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Memum Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschliestlich zwei illustrirter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrirten Witzblattes 1,50 Mk. Zeitung fie Thaeiuld, SeiserLdves. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Ps., für auswärtige Inserenten 15 Pf., Reklamen 20 Pf. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Sonnabend, den 1. Dezember 1900. Nummer 142. 13. Jahrgang. Bekanntmachung. Die Hausbesitzer hiesiger Stadtgemeinde werden hier durch darauf hingewiesen, daß die Ausfüllung der ihnen in den letzten Tagen zugegangenen Formulare — die Zählung der Pferde, Maulthiere und Maulesel, Esel, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen, Federvieh kG ä II s e, Enten, H tt h u e r, T r u t h ü h n er, P e rl - Hühner) und Bienenstöcke betreffend — nach dem Staude vom 1. Dezember 1SVO zu erfolgen hat. Bei der Ausfüllung der Formulare ist den auf den selben vorgedruckten Bestimmungen nachzugehen. Wenn in einem Hause Thiere der obenbezeichneten Gattungen nicht vorhanden sind, hat der Hausbesitzer die Liste auf der Innenseite mit dem Vermerk „vacat" oder „werden nicht gehalten" zu versehen. Die Wiederabholung dieser Listen erfolgt am ü. Dezember dss. Js. Rabenau, am 30. November 1900. Der Bürgermeister. Wittig. Ans Noh und Fern. — Das „Doppel-Quartett" zu Rabena u begeht heute Freitag Abend im Saale der „König Albert- Höhe" sein 27. Stiftungsfest in herkömmlicherweise. Für ein abwechslungsreiches Programm ist gesorgt. Ein solenner Ball wird den Schjuß des Abends bilden. — Wiederholt sei auf die Theateraufführung des Vereins „Frohsinn" am Sonntag Abend im „Amts- hvs" hiugewieseu. Wie bekannt, soll der Reingewinn hiesigen Armen zu Gute komme», weshalb wir der Veranstaltung besten Erfolg wünschen. — Am Sonnabend hält der hiesige Männerturnverein „V orwärts" im Saale der „König Albert-Höhe" einen Familienabend, bestehend aus turnerischen Aufführungen und einem Tänzchen nach Pianoforte, ab, zu welchem Nicht mitglieder freien Zutritt haben. — Die rühmlichst bekannte und bestrenommirte Concert- sängergesellschaft „Hans von Hoff" veranstaltet am Sonn abend im Saale des Gasthofes zu Obernaundorf ein Concert, auf welches auch an dieser Stelle aufmerksam gemacht sei. Die Truppe „Hans von Hoff", die nach uns vorliegenden Zeugnissen und Rezensionen vor mehreren gekrönten Häuptern austrat, wurde durch ein ehrenvolles Zeugniß vom Königl. Conservatorium in Dresden für Musik und Gesang ausgezeichnet und dürfte dies wohl dafür bürgen, daß den Besuchern ein genußreicher Abend geboten wird. — Veranlaßt durch den auch von uns berichteten Unglücksfall gelegentlich einer Weißiger Kindtaufsfahrt am 21. Juni d. I., bei welcher der 63 Jahre alte Berg invalid Petermann durch Umschlagen des Wagens sein Leben einbüßte und mehrere Personen verletzt wurden, hat die Königl. Amtshauptmannschast Dresden-Altstadt den Hebammen ihres Bezirkes es ausdrücklich zur Pflicht gemacht, von der Kirche aus den Täufling unmittelbar nach Hause zu bringen, auch wenn die übrige Taufgesellschaft nicht sofort dorthin folgen sollte. Hebammen, welche diese Pflicht verletzen, haben Strafe und nach Befinden Kündig ung zu gewärtigen. — Wieman Rittmeister wird. Folgende Anekdote erzählt die „Schl. Ztg." von der Frühstückstafel