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almMM Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Ml. Zeitung sne WrM, Seiseesdurs, Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werben doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Gross- und Kleinolsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Cossmannsdorf, Lnban, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 65. Sonnabend, den 2. Juni 1900. 13. Jahrgang. Pfingsten. -Gr ¬ und es naht die Zeit der Pfingsten, Wieder blüht der blaue Flieder Und im Lindenbaum erschallen Jubelvolle Frühlingslieder. In der jungfräulichen Erde Rührt sich zagendes Verlangen, Nach des Winters langer Oede Lenzeswonne zn empfangen. Also regen sich im Menschen Frei gewordene Gedanken Und es lösen sich vom Herzen Alle enggezognen Schranke». Heller lodern in der Seele Glutentjachte Feuerflammen, Die vom Himmel urgeboren Und vom ew'gen Geist entstammen. Denn in Millionen Liedern Und in tausend fremden Zungen Ist die heil'ge Psingsteubotschaft Seit Jahrhunderten erklungen: „Jauchzt! — Esistdeu Erdgebornen Freies Menscheuthum gegeben, Und als schönste Gottesgabe Neuer Lenz und neues Leben!" Aus Nah und Feru. — Bei der Sparkasse zu Rabenau wurden im Monat Mai d- I. 236 Einzahlungen im Betrage von Mk. 13 799.99 geleistet, dagegen erfolgten 131 Rückzahlungen im Betrage von Mk. 16 219.50. — Bezüglich der geplanten Coucerte und sonstigen Veranstaltungen während der Pf i n g st f e i e r t a g e ver weisen wir ganz besonders auf den heutigen Jnseratentheil, den Veranstaltern ein volles Haus uud den Gästen viel Vergnügen wünschend. — Zu den bevorstehenden P f i n g st a n s f l ü g e n möchten wir eine Mahnung ausjprechen. Man achte die Heiligkeit der schönen Gotlesschöpfung, man freue sich der Blu,neu und der Baumblüthen, ohne sie in blinder Sammel wuth oder eiuer augenblicklichen Laune zu Liebe zn ver wüsten. Besonders vorsichtig aber sei mau mit Cigarren und Streichhölzern. Ost wird ein Cigarrenstnmmel, den man erloschen glaubt, oder ein noch glimmendes Streichholz weggeworfen und verursacht einen Braud. Schon viel Schaden ist durch solche Unachtsamkeit «»gerichtet worden. — Die hiesige Scheiben-Schützengesellschast hält ihr diesjähriges Köuigsschießen verbunden mit Schützen- fest in der Zeit vom 29.—31. Juli ab. Schon jetzt sind Anmeldungen auf Caronssel, Schau- und Würfelbuden und vieles Andere zahlreich eingegangen. Hoffen wir, daß auch das heurige Schützenfest, welches in Rabenau nuumehr seit 9 Jahren gefeiert und sich von Jahr zu Jahr immer mehr zu einem Volksfeste gestaltet hat, sich seinen Vorgängern würdig zur Seite stellen kann. . — In dem Konkurse F. W. Stahr in Rabenau soll eine Abschlagsvertheiluug von 10 Prozent erfolgen. Dazu sind 10202 Mk. verfügbar. Zu berücksichtigen sind, bis jetzt festgestellte, nicht bevorrechtigte Forderungen zum Betrage von 102 020 Mk. — Am Mittwoch bemerkte Herr Noack aus Oelsa am Ufer des schwarzen Teiches einen Hut und nicht weit vom Lande entfernt einen menschlichen Körper. Um die Leiche bergen zu können, mußte das Wasser theilweise abgelassen werden; cs war der letzte Ostern aus der Schule entlassene Bildhauerlehrling Büttner aus Oelsa, welcher bereits seit Sonntag vermißt wurde. Wie man hört, soll