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Uabenauer Anzeiger und Zeitung für Seifersdorf, Grosz- und Klemölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Eoszmannsdorf, Lttban, Borlas, Spechtritz re. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Ps., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Sonnabend. Abonnenientspreis einschließlich der illustrirteu, Beilagen „Gute Geister" „Zeitbilder" sowie des illustr. Wipblalles „Seisenblasen" 1,50 Mk. Mit verbindlicher Pnblikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 139. Donnerstag, den 2. December 1897. 10. Jahrgang. Jur de» Monat Dezember nehmen alle Postanstalten nnd Briefträger, sowie sämmtliche Zeitungsboten Bestellungen auf diese Zeitung entgegen. Ans Nah nnd Fern. — Die Weihnachtszeit naht und in den Fami-! lien wird erwogen, wie die Eitern ihren Kindern, die Kinder den Eltern nnd die Geschwister sich untereinander eine! Weihnachtsfrende machen können, kurz, es kommt die Zeit! der Weihnachts-Einkäufe. Unsere Geschäftsleute sind bestrebt, allen erdenklichen Wünschen des Publikums gerecht zu werden,! und scheuen keine Mühe lind keine Opfer. Da ist es denn zu wünschen, daß seitens der Käufer dieses anerkennens-^ werthe Streben der hiesigen Geschäftsleute auch gehörig gewürdigt werde, daß man die Einkäufe, soweit als irgend möglich, hier am Platze macht und nicht ans bloßer Sucht, etwas von auswärts zu haben, die Hauptstadt aufsucht. Gegenseitige Unterstützung sind sich die Glieder eines Ge meinwesens schuldig, und es kann die Gesammtheit nicht! gedeihen und vorwärts kommen, wenn man ein einzelnes Glied verkümmern läßt. Doppelt gerecht aber ist der Mahn-j ruf: „Kaust am Platze!" in einer Zeit, wo der Existenz i des mittleren Kaufmann- und Gewerbestandes durch das Ueberhandnehmen der großen Waareuhäuser, der Versandt geschäfte re. ernstlich Gefahr droht. — Wir machen darauf aufmerksam, daß am nächsten Freilag, den 3. Dezember, Abends 6 Uhr Adventsgolles- dicnst mit Beichte und Kommunion in hiesiger Kirche gehalten werden soll. Näheres siehe kirchliche Nachrichten. — Bei der Sparkasse zn Naben au wurden im Monat November d. I. 217 Einzahlungen im Betrage vow 13472.26 Mk. geleistet, dagegen erfolgten 62 Rückzahlungen im Betrage von 11,098.07 Mk. — Der Dramatische Wvhlthätigkeits-Verein „Froh sinn feiert heute — Mittwoch — Abend sein 9. Stif tungsfest, verbunden mit Concert und Theateraufführung, auf der „König Alberthöhe". Nach Erledigung des Pro gramms findet Ball mit Ueberraschnngen statt. Welche Heilweise macht lins gesund? Medizin oder Naturheilkunde? wird das Thema sein, über welches Herr Otto Wagener, Direktor der Bilz'schen Naturheil- Anstalt Dresden-Nadcbenl morgen — Donnerstag — Abends 8 Uhr im Saale des „Amtshvs" zu sprechen beabsichtigt. Der Vortragende wird ein klares Bild über Entstehung und Behandlung von Krankheiten geben und sie mit den Lehren der Medizin wie der Naturheilkunde vertraut macheil. Jedermann, besonders aber Väter und Mütter werden des halb gebeten, an diesem hvchintercssanlen und lehrreichen Vortrag theilzunehmen, umsomehr da der Eintritt frei ist. — Prämiirung. Die rühmlichst bekannte Näh maschinenfabrik von Gustav Winselmann, Herzog!. Sächs. und Herzog!. Anhalt. Hoflieferant, Altenburg, deren Fabrikate auf den Ausstellungen in Bodenbach nnd Witt mund, beide in diesem Jahre, mit der silbernen Medaille prämiirt wurde, hat wiederum einen für die Güte ihrer Nähmaschinen sprechenden Erfolg errungen. Auf der kürz lich geschlossenen Sächs.