Volltext Seite (XML)
Memuer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abmmementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seifenblasen" 1,50 Ml. Zeitung fie Marand, Meesdorf) Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Pnblikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 89. Dienstag, den 31. Juli 1900. 13. Jahrgang. Ans Nah und Fern. — Wie unseren Stadtabonnenten bereits durch Extrablatt am Montag früh bekannt gegeben, sind M den König von Italien am Sonntag Abend Uhr in Monza, als er vom Welt-Turnen kam und den Wagen besteigen wollte, 3 Schüsse abgegeben Morden, welchen er gegen halb 12 Uhr erlegen ist. (Siehe auch unter „Tages-Ereignisse".) — Bei Herrlichstein Sommerwetter ist der erste Tag des Rabenauer Schützen festes wohlbefricdigt verlaufen und herrschte bis zum späten Abend reges Leben und Treiben auf dem Festplatze. Wie noch in keinem Jahre ist Heuer mancherlei Neues geboten, z. B. ein größerer Cirkus, ein Museum und Panoptikum sowie ein Universum, in welch beiden lebensgroße Darstellungen berühmter Persönlichkeiten >» Wachs modellirt, wie auch die neuesten Tagesereignisse i" schönen Bildern gezeigt werden. Außerdem sind noch m grösster Mannigfaltigkeit vorhanden: Schieß-, Würfel-, Piatlenwurf- und andere Buden, welche sich alle guten Zuspruchs erfreuten, was denselben recht wohl zu gönnen ist in Hinsicht auf den beschwerlichen Transport zur „Albert- Höhe." — Der Zapfenstreich am Sonnabend, ebenfalls der Weckruf am Sonntag und der Auszug vollzogen sich in üblicher Weise. Bei Ankunft des Festzugcs, au welchem sich Verschiedene hiesige Vereine betheiligten, entwickelte sich aus dem Schützcnplatz gar bald ein buntbewegtes Volks ieben, Lust und Fröhlichkeit machte sich überall geltend. So dürsten die Besucher unseres Festes in jeder Weise be friedigt Vom Platze geschieden sein und das ist der beste Dank für all' die Mühe und Arbeit, welche aufgewandt worden ist. Am zweiten Festtage verspricht das Welter Erdings nicht so schön zu werden. Hoffen wir aber vom Himmel das Beste für die noch übrige Festzeit. — Eine Sammlung im Dresdner Anzeiger für die Abgebrannten in Possendorf ergab 573 Mk., welcher Betrag an Heren Pfarrer Nadler das. abgesendet worden ist. Eine Haus sammlung in Bannewitz ergab 197 Mk. 5 Pfg. und eine dergleichen in Kreischa 143 Mk. 70 Pfg. — Untergang eines deutschen Schiffes. Die 805 Registertons große deutsche Bark Katinka aus Elsfleth, Kapitän Köhler, ist, mit Holzladung von Hamelin nach Veracruz unterwegs, an der Westküste Australiens unweit Buffelton gestrandet und total verloren. Fünf Mann der Besatzung ertranken. — Die Erbin auf der Flucht. Ein aus Berlin durchgegangenes Liebespärchen wird gegenwärtig in Liegnitz eifrig gesucht. Einem vermögenden Ritterguts pächter polnischer Nationalität, der im Regierungsbezirk Breslau große Güter besitzt und bisher init seiner jungen Frau eine Villa in Berlin bewohnte, ist die Frau durch gegangen. Sie hat sich mit ihrem Liebhaber, der angeblich ein Einjährig-Freiwilliger (?) sein soll, nach Liegnitz gewandt. Die Durchgängen», ehemals arm, gehört zu der bevorzugten Classe der „Erbinnen" und hat jetzt, nachdem sie das Erbe angetreten, ihren Gatten treulos verlassen. Sie