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Die 12Ü00 Mark-Angelegenheit im Reichstage. Am Sonnabend kam der Reichstag zur Berathung der sozialdemokratischen Interpellation .über die 12>.OO Mark-Angelegenheit. Sie lautet wie folgt: „Welche Maß regeln gedenkt der Herr Reichskanzler gegen die Beamten des Reichsamtes des Innern zu ergreifen, welches von. einer Jnteressentengruppe, dem Centralverbande deutscher Industrieller, die Summe von zwölftausend Mark gefordert und erhalten hat, um damit die Agitation für den vom Bundesrath dem Reichstage am 26. Mai 1899 vorgelegten Entwurf e^nes Gesetzes zum Schutze des gewerblichen Arbeitsverhältnisses zu betreiben?" Die Antwort des Grafen von Bülow gehe dahin, daß er das Vorgehen für einen Mißgriff halte, darüber seien die Beamten des Reichs- amts des Innern informirt, zu weiteren Maßnahmen sehe er sich nicht veranlaßt. Die Debatte verlief folgendermaßen: Zur Begründung ergreift das Wort Abg. Au'er, der darauf aufmerksam macht, daß der Brief, durch den bekannt wurde, daß Beamte durch Entgegennahme von Agitations geldern sich in ein Abhängigkeitsverhältniß zu einer be stimmten Jnteressentengruppe begeben hätten, zuerst all gemein verurtheilt wurde, daß man die Thatsachen auf Seiten der regierungsfreundlichen Presse als unmöglich bezeichnet habe, daß aber dann ein Umschwung eingetreten sei und die Sache von manchen Blättern beinahe als etwas Selbstverständliches hingestellt wurde. Es stehe fest, daß der Brief eckt sei. Man müsse danach sagen, wenn man sich sehr höflich ausdrücken wolle, daß im Neichsamt des Innern den Scharfmacherkreisen Handlangerdienste geleistet worden sind. Nachdem dies feststand, suchte man nach Entschuldigungen. Man erinnerte daran, daß auch Fürst Bismarck aus Privatmitteln die Kosten für den vom Parlamente abgelehnten Volkswirthschaftsrath habe auf bringen wollen. Aber anders. Fürst Bismarck habe sich Zolffachen auch nicht ein Ausnahmegesetzes in der Sache geradezu Partei gewesen. dazu dienen, den Enterbten, dem Aermsten die einzige Waffe, die sie besitzen, stumpf zu machen: das Coalitionsrecht. Der Vorgang sei so außergewöhnlich, daß man versucht habe, die Angelegenheit auf das Gebiet der persönlichen Ehr samkeit hinüberzuspielen. Man habe den Vorwurf abge wehrt, daß ein Reichsamt der Bestechlichkeit zugänglich sei, und daß Direktor v. Wocdtk? auch nur einen Pfennig für sich verwandt habe; davon sei keine Rede, das behaupte kein Sozialdemokrat. Aber die Sache sei viel schlimmer, als wenn ein einzelner Beamter sich als bestechlich erwiesen hätte, es zeige sich darin, daß der Einstuß einer bestimmten Jnteressenklaffe im Reichsamt des Innern domiuirend und schier unüberwindlich sei, ein Einfluß, der sich auch sonst bedenklich geltend mache, so in dem Stillstand der Sozial gesetzgebung, der unter Graf Posadowsky eingetreten sei. Wenn verschiedene Ministerien dem Centralverband Mit- theilungen gemacht hätten und von ihm Informationen eingezogen würden, so sei dies ganz in der Ordnung, nur sollten die Arbeiter ebenso behandelt werden. Bei Arbeiter zusammenkünften zu erscheinen, habe ein Regicrungsvertreter niemals Zeit, selbst wenn die wichtigsten Angelegenheiten verhandelt würden, bei Unternehmerzusammenkünften immer. Sollte der Affaire weiter keine Folge gegeben werden, den Sozialdemokraten könne cs recht sein, sie würden es der Negierung immer und immer wieder Vorhalten. Der Mehrheit müsse doch auch daran gelegen sein, daß in der Regierung Männer sind, die wenigstens den Schein