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Freitag, den 24. April und Montag, den 27. April 1964, 19.30 Uhr, im Kongreßsaal des Deutschen Hygiene-Museums, Dresden 6, SjCcuzeL 1 ! Es spielt die Dresdner Philharmonie Dirigent: Gerhard Rolf Bauer Solist: Boris Gutnikow, Sowjetunion, Violine (Preisträger im internationalen Jacques-Thibaud-Geigerwettbewerb 1957 in Paris) Programmfolge: Ludwig van Beethoven (1770—1827) Konzert für Violine und Orchester D-Dur, op. 61 Allegro ma non troppo - Larghetto - Rondo Allegro Pause Johannes Brahms (1833—1897) Konzert für Violine und Orchester D-Dur, op. 77 Allegro non troppo - Adagio - Allegro giocoso, ma non troppo vivace ZUR EINFÜHRUNG Beethovens einziges Violinkonzert D-Dur, op. 61, aus dem Jahre 1806 ent stand in unmittelbarer Nachbarschaft mit der 4. Sinfonie, dem 4. Klavier konzert und den Rasumowski-Quartetten. Das Konzert, das wohl das be deutendste dieser Gattung überhaupt ist, demzufolge zu den Standard werken der Violinliteratur gehört, hatte Beethoven für den Konzertmeister des Theaters an der Wien, Franz Clement, komponiert, der es auch am 23. Dezember 1806 uraufführte, ohne allerdings damit eine restlos befrie digende Resonanz bei der Kritik finden zu können. In einzigartiger Weise sind im Beethovenschen Violinkonzert die ganz eigenen Möglichkeiten des Instrumentes erfaßt. Das Werk ist lyrisch, gefühlsbetont und ist als erstes seiner Art zum Prüfstein geigerischer Kunst geworden, obwohl es eigent lich nur im Finale ausgesprochene Virtuosität fordert. Vollendung der Form, Tiefe und Schönheit der Gedanken, idealer Ausdruck klassischen Humanismus — das sind Vorzüge des Werkes, das bei aller Universalität des zur Darstellung gelangenden Weltbildes jedoch mehr zu gelassener Ausgewogenheit als zur Überwindung dialektischer Spannungen neigt. Vier leise Paukenschläge, die im ganzen Satzverlauf späterhin motivische Bedeutung haben, eröffnen die Orchestereinleitung des ersten Satzes (Allegro ma non troppo), die das thematische Material mit sinfonischer Impulsivität an das Soloinstrument weitergibt. Zwei Themen werden ent wickelt. In den Oboen, Klarinetten und Fagotten erklingt zunächst das gesangvolle Hauptthema, dem nach einem energischen Zwischensatz ein zweites lyrisches D-Dur-Thema der Holzbläser von bezaubernder Schlicht heit folgt. Nach der Entwicklung dieses Themas, die zu einem kraftvollen Höhepunkt mit einer neuen daraus hervorwachsenden Melodie führt, setzt die Sologeige, zurückhaltend von Bläsern und Pauken begleitet, mit leich ter Abwandlung des Hauptthemas in hoher Lage ein. Und nun beginnt ein herrlicher Zwiegesang mit dem Orchester. In kaum zu beschreibender Schönheit fließt der Klang der Sologeige über dem Orchester hin oder begleitet es mit beseelten Passagen. Auch nach einem zweiten kräftigen Orchestertutti setzt sich der verklärte, melodische Gesang des Soloinstru mentes fort. Nach der Durchführung kehren in der Reprise die musikali schen Haupt- und Nebengedanken wieder, vom Orchester wesentlich ge tragen. Figurenreich ist der Part der Violine, der schließlich in die Solo kadenz mündet. Der Schlußteil — mit seiner besonderen Berücksichtigung des zweiten Themas — schließt mit einem schwungvoll-energischen Auf stieg der Geige. Romanzencharakter besitzt das anschließende G-Dur-Larghetto, dessen erstes Thema, von gedämpften Streichern angestimmt, zu den Hörnern, Klarinetten und Fagotten überwechselt und von Passagen und Trillern der Solovioline kommentiert wird. Ein zweites lyrisches Thema gesellt sich nach einem Höhepunkt hinzu, von der Geige vorgestellt. Mit einer Kadenz leitet das Soloinstrument zum Rondo-Finale (Allegro) über und übernimmt sogleich mit einem fröhlichen, dreiklangsbetonten Hauptthema die Führung, die es nunmehr durchgehend dem „Refrain“ des Orchesters gegenüber beibehält. Der tänzerische Elan dieses Satzes, der formal zwi schen Rondo und Sonatensatz steht, durch heitere und auch lyrische Epi soden und Einfälle aufgelockert, ist von geradezu mitreißender Wirkung. Die virtuosen Lichter des beglückenden Finales erzeugen den Eindruck eines bunten Wirbels. Mit energischen Akkorden verklingt das Werk. Johannes Brahms schrieb sein einziges, im Jahre 1878 komponiertes Violinkonzert D-Dur, op. 77, für seinen langjährigen Freund, den berühm ten Geiger Joseph Joachim, der ihm auch bei der Ausarbeitung der Solo stimme in violintechnischen Fragen ratend zur Seite stand (ohne daß Brahms allerdings auf alle Änderungsvorschläge Joachims eingegangen wäre). „Nun bin ich zufrieden, wenn Du ein Wort sagst und vielleicht einige hineinschreibst: schwer, unbequem, unmöglich usw.“, können wir