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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Freitag, den 3. Februar 1967, 19.30 Uhr Sonnabend, den 4. Februar 1967, 19.30 Uhr Sonntag, den 5. Februar 1967, 19.30 Uhr 6. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Heinz Bongartz, Dresden Solist: Helmut Rucker, Dresden, Flöte Heinz Bongartz geb. 1894 Rembrandt-Suite für Orchester op. 14 Hendrickje vor dem Spiegel Die Mutter Rembrandt und Saskia Die Nachtwache Uraufführung Wolfgang Amadeus Mozart Konzert Nr. 2 für Flöte 1756-1791 und Orchester D-Dur KV 314 Allegro aperto Andante ma non troppo Allegro PAUSE Robert Schumann Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120 1810-1856 Introduktion (Ziemlich langsam) - Allegro (Lebhaft) Romanze (Ziemlich langsam) Scherzo (Lebhaft) Finale (Lebhaft) HELMUT RUCKER wurde 1929 in Dresden geboren. Nach dem Abitur studierte er in den Jahren 1948 bis 1951 an der Staatlichen Akademie für Musik und Theater in Dresden, u. a. bei seinem Vater Prof. Fritz Rucker. Sein erstes Engagement führte ihn 1952 als Solo-Flötist an das Geraer Theatcrorchestcr, ein Jahr später an das Große Rundfunkorchester Berlin. 1956 wurde er Solo- Flötist im Gewandhausorchester Leipzig, seit 1963 wirkt er in der gleichen Position an der Dresdner Philharmonie. Helmut Rucker erhielt 1954 den Kunstpreis der DDR sowie zweimal einen ersten Preis bei musikalischen Wettbewerben. Solistisch trat er bisher in der DDR, in Westdeutschland sowie in verschiedenen westeuropäischen Ländern in Erscheinung. PROF. HEINZ BONGARTZ ZUR EINFÜHRUNG Heinz Bongartz, aus Krefeld stammend, studierte in seiner Vaterstadt sowie in Köln bei Fritz Steinbach, Otto Neitzcl (Komposition) und Elly Ney. Seit 1921 war er Dirigent in Düren, Mönchen-Gladbach, Berlin (Blüthnerorchester), Meiningen und Gotha. Als leitender Kapellmeister wirkte er von 1933 bis 1937 am Staatstheater Kassel, danach als Generalmusikdirektor bis 1944 in Saarbrücken. Nach Kriegsende holte ihn das Pfalzorchester Ludwigshafen als Chefdirigenten. 1946/47 wurde Heinz Bongartz als Professor und Leiter der Dirigentcnklasse an die Musikhochschule Leipzig berufen. 1947 bis 1964 war Prof. Bongartz künstlerischer Leiter der Dresd ner Philharmonie, die er nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches zu neuen Höhen führte und der er auch heute noch als ständiger Gastdirigent verbunden ist. Für seine außerordentlichen künstlerischen Leistungen als Interpret zeitgenössischer, klas sischer und romantischer Musik wurde er mit dem Nationalpreis unserer Republik und mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber geehrt. Konzertreisen führten den Künstler, der zu den namhaftesten deutschen Dirigentenpersönlichkeiten gehört, in nahezu alle europäischen Musikzentren. Prof. Bongartz trat auch mehrfach erfolgreich als feinnerviger Komponist spätroman tisch-impressionistischer Haltung hervor, so schrieb er u. a. Orchestersuiten, Mozart- Variationen für Orchester, Konzert für Streichquartett und Orchester, „Japanischer Frühling“ für Sopran und Orchester, ein sinfonisches Vorspiel „Patria o muerte“, ein Requiem für Alt und Orchester, eine Sinfonie, ein Streichquartett, Lieder, Chöre. Die heute zur Uraufführung gelangende Rembrandt-Suite für Orchester op. 14 ist ein Jugendwerk des Komponisten. Sie wurde im Jahre 1926 entworfen, als er in Amsterdam weilte und Bilder Rembrandts im Reichsmuscum bewundern durfte. Besonders von der „Nachtwache“ war er außerordentlich beeindruckt. Bei der Suite handelt es sich nicht um Programmusik, sondern um absolute Tonformen. Die Ge mälde Rembrandts gaben dem Komponisten musikalische Anregung, erweckten ihm Eindrücke, zwangen ihn, diese in Musik umzusetzen. Über die einzelnen Sätze des der Dresdner Philharmonie zugeeigneten, höchst anspruchsvollen Werkes äußerte der Autor folgendes: „Im ersten Satz ,Hendrickje vor dem Spiegel' (das Original ist in Leningrad zu sehen) wird der Hauptgedanke sogleich durchführungsartig verarbeitet. Das Thema verkörpert das kokette Prüfen der Perlenohrgehänge durch Hendrickje im Spiegel. Das Seitenthema gibt die warmherzigen, fast mütterlichen Gefühle für den Gatten wider. Der zweite Satz ist nach der Radierung ,Die Mutter' gestaltet, die im kunsthisto rischen Museum Wien hängt. Aus den zarten Lyrismen, in der erweiterten Lied form, sprechen förmlich die gütigen und klugen Augen der Mutter des Malers. Der dritte Satz nach ,Rembrandt und Saskia' (Dresdner Gemäldegalerie) ist ein Scherzo, in dem zwei Teile gegenübergestellt sind. Der erste Teil gehört dem fröh lichen Rembrandt. Die etwas aufgesetzte Ausgelassenheit, indem er mit dem Glas nicht Saskia, sondern dem Beschauer zuprostet, wurde durch ein fis-Moll charak terisiert. Entgegengesetzte Gefühle werden in Saskias Teil wach. Die fast steif dabeisitzende Saskia ist in ein cis-Moll gekleidet, den frühen Tod ahnend. Mit einer kurzen Stretta schließt dieser Satz. Im vierten Satz ,£)ie Nachtwache' löste die Vielzahl der Gestalten, die auf diesem grandiosen Gemälde dargestellt sind, eine großangelegte Fuge aus. Schon die Ex position zeichnet die Breite und Tiefe des Bildes und die Bewegung dieser vielen Menschen nach. Der erste Durchführungsteil gehört dem kleinen Mädchen im hell- goldnen Gelb. Im vierten Durchführungsteil - Marsch - werden die Hauptpersonen: der Hauptmann, sein Leutnant, die Schützen und der Trommler charakterisiert. Themcn-Umkchrungen, Vergrößerungen, fcstgchaltenc Gegenstimmen machen die Fugenform genau erkennbar. Von besonderer Kraft ist der Schluß mit seiner Stei gerung.“