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Wemmer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend.. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Abonnementspreis einschließlich der illustrirten « -z" «5 Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15- Pi. Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie LZ Uz Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet, des illustr. Wipblattes „Seifenblasen" 1,50 Ml. 4^44^44»^ Annahme von Anzeigen sür alle Zeitungen. Groß- und Meiuölsa, Oberrmuttdorf, Hainsberg, Somsdorf, Cotzmarmsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikativnskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 28. Dienstag, den 6. März 1900. 13. Jahrgang. Bericht über die Verwaltung der Stadtgemeinde Rabenau vom Jahre 1899. Wie früher will ich auch diesmal einen kurzen Rück blick auf die Verwaltung uuferer Stadtgemeinde im ab gelaufenen Jahre halten. Der Gesundheitszustand war im Allgemeinen ein guter; die Zahl der Sterbefälle hat sich gegen die Vor jahre noch vermindert. Der Geschäftsgang in unsererMuhl- bau- und Möbel-Industrie ist ein mittelmäßiger gewesen. Eine Hauptaufgabe für die hiesige Gemeindeverwaltung bildete, nachdem im Jahre 1897 der vbere Theil der Durchgangsvcrkehrsstraße beschleußt und neu hergestellt worden war, im letztverzangeneu Jahre die Beschleußung, Verbreiterung und Neuherstellung des unteren Theiles der Durchgangsverkehrsstraße. Mit der Ausführung dieser umfänglichen, schwierigen und kostspieligen Arbeit ist eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsverhällniffe herbeigeführt und somit einem dringenden Bedürfniß Rechnung getragen worden. Die Gesammtkosten der Herstellung dieses ^Straßen- traktes einschließlich der Beschleußung und der vielfachen Mauerherstellungen belaufen sich auf über 46 000 Mark. Außer den Sitzungen der verschiedenen Ausschüsse haben 16 Sitzungen des Stadtgcmeindecathcs stattgefunden, in welchen 159 Punkte bezw. Angelegenheiten zur Be- rathung uud Erledigung kamen. Noch besonders erwähnt hiervon sei nur 1. derznmZwecke der Straßenverbreüerung erfolgte Verkauf des David Weichelt'schen Hansgrundstückes zum Abbruch; 2. die Anbringung dec Straßenbczeichnungen; 3. der Verkauf einer Baustelle an Herrn Enderlein; 4. die Ausstellung einer neuen Gehaltsstaffet sür die Herren Lehrer; 5. die Aufstellung eines Nachtrages zur Bauordnung für hiesige Stadtgemeinde; 6. Die Einreichung einer Bittschrift um Gewährung einer Beihilfe zu den so hohen Straßenbaukosten hiesiger Stadtgemeinde; 7. der Verkauf der Weichelt'schen Baustelle an Herrn Menzer ; 8. die Petition wegen Errichtung eines Steueraufsichts- Postens im hiesigen Orte; 9. der Verkauf der letzte» 6 Baustellenan der Bismarckstr.; 10. Anschluß an die Petition um Wetterführung der Hainsberg-Kipsdorfer Bahn bis an die Landesgrenze; 11. die Entschließungen in dec gegen die Stadtgemeinde wegen der Wasserleitung anhängigen Proceßsache; 12. die Aufstellung eines Regulativs über die Schlacht vieh- und Fleischbeschau in hiesiger Stadtgemeinde und die Uebertragung der Schlachtvieh- und Fleisch beschau vom 1. Januar 1900 ab dem Herrn Thier arzt Litfas hier; 13. die Einrichtung einer