der Unparteilichkeit besitzen. Leider mache sich der Einfluß der Großindustriellen auch direkt oder indirekt auf die protestan tische und die katholische Geistlichkeit geltend. Die deutsche Arbeiterschaft empfinde es auf das bitterste, daß sie darum das Opfer niederträchtiger falscher Infor mationen sei, die oft dem Kaiser ertheilt würden. Der Redner schließt mit der Frage, wer die Verantwortung für den Fall Woedtke zu tragen habe. Reichskanzler Graf Bülow: So etwas von lieber- treibungen, wie in diesem Falle bei der sozialdemokratischen Presse, ist mir bisher noch nicht vorgekommen. Hat man doch sogar von Maffia und Panama gesprochen. Man hat den Schein erwecken wollen, als sei die Regierung abhängig von gewissen Gruppen und Klassen, als lebten wir in einem Klaffenstaat! (Sehr richtig! links). Ich stehe durchaus auf dem Standpunkte, daß der Staat die Interessen der Allgemeinheit wahren muß. (Rufe links). Ja, meine Herren, mich kennen Sie doch noch nicht, ich bin dazu doch noch nicht lange genug am Werke, als daß Sie ein abschließendes Urtheil über mich haben könnten. Ich stehe auch auf dem Standpunkte, daß auch nicht einmal der Schein erweckt werden darf, als sei die Regierung von bestimmten Gruppen nnd Klaffen abhängig. Ich stehe deshalb auch nicht an, zu erklären, daß ich in dem Vor kommniß einen entschiedenen Mißgriff erblicke. Wenn ich vorher befragt worden wäre, würde ich entschieden abge- rathcn haben; und wenn ich von der Absicht gehört hätte, ich würde gewußt haben, dieselbe zu vereiteln. Zu wei teren Maßnahmen sehe ich mich nicht veranlaßt. Ich will auch sagen, weshalb. Die An, wie der Vorfall an die Oeffentlichkeit gelangt ist, war offenbar weniger inspirirt von einem löblichen Eifer für das öffentliche Wohl, als vielmehr eingegeben von Tendenzen gegen bestimmte Per sönlichkeiten. Vor Jntriguen beuge ich mich nicht, vor unlauteren Machenschaften weiche ich nicht zurück. Jeden falls aber werde ich bemüht sein, dafür zu sorgen, daß jener Seile nicht wieder ähnlicher Agitationsstoff zugeführt wird. (Beifall rechts.) Abg. Büsiug (natl.): Die Erklärung des Reichs kanzlers deckt sich init den Anschauungen meiner Freunde. Wir haben vollstes Vertrauen zu unsern Reichsbeamten. Allerdings wollen auch wir, daß auch nur der leiseste Schein einer Parteinahme vermieden werde. Wir bestreiten aber, daß das sogenannte Zuchthausgesetz die einseitige Tendenz hatte, den Armen nnd Enterbten ihr einziges Recht zu nehmen. Hätten wir darin ein Parteigesetz ge sehen, so hätte niemand von uns auch nur den geringsten Versuch gemacht, auch nur den geringsten Theil von dem Gesetz zu retten. Aber das Verhalten des Rcichsamtes war absobut unzulässig, aus constitutionessen Gründen, weil auf solche Weise ja die Regierung sich in den Besitz von Geldmitteln setzt, welche nicht durch den Etat gegangen sind. Aber es ist auch unzulässig im Interesse des Beamten- thnms selbst, weil dadurch den Gegnern Gelegenheit ge geben wird, die Integrität des Beamtenthums anzuzweifeln. Abg. Munckel (kreis. Vp.): Glaubt die Regierung, dieser Posten wäre vom Reichstag genehmigt worden, wenn man ihn in den Etat eingestellt hätte? (Heiterkeit.) Nein, Sie hätten sich sicher geschämt, so etwas zu thun. Was soll denn nun eigentlich geschehen mit den l 2 000 Mark? Sie müßten doch eigentlich zurückgegeben werden (Heiter keit), mit bestem Dank (Heiterkeit), wofern nicht etwa dem preußischen Landrecht gemäß der Fiscus das zu unerlaubten Zwecken gegebene Geschenk confisciren will (erneute Heiter