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Memim Anzeiger und Zeitung für Seifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lüban, Borlas, Spechtritz re. Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illnstr. Witzblattes „Seisenblasen" 1,50 Mk. Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 1b Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. 10. Jahrgang. Sonnabend, den 13. November 1897. Nummer 132. Sagenumwobene Plätze im Sektionsgebiete. Fortsetzung. Auch in der Rabe nauer Mühle, einst Schweizer- Aichle genannt, die 1868 abbrannte, wird uns von einem Schatze berichtet. Die Sage lautet: „In der großen Mühle, welche früher znm Rabenauer Schlosse gehörte und durch einen unterirdischen Gang mit demselben verbunden gewesen sein soll, war von Raubrittern ein großer Schatz verbannt, der llnr von einem ganz unbescholtenen Mädchen gehoben werden konnte. Dieser Schatz wurde von zwei kleinen Schatten- Männchen bewacht, welche von vielen Leuten gesehen worden sind. Diese Männchen besuchten das Mühlengebiet oster, und sobald sie dasselbe betraten, blieben alle Werke stehen und waren nicht eher wieder in Gang zu bringen, bis die Schatlenmännchen wieder fort waren. Sie nahmen ihren Rückzug jedesmal durch die zum Wasserbett führende Thür, gingen über letzteres weg und verschwanden bei dem daneben befindlichen Keller. Bis zn Anfang dieses Jahrhnnderts wurden dieselben gesehen, nnd genau nach 100 Jahren sollen Sie wieder erscheinen, wenn der Schatz inzwischen nicht gehoben wird." — Ein Mädchen, welches sich vor- genvmmen hatte, den Schatz zn heben, wurde von ihren Angehörigen gewaltsam daran verhindert, die Mühle zn betreten, um sie vor Unheil zu bewahren; sie gebärdete sich wie wahnsinnig, so daß man sie anbinden nnd anschließen mnßte; darüber verfiel sie in eine hitzige Krankheit nnd starb bald. Wandern wir von der Nabenaner Mühle anfwärts nach unserm Friedenswege, ehedem Hainleiten (die Höhen des rechten Welßeritzufers) genannt, so gelangen nur bald an unsere sogenannte „Weiße Bank", die mit der Ansschrift „Gott grüße dich, mein Nabenan!" nnd dem Verse: „Hier weilt sich's gut, sei's-spät, sei's früh; Hier wohnet Fried und Harmonie; Hier kann man sich der Gottheit weihn Und rein sich seines Lebens freu'» versehen ist. Dieser Punkt gewährt, wie Ihnen bekannt, einen herrlichen Blick in einen großen Theil des GrnndeS und auf das im Hiutergrnnde so malerisch auf der Höhe liegende Nabenan. Etwas weiter thalabwärts gelangen wir an zwei Felsen ¬ vorsprünge, die unter dem Namen Predigtstuhl und Brantbett bekannt sind. Selbstredend haben auch diese Plätze ihre Sagen. Die Sage vom Predigtstuhl lautet: „Als sich im 30jährigen Kriege die Bewohner von Nabenan in die nahen Wälder flüchteten, hielten sie Gottes dienst im Freien, und es heißt der Felsen, von dem herab der Pfarrer predigte, noch jetzt der Predigtstnhl oder die Kanzel. Nabenan, welches damals bis auf wenige Häuser niedergebrannt wurde, soll weiter auf der Höhe, tu der Gegend des jetzigen neueren Kirchhofs gestanden haben. Nachdem die Kriegsfnrie vorbeigezvgen war, bauteil sich die übrig geblicbeuen Einwohner näher der Kirche wieder an. Ueber das Brautbett aber erzählt uns die Sage fol gendes : „Die Tochter des letzten Herrn von Rabenau ver liebte sich sterblich in den Junker Jeichke (Jesico) von Dohna. Der harte Vater verwehrte sie ihm aber und schlug seine Werbung rundweg ab. Nasch entschlossen raubte sie der edle Junker und feierte die Brautnacht nnd das Bei lager gleich im Walde an der Stelle, die noch hente das Brantbett genannt wird." «Zwischen Predigtstuhl und Brautbett in den Hain leiten, welche vormals znm Schlosse gehört haben sollen, liegt, einer anderen Sage nach, eine ganze Braupfanne voll Gold vergraben." Näheres darüber ist nicht bekannt geworden. „Von der Rabenauer Mühle führt ein Weg nach Ober naundorf, ohne daß man einst das Städtchen erst groß berührte, durch die sogenannten Klammleiten, ein Wäldchen, in welchem sich rechts eine Quelle findet, welche unter dein