfläche als viereckige und haben — aus Flußeisen mit Terrakotta umkleidet — sich in den Flammen häufig bewährt (Abbil dung 14). Dagegen zeigten die Säulen mit viereckigem Terrakottamantel, welche auch Abbildung 13. Flußeiserne, mit Rabitzmantel umkleidete Säule. vielfach in Gebäuden der Klasse A verwendet waren, sehr starke Verbiegungen (Abbildung 15). Am zuverlässigsten gegen Feuer war auch bei den Säulen wieder die Betonverkleidung. Zer störte oder deformierte Eisensäulen, die durch Beton geschützt waren, sind wohl nirgends be obachtet worden, eine Erscheinung, welche aller dings nicht lediglich dem Beton zugute geschrie ben werden darf, sondern sicher auch dem ein gangs erwähnten schlechten Mörtel auf Rech nung gesetzt werden muß. Von Interesse ist das Verhalten der Niete bei Verbiegung flußeiserner Träger. Beim Setzen oder Zusammenknicken der Säulen trennten sich die an den Eisenkern (Abbildung 15) angenieteten Platten und Winkeleisen los. Obwohl hierbei