-Thür. Industrie- und Gewerbe- Ausstellung in Leipzig wurde der genannten Firma die goldene Medaille für ihre mit allen Verbesserungen aus gestellte Maschine verliehen. Der Vertreter der Firma ist Herr Kaufmann Hugo Barth hierselbst und inan hat deßhalb Gelegenheit ans bequeme Weise in den Besitz einer soliden, brauchbaren Nähmaschine zu gelangen, ohne ge wissenlosen auswärtigen Agenten in die Hände zu fallen. — Für das nächstjährige Heerersatzgeschäst wird denjenigen jungen Männern, welche in dem Zeitraum vom 1- Januar bis 31. Dezember 1878 geboren sind, in Er innerung gebracht, daß sie zur Vermeidung von Nachtheilen und Weiterungen sich mit Geburtsscheinen oder sonstigen Ausweismitteln über die Zeit und den Ort ihrer Geburt zu versehen haben. Die für diesen Zweck aus den Geburts registern der Standesämter zu ertheilenden Bescheinigungen werden kostenfrei ausgefertigt. Der Zeitpunkt für die An meldung zur Nekrutirungs-Staminrolle wird in der ersten Hälfte des Monats Januar k. Js. bekannt gemacht werden. Schon wieder hat inDöhle n ein Zusammenstoß mit Czechen stattgefunden. Als am Sonntag früh gegen 1 Uhr zwei Mitglieder eines Vereins, welcher sich das Deutschthum speziell als Ziel gesetzt hat, von einer Ver sammlung nach Hause gingen, erhielt einer plötzlich ohne jede Ursache einen Faustschlag ius Gesicht, welcher starkes Nasenbluten zur Folge hatte. Es erfolgte nun ein förm licher Ueberfall, welcher von sieben czechischen Maurern und Arbeitern ausgeführt wurde. Faustschläge spielten eine Hauptrolle. Die Ueberfallenen flüchteten und riefen um Hilfe. Den noch anwesenden Güsten im „Krug zum grünen Kranze" gelang es nach großer Mühe, drei der Wenzel söhne zu überwältigen. — Das dreijährige Töchterchen des Zahnküustlers Liebig in Oberneukirch kam so unglücklich mit dem Stuhle an den eisernen Ofen zu Fall, daß es an Gesicht und Kopf schwere Brandwunden davontrug. Kirchennachrichten von Nadenau. Freitag, den 3. Dezember. Adventsabendgottesdienst mit Beichte und Feier des heiligen Abendmahls. Beginn der Beichte 6 Uhr nachm. Die Anmeldungen dazu werden von halb 6 Uhr an in der Sakristei entgegen genommen. iNnchLruck verdien.) verwegenes Spiel. Roman von F. Siemers von Ostermann. „Setze Dich, liebes Kind!" sagte sie etwas verwirrt. „Frau Altmann hat mir von Deiner Reise erzählt. Sie ist meine Freundin und Gesellschafterin und wohnt bei mir schon viele Jahre. Ich hoffe, Du wirst Dich mit ihr be freunden. Sie ist ein vortrefflicher Mentor für die unbe dachte Jugend." Marie verneigte sich; doch das Lächeln, welches in diesem Augenblicke um ihre trotzig aufgeworfenen Lippen spielte, war wenig aufmunternd für diejenige, welche ihr „Mentor" sein sollte. „Ich werde versuchen, ihr keine Mühe zu machen," erwiderte Marie lächelnd. Die Baronin Engelbert nahm neben ihrer Stieftochter Platz. Frau Altmann zog sich in eine Fensternische zurück und griff zu ihrer Stickerei. Marie bemühte sich, mit ihrer Stiefmutter eine Unter haltung zu beginnen, machte jedoch bald die Erfahrung, daß sie sich in ihr getäuscht habe. Sie fühlte, daß die Baronin nicht aufrichlig war, und empfand in ihrer Gegenwart ein beunruhigendes Gefühl. „Konnte dies die Fran sein, die ihr Vater angebetet halte?" fragte sie sich. Dann beschuldigte sie sich, ungerecht und hart zn nr- theilen, da sie glaubte, ihr Vater könnte sich nicht >o im Charakter seiner Gattin getäuscht haben. „Ich muß vollkommene Macht und unbegrenzten Ein fluß über sie erlangen," dachte die Baronin. „Aber wie soll ich es anfangeu? Wenn ihr Vater ihr nur schärferen Befehl crtheilt hätte, meinen Wünschen zn gehorchen! Sie wird mir in allen Dingen Folge leisten; wenn sie sich aber in Graf Hohenfels verliebt hat, wie kann ich sie denn zwingen, Rudolf von.Schwarz zu heirathen?" Diese Frage beschäftigte sie sogar, während sie mit Marie sprach. Die letztere begab sich gleich nach dem Mittagessen in ihr Zimmer. Die Baronin Engelbert und Frau Altmann sprachen noch lauge miteinander. „Ich habe es!" rief die Baronin endlich triumphirend aus. „Ich habe eine prächtige Idee, welche dieses Mäd chen zu meiner Sklavin macht. Ich werde aber Karl's Mitwirkung bedürfen. Ich mnß ihn heute Abend noch sprechen. Es ist sonderbar, daß er nicht kommt." „Er ist da," sagte die Gesellschafterin, als die Haus thür aufging und heftig wieder zugeschlagen wurde. „Ich werde »sich in mein Zimmer begeben." Sie schwebte Ivie ein Schatten durch das große Ge sellschaftszimmer, als Herr von Schwarz hincingelassen wurde. Die Baronin erhob sich, um ihm entgegen zu gehen; sie bewillkommnete ihn mit freundlichem Lächeln, und als bald theilte sie ihm den Plan mit, den sie soeben ersonnen. 