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Einiges über Stahlwerkskokillen. Von Oberingenieur R. Lochner in Sterkrade. (Schluß von Seite 140.) Feim Guß von oben tritt das Angießen der — Kokillen ein, wenn der Strahl durch teilweise zugesetztes Stopfenloch oder durch andere Ursachen längere Zeit auf dieselbe Stelle einer Kokillenwand gelenkt wird (siehe Abbildung 11). An dieser Stelle wird dann eine Vertiefung ausgespült, die unter Umständen Hängenbleiben des Blockes zur Folge hat. Geht der Block heraus, so wird die Vertiefung entdeckt und nicht selten als ver deckt gewesene Fehlstelle dem Kokillenlieferanten zur Last gelegt. Beim Guß von unten sind verschiedene Arten des Angießens zu unter scheiden. Die am leichte sten nachzuweisende und auch vom Stahlwerker anerkannte Art entsteht dadurch, daß der Steige kanal des Kanalsteines zu nahe an die Kokillenwand zu liegen kommt und der Stahl diese dann ausspült (siehe Abbild. 12). Dieses Angießen ist ohne wei teres daran zu erkennen, daß der Gießknochen ein seitig am Block sitzt. Eine andere Art des Angießens, die besonders bei Kokillen mit kleinen Querschnitten auftritt, beruht auf der Verwendung von Kanalsteinen mit schrägen, oder durch Grat beziehungsweise andere Ursachen oben einseitig verengten Steige kanälen. Da die Steigekanäle zusammen einen größeren Querschnitt besitzen als der Gieß trichter, so tritt zu Beginn des Gusses der Stahl vollständig ruhig in die Kokillen; sobald aber der Stahl in sämtliche Kokillen eingetreten ist und die Steigekanäle verschließt, setzt der in den Kokillen befindliche Stahl dem weiteren Zufluß einen gewissen Widerstand entgegen und wird durch den vom Gießtrichter ausgeübten starken Druck aufgewühlt und in vertikale Rotation versetzt (siehe Abbildung 13). In folgedessen wird die in der Verlängerung des schiefen Steigekanals liegende Stelle der Ko killenwand stark angespült, das Ansetzen der die Gußform schützenden Schale an dieser Stelle verhindert und das Gußeisen durch den fort gesetzten Zufluß immer frischen, heißen Stahles an der bespülten Stelle weggeschmolzen. Analog ist der Vorgang bei einseitig durch Grat verengten Steigekanälen, wobei dann der Abbildung 11. Grat die Ablenkung veranlaßt. Die durch die zuletzt beschriebenen Arten des Angießens ver ursachten Vertiefungen liegen je nach der ge ringeren oder größeren Ablenkung des Strahles tiefer oder höher, zuweilen 300 bis 400 mm über dem Boden. Der Gießknochen sitzt in der Mitte des Blockfußes und wird deshalb in der Regel seitens des Stahlwerkers das tatsächlich stattgefundene Angießen bestritten. Es wird gewöhnlich angenommen, daß die Kokille bereits bei der Anlieferung mit der betreffenden Fehl stelle behaftet gewesen ist, die mit oder ohne Wissen des Lieferanten verschmiert oder ander weitig verdeckt worden war. Diese Annahme ge winnt für den Verbraucher um so mehr an Wahr scheinlichkeit, als das Angießen der Kokil len, solange sie neu sind, besonders häufig eintritt. Der Grund hierfür ist jedoch der, daß neue Kokillen der artigen Angriffen des Stahles viel weniger zu widerstehen ver mögen, als alte, durch die entstandene Brand kruste geschützte. Vom gießereitechnischen Standpunkte aus möchte ich ferner bemerken, daß Fehlstellen im unteren Teile von Kokillen, die mit den durch Angießen entstandenen Ver tiefungen Aehnlichkeit haben, zu den größten Seltenheiten gehören, ja, ich möchte fast sagen, kaum vorkommen. Eine sehr häufige Beobachtung, die man an ausrangierten Kokillen machen kann, ist die, daß zwei gegenüberliegende Wände so stark verschlissen sind, daß die Gußform außer Betrieb gesetzt werden mußte, während die beiden anderen Wände noch eine ganze Reihe von Güssen ausgehalten hätten. Der Grund dieser auffälligen Erscheinung ist folgender: Wegen Raum- oder Zeitmangels, oft auch aus Bequem lichkeit (meistens uni mehrere. Kokillen gleich zeitig einsetzen zu können), sind diese Guß formen immer in derselben Richtung, d. h. mit denselben Seiten, einander gegenübergesetzt worden. Die Folge davon ist eine größere Erwärmung dieser Wände durch gegenseitige Zustrahlung. Alle durch die Wärme hervor gerufenen Beanspruchungen wirken auf diese Wände in erhöhtem Maße; sie reißen früher,