Namen Inngfer-M ätzchen-Born bekannt war. Als vor etwa 60 Jahren ein Mann mit seinem Mehle von der Mühle nach Hanse fnhr, zeigte sich ihm an jenem Büsch- chen eine weiße Frauengestalt, immer vor ihm hcrschreitend. Während der Mann seinen Schubkarren niedersetzte, ging die weiße Frau ins Wäldchen. Jener schlich nach, die Frau aber verschwand hinter einem Baumstämme. Der Sage nach sei sie dort verbannt nnd lasse sich nur aller 100 Jahre einmal sehen." Im Rabenauer Grunde finden wir auf dem linken Weißeritznfer die Kanzel nnd Einsiedler. Anch diese Punkte haben ihre Sagen. Sv vom Einsiedel : „Hier hat einst ein Einsiedler seine Klause gehabt. Der Ort ist in der Gegend berüchtigt als ein Ort, wo es spukt. Man erzählt sich die abenteuer lichsten Geschichten von kleinen, grauen Männchen, die herum gehen, von verborgeir liegenden Schätzen und von Geistern, die sie bewachen. Nur einer reinen Jungfrau soll es mög lich sein, den großen verzauberten Schatz zu heben. Ein Mann aus Somsdorf sah noch vor wenigen Jahren, wie ein kleiner, hämisch lächelnder Zwerg eine alte Frau den Berg herunterzerrte. Die Frau selbst kam zerkratzt und halb besinnungslos in ihrer Heimath an." B. Cotta ist der Ansicht, daß die Gegend am Einsiedel wahrscheinlich das hinterste Versteck von Räubern, die von da aus ihre Streifzüge in das Land unternahmen, ge wesen sei. — In der rothen Weißeritz selbst erzählt uns die Sage von einem Nixentnmp: „Schöne Nixen wohnten einst hier drin, und wehe dem Wanderer, den sie hineinzogen in die lebendige Fluth! Lebendig gaben sie ihn nicht wieder heraus; selbst seine unsterbliche Seele war ihnen verfallen." Jetzt sind sie ansgezogen, der Nixentnmp ist größtentheils verschüttet. — „Auch von einem alten Nix im Rabenauer Grunde, der im Nixentump gewohnt und gehanst, berichtet die Sage: „Wenn die Lübau er Bauern mit ihren schwer beladenen Wagen den steilen Feldweg am Anfänge der nahegelegenen Planwiese hinauffuhren und die Gespanne trotz allen Antreibens die schweren Gefährte nicht den Berg hinaufzubringen vermochten, dann kam wohl der alte Nix mit seinen zwei Schimmeln, legte sich vor den Wagen und Uun gings unter fröhlichem Hohrufen und Peitschenknalle den Berg hinauf, als wären es bloß leere Geschirre. Waren die Gefährte oben angelangt, so daß nur noch ebene Strße vor ihnen lag, dann verschwand plötzlich der alte Nix mit seinen Schimmeln, ohne Lohn oder Dank abzuwarten. (Forts, folgt.) Kirchennachrichten von Rabenau. Svmüag, den 14. November, vom. 22 Irin. Vormittags 9 Uhr Gottesdienst. Predigttext: Matth. 18, 21—25. Nachm. 1 Uhr Kindergottesdienst. Kollekte für den Kirchenbaufond. tNachdrncl verboten.) Werwegenes Spiel. Roman von F. Siemers von Ostermann. „Nein, Papa hat mich nach seiner Heirath einmal in der Schnle besncht, doch er hatte seine Fran nicht mit. Ich habe ein Bild von ihr, das Papa mir geschickt hat. Er muß sie angebetet haben; seine Briefe waren voll des Lobes über sie, und im letzten Brief den er schrieb, er klärte er mir, daß er wünsche, ich möge sie lieben und ihr gehorchen, als ob sie meine Mittler wäre. Seine Wünsche sink> mir jetzt heilig, und ich werde sie zu lieben versuchen. Ist sie sehr schön?" „Man nennt sie schön," erwiderte Graf Hohenfels. „Sie hat schwarzes Haar nnd dnnkle Augen wie eine Zig eunerin. Ihr Vater hat sie förmlich angebetet." „Also mnß sie gnt sein!" Graf Hohenfels zögerte mit der Antwort. Er wußte wcmig von der Baronin Engelbert, doch er hegte ein in- stircktmäßiges Mißtrauen gegen sie. „Ja, sie muß gnt sein," antwortete er nachdenklich. „Wenn sie nicht gut wäre, würde Baron Engelbert sie nu t geliebt haben." „Das habe ich mir hundertmal gedacht," sagte Marie. „Ich werde ihre Liebe zn gewinnen suchen. Sie soll an Schloß Engelbert als meine Vormünderin bleiben. Sie seh n, daß ich in Bezug auf Gesellschaft lind Freundschaft bei nahe ganz von ihr abhängen werde. Ich kehre als Freunde in meine Heimath zurück; jahrelange Abwesenheit Hal mich meinen Freunden entfremdet, und ich habe Nie- mamd, ans dem ich bauen kann, als