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6. März 1907. Vorerst mag noch erwähnt werden, daß sich nicht „wider Erwarten“ Schwefel abscheidet beim Einteiten von Schwefelwasserstoff in eine salzsaure Eisenchloridlösung, sondern diese Schwefelabscheidung findet unter allen Um ständen statt. Nebenher schlägt Dr. Lehnkering zum Aufschließen des unlöslichen Rückstandes mit Natriumkaliumkarbonat einen Silbertiegel vor. Da der Schmelzpunkt des Silbers* aber bekanntermaßen (etwa 1000° C.) sehr nahe an dem Schmelzpunkte des Aufschlußmittels (Natriumkarbonat* 1098°, Kaliumkarbonat* im Minimum 838°) liegt, so ist vor der Verwendung eines Silbertiegels direkt zu warnen, da derselbe bald abschmelzen wird. Doch nun zur Haupt sache. Ich knüpfe hier an die wohl von Meineke schon erwähnte, aber nicht besonders präzisierte „langsame Reaktion“ zwischen Zinnchlorür und Quecksilberchlorid an. In meiner Arbeit über „Fehlerquellen bei der titrimetrischen Bestimmung des Eisens mit Permanganat“ ** habe ich be sonders hervorgehoben, daß „die Bildung des Quecksilberchlorürs aus dem überschüssig zu gesetzten Zinnchlorür und dem Quecksilber chlorid sehr langsam vonstatten geht, und zwar in verdünnten Lösungen weit langsamer als in konzentrierten. Es wirkt dann nicht das Queck- silberchlorür auf das Permanganat ein, sondern das noch vorhandene Zinnchlorür.“ Wenn Dr. Lehnkering*** bis vor kurzem diesen Punkt nur in „theoretischer Hinsicht“ für berechtigt gehalten hat, so giebt er jetzt wenigstens zu, daß obiger Reaktion mindestens eine Minute Zeit gelassen werden muß. Wäre er aber in eine nähere Prüfung dieser Reaktion eingetreten, so könnte er unmöglich dazu ge kommen sein, die Reaktion Zinnchlorür—Queck silberchlorid in einer Verdünnung von 180 ccm vor zunehmen; denn er hätte dann finden müssen, daß diese Zeit nicht hinreichend ist, um in dieser Verdünnung die Reaktion mit Sicherheit zu Ende zu führen. Es ist dann, selbst bei Ver wendung des geringsten Ueberschusses, immer noch freies Zinnchlorür vorhanden, welches not wendigerweise einen Mehrverbrauch von Per manganat zur Folge hat. Gibt man zu 30 ccm kochender verdünnter Salzsäure (enthaltend 15 ccm Salzsäure 1,19) zwei Tropfen Zinnchlorürlösung, kühlt ab, setzt 25 ccm Quecksilberchloridlösung hinzu, läßt eine Minute stehen, verdünnt hierauf mit 100 ccm Wasser und spült diese Lösung über in die eben mit Permanganat gerötete, mit Mangan sulfat versetzte Titrierflüssigkeit, so findet eine Entfärbung derselben kaum statt. Erhitzt man aber 60 ccm verdünnte Salzsäure (ebenfalls 15 ccm * Vergl. Tabellen von Dr. Karl v. Buchka zu Dammers, „Anorganische Chemie“, 1895. ** „Chemiker-Zeitung“ 1906 Nr. 51 S. 632. *** „Chemiker-Zeitung“ 1906 Nr. 59 S. 724. Stahl und Eisen. 845 Salzsäure 1,19 enthaltend) zum Kochen, gibt zwei Tropfen Zinnchlorürlösung hinzu, verdünnt nach einer Minute mit 60 ccm Wasser, setzt hier auf 60 ccm Quecksilberchloridlösung hinzu, läßt wiederum eine Minute stehen und gibt die Lösung zu der angeröteten Titrierflüssigkeit, so erfolgt sofort Entfärbung, und es bedarf einiger Tropfen Permanganat bis zum Wiedereintritt der ursprünglichen Rosafärbung. Es wird durch letztere, von Lehnkering emp fohlene Arbeitsweise nur ein weiterer Fehler in die anerkannt empirische Reinhardtsche Methode hineingetragen, welcher dieselbe nur noch em pirischer macht, da der hierdurch verursachte Fehler allein schon die von Dr. Lehnkering ge wünschte „Latitude von 0,25 0/o" erreichen kann. Mit wenigen Worten will ich noch auf die Zu schrift des Hrn. Alex. Müller* eingehen. Gegen die Zusammensetzung des von ihm benutzten Drahtes zur Titerstellung ist nichts einzuwenden, aber die Form desselben gibt doch zu Bedenken Anlaß. Es ist jedenfalls nicht sicher, für jede Titerstellung 2,5 bis 3 m Draht absolut oxydfrei zu putzen, namentlich wenn der Draht schon angerostet war. Können die Oxyde aber nicht vollständig entfernt werden, so fällt der Titer zu hoch aus. Ferner ist ein zu hoher Titer zu be fürchten durch das von Müller angewandte Ab rauchen mit Schwefelsäure. Bei 90° ist es un möglich, in zwei Stunden, wie Müller angibt (S. 1482), sämtliche Salzsäure zu verflüchtigen, da die zugesetzte verdünnte Salzsäure von 1,12 spez. Gewicht bereits einen Siedepunkt besitzt, der nahe an 110° liegt. Beim Abrauchen mit Schwefel säure sind aber noch weit höhere Temperaturen notwendig, und bei Temperaturen, die 100° über schreiten ist eine Verflüchtigung von Eisen chlorid durch de Köninck** nachgewiesen. Verwendet man aber zur Auflösung des Drahtes und zum Eindampfen mit Schwefelsäure auch bei der Titerstellung eine längere Zeit, etwa 12 Stunden bei etwa 100°, und arbeitet dann weiter nach Müllers Angaben, so unterscheidet sich seine Methode in nichts von dem von mir angegebenen Verfahren. Z. B. ergab eine Per- manganatlösung gestellt mit Natriumoxalat- Sörensen im Mittel von drei Bestimmungen einen Titer von 0,010503 g Fe für 1 ccm. Der Müllersche Draht, nach meinen Angaben behandelt, ergab hingegen im Mittel: 0,010415 g für 1 ccm, und derselbe Draht, nach Müller mit der nötigen Vorsicht gelöst, im Mittel von drei Bestimmungen 0,010416 g Fe für 1 ccm, also keine praktische Differenz. Aus meinem Aufsatze über „Me tallisches Eisen“ als Titersubstanz für Kalium permanganat“*** ist klar ersichtlich, daß bei * „Stahl und Eisen“ 1906 Nr. 24 S. 1477 u. ff. * * „Fres. Ztg.“ 1900, B. 39 S. 515. * ** „Chemiker-Zeitung“ 1907 Nr. 7 S. 70. Zuschriften an die Redaktion.