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Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Ml. Zeitung sm Weuud, Skiskrfidms, Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 62. Sonnabend, dell 26. Mai 1900. 13. Jahrgang. Aus Nah und Feru. — Die Zeit der immerwährenden Däm mern ng hat begonnen, wir stehen ans der Höhe des Jahres. Diese Periode, während weicher cs bei klarem Himmel selbst über Mitternacht nie ganz dunkel wird und vom Sonnenunter gang bis Sonnenaufgang das Licht der Sonne um den Horizont spielt, endet mit dem 19. Juli. — Nun kommt auch der türkische Hollunder (Flieder) z u m B l ü h e n. In Folge des Eintritts der wärmeren Witterung wird die Entwickelung des so beliebten süß duftenden Blüthenbaumcs und Strauches sehr schnell vor sich gehen, da eigentlich die Blüthe schon einige Zeit fällig war und nur in Folge der kalten Witterung zurück geblieben ist. Der in vielen Farben blühende Flieder giebt besonders an warmen Abenden einen fast berauschenden .Duft von sich. — Ei» cr. 8 C-mtner schwere, Ochse wurde am Mitt woch von dem die hiesige Fleischbeschau ausübenden Herrn Thierarzt Lilfas beanstandet und der Freibank überwiesen. — Bei einer am Sonntag den Planenschen Grund durchfahrenden Omnibusparthie befand sich ein hnmoristisch gekleideter Theilnehmer, welcher bei Ausübung seiner Unmenschen Späße in der Nähe Hainsbergs mit dem Fuße unter ein Rad des Omnibus gerieth, wodurch ihm mehrere Zeheu zerquetscht wurden. — Als Sachverständige für die staatliche Schlachtvieh versicherung sind im Bezirke der Kgl. Amtshanptmanuschaft Dresden-Altstadt u. A. folgende Herren bestimmt worden: Rittmeister d. R. Freiherr v. Milkau iu Tharandt. Wirlhschaftsbes. O. Weichelt in Rabenau. Allodialgutsbes. Merbitz in Eckersdorf. Fnhrwerksbes. E. Keilig in Hainsberg. Freignlsbcs. Ottm. Dürichen in Obernanndoif. Gutsbes. M. Kin bis in Somsdorf mit Coßmannsdorf. In dem Amtsgeuchtsbezuk Dippoldiswalde Riltergutsbes. Pietzsch iu Wilmsdorf. Gntsauszügler Reichel in Wendisch karsdorf. Gemeindevorstand Kleber ebendaselbst. Gutsbes. Heger iu Seifersdorf. Gutsbes. K. A. Grahl iu Possen- dorf. Gutsbes. G. A. Göhler ebendaselbst. Gemeinde- Vorstand Menzer in Großölsa. Gemeiudevorstaud Hartmann in Höckendorf. Gemeindeältester Heber ebendaselbst. Ecb- gerichlsbes. Thomas in Borlas. — Die früher in Tharandt bedienstet gewesene böhmische Magd Khslick, welche vor einiger Zeit heimlich geboren und das Kind in die Abortgrnbe geworfen, wurde wegen Kindestötung am Mittwoch von dem Landgerichte zu Freiberg zu zwei Jahre Gefängniß und fünf Jahre Ehrenrechtsverlust verurtheilu — Die Bczirksanstalt Saalhauien zeigt gegen wärtig einen Bestand von 166 Köpfen, von den 117 an wesend, 47 auf unbestimmte Zeit beurlaubt und 2 entwichen sind. Von den 117 Anwesenden sind 19 Korrektionäre, 7 Korrektionärinnen, 48 versorgte Männer, 31 versorgte Frauen, 12 Knabcn. Von den 57 Beurlaubten sind 31 Korrektionäre, 6 Korrektionärinnen, 1 versorgter Mann, 3 versorgte Frauen, 6 Knaben und 2 Mädchen. — Am Dienstag Vormittag 8 Uhr verunglückten im Stiftsbruch Lungkwitz der Bruchmeister Thieme, sowie