11. Die Idee der Baronin Engelbert wird ausgcf ü h r t. Es war noch früh am Abend des Tages, an welchem Marie znrückgekehrt war, als Herr von Schwarz sich von der schönen Wittwe verabschiedete und seine Schritte nach Torgelow lenkte. Der Abend war hell und freundlich und die Luft mit dem Gesäuge und Gezwitscher der Vögel im Parke erfüllt. Herr von Schwarz merkte jedoch nicht darauf, als er den hügeligen Weg entlang schritt. Seine Gedanken waren mit dem Plane beschäftigt, den die Baronin Engelbert ihm mitgetheilt. „Das ist eine gute Idee, wenn sie nur richtig ausge. führt wird," murmelte er vor sich hin, als er weiter eilte. „Mit dem Mädchen werden wir keine Schwierigkeiten haben. Das einzige, was unsere Pläne durchkreuzen kann, ist mein Sohn. Ich muß wissen, was er beschlossen, ehe ich einen Schritt in dieser Sache thue. Wenn er noch so wie früher ist, werde ich leichtes Spiel haben." Als er das Gasthaus, in welchem er logirte, erreicht hatte, sah er, daß seine Zimmer erleuchtet und die seines Sohnes dunkel waren. Er befürchtete, Rudolf hätte sich entfernt nnd wäre zu seiner jungen Gattin znrückgekehrt mit dem wahnsinnigen Entschlusse, mit ihr zu fliehen. Mit einem Fluche eilte er ins Gasthaus, lief schnell die Treppe hinauf und blieb vor der Zimmerthür seines Sohnes, die Hand auf der Klinke gelegt, stehen. Sie gab seiner Berührung nicht nach; die Thür war von innen verschlossen. Herr von Schwarz ging dann nach seinem eigenen Zimmer, nahm ein Licht und begab sich wieder nach seines Sohnes Thür zurück. Er klopfte laut an. Keine Antwort erfolgte. Kein Laut drang aus dem Zimmer. „Kann er einen Selbstmord begangen haben?" fragte sich Herr von Schwarz ein wenig beunruhigt. „Er war verzweifelt genug." Herr von Schwarz rüttelte heftig an der Thür. Als aber keine Antwort erfolgte, bückte er sich zum Schlüssel loche hinab und rief in deutlichem Flüstertöne: „Oeffue die Thür, Rudolf, oder ich schlage sie ein! Schnell, sage ich, schnell!" Es rührte sich etwas im Zimmer. Dann näherten sich unsichere Schritte, und eine Hand tappte an der Thür herum. Es wurde geöffnet und die unsicheren Schritte zogen sich wieder zurück. Der unerbittliche Vater trat ins Zimmer und zog die Thür hinter sich zu. Rudolf stand in der Mitte des Gemaches, die eine Hand vor den Augen, um sie vor dem plötzlichen Licht scheine zu beschatten. Er hielt den Kopf gesenkt, die Lippen waren blaß, und ein schmerzlicher Zug lag nm dieselben. Es schien, als ob seit dem Morgen Jahre verflossen wären. Es wäre kaum möglich gewesen, in dieser schlottern den Gestalt, diesem bleichen, abgezehrten Gesichte die Züge des jungen Malers wieder zu erkennen, der an jenem Morgen sich von seiner Gattin verabschiedet hatte. Seine ganze Jugend und seine Elastizität des Geistes schienen von ihm gewichen zu sein, und der Jüngling glich einem hülflosen, zerbrochenen Wrack. Das dem Herrn von Schwarz so charakterische cyui- sche Lächeln lag wieder auf seinem Gesichte, als er seinen Sohn anblickte. „Ich bin gekommen, um zu hören, zu was Du Dich entschlossen hast, Rudolf," sagte er. „Hast Du Deine Wahl getroffen?" Die Hand, welche des jungen Malers Augen be schattete, fiel nieder, und Rudolf blickte seine» Vater so traurig und so verzweifelt an, daß sogar ein Dämon ihn bemittleidet haben würde. Sein Vater jedoch lächelte nur über das, was er eine Schwäche seines Sohnes nannte. „O mein Vater," erwiderte der junge Mann in hohlem Tone, „willst Du denn nicht Erbarmen haben mit mir — mit ihr?" (Fortsetzung folgt.)