Volltext Seite (XML)
9. Januar 1907. lieber die Fortschritte in der Elektrostahl-Darstellung. weniger verständlich, als doch der Kohlenstoff eine so große und, wie angenommen wird, mit der Temperatur steigende Verwandtschaft zum Sauerstoff hat. Nun hat sich aber bei den im elektrischen Ofen möglichen hohen Erhitzungen gezeigt, daß selbst hochkohlenstoffhaltige Stähle, wenn dieselben kein Mangan und Silizium ent halten, große und mit der Temperatur steigende Gehalte an Eisenoxydul aufnehmen können, was sowohl durch das unruhige Vergießen wie auch durch den auftretenden Rotbruch nachgewiesen ist. Das Nebeneinanderbestehen dieser beiden Stoffe Kohlenstoff und Eisenoxydul läßt sich nun nur dadurch erklären, daß der Kohlenstoff auf ge löstes Eisenoxydul oder eine andere Oxydations stufe des Eisens in hohen Temperaturen nicht einwirkt. Wird das angenommen, so ist eine Erklärung für die Erscheinungen beim Erkalten von Flußeisen gegeben. Nehmen wir an, ein Flußeisen werde in einer Temperatur von 1750° C. vergossen. Nehmen wir an, in seinem Sättigungszustande könne es 2°/0 Eisenoxydul lösen, es enthalte aber nur 1 % Eisenoxydul, was einer Temperatur von 1650° entspreche. Es muß dann erst auf letztere Temperatur gebracht werden, ehe eine Ausscheidung von Eisenoxydul stattfindet. In dem Augenblick der Ausscheidung des Eisenoxydations produktes (vielleicht findet erst mit der Aus scheidung eine Bildung von Eisenoxydul statt) fängt der Kohlenstoff an, auf dieses Eisenoxydul zu wirken und Kohlenoxyd auszuscheiden. Der Stahl wird unruhig. Es ist nun bekannt, daß derartige Reaktionen stoßweise auftreten, bezw. daß oft Unterkühlungen vorkommen, welche erst durch besonderen Anstoß zerfallen. Es erklärt sich dadurch, daß gutgeschmolzenes Flußeisen am äußeren Rand des Blockes porenfrei ist und nur im Innern Hohlräume aufweist und daß häufig zwei oder mehrere Blasenkränze in er kalteten Blöcken gefunden werden. War das Flußeisen bis zur Sättigung mit Eisenoxydul beladen, so treten die Ausscheidungen des Eisenoxyduls sofort beim Gießen auf und die Blöcke erhalten Randblasen. Das Flußeisen löst nun außer Eisenoxydul auch Gase auf. Diese scheiden sich aber bei dem Erkalten nicht als Blasen aus, sondern werden vom Stahl exhaliert, es sei denn, daß ein Anstoß gegeben wird, daß sich dieselben plötzlich ausscheiden. Wie das Durchblasen von Luft durch mit Kohlensäure gesättigtes Wasser eine Ausscheidung der Kohlen säure herbeiführt, so verursacht eine Ausscheidung von Kohlenoxyd aus dem Flußeisen eine gleich zeitige Ausscheidung anderer gelöster Gase. Ich bitte Ihnen einige Beweise für die Richtig keit meiner Darlegungen aus der Praxis geben zu dürfen. Wird beim Martinofen, nachdem die Charge eben geschmolzen ist, eine Schöpfprobe entnommen, d. h. zu einer Zeit, wo die Charge noch sehr kalt ist, so ist häufig zu beobachten, daß dieselbe sich sehr ruhig vergießt und sich gut schmieden läßt. Steigt die Temperatur und ist die Charge noch ziemlich hart, so hört trotzdem das ruhige Gießen und die Schmied barkeit auf. Der Stahl schäumt im Löffel. Ist eine Charge, ehe sie heiß genug ist, zu weich geworden, so weiß jeder erfahrene Ofen mann, daß es nicht genügt, nach und nach kleine Mengen Roheisen zuzusetzen, um die Charge zurückzubringen. Es müssen vielmehr gleich große Mengen zugesetzt werden. Nur die hierdurch herbeigeführte Abkühlung führt die Desoxydation des Stahles herbei, denn der gleiche Erfolg wie mit Roheisen kann durch Hinzufügen größerer Mengen weichen Schrotts erzielt werden. Hat eine zu weich gewordene Charge über haupt aufgehört zu kochen, so wird sie trotzdem bei Zusatz von weichem Schrott sofort wieder zu kochen anfangen, d. h. der Schrott kühlt ab, das Eisenoxydul scheidet sich aus und wird vom Kohlenstoff der Charge unter Bildung von Kohlen oxyd reduziert. Der günstige Einfluß des Char gierens von Schrott in den Thomaskonverter nach Beendigung des Blasens ist vielleicht auf die gleiche Ursache zurückzuführen. Hält man sich diese Vorgänge vor Augen, so erscheint es klar, daß zur Vermeidung oder zur Verminderung der Bildung von Hohlräumen die Lösung von Eisenoxydul verhindert oder gelöstes Eisenoxydul zerstört werden muß. Bisher geschah das durch Zusätze von Mangan und Silizium, wodurch jedoch der Nachteil ent stand, daß die Oxydationsprodukte dieser Stoffe in sehr fein verteiltem Zustande, d. h. als eine Art Emulsion, in dem Flußeisen zurückblieben. Soll das verhindert werden, so muß mit Stoffen desoxydiert werden, deren Oxyde gasförmig sind, d. h. mit Kohlenstoff, oder es muß den anderen Stoffen, wie z. B. Manganoxydul, Zeit gegeben werden sich auszuscheiden. Nun ist jedoch bekannt, daß- jede basische Schlacke eines Eisenerzeugungs-Prozesses Eisen oxyde gelöst enthält, und daß diese Oxyde sich mit dem Eisen zu Eisenoxydul zersetzen, welches sich immer wieder im Eisen löst, selbst wenn letzteres oxydfrei gemacht worden war. Eine weitgehende Desoxydation wird also nur zu erzielen sein, wenn es gelingt, die Schlacken ganz eisenfrei zu machen. Es wird nun die Frage sein, läßt sich diese Bedingung im elektrischen Ofen erfüllen 't Ich kenne aus eigener Anschauung nur das Heroultsche Verfahren und für dieses kann die Frage bejaht werden, ob auch für andere Verfahren, erscheint mir zweifelhaft. Ich werde bei der Beschreibung des Verfahrens hierauf näher eingehen. Es fragt sich dann noch, gestattet das elek trische Verfahren, eine größere chemische Rein heit des Flußeisens zu erzielen, oder gestattet