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Aabenauer Ammer Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirlen Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Mk. Zeitung fie TlMmid) Seiferst Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 77. Dienstag, den 3. Juli 1900. 13. Jahrgang. Bekanntmachung. Nach K 1 des Gesetzes vom 18. August 1868 sind Hunde, wenn dieselben nicht mehr gesäugt werden, zu versteuern. Es werden daher die Besitzer etwaiger, für das laufende Jahr noch nicht versteuerter Hunde hiermit anfgesordert, solche zur Versteuerung für das 2. Halbjahr 1900 bis längstens den 1«. Juli -ss. Js. cmzumelden. Hinterziehung der Hundesteuer wird mit dem dreifachen Betrage der letzteren bestraft. Rabenau, am 2. Juli 1900. Der Bürgermeister. Wittig. Aus Nal) und Fern. — Das Abschneiden der Rosen soll nicht erst dann geschehen, wenn sie verblüht sind, sondern während des schönsten Blühens, dadurch wird der Rosenstock gekräftigt und wieder zur Bildung neuer Knospen angeregt. In der Zeit des Abblühens aber entzieht die Rose dem Stocke die meiste Nahrung und schwächt ihn. — Die seit einiger Zeit Geisteskranke Frau Straßen- mcister Gölfert hier wurde am Sonntag gegen Abend nach der Heilanstalt „Sonnenstein" überführt. — Gemäß der B stimmunz im ß 1 der Pferdeaus- hebungsvorschrift vom 18. März 1900 haben zur Gewinnung einer zuverlässigen Uebersicht über den Pferdebestand des Landes alljährlich Vormusterungen stattzufinden. Solche finden u. A. statt: Am 5. Juli: nachmittags 12 Uhr 30 Min. in H ö ck e II d o r f. Am 6. Juli: Vorm. 7 Uhr 30 Min. in Spechtritz (am Bahnhof), vorm. 8 Uhr in Borlas, Vorm. 9 Uhr 20 Mi», i» Seifersdorf, vorm. 10 Uhr 30 Min. in Paulshaiu, Vorm. 10 Uhr 50 Min. in PauIsdorf. Am 7. Juli: vorm. 10 Uhr 35 Min. in Wendischcarsdorf, vorm. 11 Uhr 30 Min. inGroßölsa. Am 9. Juli: vorm. 7 Uhr 30 Min. in Wilmsdorf, vorm. 8 Uhr 10 Min. in P os sendorf. — Am Donnerstag Abend wurde die erst seit ca. 14 Tagen verheirathete Bergarbeitersfrau Gertrud Antoniewski in Hänichen auf dem Hausboden erhängt aufgefunden. Ais Grund zur That wird Schwermuth angenommen. — Eine Kuh des Gutsbesitzers Z. in Boderitz zeigte vor längerer Zeit dann und wann Mangel an Freß lust. Vor einigeu Tagen bildete sich bei der kränkelnden Knh ein Geschwür in der Magengegend, aus welchem, als es ausging, ein Metallstab von einem Schirin zum Vorschein kam. Dem hinzugezogenen Thierarzt gelang es, durch eine kleine Operation den Fremdkörper aus der Kuh zu entfernen. Seitdem frißt die Kuh wieder regelmäßig und zeigt sich auch ganz munter wie zuvor. — Se. Majestät der König von Sachsen haben Aller- gnädigst geruht, den Fabrikarbeiter Oswald Große in Klingen berg anlässtg der Taufe dessen jüngsten Sohnes ein größeres Geldgeschenk aus der Privat-Schatulle Allerhöchstderselben gütigst übermitteln zu lassen. — Ueber muthige Amazonen verfügt Apolda, das beweist folgender Vorfall: In der belebten Bahnhof straße überfielen am Hellen Tage zwei den besseren Ständen angehörende junge Damen, Schwestern, einen harmlos promenirenden Referendar und schlugen ihn mit Regenschirmen auf Kopf und Rücken. Der Ueberfall stellt sich dem Ver nehmen nach als ein Racheact dar dafür, daß die Danien auf Veranlassung des Referendars auf einer Vorschlagsliste für ein studentisches Fest in Jena gestrichen worden waren. — Eine großartige Bauernhochzeit hat am Freitag in Seeburg bei Spandau ihren Anfang genommen. Die einzige Tochter des Schulzen Engel verheirathete sich mit einem Vetter, dem in demselben Dorf wohnenden Sohn des Bauern Schultze. Zu der Hochzeitsfeier, deren Dauer auf drei Tage bemessen ist, sind 340 Gäste geladen; ein großer Theil davon sind Verwandte der Familie Engel, die im ganzen Havellande weit verbreitet und durchweg sehr wohlhabend ist. Da in Seeburg ein Raum zur Aufnahme der Gäste nicht vorhanden ist, so wurde ein großes Speise- und Tanzzelt im Anschluß an das Engel'sche Wohnhaus errichtet; das Zelt hat Sitzplätze für ca. 300 Personen. — Hin