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Mtümm Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seifenblasen" 1,50 Ml. Zeitung für UmO, Seisersdnrs, Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 101. Dienstag, den 28. August 1900. 13. Jahrgang. Aus Nah und Fern. — Zur feierlichen Einleitung d:s Schulfestes wollte Montags früh der Drechsler Herr Bormann in Groß- ölsa einen Schuß aus einer Flinte abgeben. Das Gewehr warf jedoch die Ladung nach hinten heraus und verletzte ganz erheblich das Auge des Schütze,', der sofort ärztliche Hülfe in Anspruch nehme» mußte. Inwieweit die Sehkraft gefährdet ist, wird sich in der Folge ergeben. — Eine rege Bauthätigkeit dürfte sich in den nächsten Jahren in Hainsberg entwickeln, da das Gelände oberhalb der Kirche und der Merbitz'schen Ziegelei gegen wärtig als Bauland aufgeschlossen wird. Zahlreiche Hände sind jetzt mit dem Bau neuer Straßen beschäftigt, an denen sicherlich bald die ersten Häuser entstehen werden. — In Hainsberg ist mau jetzt entlang der Papierfabrik mit der Fertigstellung der Weißeritzufermauer beschäftigt. Die Weißeritz hat eine bedeutende Verbreiterung erfahren, so daß menschlichem Ermessen nach ein Uebertritt des Wassers aus dem Flußbelte nicht mehr zu erwarte» ist. Im Flußbetts entlang hat mau eine Feldbahn gelegt, die über die Dresdnerstraße und die Nömerschen Felder nach den Staatsbahngleisen führt, woselbst die Geröllmassen abgeladen werden, um später zur Höherleguug der Bahn Verwendung zu finden. — Das König!. Landgericht Freiberg verurtheilte den Forstakademiker Alfred Turowsky in Tharandt wegen Sachbeschädigung zu 250 Mk. Geldstrafe eveut. 25 Tagen Gefängniß. — Die obere Brauerei zu Tharandt wurde von Herrn Franz aus Kaitz zum Preise von 55 700 Mk. erworben. Derselbe hat jedoch das Objekt der Direktion des Waldschlößchen in Dresden übergebe», die eine nach folgende Hypothek darauf stehen hat. — Von schwerem Mißgeschick ist Herr Stadtguts- Llamirt! Humoreske von Adolf Mohr. iRackdrucl verboten.) „Spiegelberg, Dich kennen wir," sagte Bremse lachend, „in Dir steckt immer noch ei» Stückchen Don Juan, rind seitdem die Schweiikelberg ihr Herz an Dich verloren hat —" „Ach, bleib' mir doch vom Leibe mit dem verwünschten Weib! Ich meine es ganz ehrbar und habe wahrlich keinerlei Hintergedanken!" „Na, mach' das mit Dir selber ab. Mir soll alles recht sein; wenn unsere gemeinschaftliche Zukünftige nur ehrlich, appetitlich und pünktlich ist, gesunde Zähne, freund liche Züge und eine nette Figur hat —" „Oho," unterbrach ihn Teinfalt, „mir scheint, Du bist der anspruchsvollste von uns allen! Nun, wir werden ja dann sehen. Einstweilen denke ich, setze» wir ei» Inserat in den Lokal-Anzeiger, daraufhin wird sich doch hoffentlich etwas Brauchbares melden." „Wie Du meinst," stimmte Nvltebohm bei, „wir können das ja gleich besorgen — eine» Augenblick!" Ec setzte sich, entnahm seinem Notizbuch ein Blättchen und einen Stift, warf einige Zeilen aufs Papier und wandte sich mit dem Geschriebenen an seine Freunde. „Also hört, so wird es wohl gut sein: Für eine» neu- gegründeten Haushalt, bestehend aus drei solide», uuver- heiratheteu Herren, wird eine erfahrene, tüchtige Wirth- schafterm von angenehmem Aeußeren gesucht, die zugleich Perfekte Köchin sein muß. Guter Lohn und freundliche Behandlung zugesichert. Offerten unter M. N. 81 an die Expedition dieses Blatt." „Willst Du nicht lieber statt,von angenehmem Aeußeren' ,in gesetzten Jahre»' hittsetzen?" fragte Teinfalt. „I, warum denn?" opponirte Bremse, „so ist das Inserat za ganz gut." „Nun, wie Ihr wollt," fügte sich Teinfalt, „wir werden ja sehen, was dabei herauskommt." „Zivei Tage später erschien Nottebohm mit einem umfangreichen Packet unter dem Arm in der Stammkneipe, Uw Teinfalt und Bremse bereits auf ihn warteten. „Nanu, was bringst Du denn da angeschleppt?" fragte der letztere. . „Den Erfolg unseres Inserates," erwiderte Nvltebohm, »>ch glaube, cs sind über zweihundert Anmeldungen ein gegangen." »Herrje, und die sollen wir alle durchstudiren? An genehme Sache!" "Ist ja nicht absolut nothwendig. Greifen wir auf besitzer Fritsche in