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lldtiiMM AnreiUk Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnemenlspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illnstr. Witzblattes „Seijenblasen" 1,50 Ml. ZeitlUlg fir UmMd) Sklsersdürs. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. 13. Jahrgang. Nummer 63. Dienstag, den 29. Mai 1900. Melianntmachung. Der im Monat Juni abzuhaltende Gerichtstag in Nabenan findet diesmal Donnerstag, den 7. Juni ds. Js. statt. Tharandt, am 25. Mai 1900. Königliches Amtsgericht. Ur. H n ch o. Lekanntmachung, die Abholung der Scherben betreffend. Mit Bezugnahme auf das erlassene Verbot der Ab lagerung von Scherben und dergleichen Unrath wird hier durch bekannt gemacht, daß die Abholung der Scherben durch ein von der Stadtaemeinde gestelltes Geschirr am Mittivoch, den 3V. Mai dss. Js. von Vorm. S Uhr an erfolgt. Die Hausbesitzer wollen dafür besorgt fein, daß die Scherbe» in einem Vehältniß vor de m Hanse zur Abholung bereit stehen. Begonnen wird mit der Abholung im unteren Theile der Stadt. Rabenau, am 26. Mai 1900. Der Bürgermeister. Wittig. Atts Nah mW Fern. — Ein C o n p v n f <1 l s ch e r. In der letzten Zeit sind in den verschiedensten größeren Städten zahlreiche ge fälschte Coupons in den Verkehr gebracht worden. Der Fälscher bewerkstelligte die Sache in der Weise, daß er den Der Herkules. Erzählung von L. Maurice. tRuchbruU »erbMe».) Schluß. Eine Viertelstunde mochte noch vergehen, dann trat Braunmeiser wieder ein. „Der Wagen ist fertig," meldete er. „Komin, Liefe-" Alle Drei schritten ans dem Z mmer nnd zur HauS- thure, wo ei» mit zwei Pferden bespannter Leiterwagen stand. Das junge Mädchen ei stieg das Gefährt, worauf sich Bcaun- meifer die von einem Kellner nachgetragene Geldtasche um hängte und ebenfalls den Wagen erkletterte. „Nnn gute Reise!" ruf der Eclenmüller. Die beiden Bauern schüttelten einander die Hände und der Knecht ließ die Pferde anziehen. Vater und Tochter machten es sich auf zwei Stühlen, welche an einem der schräg laufenden, durch Stangen ge bildeten Seitentheile des Wagens befestigt waren, bequem, und fort ging's, erst durch die Stadt, dann über die Brücke, bis der Weg später stark bergan stieg, rechts und links Felder und endlich Wald folgten. Hier that die brennende Laterne vorn am Wagen, die anfangs des Mondlichtes wegen überflüssig gewesen war, gute Dienste. Zwischen dem Alten und Liese war inzwischen kein Wort gewechselt worden. Jedes halte seinen Gedanken nachgehangen. Jetzt, im Walde, hörte das Sinnen auf, denn der Weg wurde holpriger, der Wagen hopste uns die Insassen mußten sich an ihren Sitzen festhallen, um nicht hernntergeworsen zu werden. Plötzlich rief Braunmeiser dem Knechte zn: „Paß .un gnt auf, Joleph; der Eclenmüller warnte mich vor ver dächtigem Gesindel; sobald Du etwas Derartiges erblickst, haust Du auf die Gäule ein, daß sie zu traben beginnen. Und sollte sich Jemand in den Weg stellen, schlägst Dn ihm mit dem Peitschenstiel gehörig auf den Kopf. Gieb besonders beim Steinbruch Acht." „Wenn aber zwei kommen, Herr?" fragte der Knecht ängstlich. „Hasenfuß! Vorsicht — da ist der Steinbruch." Soweit es der matte Schein der Laterne ermöglichte, erblickte mau mit einem Male rechts und links statt der Bänme gewaltige, sich hoch ins Dunkel erhebende Felsen massen, zwischen denen nun der Weg weiter