Furcht vor zu erwartender Strafe das Motiv zur Thal sein. — Das vor Ostern niedergebrannte Restaurant „Z u m Jägerhaus" wird gegenwärtig neu erbaut und dem Publikum bald wieder wie bisher ein beliebter Ausflugs ort werden. — Vorige Woche wurde bei einem Steinbruche in Kaus ch a ein Sittlichkeitsverbrechen an einem 18 jährigen Mädchen versucht. Der Thäter wurde jetzt durch die Gendarmerie in der Person eines in Grnna dienenden Knechtes ermittelt nnd der Kgl. Staatsanwaltschaft zuge führt. Der Verhaftete ist wegen Sittlichkeitsverbrechen mit Zuchthaus bereits vorbestraft. —- Der Welschhufer Gesangverein „Glückauf" unternahm am Sonntag, den 27. d. M-, einen Nachmittags- Ausflug mit Dameu über Wilmsdorf, Böruichen, Lerchen Wer Telegraph. Humoreske von Otto Reinhold. «Nachdruck oeibvle».) Beim Passiren der Fenster des Telegraphenburcaus bemerkte er, daß ihn die Insassen desselben eifrig beang- opfelten; nur die hübsche Brünette entzog ihm ihr Gesicht, indem sie den Kopf in die hohle Hand stützte. Dies ärgerte ihn nicht wenig, denn je öfter er seine Fensterprvmenade wiederholte, desto klarer mußte er sich's eingestehen, daß er sich geiade um deretwillen die Beine ablief. Das erste Glockenzeichen zum Abgänge des nächsten Zuges tönte über den Perron, und unser Reisender hatte noch kein Billet. Rasch warf er noch einen Blick durch das Fenster nach der spröden Brünette, und seine Angen trafen ein tiefernstes Gesicht mit festen, entschlossenen Blicken. Diese ernste Miene der Splöden schien unseren Reisenden so zn amüsiren, daß er laut auflachte und seinen Schritt verdoppelte, um nicht aberinals einen „Postlag" zn spät zu kommen. Bald ei tönte ein Mark und Bin durchdringender Pfiff. — Es war der Abschiedsgrnß der Lokomotive. Der Zug setzt sich langsam in Bewegung, nnd zu einem Coupö zwciler Classe lugt ein Kopf mit einem Studentcncalabreser heraus; wir erkennen noch im Ab fahren unseren Reifinden wieder. II. Die Geschwister. In der Zeit, in der unsere Erzählung spielt, befand sich in der Jnvalidenstraße Nr. . . 3 Tnppeu au einer Thür die Visitenkarte befestigt: „Woldemar Kilchberg, Arzt." Wvldcmar Kirchberg hatte den Berns seines Baters erwählt, welcher vor einigen Jahren «>s Kreisphhsicus in Friedheim gestorben war. Woldemar hatte sich kümmerlich durch Gymnasium und Universität hindurchhelfen müssen, denn von zu Hause konnte er nichts beanspruchen. Fünf jüngere Geschwister waren noch daheim, und diese mit einer Rente von 900 Mark zu erziehen, das war für seine Mutter, die vordem an bessereTage gewöhnt war,ohnehin schon ein schweres Schicksal. Jetzt hatte er es endlich zum städtischen Armenärzte gebracht. Seine älteste Schwester Susanne sollte sich anfangs zur Lehrerill ausbilden; Woldemar aber hatte sich für sie ver wendet, um sic in ein Telegraphenbureau nnterzubringen, und seine Bemühungen waren nicht erfolglos geblieben. Jetzt wohnte er nun schon seit einem halben Jahre mit seiner lieben Schwester Susanne zusammen, und Beide rühlten sich recht glücklich. Sie hatten zwei zweifenstrige Zimmer inne und nach dem Hofe ein einfenstriges, welches Susannens Schlafzimmer war, während der Doktor eines der Vorderzimmer zu seinem Studirzimmer eingerichtet hatte, in welchem auch sein Bett stand- Eine drille Pi«Ke, welche von Beiden gemeinsam bewohnt wurde, war mit geliehenen Möbeln ziemlich wohnlich ausgestattet. Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, und Woldemar lvartele seit einer Viertelstnilde ans die Heimkehr seiner Schwester. Unruhig durchmaß er sein Zimmer, und aus seinen Zügen leuchtete eine freudige Neuigkeit. Endlich hörte er Tritte die Treppe heraufkommen. Ungeduldig öffnete er, nnd — sie war es- „Guten Abend, Woldemar!" grüßte das Mädchen im Hereintretc». „Guten Abend, Suse! Ich habe eine Ueberraschung für Dich!" entgegnete Woldemar und schloß die Thür wieder zu. „Für mich? — Jst's 'was Trauriges? Aber nein, Du lachst ja!" „Ich habe ein Pianino gekauft!" „Du? — Du scherzest, Woldemar!" rief Susanne und nahm ihren Nembrandhnt vomScheitel,und legte denMantel ab. „Ich habe sechzig Mark angezahlt. Das Instrument kostet dreihundertundsechzig Mark, und morgen kommt es an." Unterdessen hatte sich Susanne darüber gemacht, die Lampe anzuzünden. „Du bist kühn und unternehmend!" „Das Uebrige zahle ich monatlich ab." Beim Scheine der Lampe erkennen wir sofort die schmucke Brünette aus dem Telegraphenbureau wieder. „Ich bin glücklich, Suse, daß ich uun endlich Deinen Lieblingswunsch erfüllen kann. Eigentlich wollte ich Dich zu Deinem Geburtstage überraschen; aber nun mußt Du Dir's gefallen lassen, daß das Instrument schon morgen kommt." Susanne wendete sich mit dem Ausdrucke tiefster Innig keit an ihren Bruder, und mit einer raschen Bewegung legte sie ihreArme um seinen Hals und küßte ihm herzhaft die Wange. „Du guter, lieber Bruder!" rief sie dabei, und Woldemar be trachtete mit Wohlgefallen das dunkle Köpfchen au seiner Brust. Dann richtete sich Susanne ebenso rasch wieder empor und schickte sich an, den Thee zum Abendbrode auf der Pttroleummaschiue zu kochen. Woldemar hatte sich in die Ecke des Sophas geworfen und folgte den Bewegungen seiner Schwester mit der genug- thmnden Ucberzengung, daß Susanne nicht nur hübsch, sondern wirklich schön sei. »Ich habe Dir auch eine Neuigkeit mitzutlMen, Woldemar." Nun?" „Ich habe Rudolph Lassen gesehen!" höhe nach dem neuerbauten Gasthofe in Obernaundorf woselbst ein Tänzchen stattfand. Trotz der trüben Witterung herrschte eine recht heitere Stimmung, wozu das vorzügliche „Naß" wesentlich mit beitrug. — Die heutige Weltlage illustrirt in ergötz licher Weise ein Artikel des Londoner satyrischen Blattes „Pick me up". Wir entnehmen dessen Spalten folgende Stellen, die für sich selbst sprechen: „Falls Frankreich England den Krieg erklärte, würde Deutschland für Frank reich, Rußland für Deutschland und Japan für Rußland eintreten; China würde gegen Japan, Amerika gegen China und die Türkei gegen Amerika zu Felde ziehen, Oesterreich die Türkei bedrohen, und Italien schließlich würde gegen Oesterreich rüsten. Gegen wen würden wir dann zu kämpfen haben? — Die Lösung dieses Problems sei Sache Derer, die es können." So friedselig gruppiren sich die guten Freunde und getreuen Nachbarn. Ein Jahr nach der Haager Friedenskonferenz. Welch' großartiger Erfolg! — — Flüchtiger Kassire r. Aus Spandau wird berichtet: Der Kassirer Wax Döring von der Spandauer Straßenbahn ist wegen Unterschlagung von 7350 Mk. flüchtig. — Sieben Opfer. Von den 15 Arbeitern, welche am 10. Mai in der