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STEINSAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Dienstag, den 11. April 1967,19.30 Uhr 4. KAMMERMUSIKABEND der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Ausführende: Hannerose Katterfeld Alt Helmut Rucker Flöte Werner Metzner Klarinette Siering-Quartett: Günter Siering Violine Siegfried Koegler Violine Herbert Schneider Viola Erhard Hoppe Violoncello Wolfgang Amadeus Mozart 1756 - 1791 Quartett für Flöte, Violine, Viola und Violoncello A-Dur KV 298 Andantino Menuetto Rondo. Allegretto grazioso Zbigniew Ciechan Streichquartett in zwei Sätzen (1963) Adagio misterioso Andantino (scherzando melancolique) Paul Hindemith 1895 - 1963 Die junge Magd — Sechs Gedichte von Georg Trakl für eine Altstimme mit Flöte, Klarinette und Streichquartett op. 23 Nr. 2 (1922) Oft am Brunnen, wenn es dämmert Stille schafft sie in der Kammer Nächtens übern kahlen Anger In der Schmiede dröhnt der Hammer Schmächtig hingestreckt im Bette Abends schweben blutige Linnen PAUSE Johannes Brahms 1833 - 1897 Streichquartett a-Moll op. 51 Nr. 2 Allegro non troppo Andante moderato Quasi Menuetto, moderato — Allegretto vivace Finale. Allegro non assai ZBJGN EW CIECHAN gehört der jüngsten polnischen Komponistengenera- tion an, deren Experimentierfreudigkeit bekannt ist. Der etwa 30 jährige Wroclawer Komponist absolvierte sein Studium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Warschau bei Prof. Witold Rudinski. Seine wichtigsten bisherigen Kompositionen sind u. a.: die Kantate „Verhüllung“ nach Tadeusz Razewicz, „Polnisches Fest“, „Anti thesis“, „Antipodes“, sinfonische Konzerte, Kammermusiken und Lieder. Das Streich quartett in zwei Sätzen entstand im Jahre 1963 und weist auf das Streben des Kom ponisten hin, die musikalische Tradition durch neuartige Klangmittel zu erweitern, wobei eine Tendenz zum Experiment unverkennbar ist. Ciechans stilistische Hal tung erscheint erwachsen aus einer Synthese Schönbergscher und Pendereckischer Elemente. Bei aphoristischer Anlage kann nicht von einer musikalischen Form im überlieferten Sinne gesprochen werden. Es gelangen motivische Floskeln zur Dar stellung, die jedoch keine konstruktiven Bezüglichkeiten besitzen. Auch aleatorische Partien begegnen, d. h. der Improvisation ist gelegentlich Raum gegeben. Im Dien ste der Ausdruckssteigerung stehen verschiedene neuartige Klangeffekte, die durch ungewöhnliche Spielweise erzeugt werden wie beispielsweise ein Knirschen durch Druck des Bogens in der Nähe des Stegs oder jene dumpfen Pizzikato-Klangfarben. die entstehen, wenn die Finger der linken Hand nur leicht die Saiten berühren. Dabei sind jedoch auch alle Geräusche zu einem disziplinierten Klang geordnet, so daß Zbigniew Ciechans Werk durchaus einen organischen Eindruck hinterläßt. Paul Hindemith: Die junge Magd Sechs Gedichte von Georg Trakl für eine Altstimme mit Flöte, Klarinette und Streichquartett I Oft am Brunnen, wenn es dämmert, sieht man sie verzaubert stehen Wasser schöpfen, wenn es dämmert. Eimer auf und nieder gehen. In den Buchen Dohlen flattern, und sie gleichet einem Schatten. Ihre gelben Haare flattern, und im Hofe Schrein die Ratten. Und umschmeichelt vom Verfalle senkt sie die entzundenen Lider. Dürres Gras neigt im Verfalle sich zu ihren Füßen nieder. II Stille schafft sie in der Kammer, und der Hof liegt längst verödet. Im Holunder vor der Kammer kläglich eine Amsel flötet. Silbern schaut ihr Blick im Spiegel fremd sie an im Zwielichtscheine und verdämmert fahl im Spiegel und ihr graut vor seiner Reine. Traumhaft singt ein Knecht im Dunkel, und sie starrt von Schmerz geschüttelt. Röte träufelt durch das Dunkel. Jäh am Tor der Südwind rüttelt.