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STEINSAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Dienstag, den 24. Januar 1967, 19.30 Uhr 3. KAMMERMUSIKABEND der Kammermusikvereinigung der Dresdner Philharmonie Ausführende: Klaviertrio der Dresdner Philharmonie: Karl-Heinz Naumann, Klavier Dieter Kießling, Violine Peter Doß, Violoncello Josef Jelinek 1758-1825 Trio für Klavier, Violine und Violoncello Es-Dur op. 10 Allegro Romanze (Adagio) Menuett (Allegretto) Rondo (Allegretto) Erstaufführung Ludwig van Beethoven 1770-1827 Trio für Klavier, Violine und Violoncello B-Dur op. 97 Allegro moderato Scherzo (Allegro) Andante cantabile, ma perö con moto Allegro moderato - Presto pause Klarinette, Horn und Francis Poulenc Antonin Dvorak 1841-1904 Sextett für Klavier, Flöte, Oboe, Trio für Klavier, Violine und Violoncello e-Moll op. 90 (Dumky-Trio) Lento maestoso - Allegro, quasi doppio movimento - Poco Adagio - Vivace non troppo Andante Andante moderato Allegro Finale (Lento maestoso - Vivace) ZUR EINFÜHRUNG Josef Jelinek wurde 1758 in Scdlec im Bezirk Tabor (Böhmen) geboren und starb 1825 in Wien. Er studierte Musik in Pribram, dann in Prag und war u. a. zeitweilig Schüler Johann Georg Albrechtsbergers. Auf Empfehlung Mozarts wurde er Klavierlehrer in der Familie des Grafen Kinsky. Um 1795 übersiedelte Jelinek nach Wien und wirkte dort als Hauspianist beim Fürsten Esterhazy. Geschätzt als Musikpädagoge, schrieb er zahlreiche Modewerke im damaligen Zeitgeschmack: Phantasien, Variationen und Pot pourris aus beliebten Melodien des zeitgenössischen Wiener Theater,.epertoires. Zu seinen lebensfähigsten Kompositionen gehört das heute erklingende Trio für Klavier, Violine und Violoncello Es-Dur op. 10, ein Werk voller melodischer Frische und anmutiger thematischer Einfälle. In Haltung und Form wurzelt es im Boden der Wiener Klassik, vor allem im Stil Mozarts. Das Eingangsallegro ist ein Sonatensatz mit zwei Themen, die jeweils vom Klavier erst vorgestellt werden. Eine ausdrucksvolle Romanze (Adagio) mit kontrastierendem Moll-Mittelteil schließt sich an. Dem zierlichen Menuett (Alle- gretto) nebst Trio folgt ein heiterer, liebenswürdiger Rondo-Ausklang (Allegretto). Ludwig van Beethovens Trio für Klavier, Violine und Violoncello B-Dur op. 97 aus dem Jahre 1811 entstand im Umkreis der Sinfonien Nr. 7 und 8. Es faßt alle Möglich keiten zusammen, die der Komponist in den vorausgegangenen Werken dieser Gattung erprobte. Imponierend ist die Ausdrucksskala, die vom Beschaulichen, ja Esoterischen bis zum Strahlenden reicht, und die Fülle einprägsamer Themen und Motive. Der erste Satz (Allegro moderato) wird im wesentlichen von dem Hauptthema getragen, das an fangs das Klavier vorstellt und das dann von der Violine übernommen wird. Ein üppiger Klavierpart verleiht dem kontrastreichen, rhythmisch lebendigen Satz seine Farbigkeit. Scherzocharakter hat der zweite Satz (Allegro), dessen einfaches, mutwilliges Thema vom Violoncello angestimmt, von der Violine und darauf vom Klavier aufgegriffen wird. Das Trio entfaltet sich aus einem kanonisch eingeführten, chromatischen Gedanken und gipfelt im einem fanfarenartigen Thema. Das Andante cantabile ma perö con moto bringt ein inniges Thema mit mehreren freien Variationen. Unmittelbar schließt sich der Finalsatz (Allegro moderato - Presto) an, der zunächst im leichten Scherzoton an hebt, sich dann aber bedeutungsvoll (unter Rückgriff auf Gedanken der Vordersätze) steigert und schwungvoll ausklingt. Antonin Dvoraks berühmtestes Klaviertrio und darüber hinaus eine der populärsten Kammermusikschöpfungen überhaupt ist das Trio für Klavier, Violine und Violoncello e-Moll op. 90, das 1890 91 komponiert wurde und den Beinamen „Dumky-Trio“ erhielt. Dumky sind slawische Lieder, Balladen, die in Gestalt freier instrumentaler Nachbil dungen den national-tschechischen Charakter dieses Klaviertrios bestimmen. Der zwei teilige erste Satz lebt von dem reizvollen Gegensatz von schwermütig-ernster Liedweise und frohem Tanzrhythmus, von Wehmut und Lust, von Ernst und Heiterkeit, von lang samen und schnellen Tempi, von Nachdenklichkeit und Temperamentsausbruch. Zu schöner, klanglich-melodischer Entfaltung (durch die teilweise solistisch behandelten Instrumente) wird im zweiten Satz eine verträumte, doch lichte A-Dur-Liedweisc ge bracht, die mit einem tänzerischen a-Moll-Vivace kontrastiert. Marschähnlich beginnt der dritte Satz, dessen Mittelteil ein Allegretto schcrzando bildet, das dann wieder von dem Anfangsteil abgelöst wird. Trotzig-kraftvoll hebt das folgende Allegro an, ent spannt sich jedoch im melodischen Gesang des Violoncellos. Auf den Kontrast von lang sam und schnell ist wie der Einleitungssatz auch das Finale gestellt. Nach dem ernsten Lento maestoso erklingt eine lustige Volkstanzwcisc im Vivace-Teil. Dr. Dieter Härtwig