Volltext Seite (XML)
Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seifenblasen" 1,50 Mk. Zeitung sie Wenck, Seiferckves, Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Ps. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Cotzmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. 13. Jahrgang. Nummer 86. Dienstag, den 24. Juli 1900. Aus 9!ah und Fern. — Hinaus in die Ferne, in den frischen, grünenden Waid, auf die luftigen Berge! Die F e r ie n z e i t ist die Erholung von den Mühen des Lernens, heißt es jetzt für die Kleinen, auf daß sie in einigen Wochen neu gestärkt an's Werk gehen können, das sie für die menschliche Ge sellschaft heranziehen soll. Noch hat ja die Jugend des Lebens Ernst nicht kennen gelernt, ihr ruhen noch im Zeiten- schooße die ernsten und die heitern Loose, aber wenn auch das Schicksal au den meisten von ihnen erst später mit seiner rauhen Hand herantreten wird, so wird es jeder den Kleinen nachfühlen können, daß auch der Schule Arbeit sie anstrengt und sie der Erholung bedürfen. Bringt doch der Aufenthalt in der Schule stets minder oder mehr Unannehmlichkeiten mit sich, wie viele blaße Gesichterchen sieht man unter den Kindern — das kommt vom vielen Aufenthalt im Zimmer, in der menschenanaefüllten Schulstube. Möge den Kindern die Sonnnerferien "das bringen, was sie selbst, ihre Eltern und Lehrer davon erhoffen, Erholung und Gesundheit. — Am vergangenen Donnerstag verunglückte in der Wendischkarsdorfer Haide der beim Holzabfahre» behilflich gewesene, ungefähr 12 Jahre alte Sohn des Herrn Stuhl- fabrikanten Wolf aus Kleinölsa. Der Knabe kam ZU Fall und ging demselben das Hinterrad des beladenen Wagens über die Brust rind ein Bei», wobei er schwere innere Verletzungen davontrug. — Ein aus ca. 1200 Personen bestehender Zug von Herren und Damen bewegte sich am Sonntag Nachmittag mit Musikbegleitung von der Nabeuauer Mühle durch die Stadt nach der König Albert-Höhe. Es war dies der Verband Cossebauve der Sächsischen Fechtschule, weicher einen Ausflug nach unserm, seine Anziehungskraft nie versagenden Ort unternommen hatte, obgleich es in Cosse baude, am reizenden Elbgestade gelegen, an reicher laud- Der mysteriöse Reisegefährte. Ein Geheinmiß und seine Entdeckung von Rivinglon Phke. > Nachdruck »«rdni,».) „Walter Broadhurst, nein, das ist unmöglich!" ent fuhr es Bullough. „Das ist ganz unmöglich, es muß ein Jrrlhmn vorliegen." „Unmöglich? Was wollen Sie damit sagen, Sergeant?" fragte der Inspektor streng. „Weil ich Walter Broadhurst kenne; er ist der ehr lichste, beste Mensch i» ganz Widdon; für den will ich, wie für mich selbst stehen. Er ist der Letzte, der eine schlechte That begehen würde." „Würden Sie seine Handschrift erkennen?!" fragte Marsh rauh. „Ich glaube." „Ist sie dies?" Bullough betrachtete sie einen Augenblick sinnend und meinte, daß er sie beinahe dafür Halle. „Gut, nun vergleichen Sie einmal diese Handschrift mit den Buchstaben im Hut, finden Sie eine Aehnlichkeit?" Gegen seinen Willen mußte Bullough zugestehen, daß die Schrift zum Verwechseln ähnlich sei. „So — und daraus folgt, daß der frühere Besitzer dieses Hutes und der gesuchte Complice des verstorbenen Betrügers