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366 Stahl und Eisen. Englische und deutsche Normalprolile im Handelsschiff bau. 27. Jahrg. Nr. 11. sind, und weil sich in den noch heute geltenden Balkentabellen aller Bauvorschriften ganz deut lich diese Regel erkennen läßt. Bald kamen dann die aus einem Stück hergestellten oder auch aus einem T- Profil und einem Flachwulst zusammen geschweißten T - Profile auf, obwohl sich bedeutende Schiffbauer der damaligen Zeit mit den Wulstprofilen nicht befreunden konnten. So sagt Scott Russel in seinem großen Werke: „The modern System of Naval Architecture“ vom Jahre 1864, nachdem er von dem J-Profil gesprochen: „An improvement on this kind of iron, called bulb iron, was devised, but, after much trial, I cannot approve its use. It was fancied, that great additional strength would be given to an iron beam by enlarging its lower web, and instead of the Tiron, r iron and I iron, a bulb like that on a railway-bar was introduced." Nichts desto weniger blieb das 1]n -Profil das englische Normalprofil für die Balken im Schiff bau. Als man im Jahre 1870 an die Stelle der Formel zur Berechnung der Balken eine Profiltabelle einführte, waren diese Profile ledig lich die nach der alten Formel errechneten Ab messungen. Inzwischen fanden die eisernen Deckbeplattungen immer mehr Eingang, und da unter diesen die Balken nur halb so weit standen wie bei einem unbeplatteten Deck und die Planken nicht mehr ausschließlich auf den Balken befestigt zu werden brauchten, so brauchte der obere Flansch des Balkenprofiles auch nicht mehr so breit zu sein. Hier trat an Stelle des V-Balkens der Wulstwinkel, allerdings vorläufig nur unter eisernen Deck beplattungen. Normalien für die Wulstwinkel gab es lange Zeit nicht. Bei der großen Vorliebe der Engländer, an den einmal auf gestellten Regeln festzuhalten und nichts zu ändern, war dies noch der Stand der englischen Vorschriften, als im Jahre 1877 zum erstenmal deutsche Vorschriften für den Bau von eisernen Schiffen erschienen. Es waren dies die Bau vorschriften der deutschen Schiffsklassifikations- Gesellschaft Germanischer Lloyd in Berlin. Die dort angegebenen Profile waren nur eng lische, da der deutsche Eisenschiffbau, wenigstens soweit es sich um Handelsschiffe handelte, als Abnehmer für die deutschen Walzwerke nicht in Betracht kam. Die Balkenprotiltabelle dieser ersten deutschen Vorschriften ist eine wört liche Uebertragung der Tabelle des Britischen Lloyd. England war und blieb der Lieferant der Profile für den deutschen Schiffbau. Neue Vorschriften gab der Germanische Lloyd lange Jahre hindurch nicht heraus. Inzwischen waren im Jahre 1883 von der Kommission zur Herausgabe des Normalprofilbuches auch Normalprofile für Walzeisen zu Schiffbauzwecken aufgestellt und in der Auflage des deutschen Normalprofilbuches für Walzeisen von 1886 auf genommen worden. Diese Normalprofile waren nicht nur für den Kriegsschiffbau, sondern auch für den Handelsschiffbau aufgestellt. Für letz teren blieben sie jedoch so lange illusorisch, als sie nicht auch von den Klassifikations-Ge sellschaften wirklich vorgeschrieben wurden. Im Juli 1890 raffte sich der Germanische Lloyd endlich auf und gab nach 13jähriger Pause neue Vorschriften für den Bau von eisernen und stählernen Schiffen heraus. Alle darin angegebenen Profile waren deutsche Profile nach dem metrischen System; jede Anlehnung an England war aufgegeben. Aber es waren zum großen Teil Phantasieprofile, die zwar theoretisch genau berechnet waren, aber nur zum Teil gewalzt wurden. Auf die deutschen Normalprofile war keine Rücksicht genommen worden. Um die Profiltabellen überhaupt brauch bar zu machen, gestattete man, daß die Winkel profile von den vorgeschriebenen Profilen ab weichen durften, wenn sie nur den vorge schriebenen Querschnitt hatten. Bei den Balken profilen war gesagt, daß, wenn man die vorge schriebenen nicht beschaffen könne, man die nächststärkeren, welche erhältlich seien, nehmen solle. Mit diesen Vorschriften war den deutschen Walzwerken nicht gedient. Zum Glück blieben diese Vorschriften nicht lange in Kraft, denn inzwischen hatte Friedr. Ludw. Middendorf die Leitung des Germanischen Lloyd übernommen, und schon im Januar 1891 erschienen neue Vorschriften für den Bau eiserner und stählerner Schiffe. In denselben waren zwar noch die vielen Profile der vorhergehenden Auflage an gegeben, indessen war eine Vergleichstafel der in den Vorschriften angegebenen 1 T und ] - Profile mit den damaligen „IT und ] -Schienen nach dem Normalprofil" aufgenommen. [-Profile waren noch nicht angegeben. So war wenigstens die Möglichkeit geboten, daß die deutschen Werften ihre Profile von deutschen Walzwerken beziehen konnten. Die vorerwähnte Vergleichs tabelle enthielt die Bestimmung, daß statt der zusammengenieteten Spant- und Gegenspantwinkel auch L und ] -Profile vom gleichen Wider standsmoment genommen werden könnten. Es wird also hier zum erstenmal der bis jetzt in Deutschland auch stets befolgte Grundsatz für die Bewertung der Normalprofile lediglich nach dem Widerstandsmoment aufgestellt, im Gegensatz zu England, wie wir nachher sehen werden. Im nächsten Jahre (1892) finden wir dann zum erstenmal die Einführung der [ - Profile neben den L-Profilen in die Spanttabellen. Die dort angegebenen [ - Profile unterscheiden sich von den heutigen Spantprofilen durch die geringere Dicke des Flansches und hatten folglich auch ein ungünstigeres Verhältnis von Widerstands moment zum Gewicht. Das Jahr 1896 bedeutet für die deutschen Normaiprofile insofern einen