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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Freitag, den 10. Februar 1967, 19.30 Uhr 4. KONZERT IM ANRECHT C FÜR BETRIEBE Dirigent: Heinz Bongartz, Dresden Joseph Haydn 1732—1809 Sinfonie Nr. 88 G-Dur Adagio—Allegro Largo Menuette (Allegretto) Finale (Allegro con spirito) Wolfgang Amadeus Mozart Drei Deutsche Tänze 1756—1791 Der Kanarienvogel, KV 600, Nr. 5 Der Leiermann, KV 602, Nr. 3 Die Schlittenfahrt. KV 605, Nr. 3 PAUSE Peter Tschaikowski 1840-1893 Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 (Pathetique) Adagio — Allegro non troppo Allegro con grazia Allegro molto vivace Finale (Adagio lamentoso) ZUR EINFÜHRUNG Die Sinfonie Nr. 88 G-Dur von Joseph Haydn entstand 1787 oder 1788. Unter den sinfonischen Werken Haydns, die zwischen den im Auftrag einer Pariser Konzertgcscll- schaft komponierten sogenannten Pariser Sinfonien (Nr. 82—87) und den 12 Londoner Sinfonien (Nr. 93—104) stehen, gilt die Sinfonie Nr. 88, eventuell ebenfalls noch für Paris geschrieben, als die bedeutendste. In ihr zeigt sich bereits unverkennbar der Spät stil des Meisters, der dann in den Londoner Sinfonien, der Krönung von Haydns sin fonischem Schaffen, seine Vollendung fand. Durch ein kurzes, feierliches Adagio wird der erste Satz des Werkes eingeleitet. Das fol gende Allegro zeigt schon in seinem volksliedhaft-frischen ersten Thema eine gewisse Verwandtschaft mit dem Hauptthema des Finales von Beethovens achter Sinfonie; auch im gesamten, stürmisch-unaufhaltsamen Charakter beider Sätze lassen sich verwandte Züge finden. Während das zartere zweite Thema in diesem Satz kaum eine Rolle spielt, wird das thematische Material der meisterhaften Durchführung des Allegros, die sich zu einem glanzvollen Fortissimo steigert, fast gänzlich aus dem ersten Thema ge wonnen. Der zweite Satz, ein Largo, ist ein Musterbeispiel der Variierungskunst Haydns und zudem einer der schönsten langsamen Sätze des Meisters überhaupt. Das bezaubernde, innige achttaktige Thema, das übrigens auf Beethoven einen solchen Eindruck machte, daß er es selbst wiederholt verwendete, kehrt siebenmal, von kleinen Zwischensätzen unterbrochen, fast wortgetreu wieder. Variiert wird dagegen die Begleitung, die sich in immer neuen figurativen Ausschmückungen ergeht. Der Satz, der in seiner klang lichen Vollkommenheit als Kernstück des Werkes zu betrachten ist, zeichnet sich durch einen unübertrefflich edlen, gesättigten Wohllaut, eine wunderbare, ruhevolle Schönheit aus. Das Menuett, fröhlich und festlich, zeigt eine tiefere Auslegung des motivischen Ge haltes, als sie im allgemeinen in Haydns Menuettsätzen anzutreffen ist. Besonders originell ist der Einfall, an den leisen Schlüssen die Pauke wie von fern aufklingen zu lassen. Im Trio ertönt in Geigen, Flöten und Oboen eine gemütvolle ländliche Tanz melodie über den Baßquinten der Bratschen und Fagotte. Ein von guter Laune und übermütigem Witz erfüllter, sprühender Rondosatz bildet den Abschluß der Sinfonie. Dieser Finalsatz, der eine beispielhafte thematische Geschlossen heit aufweist, bringt eine Fülle von Überraschungen und geistvoll-drolligen Wendungen; erwähnt sei nur der 20 Takte lange lustige Kanon nach dem dritten Themeneinsatz, in dem sich Bässe und Violinen um das Thema streiten. Unter Wolfgang Amadeus Mozarts Orchesterwerken finden wir neben den großen Wer ken auch zahlreiche selbständige kleine Tänze verschiedener Art: Menuette, Contre- tänze, Ländler und Deutsche Tänze. Diese Tänze sind durchaus nicht etwa als stilisierte Kunsttänze zu betrachten, sie wurden vielmehr wirklich als Gebrauchsmusik, wirklich zum Tanzen geschrieben. Mozarts Anstellung als Kaiserlicher Kammerkompositeur im Jahre 1787 brachte es mit sich, daß er vor allem in seinen letzten Lebensjahren eine große Anzahl von Tänzen für die Maskenbälle in den k. k. Redoutensälen komponierte (wie das übrigens auch andere bedeutende Komponisten, so Haydn und Beethoven, taten). Aber auch schon früher hatte er in Verbundenheit mit dem Leben seiner Zeit häufig und gern derartige Werke geschaffen. Die heute zur Aufführung gelangenden drei Tänze aus den Deutschen Tänzen, K.V 600, 602 und 605, stammen aus dem Jahre 1791. Der „Deutsche Tanz“ oder „Teutsche“ stellte im Gegensatz zum höfischen Menuett, das auf den Redoutenbällen vom Adel getanzt wurde und um diese Zeit seinen Höhepunkt eigentlich bereits überschritten hatte, einen Tanz des „Volkes“, des Bürgertums dar, der zusehends Bedeutung gewann und sich immer mehr durchsetzte. Wie der Ländler war auch der „Deutsche“ als volks tümlicher Paartanz ein Vorläufer des Walzers. In Mozarts Tänzen dieser Art, vor allem in den Trios dieser meist zweiteilig angelegten Kompositionen, sind denn auch besonders starke Anklänge an die Volksmusik seiner Heimat zu spüren (ein Beispiel GARTZ