wird von ihm emsig gesucht. — Ueber Abstürze im Niese ngebirge wird aus -Hirschberg, deu 28. Juli, berichtet: Nachdem vorgestern der fünfzehnjährige Gymnasiast Bartsch aus Breslau durch Absturz in die Schueegruben schwer verletzt wurde, ist heute ein vierzehnjähriges Mädchen in die Schnee gruben abgestürzt. Die verstümmelte Leiche wurde nach Spindelmühle gebracht. — „Aus der Mappe einer Berliner Lehrerin" theilt die „Germania" einige Aufsatz-Bruchstücke ihrer Schülerinnen mit, wie z. B.: „Die Jahreszeiten. Frühling, Herbst, Sommer und Winter sind die vier Jahreszeiten. Welches die schönste sind, weiß ich nicht, weihl alle schön sind. Denn in Frühling da blühet alles auf, im Sommer giebt es die großen Feehrien in Herbst ist mein Geburts tag und in Winter Weihnachten und Eisbahn wo ich sehr gerne drauf lauffe. So hat eine jede Jareszeit was schönes." — Auch ein Mann der Ordnung! In der Nacht zum Mittwoch kam es in Düsseldorf zwischen dem Polizeisergeanten Gillmann und dem 27 jährigen Eisen- drehcr Terstegen zu einem Straßenrecontre, in dessen Ver lauf der Beamte dem T. einen Säbelstich in die Lunge beibrachte, der schon am folgenden Morgen den Tod des Verletzten zur Folge hatte. Da nach dem Berichte von Augenzeugen der ums Leben Gekommene zu dem Vorgehen des Beamten auch nicht die geringste Veranlassung gegeben hatte, herrschte in der Bürgerschaft große Aufregung. — Am Grabe ihres Mannes erschossen hat sich Freitag Abend eine Frau K. aus Berlin. Die noch junge Frau wohnte bei ihrer Mutter, der Hebamme Gramenz, da sie ihren Gatten, der im Postdienst thätig war, vor etlva vier Wochen durch Tod verloren hatte. Frau K. nahm sich den Verlust des Mannes sehr zu Herzen und äußerte wiederholt, daß sie den Gram und Kummer nicht lange ertragen werde. Freitag Abend nahm sie von ihren beiden acht und sechs Jahre alten Kindern herzlichen Abschied. Gegen acht Uhr fanden sie Leichenträger am Grabe ihres Mannes auf dem Bartholomäuskirchhofe erschossen. — Ueber die bevorstehende H och z eit des S e r be n - königs laufen zwei interessante Notizen ein. Erstlich, daß die Feier auf künftigen Dienstag verschoben worden ist und ferner, daß der Zar sich durch einen Spezialge sandten vertreten lassen wird, welcher der Braut 1 Million Rubel als Hochzeilsgeschenk überbringt. Die russische Diplomatie weiß die Liebesaffäre des jungen Königs zu nützen. Uebrigens versucht der Sultan in Konkurrenz zu treten. Er beauftragte den serbischen Gesandten Mijatowitsch, dem Könige Alexander seine Glückwünsche zur Verlobung zu übermitteln. Der mysteriöse Reisegefährte. Ein Geheimniß und seine Entdeckung von Nivington Pyke. " tRachdnM neidole».) Danach begann Mr. Ocmrod seinen schon oft gehaltenen Vortrag über den möglicherweise ausgebrochenen Irrsinn Walters. Bei Bob fand dieser Gedanke Anklang, eigent lich auch bei Bullongh, der trotz seines Vorgesetzten den Glauben an Walters Unschuld noch nicht aufgeben wollte. „Möglich wäre dies schon, aber es spricht so viel dagegen; am auffälligsten ist, daß er die Taschen des Amerikaners durchsucht und seine Schlüssel fortgenonunen Hal!" „Wer behanptet das?" warf Bob dazwischen. Man erzählte ihm die Beobachtungen des Kindes. Da aber fuhr er entrüstet auf: „Was! Auf das