Deuben-Schweinsdorf heim gesucht worden. Mittwoch Nacht erkrankte Plötzlich sein gesammter, aus circa 20 Kühen bestehender Rindviehbestand auf räthselhafte Weise und sind bis jetzt bereits 4 Thiere verendet, während einige andere vom Fleischer abgestochen werden konnten. Der herbeigerufene Thierarzt und Bezirks thierarzt ergriffen sofort geeignete Gegeumaßregeln und hofft man, die übrigen noch lebenden Thiere retten zu können. Was die Ursache der unerwarteten Krankheit ist, konnte noch nicht aufgeklärt werden; vorläufig wurde ein Stück Fleisch zur Untersuchung auf die Thierarzneischule mitgenommen. — In Herzogswalde brannten am Donnerstag die dem Wirthschaftsbesitzer Rahnschmanu gehörigen 4 Gebäude in kurzer Zeit nieder. Der mit so vieler Mühe eingebrachte gesammle Ecntesegen und das ganze Inventar rc. wurden vernichtet, nur das Vieh konnte gerettet werde». Versichert soll der Kalamitose habe». — Der Arbeiter L. in Laucha gerieth mit seiner Frau in Streit und wurde ihm im Verlaufe desselben mit einer Waschstütze ein Auge auSgestoßen. — Ei» schändlicher Leichenraub wurde in Waldheim entdeckt und als Thäter ein 18 Jahre alter Arbeiter, der vorige Woche auf dem dortigen Friedhöfe in einer Familiengruft beschäftigt war, ermittelt und verhaftet. Der Bursche hatte durch Beiseiteschieben des Deckels einen Sarg geöffnet und aus demselben ei» Paar goldene Ohr ringe gestohlen. — Eine verhängnißvolle G r a n a t e n - E x p l o s i o n fand am Sonnabend Vormittag im königlichen Feuerwerks- laboratorium zu Spandau statt. Durch die Explosion wurden zwei Arbeiter getödtet, zwei andere schwer verletzt. Der angerichtete Materialschaden ist bedeutend. Der Betrieb wurde nicht gestört. — DerNaturmenschGustav Nagel „steckt jetzt etwas in das Geschäft", indem er sich eine Fahne für gut Glück hinein ms volle Menschenleben, vielleicht finden wir bald das Richtige heraus." Er hatte währenddem das Packet geöffnet und seinen Inhalt auf den Tisch geschüttet. Teinfalt griff nach dem ersten besten Billet, öffnete es und las: „Geerde Herren! Mit dieser wollte ich mir die ge- erde Herrn günstig emfolen haben Ich habe gute Rewereuse» von die Herr-Schaffce» als ich früher gediehut habe, acht und 40 Jahre alt aber gut konversierht —" „Genug!" riefen Nottebohm und Bremse lachend, „können wir nicht brauchen — weiter im Text!" Teinfalt öffnete noch vier bis fünf Zettel, aber deren Inhalt klang ebenfalls so wenig anmuthend, daß niemand Neigung verspürte, mit den Schreiberümen nähere Bekannt schaft zu machen. Endlich siel Bremse ein Billet in die Hand, das schon äußerlich Vortheilhaft gegen die übrigen abstach und dem beim Oeffneu die Photographie einer zwar ziemlich korpulenten, aber nicht unschönen und offenbar noch jugendlichen Frau entfiel. „Sieh da, das ist mal ein vernünftiger Gedanke," sagte Notlebvhm, das Bild betrachtend, „da kann mau sich doch schon einigermaßen eine Vorstellung von der Betreffenden machen. Wie gefällt sie Euch?" Er reichte das Konterfei Bremse, der, nachdem er es eine Weile schmunzelnd beäugelt hatte, erklärte: „Keine üble Erscheinung — würde mir schon passen." „Sieht noch sehr unternehmungslustig aus; meinte Teinfalt bedenklich, „was schreibt sie denn?" „Sie ist die Wittwe eines Steuermannes," erwiderte Nottebohm, das Billet überfliegend, „ihr Mann ist vor Jahr und Tag bei einem Schiffbruch untergegangen; sie war schon früher als Wirthschafterin thätig und versteht sich sowohl auf die feinere wie auf die bürgerliche Küche." „Na, das klingt ja ganz vertrauenerweckend," sagte Bremse sich zufrieden die Hände reibend, „Handschrift und Ortographie deuten auch auf einen etwas höheren Bildungs grad — sehen wir uns das Weib einmal l» »»tur» an." Teinfalt versuchte noch einen schwachen Widerspruch, seine Freunde überstimmten ihn indessen und mit gewohnter Fügsamkeit fand er sich in den Willen der Majorität. Die Steuermannswittwe, Frau Sidonie Klunk, wurde brieflich aufgefordert, sich behufs näherer Besprechung am folgenden Vormittag in der Wohnung Nottebohms einzufinden, wo das versammelte Kleeblatt je nach den erhaltenen Ein drücken seine Entscheidung treffen wollte. — Anderen