in Breslau am 16. d. Mts. aus Anlaß des Kaiserbesuches beim Osfizierkorps des Leib-Kürassier-Regiments Großer Kurfürst: Unter den anwesenden „Alten Herren" befand sich auch der Oberleutnant a. D. Graf Johannes Saurma- Jeltsch, Majoratsherr auf Jeltsch (Kreis Ohlau). Bei der Tafel trank der Kaiser u- a. sämmtlichen Oberleutnants zu, die sich dabei blitzschnell erhoben; nur einer, Graf Johannes Saurma-JeUsch, „klappte nach", worauf der Kaiser wohlgelaunt meinte: „Na, Feldmarschall sind Sie doch noch nicht?" Als dann beim Abschied der Kaiser auch zum Grafen Saurma kam, sagte er lächelnd: „Stecken Sie sich auch den zweiten Stern noch an, Sie sind Rittmeister!" — Am Mittwoch passirten den Posener Zentralbahn hof mindestens anderthalbtausend Sachsen gänger, die nach ihrer Heimath, d. h. nach Russisch-Polen und Galizien zurückkehrten. Bekanntlich müssen die Leute bis zum 1. Dezember Preußen verlassen. — Ein amüsantes Abenteuer hatte König Leopold von Belgien dieser Tage, als er mit seinem neuen Automobil in Brüssel einfuhr. Er kam durch die Avenue de Tervueren, da sauste Plötzlich ein Radfahrer an seinem Automobil vorbei und rief ihm zu: „Polle! (ein Dimi- nutivum von Leopold) wer zuletzt nach Quatre-Bras kommt, zahlt die Getränke!" Und damit setzte er noch kräftiger ein. König Leopold verstand die Herausforderung sehr gut und lachte, und obwohl sein Adjutant über diese Respect- losigkeit aufs Höchste entsetzt war, ging er mit voller Fahrt los, und es dauerte auch nicht lange, bis er den Radfahrer drückte. Der Letztere setzte alle Kraft ein, mußte aber bald, völlig „ausgepumpt", die Wettfahrt aufgeben. Der König sah sich immer noch von Zeit zu Zeit um und hielt auch in Quatre-Bras, um die verheißenen Getränke in Empfang zu nehmen, aber der Radfahrer hatte es vorgezogen, sich zu drücken. — Ein Geistlicher als Mörder und Selbstmörder. Großes Aufsehen erregt ein Vorfall, der in Madrid in der stack belebten Alcalastraße vor der Calatravakirche passirt ist. Zwei Geistliche kamen in Streit, worauf einer seinen Gefährten niederschoß. Der Mörder beging sodann Selbstmord. Die Ursache ist unbekannt. — Der Gemahlin des Adjutanten des Großfürsten Alexis von Rußland ist am 21. d- Mts- in Berlin ein ziveireihiges Perlencollier mit länglichem Schloß, bestehend aus 47 Perlen und besetzt mit Brillanten, das einen Werth von 10000 Mark hat, gestohlen worden. Der Herr von Neurode. Von Josephine Gräfin Schwerin. tNnchdnnk »erboten.) Wie cs nun auch sei — Weiner überzeugte sich immer mehr, daß er zunächst einer unabänderlichen Thalsache ge^eu- ttbcrstand, man mußte Frau vou Stern kommen lassen und die etwa daraus entstehenden Unannehmlichkeiten ertragen. Sv galt cs, der Mutter die Sache im besten Lichte darzu stellen und dafür zu sorgen, daß sie der Dame vorurtheils- los, in gutem Glauben entgcgentrat. „Nun also, klug wie die Schlangen, diesmal aber schwerlich ohne Falsch wie die Tauben," brummle er leise vor sich hin und ging in Frau von Meinhardts Wohn zimmer hinüber. „Liebste Mama, ich bringe gute Kunde," begann er, „ich habe einen Brief von Gert, er ist wohl, sein Fuß jetzt vollständig hergestellt und wir dürfen ihn übermorgen erwarten; er hat noch eine Woche Zeit für Neurode." Frau von Meinhardts Gesicht strahlte vor Freude, doch schnell trat ein ängstlicher Ausdruck in die Stelle. „Weshalb