ein und dieselbe Person ist." Kurz und schroff bewies Nir. Marsh dies dem verblüfften Sergeanten. „Alles, lvas Mr. Marsh sagte, war so klar, so ein leuchtend, daß jeder Zweifel schwinden mußte, und doch war Bullough nicht ganz überzeugt. Da Sie so befreundet sind, wissen Sie wahrscheinlich auch, wo Broadhurst wohnt?" forschte er- „32 Edinburgh Terrace." Marsh sah iu seinem Buche »ach; dieselbe Adresse war ihm ja als falsch angegeben worden. „Der Bursche hat also doch seine richtige Adresse ge nannt. Bullough, wie konnten Sie denn berichten, sie sei falsch?" „Ich schloß es daraus, daß der Name nicht stimmte." „In der That eine schlaue Kombination! Nehmen Sie sich jetzt zusammen. Erfuhren Sie über Broadhursts Lebensweise etwas? Versuchten Sie überhaupt, irgend etwas herauszubekommeu?" „Ja, Broadhurst war iu London und wollte erst in einige» Tage» zurttckkehren, da seine Geschäfte noch nicht beendigt waren." Marsh wurde immer wüthender: „Was für Geschäft?" „Nun, die seines Geschäftshauses; seine Frau erzählte wenigstens so." schaftlicher Schönheit ebenfalls nicht gebricht. Einige geladene Mitglieder der hiesigen Fechtschule gaben dem Zuge das Geleit bis zur „Höhe", woselbst alsbald ein Tänzchen arrangirt wurde, bis gegen 10 Uhr der Aufbruch nach Hainsberg erfolgte. Nach vielfach vernommenen Aeußer- ungen der fremden Fechter hatten dieselben ihre Er wartungen, die sie bezüglich Nabenau's gehegt, in hohem Grade übertroffen gefunden. — Die im Grundbuche für Lübau auf den Namen Friedrich Wilhelm Horn eingetragenen Grundstücke sollen am 21. September 1900, vormittags 11 Uhr, an der Gerichtsstelle Tharandt im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. — Mit knapper Noth entrann am Mittwoch Nach mittag die zu Ostern konfirmirte Tochter eines Deubener Schuhmachers der Gefahr, von einem bis jetzt noch unbe kannten Menschen vergewaltigt zu werden. Das Mädchen beaufsichtigte mehrere Kinder und ging mit denselben nach dem Windberg spazieren. Dort gesellte sich ein Fremder zu ihr, der sie unter Androhungen zu mißbrauchen suchte und sie durch Zuhalten des Mundes und Würgen dec Kehle am Schreien verhinderte. Die kleinen Kinderchen schrieen darob laut um Hilfe; der Wüstling wurde infolgedessen veranlaßt, von seinem Opfer, das durch die Mißhandlung heftig am Munde blutete, abzulafsen uud die Flucht zu er greife». Hoffentlich gelingt es der sofort in Kenntlich ge setzten Polizei, des Verbrechers habhaft zu werden. — Von den beiden, seiner Zeit nach dem südafrikanischen Kriegsschauplätze abgereisten Doh » aer Einwohnern, dem Fleischergesellen Bremme und dem Tischlergesellen Otto, ver lautet bezüglich des Ersteren, daß er in englische Gefangen schaft gerathen ist und in Mafeking mit seinen Schicksalsgenossen internirt ist. Von Otto fehlt dagegen jede weitere Nachricht. — 200 Arbeiter der Leipziger Wollkämmerei sind wegen erfolgten Betriebseinschränkuugen entlassen worden. Mr. Marsh hielt es für richtig, selbst mit dem be treffenden Chef zu sprechen. Ec verpflichtete Mr. Cockram, über das Vorgegangene zu schweigen, und begab sich in Begleitung des Sergeanten nach Mr. Snapes Bureau. Hier wurde er noch mehr von Broadhursts Schuld