gerichtet wurde in Altona der wegen Raubmordes verurtheilte Dienstknecht Feldhausen. — Feuerbestattungen haben stattgefunden: in Gotha (im Monat Mai) 11, in Hamburg (vom 20. März bis 21. Juni) 40, in Heidelberg (vom 2. April bis 18. Mai) 24. — In Nierstein ist ein Rheindampfer gesunken, wobei drei Personen ertrunken sind. — Der ehemalige preußische Amtsrichter Wilke ist zum deutschen Oberrichter in Kiautschou ernannt worden. — Das Opfer einer unsinnigen Wette ist der Sohn des Gutsbesitzers Jöome auf Sussey geworden. Der etwa zwanzigjährige Mensch ging in stark animirtem Zustande mit einem gleichaltrigen Freunde die Wette ein, daß er Mome) durch die im Gange befindliche Windmühle des Nachbardorfs reiten würde. Gesagt, gethan. Von einer Schaar Schaulustiger gefolgt, ging es im Galopp dem bezeichneten Orte zu, wo der junge I. im gegebenen Moment in vollem Galopp auf die Mühle zusprengte. Vor dem starken Rauschen der herniedergehenden Flügel scheute jedoch das Pferd und warf seinen Reiter ab und zwischen die Flügel hinein. Von einem der Flügel erfaßt, wurde der leichtsinnige junge Mann mit in die Luft genoinmen und mit einer derartigen Wucht niedergeschleudert, daß er mit zerbrochenen Gliedmaßen liegen blieb und noch von einem zweiten Stoße getroffen wurde, wobei ihm der Brust knochen eingedrückt wurde. Er wurde mittels Fuhrwerks nach der elterlichen Behausung überführt, wo er noch in derselben Nacht an den Folgen des schrecklichen Sturzes verstarb. der mysteriöse Reisegefährte. Ei» Geheimniß und seine Entdeckung von Rivington Phke. iNachdrmk oerdoien.) Sergeant Higgs holte seinen Vorgesetzten von der Bah» ab und bekam sofort einen Verweis, daß er nicht noch in der Nacht den Vorfall berichtet hätte, da dies eine Sache von äußerster Wichtigkeit wäre. „Aber der Mann ist doch todt," wollte sich Higgs entschuldigen. „Seine Frau aber nicht, und Geld und Papiere sind fort." Der Polizeiinlpekwr untersuchte nun selbst den Tobten, alle seine Sachen nebst dem Waggon, in dem er gesessen, doch erwies sich seine Untersuchung genau so erfolglos, wie die vorhergehenden. Wie das Telegramm meldete, tvar er mit seiner Frau aus New-Aork geflohen; dennoch lag die Wahrscheinlichkeit nahe, daß sie auch weiter mit einander in Verbindung geblieben, wenn auch nur im Geheimen. Vermuthlich waren sie im selben Zuge, vorsichtshalber aber wohl in verschiedenen Coupes gefahren- Die Frau mußte die allgemeine Verwirrung und Dunkelheit benutzt haben, um Schlüssel, Fahrkarte, Papiere u. s. w. an sich zu nehmen und dann weiter zu reisen. Dem stand zwar entgegen, daß der Inspektor keine Dame gesehen hatte, auch konnte sie nicht gut zwei große Koffer mitgenommen haben, die ja im New-Aorker Telegramm besonders erwähnt waren. Das über den Vorfall schwebende Dunkel schien sich nicht lichten zu wollen! Marsh gab sich aber nicht so leicht zufrieden, wie sein Untergebener, sondern fragte, ob niemand da wäre, den er über die im Zuge befindlichen Reisenden vernehmen könnte. „Von den Insassen dieses Waggons sind nur eine Frau und ein Kind leben geblieben. Beide sind noch hier," ant wortete der Bahnbeauue. „Führen Sie mich sofort zu ihnen, ich muß sie sprechen." Mutter und Kind hatten in einer Hütte Unterkunft gefunden; Erstere war so weit hergestcllt, daß der Inspektor sie vernehmen konnte: „Ich will Sie nicht lange behelligen, sondern bitte nur, mir einige Fragen zu beantworten. Stiegen Sie vor dem Amerikaner in den Zug?" „Ja, wir befanden uns bereits in demselben, als er ankam. „Kain er allein auf den Bahnhof?" „Es war wenigstens niemand bei ihm, als er in den Wagen stieg." „Ist er auf der ganzen Reise mit niemand zusammen gekommen?" „Nein." „Stieg er zuweilen auf den Stationen aus, wie um mit Jemand zu sprechen." „In B . . . . und C. . . . stieg er aus, um mit einem andern Herrn in die Restauration zu gehen." „Anderen Herrn," rief Marsh aus, wer war das?" „Ich lveiß nicht," sagte Mrs. Tyson, „er kam von London und fuhr nach Widdon; mehr weiß ich nicht von ihm." „Aiso doch ein Freund