führte. Plötzlich stieß der Wagen heftig auf etwas und hielt dann. Die darauf Sitzenden behütete nur ein rasches instinktives Er greifen der Rückenlehne ihrer Stühle vor dem Niedersturz. „Was geht da vor?" schrie der alte Bauer betroffen. „Es liegt eine ganze Reihe Steinblöcke im Wege," rief der Knecht. „Wir können nicht weiter." „Steig' ab und roll' sie bei Seite. Welche Galgen stricke mögen das gethan haben? Heute Morgen war der Weg noch frei." „Galgenstricke? Oho!" sagte da eine heisere Stimme, und die heftig Erschreckenden sahen drei zerlumpte Gestalten mit geschwärzten Gesichtern, wie aus dem Boden gewachsen, vor dem Wagen stehen. „Galgenstricke? Das müssen wir uns höflichst verbitten." Conpons, die über einfache Beträge lauteten, durch Vordruck einer Zahl den Anschein zu geben wußte, als wären sie schon ursprünglich über höhere Beträge ausgestellt gewesen. Zumeist wählt der Fälscher kleinere Geschäftsleute, denen er beim Ankauf von Waaren die Falsifikate aufzuhängen wußte. — Erhängt hat sich in seiner Wohnung zu Lübau am Sonnabend der sonst in guten Verhältnissen lebende Gutsbesitzer Kunath. Der Entseelte hinterläßt Fran und zwei Kinder, wovon die Tochter verheirathet und der Sohn sich gegenwärtig beim Militär befindet. Die Ursache zu der bedauerlichen That soll in Familien-Differenzen zu suchen sein. — Am Mittwoch Abend wurde in Deuben eine ältere Fran von einem großen Hunde angefallen, in den Arm gebissen nnd zu Boden geworfen, worauf das Thier davonlief. Hoffentlich zog die entstandene Wnnde und der plötzliche Schreck keine weiteren Folgen nach sich. Der Fall aber möge allen Hnndebesitzern zur Mahnung dienen, etwaige bissige Thiere gehörig zu verwahren oder festzu legen nnd mit vorschriftsmäßigen Maulkörben zu versehen. — Kirchenraub. Die erst vor Kurzem eingeweihte Enunanskirche in Leipzig-Sellerhausen ist am Mittwoch von Dieben hcimgesucht worden. Die Spitzbuben haben an der zur Sacristei führenden Thüre eine Fensterscheibe ausge brochen nnd sind auf diese Weise in das Innere des Gottes hauses gelangt. In der Sacristei haben sie einen Schrank erbrochen, in dem das Geld aus den Opferslöcken der Kirche aufbewahrt wurde, und einen Betrag von 102 Mark und einigen Pfennigen erbeutet. Das entwendete Geld besteht aus Zehn- und Fünspfennigflücken, sowie aus Zwei- und Einpfennigstücken, letztere verpackt in 5 oder 6 Nollen. Bis jetzt hat inan von dem oder den Dieben noch keine Spur. — Ein Soldat als Mädchenmörder. Bei Glogau wurde, wie berichtet, unweit des Wasserwerkes „Was wollt Ihr?" schrie der alte Bauer, während der Knecht vor Furcht völlig bewegungslos war. „Nur 'ne Kleinigkeit — die Geldtasche, welche Ihr umge- hängl habt. Dann wälzen wir Euch auch die Steine wieder weg!" „Also seid Ihr ganz gemeine Straßenräuber?" „Haltet uns, für was Ihr wollt," sagte ungeduldig die heisere Stimme, „aber gebt schnell die Tasche, sonst —" „Eher schlage ich Euch den Schädel ein!" schrie Bcann- meiser, eine ans dein Wagen liegende Holzstange ergreifend. „Drauf, Joseph, gieb ihm eins mit dem Peitschenstiel!" Allein der bebende Knecht rührte sich nicht. „Auf den könnt Ihr Euch schlecht verlassen," höhnte der Kerl. „Macht keine Umstände, wir sind zn Drei. Es sollte uns leid thun, Euch den Schädel cinschlagen zu müssen." „Gieb ihnen das Geld, Vater," flüsterte Liese. „Nein,so langeich noch eine Hand heben