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Rabenauer Anzeiger : 04.11.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-189711047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-18971104
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-18971104
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-11
- Tag 1897-11-04
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Monat
1897-11
-
Jahr
1897
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Sächsisches. , — Im Laufe der vergangenen Woche hat sich das Auszahlungsgeschäft der für die durch das Hochwasser Geschädigten bewilligten Summen im ganzen Lande voll zogen. Wie man hört, ist dasselbe nirgends auf wesentlichen Widerspruch gestoßen. Einige berechtigte Wünsche sollen noch einer Nachprüfung unterzogen und ev. berücksichtigt werden. — Vielfach war in den letzten Wochen davon die Rede, daß im nächsten Landtage wegen der Unterstützung der durch das Hochwasser Geschädigten eine sogenannte Nothstands vorlage werde eingebracht werden. Sowohl diese Nachricht, als auch diejenige, daß eine besondere Anleihe für die ge nannten Zwecke ausgenommen werde, bestätigt sich, wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, nicht. Die Summen konnten aus vorhandenen Betriebsüberschüssen entnommen werden und finden im Etat ihre Verrechnung. — Um Aufbesserung ihrer wirthschaftlichen Lage petitionirt beim Landtag außer anderen Beamtenkategorien auch die Landgendarmerie. Die Petition behauptet mit Recht, daß die Landgendarmerie im Vergleich zu den Gerichts-, Gemeinde- und anderen Beamten wesentlich schlechter gestellt ist. Von dem Gehalte muß der Landgendarm Alles, sogar die Uniform, beschaffen, nur die Ausrüstung wird von Staatswegen ge liefert. Sein Gehalt steigt nach 26 Dienstjahren, einschl. 12 Militärjahren, bis auf 1900 Mark. — Bezüglich einer Stauanlage im oberen Gottleubathale wird sich der bevorstehende Landtag ebenfalls zu beschäftigen haben. Den Interessenten erklärte die Staatsregierung zwar schon, daß sich die Regierung außer Stande sehe, die Thalsperre auf Staatskosten zu erbauen; allein die Interessenten glauben, im Hinblick auf die Hochwasserschäden dieses Sommers doch die Mithilfe des Staates erlangen zu können. — Das ^bisherige Landtagsgebäude wird voraussichtlich dem Landtage von 1901/1902 nicht mehr als Aufenthaltsort dienen. Die meisten darin untergebrachten Amts- und Kassen stellen wandern mit in das am Schloßplatz zu erbauende Gebäude. Ein Umbau des Landhauses dürfte sich selbst unter Hinzunahme der in der Friesengasse angekauften Bürger häuser nur schwer ausführen lassen und sich auch dann noch nicht zweckentsprechend Erweisen. Bauspekulanten haben bereits Schritte zur Erlangung des Gebäudes gethan, im Fall sich der Fiskus zu einem Verkaufe desselben herbeiläßt, was indessen noch keineswegs wahrscheinlich ist. — Die geplante Bauordnung für das Königreich Sachsen stößt bei Architekten und Baumeistern auf Wider stand. Dieselben haben sich zusammengethan, um durch gemeinsames Vorgehen angebliche Härten aus derselben zu entfernen und werden zu diesem Zwecke nicht nur an das Ministerium, sondern auch an den Landtag gehen. Der Dresdener Miethbewohnerverein dagegen preist die Bau ordnung als etwas sehr Vollkommenes und ganz mit den Anschauungen und den Bedürsnissen des Miethers überein stimmendes Gesetz. — Nachdem mit dem 1. November die Kartenbriefe zur Einführung gelangten, von denen der Neuheit wegen auf den Postämtern eine große Anzahl verkauft wurde, steht eine weitere Neuerung im Postwesen in Aussicht. Sicherem Ver nehmen nach soll die Reichspostverwaltung beschlossen haben, das Gewicht für einfache Briefe von 15 auf 20 Gramm zu erhöhen. — Das Preisausschreiben für Künstler- Postkarten mit Bildern aus dem Sachsen lande hat, wie die vielseitige Nachfrage nach den gedruckten Bedingungen des Wettbewerbes bei der Kanzlei des Ministeriums des Innern und das Eintreffen von Ent würfen zeigt, in den betheiligten Kreisen lebhaftes Interesse erregt. Die spätestens am 1. Dezember 1897 Nachmittags 