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Memner AiUM Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seifenblasen" 1,50 Mk. Zeitung für WM, Selftl-idürs. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 1b Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen sür alle Zeitungen. Nummer 47. Der Biehhirte. (Schlich.) Clemor begann Helene zu erzählen, wie sie schon beim Ersten Anblicke sein Herz entflammt habe, und er seitdem Abend für Abend mit seinen Freunden auf die Gelegenheit gelauert habe, sich ihrer Person zu beinächtigen. Er pries in überschwänglichen Ausdrücken sein Glück, nun endlich sein Ziel erreicht zu haben, und die junge Dame müßte die Lippen znsammenpressen, um nicht ihren ganzen Abscheu auszusprechen. Da berührte ihre linke Hand bei einer zufälligen Be- wegung den Griff einer der Pistolen, die im Gürtel Cleinor's staken, und ein kühner Plan blitzte plötzlich in ihrem Geiste auf. Konnte sie sich der Waffe, ohne daß er es inerkte, bemächtigen, so besaß sie schon einen vortrefflichen Schutz, ^eise und vorsichtig begann sie daran zu ziehen; die schaukelnde Bewegung des Pferdes kam ihr dabei zu Statten. Auch brauchte der Elende beide Arme, um sie festzuhalten und das Thier zu lenken, was ebenfalls ihr Bemühen begünstigte. Endlich ein letzter Zug! Sie hielt das Pistol in der Hand. Es galt nun, dasselbe schnell zu verbergen. Aus der linken wanderte es in die rechte Hand, und mit dieser schob sie es all- mählig in die Tasche ihres Kleides. Nun war auch das gelungen. Weiter und weiter ging es, so schnell die Pferde laufen wollten, plötzlich stieß aber einer der Spießgesellen Cleinor's einen schweren Fluch aus und deutete hinter sich. Clemor wandte den Kopf, und ein wildes: „Caramba" entfuhr auch seinem Munde; in nicht allzu großer Ent fernung wurden drei Reiter hinter ihnen sichtbar. Immer näher kamen die Verfolger, trotzdem die Cow-BohS ihre Pferde auf das Rücksichtsloseste spornten. Dasjenige Cleinor's vermochte aber infolge der doppelten Last seine Schnelligkeit nicht mehr zu vergrößern, sondern blieb mehr rind mehr zurück. Das arme abgehetzte Thier begann laut zu keuchen. Da raste es mit rauhem, heiserem Bellen heran. „Truhe, Darling!" jubelte Helene, nicht länger im Stande, sich zurückzuhalten. „Ah, Täubchen," schäumte der Bandit, „freust Du Dich so, meiner ledig zn werden? Du machst die Rechnung ohne den Wirth. Wenn ich denn zur Hölle fahren muß, soll Dich German-Bill nicht lebend zurückerhalten!" Er fuhr mit dec Rechten in den Gürtel, und dann funkelte plötzlich ein Messer in derselben. Hoch hob er die Hand zum Stoße. Da krachte ein Schuß und zer- Sonnabend, den 21. April 1900. schmetterte sie. Helene hatte schnell das Pistol hervor geholt und abgefeuert. Clemor stieß einen wilden Fluch aus- Im selbigen Moment strauchelte das Pferd, schwankte und stürzte dann mit seiner Last zu Boden. Helene fiel so glücklich, daß sie sich gleich wieder aufraffen konnte, während die Hunde mit wildem Geheul sich auf Clemor warfen Nun waren auch die Freunde da. German-Bill stand zuerst neben Helene. Hatte sich diese freiwillig an seine Brust geworfen oder war es infolge einer sie plötzlich überfallenen j Schwäche geschehen? Der junge Mann hielt sie umfaßt und rief in überquellender Seligkeit: „Gerettet, gerettet!" „Kind, Herzenskind!" jauchzte auch Willnecker. „Haben wir Dich unversehrt wieder?" Schmerzenslaute, die kaum noch etwas Menschliches hatten, lenkten die Aufmerksamkeit Aller auf die sich am Boden wälzende Gruppe von Mensch und Hunden. „Hierher, True! Hierher, Darling! schrie Stoll. Aber die sonst so folgsamen Thiere gehorchten nicht, die ganze Wildheit ihrer Rasse