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de» Nachforschungen beteiligt iich aus,er der Mi litärgerichtsbarkeit auch die Staatsanwaltschaft. — Ueber den weiteren Verlauf der Dinge liegen folgende Meldungen vor: Unter dem Verdachte der Täterschaft wurde in seiner Wohnung der Hauptmann von Gäben vom 78. Feldartillerie- Reglment verhaftet. Der ermordete Major von Schönebeck gehörte dem 10. Dragoner - Regiment an. v. Gäben wurde sofort in das Arresthaus der S7. Division gebracht; irgendein Geständnis hat er bisher nicht abgelegt. Der Hauptmann bestreuet angeblich nicht, in der Mordnacht im Hause des erschossenen Majors von Schönebeck gewesen zu sein. Ueber den Zweck seines Aufent haltes in der Villa des Masors gibt er aber keine Auskunft. Der Verhaftete steht in dem Rufe eines vorzüglichen M cnsurenschlägeis und Pistolenschüßen. Frau v. Schönebeck, die gleich nach der Tat verreiste, befindet sich jetzt wieder mit ihren beiden Kindern bei einer befreundeten Offiziersfamilie in Allenstein. — Noch einer an deren Meldung ist es zweifelhaft, ob die Ver haftung des Hauptmanns von Gäben wird auf recht erhalten werden können, da positive Ver dachtsmomente nicht vorliegen. Es heißt, die Verhaftung des Hauptmanns sei deshalb erfolgt, um eine völlige Klärung der angeblich sehr ver- wickelten Familienverhältnisse herbeizuführen. Daß auf jeden Fall mit der Annahme gerechnet wird, daß nur »ine Militärperson als Täter in Frage kommen kann, wird dadurch bestätigt, daß, unter stützt von der Staatsanwaltschaft, das Kriegs gericht die Untersuchung führt, das es auch für dringend erwünscht erklärt hat, daß ihm alle zur Auftlärung de» Tatbestandes dienenden Angaben unverzüglich zugehcn. Aus Ersuchen des Kciegs- mimfürs sind vom Berliner Polizeipräsidium zwei Kriminalkommissare nach Allenstein entsandt und dem die Untersuchung führenden Kriegsgericht zur Verfügung gestellt worden. Weiterhin ist es be merkenswert, daß die Familienmitglieder nicht zu- sammengeblieden sind, sondern sich getrennt ha ben. Major von Schönebeck erfreute sich bei seinen Kameraden wie bei den Dragonern großer Beliebtheit, so daß sein tragisches Ende allgemein bedauert wird. Hoffentlich wird bald Klarheit geschaffen. „Hauptmauu vo» Köpenick" i» Wien. Ueber das Verhör des Wiener Regimentskassen- rävbers Leopold Goldschmidt, der in Frey sing in Boyern verhaftet werden konnte, wird noch fol gendes bekannt: Goldschmidt, ein junger aufge weckter Burfche mit schwarzem Vollbärtchen gab an, er habe s. Z. 600 Kronen unterschlagen nnd sei deshalb aus Wien desertiert. Als Prooiant- offiz,eisftelloertreter hatte er hauptsächlich die Getvausgaben der Batterien unter sich. Die Offi ziere, die sich um den Dienst nicht viel kümmer ten, so sagte er im Verhör, pflegten meine Schrift stücke ohne Kontrolle zu unterschreiben. Als ich im September 1906 die Ojfiziersmenage über nommen hatte, war bereits eia großes, durch un- richtige Warenkontos verdecktes Defizit vorhanden. Et durch Ersparungen auszumerzcn, war unmög lich, da die Offiziere hohe Anforderungen an die Küche pellten. 600 beim R nnen gewonnene Kronen verwandte ich zur Deckung des Defizits, wurde zu weiteren Spielen verleitet und hatte bald eine Schuldenlast von 8000 Kronen, worauf ich am 13. Dezember desertierte. Nach Wien zu rückgekehrt, wollte ich schon am 19. Dezember den Kassendiebstahl verüben, kam jedoch erst am 21. dazu, da ich erst an diesem Tage von meinem Metsherrn 20 Kronen erhielt, um mir bei einem Trödler die LeutnantSrechnungssührcr-Uniform zu kaufen. Das weitere ist bekannt. Flüchtig. Der um die Entwickelung der Landwirtschaft in Schonen verdiente Gutsbesitzer Birger Welmder ist flüchtig geworden, nachdem, er gefälschte Aktien im Betrage von 700 0001 Kronen in Umlauf gesetzt hat. Bom Schueesturm überrascht wurde