überzeugt; selbst der Chef begann, an sie zu glauben. „Bis jetzt dachte ich," sagte Nir. Snape, „mein Sekretär sei in die Hände von Bauernfängern gefallen; Broadhurst war ja immer ei» offener, zuverlässiger, ehrlicher Mann, dem ich schon seit lange großes Vertrauen schenkte." Meine Erfahrung lehrt mich, daß solche Leute die schlimmsten sind, wenn sie einmal auf Abwege gerathen." Die nun gesammelten Beweise schienen nach Marshs Ansicht so schlagender Art, daß er sich für voll berechtigt hielt, einen Steckbrief auf Broadhurst auszufettigen. Seit 13 Stunden war der Detektiv in aufreibender Thätigkeit, aber ehe er sich nun eine Stunde Ruhe gönnte, wollte er zuvor noch, vou dem Sergeanten begleitet, die Wohnung Edinburgh Terrace aufsuchen. So sauer war dem Sergeanten noch nie in seinem Beruf ein Gang geworden, wie dieser. Es war bereits 10 Uhr Abends, als die Polizisten an der Hausthür klingelten. Sobald Mr. Ormrod geöffnet hatte, fuhr Marsh ihn barsch an: „Wo ist Mr. Broadhurst?" „In London." Ohne eine Aufforderung abzuwarten, trat der Beamte ein und ging bis in das hinterste Zimmer, wo die Frauen, zusammengekauert vor dem Feuer saßen: „Wer Voit beiden ist Mrs. Broadhurst?" „Ich!" Dabei sprang sie auf. „Was wollen Sie von mir?" Mr. Marsh theilte ihr kalt und geschäftsmäßig den Thatbestand mit; auch daß er den Haftbefehl bereits aus gefertigt habe. Mrs. Broadhurst sank, keines Wortes mäch tig, auf ihren Stuhl zurück, während Nellie nur einen Blick des Zornes und der Verachtung für den Mann des Gesetzes hatte. Erst jetzt erkannte Marsh Mr. Ormrod. „Sah ich Sie nicht heute in Manchester im Hutladen?" „Jawohl?" „Darf ich fragen, wie Sie hierher kommen und ob Sie mit dem Gesuchten bekannt sind?" „Er ist mein Schwiegersohn." Der Inspektor gestand sich ärgerlich, daß er diesem Manne gegenüber einen Fehler begangen, indem er sich so offen ausgesprochen hatte. „Warum sagten Sie mir das nicht gleich, als wir uns heute trafen ? Sie hatten ja den bewußten Hut übrigens schon betrachtet, als ich in den Laden trat. Hatten Sie ihn erkannt? Jetzt verstehe ich ihr wunderbares Interesse?" — Ueber einen Unfall imKielerHafen wird berichtet: Die Schulfregatte „Stosch" traf einen dänischen Dreimastschooner mittschiffs an der Backbordseite beim Passiren des Friedrichsorter Leuchtthurms und durchschnitt den Schooner vollständig. Die beiden Hälften blieben zu erst an dem Kriegsschiff hängen und versanken dann nach fünf Minuten. Die Besatzung ist mit genauer Noth vom „Stosch" gerettet worden. — Wenn der Schah von Persien reist, streut er das Geld mit vollen Händen aus. So hat ihm sein kurzer Kuraufenthalt in dem kleinen französischen Bade Contrexeville in den Vogesen ohne die Geschenke aller Act, die Orden, die Trinkgelder rc., das Sümmchen von 400 000 Francs gekostet. — Eine Frau als Leiterin einer Schlofserwaarenfabrik. Zum ersten Male ist in Ungarn eine Frau zur Leiterin eines industriellen Unternehmens eingesetzt worden. Bei der ersten ungarischen Schlosser- und Blechwaarenfabriks-Aktien- gesellschaft in Erlau ist Frau Alexander Gebhardt, geb. Emilia Rauhbaucr, zum Direktor gewählt und mit dem Recht der Firmazeichnung betraut worden. — Eine Königin als