hat Gerl an Dich und nicht an mich geschrieben, was fehlt ihm, Du verhehlst mir etwas?" fragte ne. „Aber nein, beste Mama, wirklich, es geht ihm vor trefflich, er ist sogar, wie cs scheint, sehr vergnügt," ver sicherte Werner. „Ist das die Wahrheit?" forschte Frau von Mein hardt noch immer ängstlich, „was wollte er denn von Dir? Er hat doch all' die Wochen stets an mich geschrieben!" Werner lachte. „Du bist eifersüchtig, Mutter. Unser Junge ist sehr selbstständig gewesen, aber wie ich hoffe, reckN zum Guten. Denke nur, er bringt Dir eine Dame mit, die Dir Gesellschaft leisten und in jeder Weise hilf reich sein will-" Frau von Meinhardt hob erschrocken die Hände. „Um Gottes willen, was soll ich mit einer Fremden, ich brauche ja Niemand!" „Doch, doch, Maina, wir haben Dir längst einen Beistand gewünscht und Frau von Stern — Gert hat ihrer ja öfters, erwähnt, wie liebenswürdig sie sei und welch angenehme Stunden er mit ihr verlebe — also Frau von Stern, die ganz allein und ohne irgend welche bin dende Beschäftigung lebt, wünscht sich Dir nützlich zu machen und kommt her " „Mein Gott, was will sie denn, welche Idee, ich brauche sie nicht," jammerte Frau von Meinhardt, „eine vornehme Dame, auf die man tausend Rücksichten zu nehmen hat, was soll die uns!" „Nun, als solche kommt sie wohl nicht her," meinte Werner, „nach Gerls Worten sehnt sie sich danach, ihrem leeren Leben einen Inhalt zu geben, einem Anderen dienen zu können." „Ach, das ist ja Unsinn," behauptete Frau von Meinhardt, „ich danke für solche Dame, ich will sie nicht, kein vertrautes Wort kann ich ja dann mit Euch reden." „Ich bitte Dich, liebste Mutter, beunruhige Dich nicht," sagte Werner, „vorläufig ist nichts daran zu ändern, Gert hat alles sestgemacht. Zunächst kommt die Dame nur als Besuch, behagt sie Dir nicht, so verspreche ich Dir, daß ich dafür sorge, daß sie nach einigen Wochen wieder abreist." „Wie unangenehm, wir haben seit Papas Tode keinen solchen Besuch gehabt, die Zimmer sind nicht ein mal in Ordnung." „Nun, gräme Dich nicht, das werden wir schon machen," tröstete Werner, „und wer weiß, vielleicht wird Frau von Stern Dir noch eine sehr angenehme Ge fährtin. Gert weiß doch am Ende, was für Dich und Neurode paßt." Werner glaubte zwar selbst nicht daran, doch er fand es nvthwendig, der Mutter die freundliche Seite der Sache zu zeigen, das Weitere mußte sich finden. Ec traf dann auch die nöthigen Anordnungen für die Einrichtung des Zimmers, zu dessen behaglicher Ausstattung nichts fehlen durste. Am nächsten Tage kam Annemarie. Die Nachricht von Gerts bevorstehender Ankunft machte ihr glühende Wangen und strahlende Augen, doch als sich dann des weiteren anschloß, daß Frau von Stern ihn begleiten würde, wandelte sich die Freude schnell in Groll. Mit weiblichem Instinkt ahnte sie in dieser Frau eine Rivalin — weshalb brachte er sie sonst mit? Schon daß er von ihr geschrieben, hatte sie beunruhigt, und nun das. Frau von Meinhardt fand bei ihr ein williges Ohr für ihre Klagen, und beide redeten sich in eine Abneigung für die Unbekannte hinein, die in dem Entschluß gipfelte, dafür zu sorgen, daß sie so bald als möglich wieder fort müsse. Der Wagcn war nach der Station geschickt; Werner hatte sich nicht entschließen können mitzufahren, ein ver trauliches Gespräch mit dem Bruder war ja doch nicht möglich