der Besitzer Arnold durch Lösung größerer Steinmassen. ! Thieme war sofort todt, Arnold schwer verletzt. Beide ! wurden in ihre Behausung Lungkwitz gebracht. Thieme ist 40 Jahre alt und hinterläßt eine Wittwe mit 5 Kindern, von denen 3 noch schulpflichtig sind. — Ein s ch r e ck l i ch c r U n g l ü ck s f a l l ereignete sich am Dienstag Abend auf dem Bahnhof Brusselstraße in Berlin. Der aus Magdeburg gebürtigte, 27 Jahre alte Friedrich Blinkmann wollte unter der Ueberführung der Beuffelstraße über den Bahnkörper noch ans einen Nocd- ringzng aufspringcn, als dieser sich schon in Bewegung ge setzt hatte. Wahrscheinlich sprang er fehl, wurde vom Trittbrett heruutergeschleudert und gerieth in dem Durchgang unter die Räder des weiterrollenden Zuges. Der Unglückliche wurde auf der Stelle getödlet und buchstäblich in Stücke gefahren. — Abermalige Erhöhung der K o h l e n p r e i s e. Aus Zwickau meldet man: Sämmtliche Zwickauer und Oelsnitzer Steinkohlenbergwerke haben die Kohlenpreise um 6 bezw. 12 Mark pro Doppelwaggon erhöht. Diese Preis erhöhung ist bereits in Wirksamkeit getreten. Eine Auf besserung der Löhne findet auch diesmal nicht statt. — Die Torpedoflottille hat vor Straßburg umkehren müssen, weil der Wafserstand des Rheins zu niedrig ist. — Der brennende Braut wagen. Ein Brautpaar aus Stevelin in Pommern fuhr dieser Tage zur standesamtlichen Trauung nach Lubmin. Die Brautleute waren erst eine kurze Strecke unterwegs, als plötzlich der Wagen in vollen Flammen stand- Die Braut, der Bräutigam, die beiden Trauzeugen, sowie der Kutscher konnten nur mit knapper Noth durch Herabspriugen vom Wagen sich vor dem Verbrennungstode retten. Wahrscheinlich ist das Feuer durch einen im Wagen fortgeworfenen noch brennenden Cigarrenstummel veranlaßt worden. — Der verstorbene Baron von Cohn, der Hof- bankier des Kaisers Wilhelin I., soll ein Vermögen von circa 30 Millionen Mark hinterlassen haben, aber kein Testament. Universalerbin ist seine einzige Tochter, Frau Julie Oppenheim, die Wittwe und kinderlos ist, deren großes Vermögen, wenn nicht andere Bestimmungen getroffen werden, an ihre in Frankreich lebende Mutter zurückfällt. — Die Spielbank von Monte Carlohat iu dem Geschäftsjahre 1899/1900, das am 30. April ab lief, nur 24 Millionen Francs gewonnen, gegen 27,4 Millionen Francs im Vorjahre. Der Rückgang ist dem südafrikanischen Kriege zuzuschreibe», der von der Spiel bank einen guten Theil des englischen Publikums fernhielt. Der Herkules. Erzählung von L. Maurice. «Nachdruck verdotev.) Im selbigen Moment kam ein leiser Ansrnf von Liesens Lippen, während sich zugleich ihre Hand mit konvulsivischem Drucke auf den Arm ihres Vaters legte." „Nun, was gibt's?" fragte der Alte unwirsch, so im Schauen gestört zu werden. „Es ist ja der Berthold!" flüsterte ihm Liese zu. „Holland und Türkei!" rief Braunmeiser und faßte den Athleten, der inzwischen seine Exerzitien begonnen hatte, schärfer ins Ange. „Wahrhaftig, es stimmt!" „Ein riesenstarker Mensch," bemerkte der Erlcnmüller. „Teufel noch einmal, spielt der nicht mit der Eisenstange, als ob's ein Besenstiel wäre?" „Der Berthold