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bezieht sich der Titel auf kompositionstcchnischc Praktiken, denn Kabcläc nutzt in seinem Werk vielfältige Möglichkeiten der Spiegelung von Melodien, Rhythmen, Farben, ja ganzer Formstrukturen wirkungsvoll aus und strebt bewußt nach symmetrischer Ord nung in Melodik, Harmonik, Rhythmik, Metrik, in horizontalem wie vertikalem Sinne. Die erste Miniatur stellt gleichsam die Eröffnungsfanfare des Werkes dar - von hier spannt sich ein großer Bogen zum abschließenden meditativen Teil der Komposition. - Kontrastierend zum Beginn ist das zweite Stück lyrisch und zart angelegt. Es besitzt eine dreiteilige Spiegelform und wird von einer bestimmten Intervallanordnung ge prägt. In einem Mittelabschnitt bringen Flöten und Klarinetten über Streicherakkorden ein erregtes Rezitativ. Die strenge Formsymmetrie wird in der Coda - wie auch bei einigen nachfolgenden Stücken - „punktuell“ unterbrochen. - Die dritte Miniatur, rhythmisch akzentuiert, folgt exakt der Taktserie und weist die Spiegelform A - B und B - A auf. Zu den Schlaginstrumenten gesellen sich nach und nach weitere Instrumenten gruppen. — Im lyrisch-kammermusikalischen vierten Teil ist das Klavier als Melodiein strument eingesetzt. - Die fünfte Miniatur verstärkt wieder die instrumentale Besetzung. Dodekaphone, also zwölftönige Gestaltungsmittel werden angewandt. - Im sechsten Stück arbeitet der Komponist konsequent mit serieller Intervallordnung. Von den tiefen zu den hohen Streichern getragene Klänge erstarren zu einem Akkord, aus dem sich eine vibrierende Klangfläche bildet, über der Oboe und Fagott ein Thema von orientalischem Kolorit vortragen. Im Mittelteil dieses Satzes imitieren die Schlaginstru mente den Steicherbeginn. - Die siebente Miniatur wird nur von den Steichern, dem Klavier und den Schlaginstrumenten ausgeführt. Kabeläc verwendete hier die alea torische Technik - die Streicher formen improvisierend langsam die Melodie, die nur in -Umrissen im Notentext festgelegt ist. - Im achten Satz tragen Streicher und Holzblas instrumente gleichzeitig zwei selbständige Abschnitte vor, die jedoch dem gleichen musi kalischen Material entstammen. - Der neunte Teil der „Spiegelbilder“ ist ein leiser Epilog, in dem das Prinzip der Symmetrie nach vertikaler und horizontaler Achse konsequent cingehalten wurde. In den Streichern entfaltet sich eine Melodie, die wie das Echo eines Chorales wirkt. Organisch hat der Komponist in dieses musikalische Geschehen ein Zitat eingefügt. Die hohen Streicher intonieren die Melodie seines Männerchores „Das Leid“, die u. a. auf folgende Textworte geschrieben wurde: „ . . . und jedermann hat irgendwo ein Herz, auch wenn er es nicht mit sich trägt . . . “. Josef Suk, dessen Werk bisher bei uns noch nicht gebührend gewürdigt worden ist, darf mit seinem Schaffen wie Leos Janäcek und Vitezlav Noväk als Wegbereiter jener tschechischen Musikergeneration angesehen werden, die nach dem zweiten Weltkrieg in das Blickfeld der Öffentlichkeit trat. Aber nicht nur für die weitere Entwicklung der tschechischen Musik wurde sein Oeuvre außerordentlich bedeutungsvoll - cs besitzt vor allem genügend künstlerische Eigenständigkeit und Überzeugungskraft, um selb ständig bestehen zu können. Suks Stil wurde stark durch den Impressionismus und Richard Strauss beeinflußt, erhielt jedoch seine persönliche Note durch den kompliziert grüblerischen Charakter des Komponisten, seine lyrisch-melodische Erfindungsgabe und seinen eigenartigen Formwillen. Er schrieb u. a. bedeutende Orchesterwerke (darunter die Streicherserenade Es-Dur, die sinfonische Dichtung „Praga“, die Sinfonien „Asrael“, „Das Reifen“ und „Epilog“), Kammermusik, Klavierstücke, Chorwerke und Bühnen musiken. - Einer alten Kantorenfamilie entstammend, 1874 in Kfccovice (Böhmen) geboren, zeigte Suk schon frühzeitig Äußerungen einer außerordentlichen musikalischen Begabung. Als Elfjähriger kam er bereits an das Prager Konservatorium, wo er die Aufmerksamkeit Dvoraks, seines späteren Lehrers, erregte. 1892 gründete er das welt berühmt gewordene „Böhmische Quartett“, dem er bis 1933 angehörte, bei ca. 4000 Konzerten in der ganzen Welt mitwirkend. Suk war auch ein hervorragender Pädagoge. Einer seiner Schüler war Bohuslav Martinü. 1922 wurde er Kompositionsprofessor am Prager Konservatorium - eine Stellung, die er bis zu seinem Tode im Jahre 1935 innehatte. 