kann, nicht!" ver- schtederAlte,mitdemKnüppel bewaffnet dieStrolche erwartend. „Nnil, so gebt ihm eins — er will's nicht anders!" Die Kerle sprangen an den Wagen heran. Zwei ver suchten, geschickt den nach ihnen gesührtenStreichen ausweichend, von rechts und links emporznklettern, während der Dritte sich hinten hinanfschwang und dem Bauer in den Rücken kam. „Wehr' Dich, Vater!" schrie das Mädchen auf. Bitzschnell wandte sich der Alte. Aber schon war es zu spät. Mit seinen Armen umklammerte ihn der Wegelagerer und rief seinen Spießgesellen zu: „So, ich hab' ihn! Kommt nur herauf und nehmt ihm das Ding ab." Der Bauer suchte sich nach Kräften aus der Um schlingung zn befreien, die Beiden taumelten hin und her, so daß sich Liese vergeblich den Kerl zurückzureißeu bemühte. Ein zweiter Buschklepper hatte sich jetzt ebenfalls ans den Wagen geschwungen, stieß Liese bei Seite und suchte Bcann- meiser den Niemen der Tasche über den Kopf zu streifen, und nnn kam auch noch der Dritte und bückte sich nach den Beinen des UeberfaUemn,umdiese festzuhalten. Alledem sah dec Knecht mit klappernden Zähnen und schlotternden Gliedern zu. Jetzt halte der zweite Näuber den Riemen in der Faust, der erste lockerte seine Arme, und mit raschem Zuge brachte sein Spießgeselle die Tasche an sich, hing sie sich um, lief zu dem Ende des Wagens und ließ sich auf den Boden hinab. Die Anderen wollten ihm, den Bauer nunmehr freigebend, folgen, als der Kerl unten Plötzlich einen dumpfen Laut ausstieß. M „So, Freund," sagte zugleich eine ruhige Stimme, „da hast Du vorläufig 'mal Dein Theil." „Alle Teufel, Was ist das?" fragte der eine Bandit auf dem Wagen. „Komm' nur herunter, dann wirst Du es sehen!" tönte die Stimme. „Herr, treibt mir 'mal die Halunken zu." „Der Berthold!" jubelte Liese. „O, nun hat's keine Noth, nun sind wir gerettet." Der eine Strolch hatte den Knüppel ergriffen, stürzte an das Ende des Gefährts und wollte das Holz der dort ans dem Erdboden stehenden dunklen Gestalt mit aller Macht auf den Kopf schlagen. Ehe er aber dazu kam, Zarkau an einem Wiesenweg in einer Blutlache die Leich der 30jährigen Dienstmagd Pauline Weichniak mit zer schlagenem Schädel ausgefunden. Als Thäter ist jetzt der Musketier Gabatzki von der 2. Kompagnie des Jnf.-Reg. 58 ermittelt worden. Er hat die That bereits eingestanden. — Streike n deArtilleri st en. Man schreibt: In Verden a. d. Aller streiken die Artilleristen seit Sonn tag vor acht Tagen, indem sie seit dieser Zeit nicht mehr tanzen. Die Marssöhne haben in den Tanzlokalen pro Abend 1 Mark zu bezahlen, sie wollen jedoch für die Folge, wie solches auch in anderen Städten üblich ist, nur 30 Pf. bezahlen. Da die Streikenden fest zusammenhalten und die Tänzerinnen ohne die Artillerie das Vergnügen nur auf die Hälfte seines früheren Werthes taxiren, so werden sie wohl ihr Ziel erreichen. — Der Ortseinnehmer Stauff in Wilwisheim bei Straßburg i. E. legte auf dem Sterbebett das Geständniß ab, drei Morde und verschiedene Brand stiftungen verübt zu haben. Die vom Amtsgericht infolgedessen eingeleitete Untersuchung führte zur Verhaftung eines gewissen Buchert wegen Verdachts der Milthäterschaft am Morde des Ortseinnehmers Fuchs, des Vorgängers Stauff's. Es herrscht große Erregung unter der Bevölkerung. — Die Strafkammer in Schweidnitz verurtheilte den Polizeisergeanten Stahn wegen Körperverletzung im