ist's, mein davvngej igter Knecht!" „Donner und Doria!" entgegnete der Erlcnmüller erstaunt. „Dein früherer Knecht, Liesens Schatz?" „Derselbe. Wie gefällt Dir der Wechsel im Gewerbe?" „O, das hat Weiler nichts ans sich; man kann in jedem Stande brav und ordentlich sein." Der Herkules, dessen Produktionen fortgesetzt donnern den Beifall hervorriefen, unterbrach solche nach einer Weile, ließ die Stange aut den Boden nieder und trat bei Seite, um sich den Schweiß von der Stirne zu trocknen, wobei auch fiine heftig arbeitende Biust Z-ngniß davon ablegte, daß das cben Vollführte kein Kinderspiel gewesen war. Seine Augen wanderten inzwischen über die Zuschauer, und Plötzlich sah Liese dieselben auf sich gerichtet und dann die mächtige Gestalt zusammenzuckru, während ein dunkles Noth sein Gesicht übel flog. Das Mädchen konnte nicht umhin, dem Geliebten zu zunicken, und empfing als Dankeszeichen ein freundliches Lächeln; Alles, was er, wie sie wohl einsah, im gegen wärtigen Moment wagen durfte. Der Athlet trat fitzt aus's Neue in Thätigkeit. Ec hob die gewaltige Eifenstange mit beiden Händen, ließ sie an dem gebogenen Nückui langsam hinabiaufen, um sie hernach aufzusangen und denselben Weg nach dem Kopfe zurückmachen zu lassen, welches Kraslstück ihm abermals schallenden Applaus eintrug, während Liese dagegen Todes angst ausstand, da eine verkehrte Richtung des riesigen Eisenstückes dem Manne das Genick brechen konnte. Sie athmcte erleichtert auf, als derselbe sich nach diesem und noch einigen weiteren Kraststücken endlich mit seiner Stange unter nicht endendem Händeklatschen des begeisterten Publikums zurückzog. „Ohrfeigen bist Du Werth, Braunmeiser," rief der Erlenmüller, „diesen Prachtskerl davongeschickt zn haben. Ist eine solche Kraft nicht auch ein Kapital? Es wäre mein Schwiegersohn geworden, das sage ich Dir!" Liese blickte den Erlenmüller dankbar an, ihr Vater aber versetzte: „M-inetwegen; der meinige wird er nicht, jetzt noch weniger als früher; man müßte sich ja die Augen aus dem Kopfe schämen, wenn es später 'mil hieße, daß Liesen's Mann Knnststückemachcr gewesen ist." Herr v. Wartenfels erhob sich fitzt, um sich zu verab schieden. Er habe noch in der Ressouce Jemand zu sprechen. „Sie werden also wirklich noch heute Abend nach Hause zurückkehren?" fragte er den Bauer. Dieser bejahte, worauf der Baron nochmals erklärte, daß er Brauumeiser's Adresse sorgfältig notirt habe und demnächst mit seinem Inspektor bei ihm versprechen werde. Jener war darüber sehr erfreut und schüttelte dein jungen Herren kräftig die Hand, der dann nach einer Verbeugung sich entfernte. Als die folgende letzte Programmnummer figurirte eine Zaubervorstellnng. Braunmeiser und Liese waren in Anbetracht des vorhin Erlebten, wie sehr sie sonst wohl dergleichen bestaunt hätten, nicht mehr recht bei der Sache und freuten sich, als die Vorstellung ihr Ende erreicht hatte und sie das Lokal verlassen konnten. In dem Gedränge, welches am Ausgange herrschte, tauchte plötzlich hinter den Dreien eine mächtige Gestalt auf und folgte ihnen vorsichtig. Sie schlugen den Weg zu dem Wirthshause ein, wo