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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonntag, den 26.März 1967, 19.30 Uhr Montag, den 27. März 1967, 19.30 Uhr 13. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Gerhard Rolf Bauer, Karl-Marx-Stadt Solistin: Annerose Schmidt, Leipzig, Klavier PETER ILJITSCH TSCHAIKOWSKI 1840 • 1893 „Romeo und Julia“ — Fantasie-Ouvertüre Andante non tanto quasi Moderato — Allegro giusto — Moderato assai Serenade für Streichorchester op. 48 Pezzo in forma di Sonatina (Andante non troppo — Allegro moderato) Walzer (Moderato) Elegie (Larghetto elegiaco) Finale. Tema Russo (Andante - Allegro con spirito) PAUSE Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23 Allegro non troppo e molto maestoso — Allegro con spirito Andantino simplice — Prestissimo — Tempo I Allegro con fuoco ANNEROSE SCHMIDT gab bereits im Alter von nenn Jahren Konzerte und legte zwölfjährig eine Prüfung als Konzertpianistin vor einem Gremium der Landesregierung Sachsen-Anhalt ab. Nach lang jähriger Ausbildung bei ihrem Vater studierte sic an der Hochschule für Musik in Leipzig bei Professor Hugo Steurer und bestand nach drei Jahren 1957 das Staatsexamen mit besonderer Auszeichnung. Sie ist Preisträgerin im V. Internationalen Chopin-Wettbewerb 1955, 1. Preisträgerin im Gesamtdeut schen Pianisten-Wettbcwerb Leipzig 1955, 1. Preisträgerin im Internationalen Schumann-Wettbewerb 1956 und erhielt 1961 den Kunstpreis der DDR sowie 1965 - während der 13. Westdeutschland-Reise der Dresdner Philharmonie, an der sie als Solistin teilnahm - in Würdigung ihrer hervorragenden Leistun gen den Nationalpreis unserer Republik. Konzertreisen führten die erfolgreiche junge Künstlerin durch die Sowjetunion, die VR Bulgarien. Jugoslawien, Westdeutschland, Finnland, die Volksrepubliken Polen und Ungarn, England, Holland, die CSSR, die SR Rumänien, in den Libanon und nach Ägypten. Außerdem wirkte sie bei den Salzburger und Dubrovniker Festspielen mit. Unmittelbar nach den Kon zerten mit der Dresdner Philharmonie konzertiert Annerose Schmidt in der Sowjetunion. ZUR EINFÜHRUNG Peter Pschaikowskls Fantasie-Ouvertüre „Romeo und, Julia“ nach Shakespeare, heute zu den beliebtesten Werken des Komponisten gehörend, hatte anfangs einen ausge sprochenen Mißerfolg und stieß überall auf Ablehnung. Nach der Uraufführung der im Herbst 1869 entstandenen Komposition, die 1870 in Moskau im Rahmen der Kon zerte der Russischen Musikgesellschaft stattfand, schrieb Tschaikowski in einem Brief: „Meine Ouvertüre .Romeo und Julia“ hatte hier keinen Erfolg und fiel durch“, und auch weitere Interpretationen der Ouvertüre im Jahre 1876 in Wien und Paris wurden für den Komponisten deprimierende Mißerfolge. So schrieb der gefürchtete Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick nach der dortigen, von dem berühmten Dirigenten Hans Richter geleiteten Aufführung: „Das zweite philharmonische Konzert brachte eine Ouvertüre zu Shakespeares ,Romeo und Julia“ von dem russischen Komponisten P. I. Tschaikowski. Diese Ouvertüre war neu, neu und befremdend, denn daß diese seelenlose, von grauen Dissonanzen und wildem Lärm durchtobte Tonschlacht eine Illustration der zartesten Liebestragödie sein soll, das hätten die wenigsten Zuhörer zu denken gewagt. Das Stück schien bereits mit völligem Stillschweigen übergangen, als einige Hände sich in heftigem Applaus regten und damit das Signal zu einem ziemlich allgemeinen und schnell obsiegenden Zischen gaben.“ Dennoch steht heute fest, daß die „Romco-und-Julia“-Ouvcrtüre eines der ersten wirklichen Meisterwerke des zur Entstehungszeit knapp 30jährigen Tschaikowski darstellt, der die Komposition übrigens selbst sehr liebte und sie nach der Fertigstellung noch zweimal (1870 und 1879) umarbeitete. Er fühlte sich zu diesem Sujet so hingezogen, daß er auch eine Oper nach der Tragödie Shakespeares, dem berühmtesten Liebesdrama der Welt literatur, plante, von der allerdings nur ein Duett erhalten ist. Die Ouvertüre, die sich durch melodische Erfindungskraft und Feinheit der Instrumen tation, Klangschönheit und dramatischen Schwung auszeichnet und eine bemerkens werte Geschlossenheit der Wirkung erreicht, folgt in ihrer Anlage nicht dem Handlungs verlauf der Shakespeare-Tragödie. Sie gibt vielmehr in ihrem sorgfältig gegliederten musikalischen Verlauf den Inhalt des Dramas durch eine sinfonische Darstellung des Schicksals der Handlungsträger, des dramatischen Grundkonflikts wieder. Drei Haupt themen tragen das musikalische Geschehen des Werkes. Feierlich, choralartig erklingt das auch später wieder erscheinende Thema der Einleitung (Andante non tanto, quasi moderato), das den gütigen Pater Lorenzo, den Beschützer der Liebenden, charakteri sieren soll. Im Hauptteil (Allegro giusto) werden zu Beginn in temperamentvoller Weise die Kämpfe der beiden feindlichen Adelsgeschlechter geschildert, denen Romeo und Julia entstammen; energisch, rhythmisch prägnant ist das hier zugrunde liegende Thema. In starkem Gegensatz dazu steht das sehnsuchtsvoll-leidenschaftliche, lyrische dritte Hauptthema, das ausdrucksvolle „Liebesthema“ des durch den Zwist der Eltern in den Tod getriebenen unglücklichen Paares. Nach der Gegenüberstellung dieser The men in Durchführung und Reprise bildet ein ruhiger Nachsatz (Moderato assai), formal der langsamen Einleitung entsprechend, den Ausklang der Komposition. Die Serenade für Streichorchester op. 48 schrieb Tschaikowski im Jahre 1880, zwischen der vierten und der fünften Sinfonie; sie nähert sich mit dem viersätzigen Aufbau und in der Dramatik ihrer Aussage ebenfalls dem sinfonischen Zyklus. Doch ist sie leichter im Gewicht. Der Komponist selbst hatte eine hohe Meinung von dem Stück. In einem Brief an seinen Verleger heißt es: „Sei es, weil dieses mein jüngstes Kind ist, sei es, weil sie in Wahrheit nicht schlecht ist, ich bin jedenfalls in diese Serenade schrecklich verliebt und kann es kaum erwarten, daß sie der Welt vorgestellt wird.“ Die äußerst erfolgreiche Uraufführung erfolgte 1881 durch die Petersburger Russische Musikgesell schaft. Mit dem ersten Satz wollte Tschaikowski, wie er sagte, seiner „Verehrung für Mozart einen Tribut entrichten“, der Satz sei „eine bewußte Nachahmung seiner Manier“. Sicherlich ist dieses „Stück in Sonatenform“ von Mozarts Geist nicht unbeeinflußt, aber