Tages, pünktlich zur bestimmten Stunde, klingelte es diskret an Nottebohms Thür. „Das ist sie!" flüsterten sich Teinfalt und Bremse aufgeregt zu, während Nottebohm öffnete und ca. 100 Mark bestellt hat. Die Inschrift des Namens ist in feinster Stickerei hergestellt. Auf weißem Grund sind Kreuz und Adler verschlungen, darüber ein Stern in grüner Seide. Die Inschrift besagt, daß der Träger der Fahne der Menschheit den Frieden bringt. Nach Fertigstellung der Fahne will Nagel eine Fußtour durch Deutschland an treten. Er hält sich zur Zeit in der Gegend von Rathenow auf. — Folgen des Marseiller Schisferstreiks Mehrere ausländischeDampfergesellschaften gaben ihren Schif fen Befehl, Marseille nicht ferner anzulaufe» und ihre Waaren anderwärts auszuladen. Einige Marseiller Gesellschaften beför dern Passagiere ihrer Linie nach Genua zur Einschiffung. — Allzu große Höflichkeit. König Alexander von Serbien passirte gelegentlich einer Fahrt durch sein Land nach der Vermählungsfeier eine kleine Stadt, die festlich geschmückt war und in der ein ungeheures Trans parent seine Aufmerksamkeit erregte. Es hing an einem düster aussehenden Hause und zeigte die Inschrift: „Will kommen, Eure Majestät!" „Was ist das für ein Haus?" fragte der König. „Das ist das Bezirksgefängniß, Eure Majestät," antwortete einer der Kammerherren. Der König lachte und entfernte sich mit den Worten: „Das ist der Höflichkeit doch etwas zu viel!" — Eine in der Nähe von Island gefundene Boje trägt die Inschrift „Andröe's Polarexpedition 1896 Nr. 8" und trieb am 28. Juli d. I. in Grindavik ans Land. Ein Isländer aus der Gegend von Grindavik fand die Boje. Der Minister des Auswärtigen von Dänemark sandte am Sonnabend Nachmittag die Boje dem schwedisch-norwegischen Geschäftsträger in Kopenhagen zu. — Die Hauptsache. (Auf der Alm.) Wirth: „Ansichtskarte», meine Herrschaften, sind leider total ver griffen!" — Damen (enttäuscht): „Ja, aber warum sind wir dann eigentlich hier heraufgestiegen?!" sich alsbald dem Original der eingesandten Photographie gegenüber befand. „Herr Nottebohm?" fragte dasselbe lächelnd. „Allerdings — ich habe wahrscheinlich das Vergnügen, Frau Sidonie Klunk —" „Klunk ist mein Name." „Bitte, treten Sie näher. Sie finden hier gleich meine Freunde, mit denen ich vom April ab zusammenwohnen werde," fuhr er fort mit einer Haudbewegung nach dem Sofa, auf dem Teinfalt und Bremse in würdiger Haltung Platz genommen hatten. „Es ist mir ein besondere Ehre, meine Herren," sagte Frau Sidonie, sich anmuthig verneigend. „O, ganz auf unserer Seite!" erwiderte Bremse lebhaft, was ihm einen leichten Rippenstoß von Teinfalt eintrug, dessen Antwort nur in einem gelassenen Kopfnicken bestand. „Sie haben das Unglück gehabt, Ihren Mann zu ver lieren," begann Nottebohm in mitleidigem Ton die Unterredung, nachdem Frau Sidonie sich auf seine Einladung gesetzt hatte. „Ach ja, mein guter Mann," antwortete sie, ihr Taschen tuch an die Augen pressend, „und wir lebten so glücklich zusammen, wenn er auch fast immer auf Reisen war." „Wird es Ihnen da nicht schwer werden, sich wieder in eine abhängige Stellung hmeinzufiuden?" fragte Bremse theilnahmsvoll. „Was bleibt denn einer armen Wittwe, wie mir, anderes übrig? Ich habe meinen lieben Mann lange und aufrichtig betrauert, jetzt heißt es den Kummer begraben und mit frischen Kräften ein neues Leben anfangen." „Sie scheinen eine resolute und vernünftige Frau zu sein," ließ sich Teinfalt mit Gönnermiene vernehmen, „als solche —" „Hoffentlich gefällt es Ihnen bei uns, meine liebe Frau Klunk," unterbrach ihn Nottebohm geschäftig, „wir sind alle drei ruhiger und friedfertiger Natur, viel Plage sollen Sie nicht mit uns haben." „O, Herr Nottebohm, cs bedarf keiner derartigen Ver sicherung — drei so liebenswürdige Herren — man sieht ja doch gleich, wen inan vor sich hat." Dabei blinzelten ihre dunklen Augen einen nach dem andern kokett an, was auf Nottebohm und Bremse nicht ohne Eindruck blieb, während Teinfalt in kühler Reserve verharrte. „Also, meine liebe Frau Klunk," nahm Nottebohm wieder das Wort, „wenn wir uns über die Bedingungen verständigen können —" — Fortsetzung folgt. —