war in ihnen erwacht. Als sie endlich mit Gewalt von ihrem Opfer weggeriffen worden, zeigte es sich, daß Hilfe zu spät kam, das Gesicht dem Elenden vollkommen zerfleischt, die Gurgel durchbissen war. Schaudernd wandten sich Alle ab, Helene war einer Ohnmacht nahe. „Seine entflohenen Genossen werden wohl zurück- kommen und ihn holen", meinte Ulrich nach einer Pause; „wir können hier weiter nichts thun." So ritt man denn heimwärts, Helene vor ihrem Oheim im Sattel sitzend. Sie erzählte ihre Erlebnisse und hörte dann mit pochendem Herzen, wie umsichtig German-Bill die Verfolgung geleitet hatte. „Wir sind uns in dieser Nacht so nahe getreten, lieber Böbingen," wandte Willnecker sich dann an diesen, „daß Sie es nur nicht als gewöhnliche Neugier auslegen werden, wenn ich Sie srage, wie Sie hierher nach Texas verschlagen worden sind." Ein Schatten glitt über das Gesicht des jungen Maunes. Er erwiderte aber entschlossen: „Weshalb sollte ich es Ihnen »och verschweigen? Ich bin ja jetzt auch ein Anderer, Besserer geworden. Ich stamme aus ange sehener Familie. Meine Eltern, die leider, als ich kaum 13. Jahrgang. am Dienstag auch gethan. Aber nicht zu den alten Bedingungen, sondern Herr Bauer hat diesen die neunstündige Arbeitszeit (früher war zehnstündige) und einen erhöhten Wochenlohn zugesichert. Herr Bauer ist es auch gewesen, welcher eine Opposition gegen die Lohn kommission geltend zu machen versucht hat, indem derselbe sagte, daß er einen zweiten Brief an die Lohnkommission gerichtet habe, was voll ständig erlogen ist. Die Lohnkommission, wie die Verwaltung der Holzarbeiter-Verbandes in Rabenau wie iu Dresden, sind stets bemüht gewesen, den Streik sobald als möglich zu schlichten. Wiederholt haben dieselben Unterhandlungen mit den Arbeitgebern anzuknüpfen versucht, sind aber von letzteren jedesmal abgewiesen worden. Es liegt also nur an den Arbeitgebern, daß der Streik bereits sieben Wochen andauert. Das ganze Eingesandt, das jedenfalls nur darauf zugeschnitten war, Wirrwarr unter die Streikenden zu bringen, hat diesen Zweck voll ständig verfehlt. Dieselben sind fester denn je entschlossen, auszuharren, bis die Arbeitgeber annehmbare Zugeständnisse machen. Die Verwaltung des Deutschen Holzarbeiter-Verbandes in Rabenau. Kirchennachrichten von Rabenau. Sonntag, den 22. April. Dom. Quasimodogeniti. Vorm. S Uhr Gottesdienst. Nachm. 1 Uhr kirchl. Unterredung mit den Jungfrauen, an welcher auch die Neukonfirmirten zum ersten Male theilnehmen werden. Geboren: Am 9. April dem Materialverwalter Oswald Emil Dittrich hier ein Sohn. — Am 11. April dem Stuhlbauer Max Gustav Hünich hier eine Tochter. — Am 14. April dem Möbelpolirer Paul Wilhelm Schumann hier ein Sohu. — Am 16. April dem Maurer Otto Zimmermann in Obernaundorf eine Tochter. — Am l 5. April dem Geschäftsführer Gustav Anton Hamann hier eine Tochter. Getauft: Am 8. April Paula Erna Berthold, Tochter des Stuhl bauers Moritz Paul Berthold hier. — Am 15. April: Max Walter Weitze, Sohn des Bahnwächters Johann Heinrich Herm. Weitze tu Obernaundorf. — Georg Oskar Gohlke, Sohn des Tischlers Franz Reinhold Gohlke hier. — Helene Hulda Krischker, Tochter des Stuhl bauers Paul August Krischker in Obernaundorf. — Margarethe Johanne Gahmig, Tochter des Stuhlbauers Moritz Robert Gahmia hier — sowie 2 uneheliche Kinder. — Am 16. April: Gustav Woldemar Krumbiegel, Sohn des ansässigen Stuhlbauers Karl August Krumbiegel hier. — Anna Louise Sparmann, Tochter des zu Coßmannsdorf verstorbenen Drechslers Max Hermann Sparmann. — Ernst Alfred Schubert, Sohn des Tischlers Friedrich Otto Paul Schubert hier. — Am 17. April Max Arthur Gottwald, Sohn des Schlossers OSkar