2 Uhr bei der Kanzlei des Ministeriums des Innern ein zureichenden Entwürfe müssen nach den gedruckten Beding ungen „die Gestalt der deutschen Postkarten haben, aber doppelt so groß sich auf die Größe derFläche oder auf die Länge der Seiten beziehe, mit anderen Worten ob die Entwürfe das Format von 20 zu 13 Centimeter, also die doppelte Fläche der Reichs-Postkarten, oder das Format von 28 zu 18,4 Centimeter, also die vierfache Fläche der Reichs- Postkarten haben müßten. Beides erscheint nach dem Wort laute als zulässig. Doch wird sich das kleinere Format (20 zu 13 Centimeter) für viele Künstler schon deshalb mehr empfehlen, weil sie nicht gewohnt sind, bei Durchbildung von Zeichnung und Colorit in größerem Formate die Wirkung zu berechnen, welche die Wiedergabe ihres Entwurfs auf einer viermal so kleinen Fläche machen wird. — Von der nächsten (133.) Lotterie an erhält das Loos, auf das am letzten Ziehungstage der 5. Klasse der höchste Gewinn oder, dafern noch mehrere gleich hohe Ge winne ausstehen, der von diesen zuletzt gezogene Gewinn ge fallen ist, zugleich die Prämie von 200 000 Mk., mithin im günstigsten Falle zusammen 700 000 Mk. Diese Prämie nun ist kein neuer Betrag, sondern die bisher als Gewinn gezogenen 200 000 Mk. sind an diese Stelle getreten. In Wegfall gekommen sind an größeren Gewinnen: 25000 Mk. von der 1. Klasse, 15000 s s - 2. s 5000 L s 2. s 15000 s s - 3. 15000 s s 4. 60000 s s - 5. - (2 L 30000), 120000 s - 5 5. s (8 L 15000), 50000 - - - 5. - (10 L 5000), zus. 305000 Mk. und mit selbigem Betrage sind 80000 Mk. (für 8 Gewinne L 10,000 Mk.) und 225000 « (Mehrbetrag der auszuzahlendenkleinen Gewinne), zus. 305000 Mk. verwendet worden. Die Erhöhung der auszuzahlenden kleinen Gewinne wurde längst seitens der Spieler gewünscht. — Die maßgebende Autorität des Reichsgerichts in der Wahrscheinlich aber wird der Zufluß durch Grundwasser ge- Auslegung der Gesetze ist jetzt von einem bayrischen Gericht bildet; dieses war stets erheblich, konnte aber bis zum 31. >ei einem bemerkenswerthen Anlaß angefochten worden. Der Diebstahl am elektrischen Strom ist nämlich trotz der entgegenstchenden reichsgerichtlichen Entscheidung von einer Nürnberger Strafkammer für strafbar erklärt worden. Der elektrische Strom sei eine bewegliche Sache, sagt die Straf kammer, „denn er sei das Produkt der Arbeit desjenigen, der die elektrische Centrale besitzt, er sei beweglich, da er an be liebige Punkte geleitet werden, und er sei eine Sache, da man desselben in einer andere Personen ausschließenden Weise sich bemächtigen könne". — Die „B. Ztg." macht darauf aufmerksam, daß mit der heurigen Sylvester-Nacht eine Milliarde Minuten seit der Geburt Christi abgelaufen sein wird. Zwar geben erst 1903 Jahre, das Jahr zu 365 Tagen oder 525 600 Minuten gerechnet, eine Milliarde Minuten, da man aber bei der Berechnung 7 Jahre zu wenig berücksichtigt hat, so werden am 31. Dez. nicht erst 1897, sond^H^ereits 1903 Jahre seit der Geburt Christi abgelaufen seiM — In der Nacht zum 25. Oktober d. I. ist in Klingenberg ein Einbruchsdiebstahl verübt worden. Gestohlen sind: 1. drei Einlagebücher der Sparkasse zu Höckendorf, Nr. 5574 für Karl Ernst Nicolaus aus gestellt über den Betrag von M. 556. 43 Pf., Nr. 5307 für Oswald Nicolaus über M. 97. 49 Pf. und Nr. 43586 über M. 104. 8,7 Pf.; 3. ein gelber Holzkasten, ca. 24 Ctm. lang und ebenso breit, 10 Ctm. hoch, M. 46. — Pf. baar enthaltend; 3. eine gewöhnliche Blechbüchse mit M. —. 