Gewerkschaft zu Jünkerath (Eifel) von der heißen Gießmasse einer umgeschlagenen Pfanne über schüttet wurden, sind bereits sieben gestorben. Ackergeräthe. Es ist eine bekannte Thatsache, daß der Land mann nicht gerne Geld ausgiebt zur Anschaffung von Gerüchen, deswegen muß er darauf sinnen, die vorhandenen solange wie möglich sich dienstbar zu erhalten. Dies erreicht er aus die zweckmäßigste Wehe, wenn er alle diejenigen Sachen, die aus Holz hergestellt sind, mit einem erhaltenden Anstrich versieht. Wie kein anderes Mittel eignet sich dazu das seit 25 Jahren bewährte Holzkonscrvierungsöl ^.vsnarius Oarbolinsum (Originalfabrikat). Wie wir von der Firma R. Avenarius L Co. (Berlin, Stuttgart, Hamburg u. Köln) hören, ist eine Niederlage für die hiesige Gegend errichtet bei Karl W n n s ch m a n n, Baumaterialienhandlung, Rabenau. Der Doktor sprang auf." „Wo? — Wann?" „Er gab ein Telegramm auf, und ich bekam es zur Expedition, wobei sich Rudolph gerade vor mein Fenster stellte." „Hast Du ihn nicht gegrüßt?" „Bewahre!" „Hat er Dich erkannt?" „Mir war's so, und das machte mich so verlegen, daß ich roth wurde!" Woldemar hatte wieder Platz genommen. „Hm! Also dieser Bruder Leichtsinn ist wieder einmal in Berlin!" sagte der Doktor vor sich hin. „Wie lange ist Rudolph denn von Friedheim weg?" „Wie lange?" erwiderte Susanne sinnend. „Jetzt werde ich neunzehn, — also fünf Jahre. Wo war er denn so lange?" fuhr sie fragend fort. „In Grünau, woselbst er doppelte Buchführung iin Bureau der Spinufabrik seines Vaters erlernen sollte." „Warum machte er nicht mit Dir das Abiturienten examen? Ihr wäret doch stets Classengenossen!" „Weil er gerade damals vollauf mit Kneipereien und allerhand tollen Streichen beschäftigt war!" „Hast Du ihn in dieser Zeit nicht wieder getroffen?" „O, oft," entgegnete der Doktor. „Mir haben manche Nacht hier in Berlin in Saus und Braus verbracht, und mit dem Gelde, daß Rudolph manchmal an einem Abende ausgab, hätten wir den ganzen Monat leben können! — Nun," fügte er hinzu, „vielleicht ist er jetzt, seitdem sein Vater todt ist, solider geworden! Du weißt auch doch, daß Rudolph jetzt alleiniger Inhaber der Firma .Lassen und Sohlst ist?" „Ich habe davon gehört. — Uebrigens glaube ich, daß er mich doch nicht erkannt hat! Denn Abends war er wieder da, und im Foyer ging ich mit meinen Colleginnen dicht an ihm vorüber.—Da hätteer mich doch anreden können." — Fortsetzung folgt. — Kirchennachrichten von Rabenau. Sonntag, den 3. Juni. I. heil. Pfingstfeiertag. Borm halb 9 Uhr Gottesdienst. Predigttext: Matth. 16, 13—19. Montag, den 4. Juni. II. heil. Pfingstfeiertag. Borm halb 9 Uhr Gottesdienst. Predigttext: Ezechiel 36, 26—27. An beiden Feiertagen Kollekte für den allgem. sächs. Kirchenfonds. Geboren: Am 23. Mai dem Tischlermeister Friedrich Anton Richter hier ein Sohn. — Am 27. Mai dem Stuhlbauer Hermann Louis Heidenreich in Obernaundorf eins Tochter. Getauft: Am 27. Mai Martha Frida Grahl, Tochter des Stuhl bauers Paul Richard Grahl hier. — Friedrich Johannes Fleck, Sohn des Buchdruckereibesitzers Johannes Fleck hier. — Ein unehel. Kind. Aufgeboten: Franz Wenzel Gotthold Burkert, Drechsler hier Josefine Witowetz in Bodenbach. — Otto Paul Rüger, Stuhlbauer hier und Marie Pauline Bertha Leuschner hier.