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Nach diesen Ausführungen über die Wichtig keit einer guten Disposition sei noch einiges über die eigentliche Konstruktion der Kaliber bemerkt. Der ungeübte Konstrukteur wird immer mit dem Fertigstich beginnen und auf der Unterlage von angenommenen Verhältnis werten rückwärts schreiten zum Blocke. Kommt man auf diese Weise, nachdem man die kal kulierte Anzahl der Stiche ausgeführt, zu keinem zweckmäßigen und richtigen ersten Kaliber, so muß man ganz oder teilweise die Verhältnis zahlen ändern, oder aber mehr Stiche einführen, wenn dem Walzwerk zu viel zugemutet würde. Bei reicher Erfahrung kann man auch umgekehrt verfahren, man beginnt mit dem Blocke. Einen Anhalt ergibt die Regel, daß man in den meisten Fällen mit einer Blockhöhe auskommt, die das Eineinhalb- bis Zweifache der Flanschenbreite be trägt. Man bleibt auch darunter, wenn besondere Verhältnisse, insonderheit die Schonung desW alzn- durchmessers, es verlangen. Beginnt man mit dem ersten Fassonkaliber, so fragt man sich zunächst: will man eine möglichst große Stoff verdrängung erzielen oder kommt es vor allem darauf an, z. B. bei breitflanschigen Trägern, gleich in den ersten Stichen die Form der Flanschen kräftig zu entwickeln, so daß man ohne besondere Manipulation leicht zu einem richtigen Fertigfabrikate gelangt? Zielt man nur auf große Querschnittsabnahme, so wird man unter einem größeren Winkel einschneiden, etwa 60 bis 90 °. Das ist z. B. bei den deut schen Normalprofilen erlaubt, weil die Entwick lung der verhältnismäßig niedrigen Flansche keine Schwierigkeit bietet. Anders bei Pro filen, die breit entwickelte Flanschen aufweisen. Um von einem nicht zu hohen Blocke ausgehen zu können, strebt man dahin, gleich in den ersten Stichen tief in den Steg zu dringen, ohne ein Schwinden der Flansche befürchten zu müssen. Das Mittel ist gegeben in der Nei gung des Einschnittes, der Größe des Ein schnittswinkels. Man wird unter einem spitzen Winkel einschneiden, 45° bis 60° oder noch darunter. Analog der Wirkung des Keiles wird man um so tiefer unter Anwendung einer be stimmten Kraft in den Block eindringen ohne nennenswerte Stoffverdrängung, je spitzer der Winkel des Keilstückes des Kalibers ist. Erhält man in den ersten Kalibern die Flanschenhöhe gleich gut ausgeprägt, so wird man durch kräftige Seitendrücke in den folgenden Kalibern bequem die erforderliche Höhe der Flanschen erreichen und ein richtiges Fertigfabrikat er zielen. Die Ausbildung der ersten Kaliber ist in der Regel entscheidend für das Gelingen der Konstruktion, sie soll der Eigenart der Profile angepaßt werden. Wenn nicht besondere Gründe vorwalten, wird man die Spitze des Einschnitt stückes nur schwach brechen, nicht stark ab runden, wie man es häufig findet. Die Nutz anwendung auf das Wirken des Keiles bestätigt dieses. Die starke Abrundung wird das Ein dringen des Keilstückes hindern, die starke Stegverdrängung wird das für die Flansche kalkulierte Eisen mit fortreißen, eine mangel hafte Ausbildung der Flansche wird die Folge sein. In einem Werke über Kalibrieren finde ich z. B. die Konstruktion des 1 Nr. 25 (siehe Abbildung 1). Der Einschnitt geschieht unter einem Winkel von ungefähr 90°, was an sich richtig wäre. Die Spitze ist indes bei M so stark abgerundet, daß das Eisen unmöglich den 45 mm tiefen Einschnitt füllen kann, die Steg abnahme wird das Eisen für die Füße mit fort reißen, die Einschnitte werden etwa 30 bis 35 mm gefüllt werden. Ein zweites Beispiel aus demselben Werke, die Konstruktion von U Nr. 20. Der Einschnitt zeigt einen Winkel von mehr als 90°, die Tiefe des Einschnittes beträgt 58 mm. Auch hier wird sich das Kaliber, auch das offene nicht, wie gedacht füllen, im günstigen Falle 40 bis 45 mm. Es bleibt also ein schädlicher Raum von mindestens 15 mm. Derartige Konstruk tionsbeispiele sind jedenfalls nicht geeignet, als Ausgangspunkt und Muster aller ähnlichen Pro file zu dienen (siehe Abbildung 2). Ein drittes Beispiel aus einem Aufsatze über das Kalibrieren behandelt den 1 Nr. 40. Der Einschnitt erfolgt auch hier unter einem Winkel von etwa 90°, wogegen nichts einzuwenden ist. Die Tiefe des Einschnittes aber beträgt 65 mm, dieselbe ist viel zu reichlich genommen. Das Kaliber wird sich bei dem angenommenen Walzen durchmesser höchstens 40 bis 45 mm tief füllen, der Walzendurchmesser ist unnötig, um 20 bis 25 mm geschwächt (siehe Abbild. 3).