Amte und unberechtigter Verhaftung zu sechs Monaten Gefängniß. Stahn hatte in der Nacht zum 18. Dezember v. I. den Schlosser Hermann Rösler, der mit Stahn in einem Hanse wohnte und angeheitert heimkam, geohrfeigt und verhaftet. Auf der Polizeiwache hatte er ihn dann nochmals geohrfeigt- — Der steckbrieflich verfolgte frühere Preußische Leut nant Wessel ist von Nizza nach Paris geschafft worden. faßte eine übermächtige Faust nach seinem Beine und hob ihn, als sei er ein kleines Kind, herab. Dann folgte ivieder ein dumpfer Laut, und auch der zweite Wegelagerer ver- stummte. Auf den dritten, dec entfliehen wollte, hatte sich Braun- meiser geworfen und hielt ihn nun seinerseits krampfhaft fest. Der Helfer in der Noth schwang sich auf den Wagen und sagte zu dem Bauer: Ueberlaßt ihn mir nur. Habt Ihr vielleicht Seile zur Hand, um ihn und die Anderen zu binden?" „O, mehr als genug. Aber der eine der Schurken da unten hat meine Geldtasche und ist am Ende damit auf und davon." „Ohne Sorge," versetzte der junge Herkules, „ich klopfte den Beiden ein bischen auf den Kopf und garantice, daß sie in der ersten halben Stunde nicht wieder zu sich kommen. Reicht mir nur die Seile. — Ruhig, mein Junge," sagte er zu dem sich heftig sträubenden Kerl, „oder Du bekommst auch eins auf den Schädel." Eine Minute darauf lag der dritte Bandit fest um schnürt da, und Berthold holte nun auch die beiden anderen, in der That noch Bewußtlosen herauf, um sie ebenfalls zu binden. Braunmeiser nahm dem einen der Kerle die um- gehängte Geldtasche wieder ab, dann wurden die hindernden Steinblöcke bei Seite geräumt und der Wagen konnte sich wieder in Bewegung setzen. Der junge Mann erzählte darauf die von ihm am Mittage beobachtete Zusammenkunft des Herrn v. Wartenfels mit den verdächtigen Gesellen, und wie er sich, als er den Ersteren am Abend in dem Alhambrasaale in der Gesellschaft seiner Bekannten gesehen, gleich gedacht, daß dieser nichts Gutes im Schilde führe. Ec beschloß daher, dem Wagen bis an den Wald vorauszugehen, ihn hier zu erwarten und dann ein Stück zu folgen. So sei er zur rechten Zeit zum Beistände gekommen. Bcaunmeiser drückte dem Retter dankbar die Hand und gab, als der junge Mann nunmehr zur Stadt zucückkehren wollte, um die Anzeige vom Ueberfalle und die Gefangen nahme der Wegelagerer zu machen, das nicht zu. In Beisen heim sei auch so eine Art Gefängniß, wo man die Schurken bis morgen unterbringen könne, Berthold möge daher nur mit dorthin fahren und so lange als Gast bei ihm verweilen. Das that der junge Mann dann natürlich gern, und es ist unschwer zu errathen, daß der alte Bauer nunmehr seinen Widerstand gegen die Verbindung der jungen Leute aufgab. Berthold kündigte seinen Vertrag mit der Theater direktion, und hantirte für die Folge statt mit Eisenstange und Hnndertpfundgewichten wieder mit Pflug und Dresch flegel. Nach einem halben Jahre wurde aus ihm und Liese ein glückliches Ehepaar, und der Eclenmüller war als will kommenster Gast natürlich auf der Hochzeit anwesend. Die drei Gauner, welche im Verein mit dem angeblichen Baron v. Wartenfels, einem ehemaligen Kellner Namms Finsterling, der die Gelegenheit auskundschaftete, sä amtliche der in letzter Zeit in der Umgegend vorgekommenen Naub- anfälle ausgeführt hatten, wurden zur Rechenschaft gezogen. Alle vier wurden zu langjährigen Zuchthausstrafen verurtheilt.