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schaftlicher Untcrhaltungskunst zum ideell-schöpferischen Bekenntnis auf den Höhe punkt geführt. Nach Beethovens eigener Mitteilung hat er das als zweites Konzert geltende Opus 19, B-Dur, bereits vor dem ersten, heute erklingenden Konzert in C-Dur, op. 15, komponiert, aber erst 1801 endgültig schriftlich fixiert. Beide Konzerte spielte der Komponist erstmalig 1795 in seinen Wiener Akademien und - in überarbeiteter Form - Ende Oktober 1798 in Prag. Das Klavierkonzert in C-Dur bewegt sich inhaltlich, stilistisch und formal noch ganz im Rahmen jener „Gescllschaftsmusik“, wie sic die Haydn- und Mozartzeit kannte. Dennoch sind durchaus schon typische Merkmale des späteren Personalstiles des damals erst 25jährigen Komponisten zu erkennen: seine Eigenwilligkeit, Kraft und Phantasie. Das spielfreudigc Werk, das dem Solisten mit seinen Verzierungen und brillanten Läufen reichlich Gelegenheit gibt, seine technischen Fertigkeiten zu beweisen, besitzt durch die jugendliche Frische und klassische Klarheit seiner musikalischen Gedanken einen hellen, kraftvollen Charakter, der an die Nähe der ersten Sinfonie erinnert. Klarinetten, Trom peten und Pauken verstärken noch diesen festlich-optimistischen Eindruck. Wie üblich steht der erste, umfangreichste Satz (Allegro con brio) des Konzerts in Sonatensatzform. Die Orchestereinleitung bringt die Themenaufstellung. Ein akkordisches Marschthema kün digt den strahlenden Charakter des Werkes an. Zunächst leise beginnend, wird es bis zum Tutti gesteigert. In Es-Dur steht das gesangvolle zweite Thema, das nach einer kurzen Durchführung wieder vom Hauptgedanken und einem marschartigen Nachsatz abgelöst wird. Nun setzt das Soloinstrument ein und leitet zum Hauptthema über, das variiert und mit glanzvollen Passagen umspielt wird. Den Durchführungsteil beherrscht in erster Linie der Solist, obwohl das Orchester durchaus selbständig in die musikalische Entwick lung eingreift und den Satz — nach der solistischen Kadenz — epilogartig beschließt. Von intimem Stimmungsgehalt erfüllt ist der Mittelsatz, ein As-Dur-Largo, das wie eine große lyrische Gesangsszene des Soloinstrumentes anmutet. Innige Empfindungen drük- ken das kantable Hauptthema, die reichen Verzierungen und Kantilenen dieses Satzes aus. Das Orchester, mit dem Solisten dialogisierend, steigert den Gefühlsgehalt der musikalischen Aussage. Mit einem übermütigen tanzliedhaften Thema eröffnet das Solo klavier das Rondo-Finale (Allegro). Auch das Kontrastthema berührt wie ein Volkslied. Humorvoll, spritzig ist der Charakter des Finales, das wirkungsvoll das Konzert krönt. Die musikgeschichtlichc Position und Leistung Paul Hindemiths, dieses im Dezember 1963 68jährig leider bereits verstorbenen großen deutschen Repräsentanten der spät bürgerlichen neuen Musik, sind heute längst nicht mehr umstritten. Von jugendlich-unbe kümmertem spontanen Experimentieren führte sein Weg zur reifen, traditionsbewußten Meisterschaft eines Komponisten von Weltgeltung. Sein monumentalstes sinfonisches Werk und die Krönung dieses Schaffensgebietes im Rahmen seines gewichtigen Oeuvres stellt die Sinfonie „Die Harmonie der Welt“ dar, die Hindemith dem Basler Kammer orchester zum 25. Geburtstag und seinem Leiter Paul Sacher widmete. Das 1951 kom ponierte Werk ist in Aufbau, Faktur, Instrumentation und Aussage ein Gegenstück zur populär gewordenen Sinfonie „Mathis der Maler“ aus dem Jahre 1934. Wie bei jener ist der Ausgangspunkt eine Oper und wird das musikalische Geschehen — von der sze nisch suggestiven Klanggestik des Anfangs bis zu dem triumphalen, von Glockenklängen überstrahlten Schluß - von opernmäßiger Dramatik bestimmt. Hindemiths sinfonisches Testament, eine echte Bekenntnis-Sinfonie, imponiert durch Konzentration, Klang dichte