praktischer Arzt. Nach der Mittheiluug einer ärztliche» Zeitschrift hat die Königin Maria Amalia von Portugal ihre medizinischen Studien beendet und wird demnächst ihr Diplom als Prak tischer Arzt erwerben, vorausgesetzt, daß — sie ihr Examen besteht. Außerdem wird die angehende Aerztin während des Besuches ihres Gemahls auf der Pariser Weltausstellung im Monat August noch die Regierungsgeschäfte ihres Landes zu besorgen haben. Die Kartoffelfäule ist, wie der Direktor der laudwirthschaftlichen Kreislehranstalt in Nauen bekannt macht, in der Feldmark Naue» festgestellt worden; sie wird durch einen Pilz verursacht. Es sind Nathschläge zur Vernichtung des schädlichen Schmarotzers ertheilt worden. Der schneidende Ton, in dem Marsh gesprochen, verletzte die Anwesenden tief. Mr. Ormrod mußte alle Fragen bejahen. „Auch ohne Ihre Hilfe bin ich soweit gekommen und werde mein Ziel erreichen. Vielleicht sagen Sie mir gut- willig, was Sie über die Absichten Ihres säubern Herrn Schwiegersohns wissen; wenn nicht, so werde ich, falls es mir nölhig erscheint, hier Haussuchung halten. Mr. Ormrod sah Nellie einen Augenblick verständniß- los au, dann erzählte er wahrheitsgetreu alle Ereignisse jenes schrecklichen Tages- Bobs Adresse und Walters Tele gramm »otirte der Inspektor, alles Uebrige war ihm ja bekannt. „Können Sie auf Ihren Eid versichern, daß Ihnen nichts Weiteres von Ihrem Schwiegersohn bekannt ist?" „Wahrhaftig nicht," versicherten Nellie und Mr.Ormrod wie aus einem Munde. „Was sagen Sie nun, Sergeant?" fragte höhnisch der Vorgesetzte. Das Geheimniß wurde immer unergründlicher. Bullough stand, wie vom Donner gerührt. Sein Freund ein gemeiner Verbrecher? Unmöglich! Uns doch war der Schein gegen ihn! „Kommen Sie, Sergeant, wir müssen Haussuchung halten, es werden sich gewiß noch Papiere finden, die mehr Licht in die Sache bringen." 14. An jenem vielbesprochenen Sonnabend Nachmittag des 6. Dezember war der Dampfer „Mandina", von Boston kommend, im Hafen von Liverpool gelandet. Die meisten Passagiere verließen das Schiff, nur eine Dame, den Mit reisenden als Mrs. Brand bekannt, saß trotz der allgemeinen Unruhe in einer Ecke und las eifrig einen langen Brief, den sie dann in lauter kleine Stücke zerriß und dem Wasser übergab. Uns interessiren nur folgende Stellen aus dem selben: Entdeckung ist gewiß; mir bleibt nur die Flucht; denn ich kann es nicht über mich gewinnen, den Folgen meiner Thorheit ins Gesicht zu sehen. So wahr wir Gott helfe, ich will ein neues Leben beginnen. Karten, Speku lationen, Wetten entsage ich, das Ziel meines Lebens soll darin bestehen, das gestohlene Geld durch ehrliche Arbeit der Versicherungsgesellschaft zurück zu erstatten. Willst Du mir folgen und helfen? Verläßt Du mich, dann weiß der Himmel allein, wie tief ich noch sinke. Verstoße mich nicht; Du sollst es nie bereuen! Ich habe die Absicht, mich irgendwo im Norden, in der Nähe von Carlysle, wo mein Vater herstammte, niederzulassen, und hoffe, dort einen neuen Lebensberuf zu finden. Sobald ich in Southampton gelandet bin, schreibe ich Dir unter dem Namen Mrs. Brand nach Rockferry Hotel, Liverpool, wohne dort und frage nach Briefen! — Fortsetzung folgt. --