städtischen Freibank im Hinter hause Brandcataster Nr. 24e an der Bismarckstcaße ; 14. die Petition um Anbringung größerer Briefkasten in hiesiger Stadtgemeinde- Die Kaiserliche Oberpost direktion hat die Anbringung je eines solchen an der Haikptstraße und Hainsbergcrstraße sowie die An bringung eines Briefkastens an der Vismarckstraße für dieses Frühjahr in Aussicht gestellt. Im Laufe des Jahres schied aus dem Collegium infolge Wegzuges Herr Kaufmann Barth, als Ersatzmann hierfür ist Herr Ernst Engel eingetreten. Die Sparkasse, bei welcher die Einlagen mit 3»/,o/g Verzinst werden, hat trotz der im Jahre 1899 vorherrschend ungünstigen Gelbverhältnisse günstig abgeschlossen; es sind in 4117 Posten 289,530 Mark 70 Hfg. zur Ein zahlung gelangt. Aus den sonstigen Zweigen der Gemeindeverwaltung sei Folgendes erwähnt: Die sür die letztere geführte Negistrande weist 1258 (im Vorjahre 1185) Eingänge auf, während 951 Post sendungen, Briefe, Packete re- zum Abgang gekommen sind. Zur Anmeldung kamen 685 Personen. Dagegen bestes sich die Zahl der Abmeldcnden auf 623. Wohnungs wechsel im Orte erfolgte in 251 Fällen einschließlich der nichtselbststäudigcn Personen. Die Einwohnerzahl dürfte am Schluffe des Jahres circa 3300 betragen haben. In sanitärer Beziehung ist zu erwähnen, daß wieder holt Revisionen derjenigen Geschäfte, welche Butter, Mar garine und dergleichen führen, erfolgte. 31 Proben sind von der chemische» Centcalstelle für öffentliche Gesund Pflege untersucht worden. Ausstellungen waren nicht zu erheben. Im Polizeiwesen sind auf erfolgte Anzeigen 59 Straf- Verfügungen erlassen worden und zwar 3 wegen Ueber- tretung der vcrkchrspolizeilichen Bestimmungen, 1 ans Grund des Jmpfgesctzes, 4 wegen Herumlaufenlaffens der Hunde ohne Maulkorb, 12 wegen Uebertretung des Volks schulgesetzes (Schulversäumiüffe), 15 wegen Sonntags entheiligung, 10 wegen ungebührlicher Erregung ruhe störenden Lärmes, 9 wegen Verübung groben Unfugs, 3 Wege» unentschuldigter Versäumniß der Spritzenprobe und Fehlens am Brandplatze und 2 wegen Unterlassung der Anmeldung. Hiervon wurden 58 männliche und 1 weibliche Person betroffen. Anträge auf gerichtliche Entscheidung wurden nicht gestellt; in 4 Fällen wurde die Strafverfügung zurück gezogen. Die ausgcworsenen Strafen belaufen sich auf 176 Mark. Zum Strafregister sind von^lauswärtigen Behörde» (Amtsgerichten) 14 Bestrafungen mitgetheilt worden. Die selben betrafen nur männliche Personen. Die Festnahme von Personen in polizeilichen Gewahr sam mußte in 6 Fällen erfolgen. Die Bauthätigkeit.ist eine ziemlich rege gewesen; es sind 18 Baugefuche zur Vorlage gekommen. Davon be trafen 8 de» Neubau vo» Wohnhäusern, 1 den Bau eines Werkstattgebüudcsl)und 9 verschiedene kleinere Vanlichkeiten. I» einem Falle ist das Baugesuch zurückgezogen worden und in 5 Fällen sind die genehmigten Projekte »och nicht zurMusführung gekommen. Die Zahl der bewohnten GebäudeM ans 218 gestiegen. Die herrliche Lage unseres Ortes mit seiner reinen, gesunden Höhenluft, scheint man nunmehr, nachdem derselbe mit vor züglichem Trinkwasser versorgt ist, elektrischer Strom sür Kraft und Licht zur Verfügung steht und die inneren Ver kehrsverhältnisse wesentliche Besserung