keit). Sie sagen, der Schuldige im Reichsamt des Innern habe nicht üäs gehandelt. Ja, wo mala, Cäs gehandelt wird, schickt man einfach den Mann weg, aber das ist gerade das Schlimmste an der Sache, daß so etwas donÄ ltäs geschehen konnte! (Rufe: Sehr richtig!) Was will nun eigentlich der Reichskanzler für Vorkehrungen treffen, daß so etwas nicht wieder vorkommt? Und was soll mit der Summe geschehen, welche die Finger der Regierung beschmutzt hat? (Beifall.) Abg. von Levetzow (cons.) erklärt sich namens der Conservativen durch die Antwort des Reichskanzlers be friedigt. Gar so Verwerfliches und Gemeinschädliches sei ja nicht geschehen! Abg. Dr. Lieber (Centr.) erklärt, seine Freunde denken über das Zuchthausgesetz und über den 12 000 Mark- Vorgang doch anders als der Vorredner. Aber nach der bündigen Erklärung des Reichskanzlers halte das Centrum das Wesentlichste seiner Beschwerden über den Vorfall er ledigt. Das Centrnm halte Graf Posadowsky für durch aus arbeiterfreundlich und vollkommen unabhängig von denjenigen Kreisen, an welche sich sein Untergebener mit der Bitte um Geld gewendet habe. Auch wir meinen wie der Reichskanzler, es würde sich für ihn schlecht schicken, sich zum Henkersknecht von Intriganten zu machen. (Ge lächter bei den Socialdemokraten.) Abg. v. Kardorff (Rp.) schließt sich in der Hauptsache Levetzow an und rühmt die Verdienste des Centralverbandes deutscher Industrieller, der allein die Schutzzollpolitik Bismarcks ermöglicht habe. Abg. Pachnicke (frs. Vp.): In welche That setzt sich nun das Wort des Tadels des Reichskanzlers um? Weiterer Maßnahmen will er sich enthalten. Aber der Grund, den er dafür angiebt, daß 'er sich nämlich vor Jntriguen nicht beugen will, reicht doch nicht aus. Aber vielleicht zieht der Beamte, der hier vor versammeltem Reichstage zwar in der Form so milde, aber in der Sache so entschieden getadelt worden ist, selber die Conseguenzen davon?! Das Zuchthausgesetz sei ein unseliges Gesetz gewesen; mit Recht habe s. Z. sein Freund Roesicke hier erklärt, der Kaiser sei über die einschlägigen Verhältnisse leider unzutreffend informirt worden. Es handle sich hier ebensowohl um das Allgemeinwohl, wie auch um das Ansehen der Regierung. Abg. Schönlank (Sozd.) erblickt in der ganzen Angelegenheit eine außerordentliche Blamage für Ansehen und Autorität der Regierung. Entweder habe Posadowsky von der Sache gewußt und dennoch geschwiegen, oder — er habe nichts gewußt; was seien das aber dann für Zustände im Reichsamt des Innern! Graf Bülow habe auf die Art und den tendenziösen Zweck der Veröffent lichung des Briefes hingewiesen, um damit zu begründen, daß er weitere Maßnahmen unterlasse. Sei das diplo matisch ? Frage ein Diplomat sonst nach den Kanälen? Es zeige sich, daß die Regierung nur der Beauftragte einer Klasse, der Großunternehmer, sei. Hätten wir eine parlamentarische Regierung, so wäre so etwas nicht möglich, aber wir leben ja bekanntlich in einer Zeit persönlichen Regiments. Als Redner endet, erklärt Präsident Graf Ballestrem: Die Besprechung ist damit beendet! (Abg. Singer ruft laut aus: Das Wort hat Graf Posadowsky!) Präsident Graf Ballestrem: Ich bitte um Ruhe! SWfches. — 30 Minuten für den letzten Schoppen verlangt der Bund deutscher Gastwirthe in Leipzig und der Ver band bayerischer Gastwirthe. Sie haben an den Reichstag eine Petition gerichtet, in betreff der Polizeistunde dem Strafgesetzbuch G 365) folgende Fassung zu geben: „Der Wirth, welcher das Verweilen von Gästen länger als 30 Minuten über