Max Gottwald hier. — Am 19. April Anna Therese Müller, Tochter des Oberkellners Richard Alfred Müller hier. Aufgeboten: Friedrich Eduard Berndt, Möbelpolirer hier und Marie Sidonie Gaumnitz in Zittau. — Kurt Benno Max Löblich, Kauf mann in Dresden und Gertrud Elisabeth Beckert hier. — Aug. Franz Heinemann, Trompeter (Sergeant) im 2. Trainbataillon Nr. 19 in Leipzig und Anna Marie Böhme hier. — August Paul Gotische, Holzbildhauer hier und Emma Martha Wolf in Höckendorf. Getraut: Am 17. April Oskar Max Gottwald, Schlosser hier und Anna Hedwig Göpfert hier. Gestorben: Am 13. Apr. Franz Rob. Bose, Maurerpolier hier, 41 I. 4 M. 24 T. alt, w. am 16. Apr. beerb, w. Am 15. Apr. Friedr. Ehregott Richter, Böttchermeister hier, 77 I. 10 M. 9 T. alt, w. am 18. Apr. beerd. w. — Am 16. Apr. Edmund Willibald Lorenz, Möbel polirer hier, 44 I. 4 M. 28 T. alt, w. am 19. April beerdigt w. zehn Jahre zählte, starben, hatten mir ein reiches Erbe hinterlassen, daß mir eine standesgemäße Lebensweise in der eingeschlagenen Militärcarriöre ermöglichte. Aber jugendlicher Leichtsinn überschätzte diese Hilfsmittel; ich ge hörte zu den flottesten Offizieren, war dabei noch der Bankier manches Kameraden — kurz und gut, eines Tages entdeckte ich, daß ich statt Vermögen nur noch Schulden besaß. Eine Zeit lang ging es noch so weiter, dann wurden die Gläubiger ungeduldig, und der Oberst legte mir nahe, um meinen Abschied einzukommen. Das geschah natürlich. In Deutschland sand ich schwerlich Gelegenheit, mir eine andere Existenz zu gründen, so ging es denn hinüber in die neue Welt- Soll ich Ihnen be richten, was ich hier Alles trieb? Es bedarf dessen wohl nicht. Nach allerlei Fahrten und Abenteuern wurde ich schließlich Cow-Boh, das Uebrige wissen Sie." Schweigend ritt die kleine Gesellschaft weiter. Der Morgen graute schon, als sie wieder in der Farm anlangte. Niemand dachte daran, noch das Lager aufzusuchen, Jedem war das Herz zu voll. Als man im Zimmer beisammen saß, begann Willnecker feierlich: „Ulrich, nach dem gemeinschaftlich Erlebten dürfen und wollen wir uns nicht mehr trennen. Du sollst von jetzt an wieder eine Heimath haben, sollst, wie Helene meine Tochter ist, mein Sohn werden, wobei ich es natürlich am liebsten sähe, wenn Ihr beide Euch die Hände reichtet. Was ich vor einigen Stunden, als wir Dich, Helene, wiederfanden, bemerkte, giebt mir die Hoffnung, daß mein Vorschlag von beiden Seiten nicht übel vermerkt werden wird. Sprich Du zuerst, Ulrich." „Innigen, herzlichen Dank für Ihre freundlichen Worte und Absichten," versetzte der Gefragte, kaum im Stande, vor tiefer Bewegung zu reden. „Ich habe Fräulein Helene beim ersten Anblick, wenn auch unbewußt, geliebt, und wäre der glücklichste der Menschen, wenn sie die Meinige werden wollte." „Das will ich," sagte Helene, Thränen des reinsten Glückes im Auge, „und so lange ich lebe, soll es meine höchste Aufgabe sein, Dich so glücklich zu machen, wie Du es um mich verdient hast, mein theurer Ulrich." Seine Arme umschlangen sie, ihre Lippen berührten sich im ersten Kusse, und die Strahlen der aus gehenden Sonne warfen ihren verklärenden Schimmer auf ein glückliches Brautpaar. »m KekeiM ftegmWSlÄk, knM-Wlm-W llr. kkeeMM ^ec 8M kabeim. Einem in der Sitzung vom 22. März dss. Js. einstimmig gefaßten Beschlusse des Stadtgemeinderathes ent sprechend, hat sich am 18. dss. Monates Vormittags eine vom Stadtgemeinderath gewählte Abordnung, bestehend aus den Herren Bürgermeister Wittig, Stadtrath E. Haman n und Baumeister Wünschmannan Kanzleistelle der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt begeben um dem Herrn Geheimen Regicrungsrath Amts hauptmann ür. Schmidt die