Zeug- niß eines kleinen 10 jährigen Mädchens hin wagt Ihr einen Ehrenmann des Betruges, des Raubes, der Fälschung an- Magm? Das ist Schurkerei — Blödsinn!" Der Sergeant wollte seinen Vorgesetzten entschuldigen: »Würde nur das Gepäck gefunden, dann wäre Manches klarer — aber so lange —" „Welches Brwandlniß hat es mit dem Gepäck?", Bobs Fassungsgabe war nicht die schnellste, und es dauerte eine Weile, bis er die umständliche Geschichte von deu, Verschwinden und der Wichtigkeit des Gepäcks erfaßt halte. Dann aber sagte er: „Da kann ich vielleicht etwas zur Aufklärung beitragen. Als der Amerikaner Walter von der Thür verdrängt hatte, kam ein Gepäckträger, reichte ihm die kleine Reisetasche, die man ja auch bei ihm gesunden hat, und sprach etwas von Koffern." „Das ist von allergrößter Wichtigkeit," sagte Bnllough — »erinnern Sie sich noch der Worte?" „Nein, ich weiß nur noch, daß er dem Amerikaner einen Schein über zwei im Gepäckraum aufbewahrte Koffer gab." „Das sahen Sie?" „Ja, ich sah, daß der Amerikaner den Schein nahm und hörte, wie er sagte, er wolle schreiben, wenn ihm die- selben nachgesandt werden sollten. Der Gepäckträger bat >wch, auch nicht zu vergessen, den Schein in den Brief ein zulegen, da sie ohne denselben nicht ausgeliefert würden." „Weiter wissen Sie also nichts?" Bob verneinte, und der Polizist entfernte sich eiligst, um diese Entdeckung seinem Chef zu telegraphireu. Sobald Marsh die Depesche empfangen, sandte er einen telegraphischen Befehl nach London, auf Bahnhof Euston nach den Koffern zu recherchiren; er selbst begab sich mit dem nächsten Zuge nach Widdon, wohin er gleichfalls eine Depesche gerichtet, damit Bob nicht eher abreise, bis er ihn selbst gesprochen. Der Inspektor unterwarf Bob einem langen, höchst eingehenden Verhör, aber es kam nichts anderes zu Tage, als was dieser schon dem Sergeanten mitgetheilt. Wäre Marsh nicht so fest von der Mitschuld Broadhursts über zeugt gewesen, dann hätten Bobs Aussagen das ganze Gebäude von Muthmaßungen, Folgerungen und so weiter, welches Marsh sich errichtet hatte, niederreißen muffen. Da durch dieses Verhör keine neuen Schuldbeweise zu Tage traten, im Gegentheil die Waage sich eher zu gunsten des Angeklagten hob, so kam der Inspektor zu dem etivas ge wagten Schluß, der Amerikaner und Walter hätten sich während der Reise so befreundet, daß Walter sich trotz seines ehrenhaften Sinnes durch Versprechungen Hütte bethören und Hinreißen lassen, mit dein Betrüger gemeinsame Sache zu machen. Marsh schlug Bob vor, ihn nach Gulby zu begleiten, um dort mit Mrs. Tyson konfrontirt zu werden. Um 3 Uhr 36 fuhren beide von Widdon ab und trafen bald nach ihrer Ankunft mit Mrs. Tyson und Bessie zusammen. „War dies die Dame, die Sie auf Bahnhof Euston sahen." Bob bejahte. „War dies der junge Mann, der den verdächtigen Reisenden begleitete?" wurde Mrs. Tyson gefragt. Sie bejahte ebenfalls. „War sein Begleiter der betreffende Herr, der dem Amerikaner gegenübersaß?" „Jawohl." „Und derselbe Mann" — er drehte sich scharf nach Bessie um — „durchsuchte die Taschen des Amerikaners." Bessie zog sich furchtsam hinter die Mutter zurück und flüsterte: „Ja." „Sind Sie nun befriedigt, Mr- Nicholls? Es giebt keinen Zweifel mehr!" Ec