ein Bäckergehilfe aus Wien im Achental. Der Un glückliche konnte nicht mehr weiter, kroch in einen Heustadel und verbrachte darin sechs Tage und Nächte ohne Nahrung. Ganz erschöpft und halb erfroren wurde er schließlich von einem Gendarmen geboten. Raabaufall vor einem Baakschalter. Als eine junge Dawe am Dienstag abend in Kopen hagen bei der Grundbesitzer-Bank 3000 Kronen, davon 2800 Kronen in Hundcrt-Kronenscheinen, einzahlen wollte, entriß ein junger Mann ihr das Paket mit 2300 Kronen und ergriff die Flucht. Einem ihm entgegenkommenden Geheimpolizisten gelang es, auf den Zuruf der folgenden Volks menge den Flüchtling festzunehmen, der zwei Re- volverschüffe abfeuerte. Unterschlagungen. Der verhaftete Bankier d'Eoerstag (Genf) hat Unterschlagungen in Höhe von eineinhalbe Millionen Franks begangen. Sem Associee Juvet hat sich kürzlich das Leben genommen. Eigenartiger Selbstmord. Auf eigenartige Weise nahm sich in Schweidnitz ein Arbeiter das Leben. Am Generalteich entlediate er sich seiner Kleidung; dann schlug er eine Oeffnung in die Eisdecke und sprang in das Wasser. Aufrecht stehend wurde er dort ertrunken aufgefunden. Die Oeffnung war wieder zugesroren. Auf einer an den Magistrat gerichteten Postkarte, die am Ufer bei den Kleidungsstücken gesunden wurde, hatte der Selbstmörder seins Personalien genau ange geben. Selbstmord eines amerikanischen Spekulan ten. Wie man aus New-Jork meldet, beging der Vizepräsident der Lyoner Building and Oper- atione Compogny, Steadman, infolge des Zu sammenbruches der Gesellschaft Selbstmord, indem er sich vor einen Eisenbahnzug warf. Die Leichen teile konnten nur mit großer Mühe gesammelt werden. Passiven der bankerotten Gesellschaft be tragen dreißig Millionen. Schrecklicher Tod. Ein entsetzliches Unglück ereignete sich, wie aus Madrid gemeldet wird, in Prplona Navarra in einer Milchwirtschaft, wo fünf Frauen arbeiteten, von denen eine von ihrem zweijährigen Söknchen namens LuiS Za- balza begleitet war. In der Küche stand ein großer Kessel heißer Milch; das Kind fiel hinein, ohne daß es bemerkt wurde. Als einige Stunden später die Frauen Feierabend machten, fanden sie dre gekochte Leiche. Die Mutter wurde in folge des Schrecks wahnfinnig. Vermischtes. Ehrung Eugen Richters. Das Komitee zur Errichtung eines Eugen Richter-Turms in Hagen beschloß, auf einer dem Bismarktum gegenüber liegenden Bergcshöhe in der unmittelbaren Um gebung der Stadt 20000 Quadratmeter zur Errichtung eines Eugen Richter-Turmes nebst aus gedehnten Anlagen zu erwerben. Zugleich wurde der Arbeitsausschuß beauftragt, unverzüglich mit den Vorarbeiten zu beginnen. DaS 25Pfg.-Stück kommt im neue« Jahre. Wie das Rerchsschatzamt dem Zentralverbande Deutscher Industrieller auf eine Eingabe mitgeteilt hat, befinden sich die Erwägungen über die Ein führung eines Fünfundzwanzigpfennigstückes, ins besondere über die Gestaltung einer solchen Münze noch in der Schwebe. Hiernach ist die Einführung im Jahr 1908mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten Prinzessin Beatrice von Koburg Gotha, die jüngste Tochter des verstorbenen Herzogs Alfred von Koburg, Bruder des Königs von England, hat sich mit dem Prinzen Alfons von Bourbon ¬ finden sich in Groß-Berlin gegenwärtig rund 30000 Arbeitslose, am schwersten find die Holz- und Metallindustrie in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Arbeitslosigkeit bei diesen zwei Ge werben beträgt fast daS Vierfache des vergangenen Jahres. Die Zahl der Arbeitslosen ist aber vielleicht noch höher, da bei verschiedenen Ge werben genaue Angaben noch nickt vorliegen. Zweieiithalbe Million Weih nachtSP ackete find m diesem Jahre allein in Berlin aufgegeben worden oder dort singcgangen. Es find das bei nahe 25000 Stück mehr als im Vorjahr. Die Zunahme rührt aber ausschließlich