die gebotene Polizeistunde hinaus duldet (bisher hieß es nur „über die gebotene Polizeistunde hinaus"), wird bestraft; ebenso derjenige Wirth, welcher nach Eintritt der Polizeistunde noch Getränke verabreicht." In der Begründung wird folgendes ausgeführt: „Durch Darreichung von Speisen und Getränken ist dem Gaste vom Gastwirth das Recht eingeräumt, daß er das Gebotene im Lokal verzehren kann. Wenn auch mit Unrecht, fußen die Gäste nach Eintritt der Polizeistunde hierauf, indem sie zum Austrinken usw. die nöthige Zeit beanspruchen, die Aufklärungen des Wirths werden in solchen Fällen meist fruchtlos sein, dagegen werden oft sehr unliebsame Auseinandersetzungen herbeigeführt, Hsie Polizeistunde wird mittlerweile überschritten und der Wirth dafür zur Ver antwortung gezogen. Das vorherige Ansagen der Polizei stunde durch den Wirth oder dessen Bedienstete wird meist nicht beachtet, und das gebräuchliche Mittel, das Licht zu verlöschen, ist nicht immer durchführbar, ohne den Wirth schweren Schädigungen seines Inventars usw. oder anderer seits ernster Gefahr betreffs seiner Haftpflicht auszusetzen." Die Petenten sind der lleberzeugung, daß nach dem jetzigen Wortlaut des Gesetzes vft Bestrafungen erfolgen, ohne daß dem Wirth ein direktes Verschulden oder eine Unter lassung nachzuweisen ist. — Die Petition nimmt übrigens einen Gedanken wieder auf, der früher in der Universitäts stadt Heidelberg praktisch durchgeführt war. Daselbst war die Polizeistunde auf 11 Uhr Abends festgesetzt. Eine Viertelstunde vorher aber läuteten die Glocken (die sogen. Lumpenglocke), um die Studenten darauf aufmerksam zu machen, daß man sich jetzt den letztenSchoPpen bestellen müsse. — Der seit längerer Zeit in Aussicht gestellte Vor trag des Herrn Dr. G. über den schlafenden Bremser Dittrich aus Naußlitz hat am Sonnabend Abend in einer ärztlichen Versammlung in Dresden nun mehr stattgefunden. Der Vortragende erwähnte zuerst, daß der Unfall Dittrichs 1882 durch einen Sturz eintrat und eine geringfügige Weichentheilquetjchung und Kopf verletzung verursachte. Erst nach 3 Monaten seien nach und nach Erscheinungen des Gehirns und des Nerven systems aufgetreten. Dittrich lag von da an, vom März 1883 bis zu seinem Tode, anhaltend in schlafendem Zu stande in seinem Bett. Er hatte nahezu fortwährend Zu sammenziehungen des rechten Ellenbogengelenks, die nur von Zeit zu Zeit ausblieben, hatte fehlende Patellar-Re- flcxe, fortwährenden beiderseitigen Nystagmus, gab beim Schlucken gurrende, schluchzende Töne von sich, ließ den Harn jederzeit unwillkürlich, hatte fortwährend Stuhl- Verstopfung, hatte zu Zeiten sich aufgelegen, war voll ständig gefühllos sowohl gegen Nadelstiche wie gegen elektrische Ströme und war in seinem Ernährungszustände sehr herabgekommen. Alle diese Erscheinungen besserten sich in geringem Grade erst seit 5 Jahren. Wie bekannt, war von 7 Zeugen am 13. Oktober von dem gegen überbefindlichen Fenster mit Hilfe des Opernglas beobachtet worden, wie Dittrich, mit der Brille auf der Nase, au einer Nähmaschine gesessen habe, sich bewegt, ja sogar sich niedergebückt und den Riemen der Nähmaschine in Ord nung gebracht habe. Daraus war zum Theil von der Presse den behandelnden Aerzten der Vorwurf gemacht worden, daß sie sich von Dittrich und seiner Familie hätten übertölpeln lassen. Gegen diesen Vorwurf hauptsächlich wandte sich Vortragender, indem er sagte: Eine 18 Jahre lange fortdauernde Simulation sei ausgeschlossen. Alle Aerzte und Laien, welche Dittrich je gesehen, haben