1898 hatte er Dvoraks Tochter Otylka geheiratet. Als 1904/05 Schwieger vater und Frau verstürben, erschütterten ihn diese beiden Schicksalsschläge derart, daß eine Wende zum Reflexiven in seinem Schaffen eintrat. In diese Richtung weist bereits die Fantasie für Violine und Orchester g-Moll op. 14 (1902/03), die am 9. Januar 1904 in Prag zur Uraufführung gelangte. Es handelt sich hierbei um ein „Werk der freizügig behandelten Form, der frei waltenden und schaltenden Fantasie, die nur um ihre künstlerische Aussage besorgt ist und sich in kein Formschema pressen lassen will. Suks Werk ist für sein Instrument geschrieben, das er selbst virtuos beherrscht hat. Mit stürmischen Akkorden beginnt die Kompo sition, um sich sogleich wieder zu beruhigen, wobei die Solo-Violine zwar zunächst auch energisch cinsetzt, um aber bald in eine wunderschöne Kantilene hineinzumünden. Aber die stürmischen Anfangstakte brechen immer wieder in den Gesang des Solo- Instruments ein. Jedoch unverzagt läßt stets nach einem solchen Sturm die Geige ihr sehnsuchtsvolles Lied erklingen. Dieser Stimmungswechsel ist für die Fantasie charakte ristisch. Dabei gibt aber Suk dem Instrument dankbare Aufgaben. Volksweisen klingen in einem scherzoähnlichen Teil auf, ein Fugato bringt wieder dramatische Akzente ins Spiel, die aber von heiteren Partien abgelöst werden, so daß der häufige Stimmungsum schwung ein Kennzeichen gerade dieser Fantasie ist. Die Gedanken des Anfangs werden noch einmal aufgegriffen - und mit den stürmischen Takten des Beginns endet auch dieses Werk des Wohlklangs, dieses Werk der besten Tradition, dieses Werk der Ver schmelzung tschechischer und deutscher Musik“ (J. P. Thilman). Als der Berliner Verleger Simrock 1878 Antonin Dvorak bat, slawische Tänze „in der Art“ der „Ungarischen Tänze“ von Johannes Brahms zu schreiben, kam dies dem Kom ponisten sehr gelegen. In kurzer Zeit lieferte er acht „Slawische Tänze“, zunächst in vierhändiger Klavierfassung, bald darauf auch für Orchester instrumentiert, die zu einem Welterfolg wurden. Der materielle Gewinn war für den Verlag außerordentlich, während der Komponist mit einem vergleichsweise geringen Pauschalhonorar abgefun den worden war. Simrocks verständliche Bitte um eine weitere Folge derartiger Tänze bcschicd Dvorak zunächst abschlägig, komponierte jedoch 1886 wiederum in kurzer Zeit eine zweite Reihe der Slawischen Tänze (Nr. 9-16 op.72), deren Orchesterfassung den zündenden, mitreißenden Abschluß der heutigen Programmfolge bildet. Wie die erste ist auch die zweite Reihe der Slawischen Tänze ein vollkommenes Kunstwerk für sich. Farbiger und üppiger in der Harmonik, weicher, träumerischer in der Melodik und raffinierter in der Instrumentation als der erste Teil, wirkt diese zweite Reihe in ihrer bewußten Kontrastierung von schnellen Tänzen in geradem Zeitmaß mit lang samen Tänzen in ungeradem Zeitmaß betont zyklisch. Verschiedenartigste, leicht ver ständliche Gemütsbewegungen sprechen aus diesen Stücken, die sich bei den Musik freunden in aller Welt größter Beliebtheit erfreuen. Die Slawischen Tänze sind durch aus Dvoraks eigene schöpferische Erfindung. Ohne daß von bestimmten tschechischen Volkstänzen, die als Muster für eine kunstvolle Stilisierung dienten, auch nur eine Melodie notengetreu übernommen wurde, spiegeln die Tänze, diese „vollblütigen Apotheosen urwüchsiger böhmischer Volkstänze“, wie sie Jaroslav Markl genannt hat, mit ihren bald vitalen, bald ruhigen Rhythmen den tschechischen Nationalcharakter wider. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG : 8. und 9. April 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal (verlegt vom 5. und 7. April 1967) 14. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Heinz Bongartz, Dresden - Solistin: Annelies Burmeister. Berlin, Alt Werke von C. M. von Weber, J. Brahms, M. Reger und P. Tschaikowski Freier Kartenverkauf 11. April 1967, 19.30 Uhr, Steinsaal 4. KAMMERMUSIKABEND Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Zbigniew Cicchan, Paul Hindemith und Johannes Brahms Anrecht D und freier Kartenverkauf 15. und 16. April 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 15. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Gerhard Rolf Bauer, Karl-Marx-Stadt Solistin: Kiyoko Tanaka, Japan, Klavier Werke von Alfredo Casella, Wolfgang Amadeus Mozart und Fryderyk Chopin Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1966/67 - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 40559 III 9 5 1,9 367 It G 009/16/67 ^PHILHARMONISCHES KONZERT 1966/67