aus den ein- gegangeuen Packeten her, die Zahl der aufge- gebcnen ist seit langen Jahren zum ersten Male und zwar um 4213 zurückgegavger. Eine Folge der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse. Ein hundertjähriger Akrobat. Der älteste lebende Akrobat, Henry Johnsen in London, feierte dort feinen 101. Geburtstag. Der körper lich und geistig roch sehr rüstige Greis lebt in bedrängten Verhättmssen. Früher war er ein sehr begehrter Künstler und ist häufig vor der Königin Victoria und auch vor König Eduard VII, als dieser noch Prinz von Wales war, ausgetreten. Ein lenkbares Luftschiff in — China. Im Wettstreit mit Len Völkern des Abendlandes will sich jetzt auch China ein lenkbares Luftschiff leisten. Wie aus Hongkong berichtet wird, hat sich dort ein Äosortium zur Erbauung des lenkbaren Luft schiffes, Model 1894 gebildet. Der Erfinder, ein Chinese Namens Tse Tsan Tsai, bat die Ballon hülle nicht, wie allgemein üblich, aus starker Seide hergestellt, sondern aus Aluminium, um den Ballon, der in erster Linie zu Kriegszwecken Verwendung finden soll, kugelsicher zu machen. Das Luftschiff besitzt die allgemein übliche Zigarren- forw, und durch schwingende Schraubenflügel wird die Bewegung nach allen Richtungen — auch rückwärts — ermöglicht. Der Gasbehälter dient nm als Boje. Das vertikale Gleichgewicht wird durch horizontalliegende Schraubenflügel hergestellt, die durch ein Uhrwerk regulierbar sind. Die Steuerung besteht aus Stahlflügeln, die durch Elektrizität bewegt werden. — Wenn sich die be zopften Söhne nur nicht über die Kugelficherheit des Aluminiums täuschen. Eine seltsame Ehe. Die seltsamste Ehe, die wohl je geschlossen wurde, war sicher die der bekannten siamesischen Zwillinge Chang und Eng. Ihre Frauen waren Schwestern, Töchter eines Geistlichen in Süd-Carolina, und die Ehe soll, wie Wcllace, der Begleiterder Zwillinge, versicherte, sehr glücklich gewesen sein. Chang hatte zehn Kinder, Eng acht, In ihrer Heimat wohnten sie abwechselnd in dem einen oder anderen zugehörigen Hause, ihre Frauen folgten ihnen dann. Ein Vulkan zu verkaufe«. Der größte feuer speiende Berg Mxikos, der Popokatepetl, steht wiederum zum Verkauf. Ein großes amerikanisches Syndikat hatte den Berg vor einigen Jahren er worben, um die Schwefelquellen auszubeuten; das Unternehmen geriet jedoch in Konkurs. Jetzt bietet die Regierung die Ausnutzung der Schwefel quellen, die sich etwa 500 Fuß über dem Meeresspiegel befinden und etwa 148,000,000 Tonnrn Sckwefelenthalten, wieder zumBerkavt aus. 45000 Morde in fünf Jahre«. In Chica go hat der Richter Markus Kavanagh vor kurzem an seine Rechtskollegen eine Ansprache gehalten, die in Amerika großes Aufsehen erregte und auf die amerikanischen Kriminalverbältnisse ein grelles Schlaglicht wirft. Danach ist Amerika das Land, in dem die meisten Verbrechen verübt werden, und sein ReichSsyfiem ist daS unsicherste und ver altetste der Welt. Vor allem weist Amerika die größte Zahl der Mocde auf. In den letzten auch darauf, daß die gegenwärtigen Gesetze nich ausreichen. Heute sei es einem überführten Mörder, wenn er über genügend Geld und ge schickte Advokaten verfügt, wohl möglich, die Vollstreckung des Urteils um Jahre hinausschieben zu lassen. Aus der Statistik ist nachzuweisen, daß im letzten Jahre, da in England und Wales 317 Mordtaten geschahen, in den Vereinigten Staaten deren 8760 vollbracht wurden. Dabei ist die Be völkerung Nordamerikas kaum doppelt so groß wie die des kleinen England. Die Amerikaner wälzen natürlich alle Schuld von sich ab auf die Schultern der europäischen Einwanderer. Dieser Abschaum könne nicht so schnell absorbiert werden; nur dieser Kreis sei es, der die Unzahl Verbrecher liefere. Ein eigenartiges Brautabendtener wird auS der Gemeinde Chilly in Hoch-Savoyen gemeldet: Bei einer