Urkunde über die Verleihung des Ehrenbürgerrechts hiesiger Stadtgemeinde sowie eine Urkunde über den ebenfalls einmüthig gefaßten Beschluß des Stadtgemeinderathes, die vom Markt aus geplante, in den nächsten Jahren herzustellende Straße nach dem so ehrenvollen Namen des Herrn Geheimrath zu benennen, zu überreichen und um Annahme der erwähnten Dankesbezeigungen zu bitten. Herr Bürgermeister Wittig brachte in vom Herzen kommenden Worten Herrn Geheimrath Amtshauptmann Ur. Schmidt den Dank dar für die der hiesigen Stadtgemeinde allezeit in so gütiger Weise und in so reichem Maße geleistete segensreiche Hilfe und Unterstützung. Rabenau das innerhalb der letzten 20 Jahre rüstig vorwärts geschritten sei, fühle sich glücklich einen so thatkrästigen, dabei aber gütigen, hilfsbereiten Vorgesetzten zu haben, dessen ganzes Streben dahingehe, unermüdlich für das Wohl der ihm unterstellten Gemeinden zu wirken und zu schaffen. Mit dem Wunfche, daß die geschätzte Kraft des Herrn Geheimrath zum Segen des Vaterlandes, zum Segen des Bezirkes und zum Heile der Stadt Rabenau noch recht viele Jahre erhalten bleiben möchte, überreichte der Bürgermeister die in einer schön ausgestatteten Mappe befindlichen, von dem Kalligraph Sekretär Kriebel in Dresden künstlerisch ausgeführten Urkunden. Herr Geheimrath Amtshauptmann vr. Schmidt, welcher über den ihm dargebrachten Beweis des Dankes und der Verehrung sichtlich gerührt war, sprach in warmen, herzlichen Worten seinen Dank aus und versicherte hierbei, auch künftig unserer Stadlgemeinde nach Kräften helfend und fördernd zur Seite stehen zu wollen. Aus Nah und Fern. — An Stelle des bisherigen Hilfslehrers Herrn Hollstein, der nach Döbeln berufen wurde, trat mit Be ginn des neuen Schuljahres Herr Hilfslehrer Georg Forker vom Lehrerseminare in Zschopau, der Donuers- lag früh durch den Direktor in sein Amt eingewiesen wurde. Nachmittags wurden die neuen Elementarschüler der Schule zugesührl, 102 an der Zahl (54 Knaben und 48 Mädchen) gegen 70 im Vorjahre. Entlassen aus der Schule wurden 64 Kinder, nämlich 30 Knaben u. 34 Mädchen. Den Nadelarbeitsunterricht, der in den Händen der ver- slvrbenen Frau Schob lag, werden künftig Frau Lehrer Rosa Lange und Fräulein Selma Beckewitz, Schwester der hiesigen ständigen Lehrerin, ertheilen. — Der Kgl. Süchs. M i l i t ä r v e r e i n Nabenan u- Umgegend begeht am nächsten Montag im Saale des Amtshofes sein 28. Stiftungsfest, mit welchem er gleich zeitig eine Geburtstagsfeier für unseren König verbindet. Die Festrede hat Herr Bürgermeister Wittig zugesagt. — Das silberne Ehejubiläum begingen letzter Tage Herr Schmieder aus R a b e n a u und Herr D i e n e l aus Kleinölsa mit ihren Ehefrauen. Die zahlreichen Glückwünsche und Geschenke von Freunden, Verwandten und Bekannten legten beredtes Zeugniß ab von der Liebe und Achtung, deren sich die Jubelpaare erfreuen. i —Mord. In der Freitag Nacht sind bei dem Gutsbe sitzer Walter in Rei nhardsgrimma bei Dippoldiswalde Einbrecher in die Wohnung gestiegen und haben dieselbe ausge raubt. Einer derEin brecher ist in das im erstenStockwerke gelegene Schlafzimmer eingedrungen, in dem die Ehefrau des Gutsbe sitzers und eine Tochter schliefen. Der Frau, welche erwacht ist und Lärm Hatschlagen wollen, wurde von dem Diebe mit einem Nasirmesser die Kehle durchgeschnitten, an welcherVerletzung sie nach einer halben Stunde starb. Die Thäter sind entkommen. - Eingesandt ! Es ist unwahr, daß bei Bauer in Dresden sömmtliche Polirergehilsen die Arbeit zu den alten Bedingungen aus genommen haben. Nur drei von acht Gehilfen hatten sich vorigen Sonnabend verpslichtet die Arbeit aufznnehmen und haben dasselbe