und es sollte nicht den Eindruck machen, als wollte er Frau von Stern empfangen. Der Zug fuhr langsamer; schon seit der letzten halben Stunde war die vorher lebhafte Unterhaltung zwischen Gert und Elisabeth einsilbiger geworden, jetzt war sie ganz verstummt. Elisabeth hatte die Hände krampfhaft ineinander gepreßt, sie hatte Mühe, ihre äußere Ruhe zu bewahren, ihr Herz klopfte stürmisch — wenn er sie er kannte? Das war der Gedanke, der sie zunächst am meisten beschäftigte. Gert war aufgestanden und bog sich zum Fenster hinaus; der Bahnsteig war leer, nur die Beamten standen, das Einlaufen des Zuges erwartend. „Mein Bruder ist nicht gekommen, während der Ernte ist er sehr beschäftigt," entschuldigte er ihn. Sein Aus bleiben schien ihm eine Taktlosigkeit, jedenfalls ein Be- weis, daß er mit Frau von Sterns Kommen nicht ein verstanden war. Ihm selbst war nun auch nicht behaglich zu Muthe. Elisabeth lächelte nur, sie durfte um keinen Preis ihre Erregung verrathen. Noch eine Sekunde, dann hielt der Zug und im selben Augenblick stürmte Annemarie um das Stationsgebäude herum- Sie war entschlossen ge wesen, nicht zu fahren, im letzten Augenblick hatte denn doch das eifersüchtige Verlangen, Frau von Stern gleich zu sehen, den Sieg davongetragen und so hatte denn ihr kleiner Phaeton, den sie stets selbst, ohne Begleitung fuhr, gerade mit dem Zuge gleichzeitig gehalten. Nun war sie doch fast in Verlegenheit. Sie streckte Gert die Hand entgegen. „Guten Tag, Gert, wie geht es Ihnen?" „O ausgezeichnet," erwiderte er, „das ist aber nett von Ihnen, daß sie gekommen sind." Auch er war nicht ganz unbefangen. „Fräulein von Linden, Frau von Stern," stellte er vor. „Erlauben Sie, gnädige Frau." Er griff nach der Plaidrolle, die Elisabeth in her Hand hielt. „Hier mein Gepäckschein," sagte sie, den Zettel aus dem Geldtäschchen nehmend, das junge Mädchen interessirte sie in diesem Augenblick sehr wenig. Annemarie nahm diese Gleichgiltigkeit für Absicht und verbunden mit dem Eindruck von Frau von Sterns Schönheit, dem sie sich nicht verschließen konnte, steigerte es ihre Abneigung gegen sie. „Adieu," sagte sie kurz und wandte sich zum gehen. „So warten sie doch, bis auch wir fahren," bat Gert. „Sie sind ja beschäftigt," erwiderte sie. „Um so mehr könnten Sie unterdeß bei Frau von Stern bleiben." „Gewiß, es wäre freundlich," versicherte Elisabeth nun auch. Annemarie zögerte; sie wäre am liebsten auf und davon gefahren — und blieb dann doch- — Fortsetzung folgt. — Kirchennachrichten von Rabenau. Sonntag, den 2. Dezember. Anfang des neuen Kirchenjahres. Dom. I. Advent. Vorm, halb 9 Uhr Beichte, 9 Uhr Gottesdienst mit Feier des heil. Abendmahls. In dem Kirchenjahre 1900/1901 ist vormittags über die I. Reihe der Perikopen zu predigen. Predigt text für den 1. Advent: Matth. 21, 1—9. — Nochmalige Ein sammlung der Kollekte für die evangel. Deutschm im Auslande. Gelaust: Am 25. Nov. Arthur Max Hennersdors, Sohn des Stuhlb. Paul Hennersdorf hier. Getraut: Am 26. Nov. Emst Bruno Moses, Ti schl. u. Einw. in Obernaundorf n. Hulda Bertha Carsch daselbst. Gestorben: Am 25. Nov. Frau Pauline Ernestine verw. Schneider geb. Fucke, Hausbes. hier, 62 I. 6 M. 21 T. alt, am 28. Nov. beerb. — Am 24. Nov. Martha Hulda Dittrich, Tochter des Stuhlb. Rob. Albin Dittrich in Kleinölja, 10 M. 9 T. alt, am 27. Nov. beerb,