erfahren haben, mehr und mehr zu würdige»; der Mangel an Wohnungen ist trotz der rege» Bauthätigkeit ein ständiger. I» der Gebäudc-Braiidversicheruiig sind im Jahre 1899 17 Anträge hier angebracht worden. Für die freiwillige Versicherung wurde 1 Antrag gestellt. Die Brandversicherungssumme der Gebäude hat sich im Jahre 1899 um 115000 Mark erhöht. Im Mobiliarversicheruugswesen sind 113 Policen, Nach- veisichermigen uud Ucbertraguugen mit einem Gesammt- versicherungsbetrage von 478117 M- zur Abstempelung nud znm Eintrag gekommen. Besitzveränderungen sind 32 erfolgt. Der Gesammtwerth der betreffenden Objekte beläuft sich auf 304538 Mark. Zwangsversteigerungen von Gebäuden sind nicht vor gekommen. Durch Brand ist am 16. August das Vvlkner'sche Bcauereigebände eingeäschert worden. Dank der aufopfernden Thätigkeit unserer freiwilligen Feuerwehr der Sächsischen Holz-Jndustrie-Gesellschaft ist das Wohngebäude erhalten geblieben. Bei dem am 12. Juni im Herm. Müller'schen Grundstück ausgebrochenen Schadenfeuer wurde der Brand auf den Dachstuhl beschränkt. Am 30. Juli hat durch die Inspektoren des Bezirks feuerweh» Verbandes für Dresden und Umgegend eine Prüfung der gesammten Feuerlöschcinrichtungen hiesiger Stadtgemeinde stattgefundeu. Der Erfolg war für die obengenannte, wackere Feuerwehr ein sehr guter. Die ain 18. December erfolgte Aufzeichnung der Pferde und Rinder ergab einen Bestand von 57 Pferden und 94 Rindern. Dein Vollstrecknngsbeamten mußten im Berichtsjahre 27 Pfändungsbefehle mit 242 Pfändungsaufträgen über gebenwerden. I» 178 Fällen wurde Zahlung ohne Pfändung, in 18 Fällen durch Pfändung erlangt; in 24 Fällen wurde der Antrag zurückgezogen und in 22 Fällen blieb die Pfändung erfolglos. Das Armenwesen erforderte folgenden Aufwand: 579 Mk. 60 Psg. an laufendenden Unterstützungen, 34 Mk. MiethzinSbeihilten, 422 Mk. 10 Pfg- Erziehnngsbeiträge, 95 Mk. 20 Pfg. Kur- und Verpflegungskosten, 636 Mk. 30 Pfg. für in Anstalten Untergebrachte, 145 Mk. 65 Pfg. Natnraümterstützungen, 1414 Mk. 60 Pfg. von anderen Armenverbänden und Private» zurückzuerstatte»de Niüer- stützungeu lind 392 Mk. 88 Pfg. sonstige Ausgaben. I» Sumina 3 720 Mk. 33 Pfg. gegen 2 960 Mk. 19 Pfg. im Vorjahre. Wie früher so hat auch im letztverflossenen Jahre der hiesige Frauenverein in segensreicher Weise sich der Armen und Kranken angenommen, wie auch der hier bestehende Verband der Sächsischen Fechtschule und der Wohlthätigkeits- vcrein „Frohsinn" Hilfsbedürftige unterstützten. Ausgestellt wurden: 39 Arbeitsbücher, 25 Dienstbücher, 39 Bescheinigungen über Anmeldung stehender Gewerbe betriebe, circa 700 sonstige, meist gebührenfreieBescheinigungcn und Beglaubigungen, 8 Armuthszeugnisse u. s. w. Wander gewerbescheine wurden 5 vermittelt. Beim Standesamt wurden 167 Geburten — einschließ lich 7 Todgeborenen — und 77 Sterbefälle zur Anzeige gebracht. Eheschließungen erfolgten 32. Die Geburten beliefen sich für Rabenau auf 142 (im Vorjahr 123) und zwar 70 Knaben und 72 Mädchen, sür Obernaundorf auf 16 und zwar 6 Knaben und 10 Mädchen nud für Kleinolsa auf 9 und zwar 6 Knaben undP.Mädchen. Aufgebote wurden beim hiesigen Standesamte 33 be antragt und 23 gingen von auswärts zur