Advokat Brunner und Herr n von Friebel." „Und mich!" sagte Graf Hohenfels ernst. „Ich stehe ja in Verbindung mit Ihnen. Sie werden nicht so gänz lich f» enndlvs sein, wie Sie denken. Die Gutsnachbarn werde». Sie zu besuchen kommen, und Sie können sich Ihre sFreunde unter diesen wählen." E- s >var keine Zeit für weitere Unterhaltung- Die Koffer u ud Reisetaschen wurden schnell aus dem Wagen geschafft. Die Gesellschafterin erhob sich, nahm ihren Regen schirm in die Hand, und dann sah sie sich nach Marie um. Als sie bemerkte, wie Mariens Angen den bewundern den Blicken eines schönen jnngen Mannes begegneten, sah sie ärgerlich und erschreckt drein. Frau Altmann ging schnell zu der jungen Dame hin nnd rief aus: „Ich bin ganz erstaunt, Baronesse Engelbert —" „Sie verzeihen," sagte Marie, ihr ruhig ins Wort fallend, obwohl ihr Gesicht sich vor Stolz röthete, „ich will Ihnen meinen alten Freund, den Grafen Hohenfels, vor stellen." Der junge Graf verbeugte sich, und Frau Altmann verneigte sich gleichfalls. Sie wollte einestheils höflich gegen einen Edelmann sein, anderntheils ärgerte sie sich darüber, daß Marie seine Bekanntschaft erneuert hatte, während sie unter ihrer Ob hut tvar. Frau Altmann als Vertraute der Baronin Engelbert und des Herrn von Schwarz sah sehr ungern die Annähe rung der jungen Leute. „Kommen Sie, Baronesse," sagte sie besorgt; „wir sind jetzt da und müssen uns beeilen. Geben Sie mir Ihre Reisetasche —" Sie hielt inne, da sie sah, daß Graf Hohenfels sich schon derselben bemächtigt hatte. Der junge Graf bot Marie den Arm; sie legte ihre Hand leicht darauf, uud er führte sie nach dem Zuge, der nach Torgelow fnhr. Frau Altmann folgte, sich vor Aerger in die Lippe beißend. Die Reisenden stiegen ein. Der junge Graf nahm seinen Platz neben Marie. „Fahren Sie auch nach Torgelow, Herr Graf?" fragte Frau Altmann verdrießlich. „Nein, meine Dame," antwortete der jnnge Graf freundlich. „Ich beabsichtige nach Stettin zu reisen, um mit Herrn von Friebel nnd Advokat Brunner wegen des Besitzlhumes des Barons Engelbert zn unterhandeln. Wahrscheinlich werde ich dann in einigen Tagen es mir zur Ehre schätzen, der Baronesse Engelbert einen Besuch abzustatten." „Ich werde immer bereit sein, mich mit Ihnen über Geschäfte zu berathen," sagte Marie mit leiser Stimme zu dem jungen Grafen. „Ich will lernen, meine Geschäfte ordentlich und mit Klugheit zu führen." Frau Altmann schwieg, aber sie dachte sich: „Unsere junge Dame hat ihre eigenen Meinungen und hat den Mnth, sie zu äußern- Ich fürchte, sie ist nicht das alltägliche Schulmädchen, wie wir erwarteten. Ich glaube, wir werden viel Mühe mit ihr haben." Diese Neise ging für Marie und Graf Hohenfels zu schnell zn Ende. Sie sprachen von ihrer Kindheit. Der jnnge Graf erzählte ihr, daß er acht Tage in Brüssel gewesen sei und keine Ahnung gehabt habe, mit ihr auf seiner Neise in seine Heimath zusammenzu treffen. Man sah und hörte es ihm an, wie erfreut er da rüber war. Der Wagen vom Schlosse Engelbert wartete bereits an: Bahnhofe, als sie aus dem Zuge stiegen. Graf Hohenfels half die Damen in den Wagen, ver abschiedete sich von ihnen und blickte ihnen so lange nach, bis der Wagen verschwanden war. „Wie schön Marie ist!" murmelte er. „So rein, so lieblich uud zart und doch so voller Geist und Leben! Diese Frau Altman» gefällt mir nicht, und die Baronin Engelbert mag ich auch nicht leiden. Ich glaube schwer lich, daß Marie sich bei ihr glücklich fühlen wird; sie sind zu sehr verschieden. Wenn Marie ihre Stiefmutter nicht liebt, dann hat sie nur einen Ausweg um ihr Heim zu verlassen, ehe sie mündig ist, und dieser Ausweg ist eine Verbindung. Wenn sie mich nnr liebte! Ich liebe sie — v, so innig!" Leidenschaftliche Röthe bedeckte sein schönes Gesicht und ein sanftes Feuer leuchtete aus leinen warmen blauen Augen, während er die Stufen des Bahnhofes hinabging, und als er die Straße entlang schritt, schworen» seinem Herzen, daß er um Marie von Engelbert werben wolle, und hoffte, daß es ihm gelingen würde, sie zu erringen.