und Vergeistigung, durch Spannweite und Aufrichtigkeit der künstlerisch-mensch lichen Aussage, durch Klarheit und Meisterschaft der kompositorischen Gestaltung, die im dritten Satz in hymnischem, brucknerischem Glanz gipfelt. In diesem Sinne ist die Sinfonie „Die Harmonie der Welt“ ein Endpunkt in der Geschichte der bürgerlichen Sinfonik, zugleich ein bezeichnender Ausdruck für Hindemiths Rückbesinnung auf die alten Formen des Barock und der Klassik (wie Fuge, Passacaglia, Sonate), die jedoch durch eine kontrapunktisch kunstvolle Variationstechnik und die Zuordnung von sym bolischen Gestalten eine großartige innere Verwandlung erfuhren. Die Verschmelzung konstruktiver und symbolischer Ordnungsprinzipien durchzieht Hindemiths gesamtes Spät schaffen. Über die Sinfonie „Die Harmonie der Welt“ äußerte der Komponist folgendes: „Die drei Sätze der Sinfonie sind konzertmäßig verarbeitete Musikstücke aus einer Oper. Diese handelt vom Leben und Wirken Johannes Keplers, den ihn fördernden oder hindernden Zeitereignissen und dem Suchen nach der Harmonie, die unzweifelhaft das Universum regiert. Die Titel der Sätze beziehen sich auf die bei den Alten oft an zutreffende Einteilung der Musik in drei Klassen und wollen damit auf all die früheren Versuche hinweisen, die Weltenharmonie zu erkennen und die Musik als ihr tönendes Gleichnis zu verstehen.“ Hindemith sieht die Gestalt des Astronomen Johannes Kepler, der als einer der Begrün der der modernen Astronomie angesehen wird, vorwiegend vom theologisch-metaphysi schen Standpunkt. Ihn interessiert besonders die Zahlensymbolik des Mittelalters im Hinblick auf kosmische Verhältnisse, die sich in der Musik als einem Mikrokosmos wider spiegeln sollen. Entsprechend tragen die einzelnen Sätze der Sinfonie programmatische Titel: „Musica Instrumentalis“, „Musica Humana“, „Musica Mundana“. „Die ,Musica Instrumentalis“ enthält Musik aus den Opernszenen, in denen widrige äußere Umstände das Handeln des Helden erschweren. Drei konstruktive Hauptelemente werden gegeneinander ausgespielt: ein kurzes ostinates Thema, ein gewichtig voranschrci- tender Marsch und ein Teil von wilder Ungezügeltheit. Im zweiten Satz, der ,Musica Humana“ (den Szenen entnommen, in denen die seelischen Beziehungen der Handelnden das Thema sind), werden zwei langgezogene Melodien erst einzeln, dann zusammen gespielt und schließlich mit einem zarten Abgesang beschlossen. Der dritte Satz (,Musica Mundana“) versucht, die postulierte Harmonie der Welt in einer musikalischen Form zu symbolisieren, in der erst ein breites Fugato entwickelt wird, dann 21 Teile einer Passacaglia über dasselbe thematische Material folgen und schließlich eine breite Coda das Stück zu einem feierlichen Ende bringt.“ (Paul Hindemith) Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: 3., 4. und 5. Februar 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr, Dr. Dieter Härtwig 6. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Heinz Bongartz, Dresden Solist: Helmut Rucker, Dresden, Flöte Werke von Heinz Bongartz, Wolfgang Amadeus Mozart und Robert Schumann 17., 18. und 19. Februar 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr, Dr. Dieter Härtwig 7. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Mircea Basarab, SR Rumänien Solistin: Regina Smcndzianka, VR Polen, Klavier Werke von Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart und George Enescu 22. und 23. Februar 1967, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 11. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Dr. Heinz Röttger, Dessau Solist: Theo Adam, Dresden-Berlin, Verdi-Wagner- Abend Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1966/67 - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 43019 III 9 5 1.8 167 It G 009 83 66 5. PHILHARMONISCHES KONZERT 1966/67