zeigte Mr. Tyson und Bessie ein Bild Broadhursts, in welchem Beide ihren Mitreisenden erkannten. Die Sache stand unabänderlich fest, entweder war Broadhurst ein Gefährte des Amerikaners, oder ein äußerst kaltblütiger Schurke. Die Schuldbeweise häuften sich derartig, daß Bob jeg liche Einwendung aufgab; aber ein Gefühl unüberwindlichen Widerwillens gegen den Inspektor erfüllte ihn und er athmete auf, als der Beamte das Zimmer verlassen hatte. Bob mußte noch bis zum Nachmittag in Gulby bleiben, was wenig angenehm für ihn war, da er sich matt und ange griffen fühlte. Er war froh, als er Abends endlich in London anlangte. Auf das Telegramm hin, das Inspektor Marsh nach London geschickt hatte, machte derselbe Detektiv, der bis jetzt die Untersuchung geleitet, sich auf den Weg nach Bahnhof Euston, um nach den Koffern zu forschen. In dem großen Gepäckcaum des Bahnhofs ließ sich bald feststellen, daß zwei Schiffskoffer, ähnlich dem gesuchten, am Freitag Nach mittag zur Aufbewahrung abgeliefert worden waren. Hier durch wurde klar, daß der Betrüger, nur um etwaige Ver folger irre zu führen, nach Bahnhof Charing-Croß gefahren war und schon nach einigen Minuten, als er sich unbeachtet glaubte, denselben wieder verlassen hatte. Seit Sonnabend Nachmittag waren die Gepäckstücke fort, verschiedene Beamte behaupteten mit Bestimmtheit, sie noch am Vormittag ge sehen zu haben, aber wer sie geholt und wann, das konnte niemand angeben. Endlich fiel einem Gepäckträger ein, daß Sonnabend gegen Mittag ein Herr in einer Droschke angekommen wäre und die Koffer mitgenommen hätte. „Da der Gepäckträger zum Glück eine ziemlich genaue Beschreibung des Droschkenkutschers geben konnte, gelang es dem Detektiv endlich, Montag Mittag den Mann zu finden. Ec sagte aus, der Herr habe ihn nicht weit von Bahnhof Kings-Croß genommen, sei nach Bahnhof Euston gefahren, hätte dort das Gepäck aufgeladen und wäre dann in ein kleines Hotel in Pentonville road gefahren; er würde das Haus wiederfinden, wenn er auch nicht mehr die Nummer wüßte. Der Detektiv fuhr sofort nach dem bezeichneten Hause, wo man sich auch cutsann, daß der in Frage kommende Herr Sonnabend früh angckommen war. „Er ließ sich ein Zimmer geben, holte Vormittags sein Gepäck in einer Droschke und sagte, er würde vielleicht bis morgen, vielleicht noch länger hier bleiben. Auf den Koffern waren Hotelmarken, doch des Herrn Namen wußte niemand. Am Nachmittag ging er lange aus und kam später in einer Droschke wieder, die warten mußte, verlangte seine Rechnung, da seine Pläne sich geändert hätten, packte seine Sachen zusammen und fuhr eiligst davon." Mehr wußte die Wirthin nicht. Bis Sonnabend Nachmittag 4 Uhr waren BentS Schritte der Polizei klar — von da an verschwand wieder jede Spur im Dunkel. Weder Wirth, noch Dienstpersonal, noch auch der in der Straße auf- und abgehende Schutz mann konnten die geringste Auskunft über die Droschke geben. Der arme abgehetzte Detektiv durchforschte die ganze Gegend erfolglos. Trotzdem alle Mittel erschöpft waren, und er nicht wußte, wie das Ziel möglicherweise noch zu erreichen sei, ließ er doch den Muth nicht sinken, sondern hoffte, daß der Zufall ihm in irgend einer Weise günstig sein würde. — Fortsetzung folgt. —