dcr Wagen untergebracht war, die Gestalt blieb ihnen in angemessener Entfernung auf den Fersen. Sogar in das Hotel schritt sie ihnen nach und sah den Erlenmüller und Liese in das seitwärts gelegene Gast zimmer treten, Braunmeiser aber den Flur passireu und im Hintergründe durch eine in den Hof und zu den Ställen führende Thüre verschwinden." „Das trifft sich ja prächtig," murmelte der Verfolger nud begab sich nun ebenfalls rasch in das Gastzimmer, dort auf Liese zuschreitend, welche mit dem Erlenmüller Platz genommen hatte. „Berthold!" rief das Mädchen, Hochroth vor Glück nnd Freude, und wäre beinahe dem Geliebten an den Hals geflogen. Sie begnügte sich aber, die dargereichte Hand zn ergreifen nnd innig zu drücken. „Es geht Dir gut?" „O ja, und Dir?" „Auch gut. Warst wohl sehr überrascht, mich auf der Bühne zu erblicken?" „Das kannst Dn Dir denken." „Ich bin Herkules geworden, weil es ein schönes Stück Geld einbringt." „Dem Vater will es aber gar nicht gefallen." „So hat er sich darüber ausgesprochen?" fragte der junge Mann betroffen. „Ach ja. Nicht wahr, Erlcnmüller?" „Freilich," versetzte dieser, dem bewunderten Athleten freundlich zunickend, „aber nur nicht den Muth verloren, Ihr Leutchen; er giebt doch noch nach." „Ich hoffe es," sagte Berthold seufzend. „Er soll mich anch jetzt nicht hier finden. Ich will nur noch schnell fragen, wer der feine Herr an Eurem Tische war." „Der? O, ein Herr Baron v. Wartenfels." „Wirklich? Und was wollte er bei Euch?" „Ec suchte heute Mittag im Wirthshause Vaters Freund schaft und versprach ihm, demnächst mit seinem Inspektor zu kommen und Vieh bei uns zu kaufen." „So, so?" Berthold wollte die Zusammenkunft des Betreffenden mit den drei wie Buschklepper aussehenden Kerlen nicht aus dem Kopfe. „Habt Ihr viel Geld bei Euch?" erkundigte er sich plötzlich. „Wie kommst Du darauf?" „Ich möchte es gern wissen." „Es geht an. Vielleicht zweitausend Mark für abge liefertes Getreide." „Ihr solltet heute Nacht nicht nach Hause fahren." „Ich habe auch bereits abgecathen," bemerkte der Eclen- müller. „Man hört, daß schon verschiedentlich zur Nacht zeit Leute draußen überfallen und geplündert worden sind." „Wir haben noch den Knecht bei uns," meinte Liese. „Nun, dann behüte Euch der Himmel, Schatz. Bleib' mir treu, wie ich es Dir bleibe." „Das will ich, Berthold," sagte sie herzlich. Sie drückten sich nochmals warm die Hand, und auch dem Erlenmüller bot Berthold treuherzig die Rechte, woraus der junge Mann rasch das Zimmer wieder verließ. — Schluß wlgt. — Austrieb: Ochsen 331, Kalben u. Kühe 181, Bullen 235, Kälber 519, Schafe 1092, Schweine 2260. Preise wurden für 50 Kilo Lebend gelvicht wie nachstehend gehalten: Ochsen: erste Sorte 35 Mk., zweite Sorte 32 Mk., dritte Sorte 29 Mk. Kalben und Kühe: erste Sorte 34 Mk., zweite Sorte 30 Mk., dritte Sorte 27 Mk. Bullen: erste Sorte 35 Mk., zweite Sorte 31 Mk., dritte Sorte — Mk. Kälber: erste Sorte 47 Mk., zweite Sorte 40 Mk., dritte Sorte — Mk. Schafe: erste Sorte 65 Mk., zweite Sorte 62 Mk., dritte Sorte 57 Mk. Schlachtgew. Schweine: erste Sorte 38 Mk., zweite Sorte 37 Mk., dritte Sorte 30 Mk-