Hochzeitsfeier in einem Bauernhause brach der Boden des über dem Stalle gelegenen Speisesaales ein, und die Gäste stürzten in die Tiefe unter das Rindvieh und die Schweine. Infolge eines seltsamen Zufalls fiel die Braut auf eine Kuh, die, über die Last erschreckt, ihr Halfter abriß und mit der jungen Frau aus dem Rücken davonstürmte. Die nacheilenden Gäste fanden sie kurz darauf mit ihren Haaren an einem Baum aste hängen. Sie kam bald wieder zu sich und bat von dem Abendteuer keinerlei unangenehme Folgen behalten, wie auch die im Festgelage unterbrochenen Gäste trotz des Sturzes unbeschädigt davonkamen. Die Geschichte ei«eS Mordes. In London ist zu Weihnachten nach zwanzigjähriger Zwangs arbeit ein ehemaliger Hausdiener namens Lee freigelaffen worden, der seinerzeit wegen Raub mordes an einer Greisin zum Tode verurteilt worden war, trotzdem nur Verdachtsmomente vor lagen und der Angeklagte sein» Unschuld beteuerte. Er sollte hingerichtet werden, aber dreimal ver sagte der Galgen und so wurde er begnadigt. Lee schritt, nachdem er versichert hatte, der Herr wisse, daß er unschuldig sei, ruhig und gefaßt aus den Galgen zu, stellte sich auf die Falltür, ließ sich mit der weißen Mütze die Augen ver decken und dann den Strick um d«n Hocks legen, der Geistliche sprach ein Gebet und nun wurde daS Zeichen gegeben. Doch die Falltür gab nicht nach. Man vernahm nur ein Knarren» und der arme Sünder stand immer noch auf seinem Platze Man zog, wie der Kölnischen Zeitung geschrieben wird, den Riegel ein zweites und ein drittes« al, aber die Falltür bewegte sich nicht. Die verant wortlichen Beamten schwitzten vor Aufregung, Lee inddssen verlor nicht die Ruhe. Man arbeitete auf Leibeskräften am Apparat herum, hielt ihn endlich für ganz richtig in Ordnung und zum zweiten Male wurde versucht. Wieder ohne Er folg. Lee wurde zunächst ins Gefängnis ge bracht. Zimmerleute machten sich an der Fall- tür zu schaffen, dann sollte wirklich alles in Ord nung sein. Zum dritten Male sprach der Geist liche, zum dritten Male trat Lee auf die Fall tür und zum dritten Male versagte sie. Das Publikum geriet in große Aufregung, so daß das Todesurteil in lebenslängliche Zwangsarbeit um gewandelt wurde. Der Aberglaube wob alsbald eine Legende um den Vorfall; man erzählte von einer weißen Taube, die über den Galgen ge schwebt habe, und der Begnadigte sprach von dem Wunder, das der Herr zu seinen Gunsten bewirkt habe. Jetzt ist er völlig begnadigt worden. Der Mord hat biS heute noch keine Aufklärung gefunden. Schnee in Skandinavien. Ja Schweden find solche Schneemassen niedergegangen, daß in manchen Teilen schon tagelang dir Verkehr flockt. Aach Deutschland wird davon in Müleivensckaft gezogen, indem die Postdampfer sogar mit fünf stündiger Vrrspäiung in Saßnitz emlreffin, somit die Post und Eilfracht oft nicht befördert werden. Orleans verlobt. Die Braut ist 1884, der Bräu- Kavanagh führt diese Tatsache auf die schlechte füns Jahren find in den Vereinigten Staaten nicht weniger als 4S000 Morde vollbracht worden. tigaw, der in Heidelberg studiert, 1888 geboren. 30 000 Arbeitslose. Nach den neuesten-».- Feststellungen der Gewerkschafts-Kommission be- Handhabung der Besitze zurück, und zum Teil Aer gemimt? Roman Viktor Strahl. 