ihn in diesem Zustande gesehen. Dittrich sei jederzeit thcilnahmslos gewesen; eine derartige Gefühllosigkeit, wie sie Dittrich hatte, könne unmöglich ein Mensch 18 Jahre lang heucheln. Ein freiwilliges Ausliegen Jahre lang nehme kein Mensch auf sich. Die Kontracturen des rechten Armes, der beim Geradebiegen stets wieder zurückschnappte, die unfreiwilligen Zuckungen im Oberschenkel und Arm seien unmöglich 18 Jahre lang nachzuahmen. Zudem seien die Zusammenziehungen im Oberschenkel nie zu über winden gewesen. An eine Täuschung von Seiten der Frau Dittrich sei auch nicht zu denken, denn wiederholt habe Frau Dittrich den behandelnden Aerzten gegenüber ihre Freude ausgesprochen, daß Dittrich's Zustand an scheinend sich nach und nach bessere, er beispielsweise von Zeit zu Zeit Worte wie „Mein" und „Dein" von sich gebe. Der Mord und der Selbstmord der Frau Dittrich seien mff größter Wahrscheinlichkeit lediglich auf gekränkte Ehre und den Verlust ihrer Ruhe zurückzuführen. Was die 7 Zeugen, die den Dittrich als Simulanten beobachtet haben, betrifft, so seien ja Irrungen möglich, und sei dies wissenschaftlich erklärlich. Eskön ne diese Beobach tung auf Suggestion und Autosuggestion zurückzuführen sein. Zu bedauern sei cs nur lebhaft, daß die am 16. Oktober d. I. anberaumte Kranken hausüberführung zu Nichte geworden sei durch das traurige Ende Dittrichs und seiner Frau, wenn auch Vortragender nicht glaubt, das Dittrich im Krankenhause als Simulant entlarvt worden wäre. Die vorgenommene Sektion habe makroskopisch einen völlig negativen Befund ergeben, die mikroskopische Untersuchung dagegen habe einen mög lichen Grund für die Krankheitserscheinungen erwiesen, wenn auch durch die in die vordere Stirngcgend eindringende, das Gehirn durchbohrende, bis in das Hintere Schädeldach gehende Kugel ganz wichtige Theile des Gehirns zermalmt worden seien. Als Ursache der Krankheitserscheinungen faßte dann Vortragender den ursprünglichen Unfall auf. Derartige Erscheinungen seien, insbesondere bei Eisen bahnunfällen, eine bekannte tägliche Erscheinung und werden unter dem Namen traumatische Neurose zusammengcfaßt. Es sei ein trauriges Zeichen der Jetztzeit, schwere Unfall- Verletzte mit Argwohn und Neid zu verfolgen. Bedauerlich bleibe es, daß die Beobachtungen der Zeugen über die angebliche Simulation nicht dem behandelnden Arzte, sondern sofort der Staatsanwaltschaft übergeben worden seien. — An der darauffolgenden Debatte betheiligten sich mehrere andere Aerzte und zwar sämmtliche im Sinne des Vortragenden. Alle hielten den' D. nicht für einen Simulanten, sondern für einen Schwerkranken, der vielleicht, wie es vorkommt, in seiner Krankheit sogenannte Helle Augenblicke gehabt habe. — Ein Familicndrama, das sich am Sonnabend Mittag auf der Nitterstraße in Dresden-Neustadt zutrug, kommt unter verschiedenen Versionen zur öffentlichen Kcnntniß und läßt eine amtliche Feststellung geboten er scheinen. Es handelt sich um das Nitterstraße 4 wohnende Ehepaar Weiße, das bereits in vorgerücktem Alter stand und seinen Unterhalt mit Hausiren verdiente. W'e einige Vorortblätter zu melden wissen, war die Frau Weißes schon seit langer Zeit dem Trünke ergeben und starb am Sonnabend infolge von Alkohol-Vergiftung. Der Mann nahm sich dies so zu Herzen, daß er sich aus dem Fenster des zweiten Stockwerks auf die Straße stürzte und sofort tot war. — Anders klingt dec Bericht der „Dresdener Nachrichten". Nach den Aussagen verschiedener Haus bewohner soll der Mann am Freitag erst spät in der