von Bent, ich dachte Sie sagten, er reiste allein?" „Ich glaube auch nicht, daß es Freunde waren," ver besserte Mrs. Tyson — „denn zuerst schienen die beiden Herren sich weder zu kennen, noch Gefallen an einander zu finden." Nach vielen Hin- und Herfragen erzählte Mrs. Tyson von dem zweiten Herrn etwa folgendes. Ein Freund hätte ihn an den Zug begleitet; noch an der Thür des Waggons hätten sie viel mit einander gesprochen und öfter einer „Nellie" erwähnt. Die Reisetasche hätte neben dem ab reisenden Herrn gestanden. Kaum eine Minute vor Abgang des Zuges wäre der Amerikaner hereingestürzt, worüber sie sich gewundert hätten, da die anderen Coupvs viel weniger besetzt gewesen wären. Rücksichtslos hätte er den anderen Herrn von der Thür fortgedrängt, sodaß sich die beiden Freunde nicht einmal hätten „Lebewohl" sagen können. Ganz zuletzt wäre noch ein Gepäckträger mit einem Zettel und einer Reisetasche angekommen, die er dem Amerikaner eingehändigt hätte. Ueberlegcn lächelte der Inspektor. „Schien der Herr aus Widdon sehr ärgerlich?" „Sehr." „Dauerte es lange, bis er sich beruhigte?" „Ja." „Denken Sie einmal nach, Mrs. Tyson," sagte Marsh ein dringlich, „schien Ihnen der Aerger aufrichtig oder erheuchelt?" Eine Weile besann sich die Frau, dann sagte sie be stimmt: „Nein, der Aergcr kam von Herzen." „Wie tvar es denn aber möglich, daß sie schon in B ... zusammen ausstiegcn?" „Der Amerikaner schien im Uebrigen ein freundlicher Mann zu sein, er schlug ihm ihn B . . . vor, zusammen ein Glas zu trinken. Zu Bessie war er so nett, daß er sie auf den Schoß nahm und ihr eine Düte Süßigkeiten kaufte. Zuletzt saßen beide Herren ganz dicht zusammen und schienen Wichtiges mit einander zu besprechen." Marshs Miene wurde immer siegesbewußter. „Sahen Sie beide wirklich in die Restauration gehen, sprachen sie nicht etwa mit einer Dame?" „In die Restauration gingen sie, das sah mein armer Mann auch noch; ob sie aber mit jemand sprachen, weiß ich wirklich nicht, nur sah ich noch, daß der Amerikaner kurz vor Gulby eine Zeitung kaufte, ein Stück aus derselben Herausriß, es in seine Manteltasche steckte und das andere fortwarf. Von da an war er schweigsam, doch da es Abend wurde, achtete ich nicht weiter darauf!" „Wo ist der Herr aus Widdon ausgestiegen?" fragte Marsh schnell. „Ausgestiegen? Er war noch beim Zusammenstoß bei uns." „Bei dem Zusammenstoß?" „Ja," beharrte sie — „er muß nicht besonders schwer verwundet sein, denn ich habe nichts mehr von ihm gesehen!" Mr. Marsh fuhr den Vorsteher ungnädig an: „Sie behaupteten doch, diese Dame und das Kind wären die einzigen lebenden Personen in dem Coupö gewesen?" Der Angeredete stand wie versteinert; er schien ganz fassungslos über das soeben gehörte. „Wer betrat zuerst den Wagen nach dem Unglück?" „Ich." Es war dem Inspektor klar, daß der Mann Grund gehabt hatte, sich heimlich aus dem Staube zu machen. „Bitte, Mrs. Tyson, können Sie den Herrn aus Widdon beschreiben?" Sie that es. „Hat dieser Mann bei den Rettungsarbeiten geholfen?" „Nein," sagte der Stationsvorsteher bestimmt. „Dann ist er sicher der Spießgeselle des Amerikaners. Entsinnen Sie sich, Mrs. Tyson, daß der Amerikaner die Reisetasche öffnete?" „O ja, denn ich bemerkte, wie hübsch und nett alles in derselben eingcpackt war." „Schloß er sie wieder zu?" „Ich glaube." „Sahen Sie, ob er mehr als einen Schlüffe! in der Hand hatte?" „Ja, es war ein großes Schlüsselbund." ' „Glauben Sie," fragte er noch einmal, „daß diese Männer sich vorher kannten?" Mrs. Tyson wurde verwirrt. „Ich kann es mir nicht denken, ich glaube gewiß nicht!" Mr. Marshs schlimmste Befürchtungen schienen sich zu bestätigen, es war noch ein Dritter im Bunde; wo Mrs. Bent sich befand, war augenblicklich gleichgiltiger, alles kam darauf an, diesen Mann aus Widdon aufzufinden. Eben wollte sich der Polizeiinspektor von Mrs. Tyson verab schieden, als die kleine Bessie, die am Fußende des Bettes ihrer Mutter still gesessen, aufsprang und derselben etwas zuflüsterte- — Fortsetzung folgt. —