Bekanntmachung hier ein. Die Sterbefälle beliefen sich für Rabenau auf 63 und zwar 26 männliche und 37 weibliche Personen, für Ober naundorf auf 11 und zwar 9 männliche und 2 weibliche Personen und für Kleinölsa auf 2 und zwar 1 männliche und 1 weibliche Person. Zum Beweise dafür, wie segensreich die Einrichtung der Unfall-Invaliditäts- und Altersversicherung ist, sei noch erwähnt, daß beim hiesige» Kaiserliche» Postamt im Jahre 1899 9 085 Mk. 31 Pfg. als fortlaufende und 1146 Mk. 80 Pfg. als einmalige Rente, zusammen also 10232 Mk. 11 Pfg. zur Airszahlung gekommen sind. Gebe Gott, daß unsere Stadtgemeinde auch im neue»» Jahre vorwärts schreite! Wittig, Bürgermeister. Aus Nah uud Fern. — Bei der Sparkasse zu Rabenau wurden im Monat Februar d. I- 334 Einzahlungen im Betrage von 22324 Mk. 59 Pfg. geleistet, dagegen erfolgten 149 Rückzahlungen im Betrage vo» 16420 Mk. 59 Pfg. — Ein allgemeiner Ausstand der Poli r)e)r wegen Lohnerhöhung steht in Aussicht. Wie verlautet, soll ain vergangene» Sonnabend der größte Theil der in Rabenau und Uin gegend beschäftigten Gehilfen die Kündigung eingereicht haben. Sollte eine gegenseitige Einigung innerhalb- der Kündigungsfrist nicht erzielt werden, dann,würde derAusstand MitSonnabend,d.17.März,beginnen. — Der dieses Jahr militärpflichtig gewordene Zimmer man» Max Richter aus Seifersdorf, welcher ver gangene Woche seinen Kollegen Bege aus Borlas durch einen Messerstich lebensgefährlich verwundet hat, wurde am Sonnabend iir Untersuchungshaft abgeführt, nachdem er an» Tage vorher die Mutter des B. vergeblich gebeten, die bereits erstattete Anzeige'zurückzunehmen. Wie wir nach träglich erfahren, hat der Messerheld seinem Kollegen, als er im Begriff war, dein Streite ans dein Wege zu gehen, rücklings einen ungefähr 9 Centimeter tiefe» Stich in die linke Seite beigebracht, der ihn voraussichtlich einige Wochen ans Krankenbett fesseln dürfte. — Aus einem Keller der Thalmühlenstraße inTharandt sind in den letzten 4 bis 6 Wochen, während dem der Nutz nießer desselben abwesend war, mindestens 8 Scheffel Kohlen, eine Parthie Kartoffeln und dergleichen mehr gestohlen worden. — Der wunderliche H/ ilige Gustav Nagel aus Rathenow taucht jetzt häufiger im Kreise Osthavelland auf; er geht ungeachtet der kalten Witterung in einem hemdenartigen Gewand, barfüßig und ohne Kopfbedeckung einher; sein Haar hängt in langen, wallenden Locken auf die Schultern herab. Er^besuchl auf dem Platten Lande Bekannte, — Leutnant Dieinal B eh, ein Sohn Osman Paschas, des greisen „Löwen^von Plenum", steht L la suito der preußischen Armee. Wie der „Post" mitgetheilt wird, liegt er zur Zeit im Moabiter Garnisonlazareth schwer krank darnieder. Es handelt sich um einen komplizirten Fall von Blinddarmentzündung, doch hofft man, den Offizier am Leben zu erhalten. — Entsprungener Verbrecher. Aus dem Znchthause in Insterburg Ist der 38 Jahre alte Tischler Pallapiet ausgebrochen, nachdem er 13 Jahre von seiner 15 Jahre betragenden Strafe verbüßt hatte. Er hatte sich ein Gewand aus Bettwäsche und eine Leiter in seiner Zelle angefertigt, war durch Anfreißen der Dielen auf den Hof und dam» über die Mauer »gelangt. Es ist noch nicht gelungen, ihn zu ergreifen.