57 .Es ist Scharfe, der Bmyhalter!" erwiderte Rosalie leise. .Er hat große Bücher unter dem Arme. Der Ver walter scheint uns also doch noch die Bücher zu schicken." Scharfe stieg die Stufen der Terrasse hinauf und näherte sich zögernden Schrittes dem Baron und der Tochter. Eine Erregung schien ihn plötzlich zu ergreifen. .habe ich die Ehre, den Herrn Baron v. Wöhlingen vor mir zu sehen?" fragte er dumpf, sich tief verneigend. Der Baron nickte. „Ich bin der Buchhalter des Herrn Hartmann, Georg Scharfe. — Der Herr Verwalter sendet der gnädigen Ba ronesse einige Rechnungsbücher zur Durchsicht." Rosalie blickte ihn forschend mit einer gewissen Spann ung an. — Der Buchhalter senkte den Kopf. Rosalie seufzte. „Verzeihen Lie, Herr Scharfe! Ihre Stimme erinnert mich an Jemand " „An wessen Stimme, Rosalie?" unterbrach der Baron sie. — „An meines Bruders Stimme", erklärte sie leise. Der Baron blickte den Buchhalter an und lächelte un willkürlich. „Was für einen Streich Dir Deine Einbildung spielt, mein Kind! Wie kann denn diese trostlose Stimme dieses alten Mannes Dich an die fröhliche Stimme unseres Max erinnern?" „Sin Sie schon lange hier, Herr Scharfe?" fragte sie, näher zu dem Buchhalter tretend. „Rein, nicht lange", antwortete der Buchhalter mit müder Stimme, ohne die Augen zu erheben. „Ich bin Herrn Hartmann von seinem Freunde, dem Rechtsanwalt Wrdxn.^ „O!" seufzte Rosalie, ganz enttäuscht. „Sie können mir die Bücher geben, Herr Scharfe", sagte der Baron. „Erlauben Sie, daß ich sie hineintrage. Sie sind sehr schwer!" Der Baron nickte zustimmend und schritt mit seiner Tochter die Stufen hinan in die breite marmorgcpflasterte Halle. — Der Buchhalter folgte. „Tragen Sie die Bücher ins Bibliothekzimmer, Herr Scharfe" befahl Rosalie dem Buchhalter, ihren Vater einen Augenblick au der Tür zurückhaltend. Scharfe schritt den Korridpr entlang auf das Bibliothek- zimmer zu. Plötzlich blieb er wie bestürzt stehen und blickte zurück. „Haben Lie die Güte, gnädiges Fräulein, mir zu sagen, wo das Bibliothekzimmer ist." Rosalie schlüpfte an ihm vorbei und öffnete die Türe des Dibliothekzimmers. „Ein merkwürdiger Mann, Rosalie!" sagte der Baron kopfschüttelnd, als der Buchhalter sich wieder entfernt hatte. „Er hat einen guten Eindruck auf mich gemacht." „Auf mich auch" entgegnete Rosalie nachdenklich. „Ich möchte ihn gern näher kennen lernen." Sie setzten sich im Bibliothekzimmer an einen Tisch und begannen die Bücher zu prüfen. Rosalie las die Ramen der Pächter und die dahinter verzeichneten Lummen vor, während ihr Vater die be treffenden Eintragungen in den Büchern suchte. Schon die erste Eintragung stimmte nicht „Wie viel Pacht zahlt der Schulzenmüller, sagst Du? Ich muß nicht recht gehört haben." „Zweitausend Mark, Papa!" „Zweitausend?! Und dieser Schurke hat nur zwölf- LMM Wark emMMM jMMMMtt die eigene Tasche gesteckt. Ich bin ein blinder Mann gewesen, daß ich ihm so vertraut habe!" Der Baron war vor Zorn und Empörung außer sich. Rosalie aber glühte vor Freuden. „Siehst Du, Papa, wie Hartmann uns in seine Gewalt gebracht hat? Run können wir ihn im Schach halten!" Sie fuhren mit der Prüfung fort und ihre Empörung stieg, als sie entdeckten, daß Hartmann schon Jahre lang alle Pachtbeträge zu niedrig gebucht hatte. Endlich waren sie mit der Arbeit fertig und blickten einander bestürzt an. „Tausende sind es, die Hartmann unterschlagen hat" rief der Baron, vor Zorn glühend. „Dies sind sicher nicht seine einzigen Betrügereien, Papa!" — „Das glaube ich auch. Du hast mich aus meiner Apatie geweckt. Ich werde jetzt nicht länger untätig sitzen bleiben und warten, bis das Wasser mich verschlingt. Ob wohl die Lumme, welche Hartmann unterschlagen hat, groß erscheint, wird sie doch nicht ausreichen, seine For derungen an mich zu decken." In diesem Augenblick meldete ein Diener, daß der Verwalter und sein Lohn zum Besuch erschienen seien. Der Baron legte die Bücher und das Papier in einen Schrank, gab seiner Tochter den Arm und führte sie zu den unwillkommenen Gästen. 15. Kapitel. Eine Unterredung. Der Verwalter begrüßte den Baron und dessen Tochter mit gönnerhafter Miene, während sein Sohn sich nnt einer tiefen Verbeugung und einer höflichen Phrase, für Rosalie bestimmt, begnügte. Der Verwalter trug seinen gemeinen Charakter offen zur Schau. Er hatte die Maske der Scheinheiligkeit ab- gelegt. -