85 Pf. baar; 4. eine schwarze hölzerne Sparbüchse mit M. 15. —.Pf- Inhalt; 5. eine auf den Namen Karl Ernst Nicolaus in Klingenberg lautende Jnvalidenkarke; 6. ein auf den Namen Emil Nicolaus lautender Ausmusterungsschein. Zur Ermittelung des unbekannten Thäters wird dies vom König!. Staatsanwalt zu Freiberg bekannt gemacht. Alle Wahr nehmungen, die hierzu dienen können, sind demselben mit- zutheilen. — B-Mder großen Ausdehnung der Holzindustrie im Erzgebirge ist es natürlich, daß gerade hier der kürzlich in Dresden gegründete Verein sächsischer Holzinteressenten mit Freuden begrüßt wird. Daß bci dem wachsenden Holz- bedarse Deutschlands nicht daran zu denken ist, die Einfuhr oder die Beförderung von Holz noch weiter zu erschweren, ohne die Industrie aufs Schwerste zu schädigen, ist ein leuchtend; darum ist es erfreulich, daß der Verein Einfluß gewinnen will auf das Verkehrs-, Versicherungs- und Zoll wesen. Wer die agrarischen Zeitungen liest, weiß, welche Ziele die extreme Seite des Bundes der Landwirthe verfolgt. Die Zufuhr von ausländischem Holze müßte danach sehr erschwert, ja fast ganz unmöglich gemacht und auch durch allerlei Tarifschwierigkeiten unterdrückt werden. Wenn solche Forderungen Einfluß gewännen, dann würden ganze Gegenden des Erzgebirges schwer benachtheiligt. Beim Abschlusse neuer Handelsverträge würde eine Erhöhung des Holz-Zolles gleich falls die Holzindustrie Deutschlands schädigen; deshalb gilt es, bei Zeiten wachsam zu sein. Ehemals war der Holz- reichlhum des Erzgebirges so groß, daß er zur Deckung des Bedarfs an Holz vollständig ausrnchte; jetzt aber muß auch hierher fremdes Holz eingesührt werden. Man kann dies fast täglich in Hainsberg sehen, wo in das waldreiche Erzgebirge Hölzer aus anderen deutschen und ausländischen Forstgegenden ein- und durchgeführt werden. — Unter furchtbarem Andrang fand am Sonntag Nachmittag auf dem Saale des Balkeschen Gasthauses die Ausloosung der Gewinne der Waarenlotterie des Gittersee- Coschützer Fechtvereins statt. Die Art der Ziehung war aufs peinlichste streng gehalten, so daß niemand auch nur die geringste Klage hätte laut werden lassen. Der Haupt gewinn (Nähmaschine) kam nach Burgk, der 2. Gewinn nach Kleinnaundorf, der 4. und 6. Gewinn nach Dresden, während für Gittersee der 3. und 5. Hauptgewinn übrig blieb. Als Kuriosum sei noch erwähnt, daß der 2. Hauptgewinn, ein Anzug, einem Schneidermeister und der 6. Hauptgewinn, eine Hängelampe, einem Klempnermeister zufiel. — Während seiner Thätigkeit als Bierausgeber in dem Ziegenbalg'schen Restaurant zu Bannewitz machte sich der Spitzmaurer Carl Rudolph Ferdinand Böhme ausPossen - dorf der Unterschlagung von ca. 50 Mk. schuldig. Unter Berücksichtigung des groben Vertrauensbruchs wurde der Angeklagte vom Dresdner Amtsgericht zu 2 Monaten Ge- fängniß verurtheilt. — Die oerwittwete Gutsauszüglerin Richter in Bröschen bei Possendorf konnte am 28. Oktober ihren 97. Geburtstag bei verhältnißmäßig gutem Wohlbefinden feiern. Frau Richter ist die älteste Person des Possendorfer Kirchspiels. — Zu den in der Nacht zum Sonnabend in Böhmen und im Vogtlande beobachteten heftigen Erderschütterungen wird mitgetheilt, daß man in der Grube Himmelsfürst bei Freiberg in jener Nacht ein anhaltendes Rollen vernahm, welches zweifellos seinen Ursprung in diesen elementaren Ereignissen hatte. — Ein furchtbares Unglück trug sich auf dem Fahr wege von Neukirch bei Königsbrück nach Naundorf zu. Der Weg geht einen überaus steilen Berg hinunter. Aus noch unaufgeklärter Ursache scheuten die Pferde eines Bier wagens und rannten in rasender Schnelligkeit abwärts in ein entgegenkommendes Geschirr so entsetzlich hinein, daß die Deichsel des Bierwagens dem Pferde tief in den Leib hinein drang und das schwer verletzte Thier sofort verendete. Auch dem bedauernswerthen Bierschröter hat die schreckliche Fahrt das Leben gekostet; er ist aus der Schoßkelle hinaus geschleudert, an der Deichsel hängend mit fortgeschleift und dabei namentlich am Kopf so schwer verwundet worden, daß er kurze Zeit darauf verstarb. — In den ersoffenen Schächten des Zwickauer Reviers hat man die Wahrnehmung gemacht, daß fast eben so viel Wasser zuläuft, als ausgepumpt wird. Eine Ansicht ging dahin, daß der Zufluß vom Muldenbett aus eifolge. Juli ds. Js. von der Bockwaer Wasserhaltung, die zu diesem Zweck gebaut wurde, bequem gehoben werden. Bei der letzten Hochfluth ist die Wasserhaltung mit ersoffen. — Das durch ein Kartoffelfeuer eine ganze Kirchen gemeinde, bestehend aus vier Dörfern, in große Aufregung versetzt werden kann, wie eS an einem der letzten Abende den Bewohnern von Kämmerswalde, Neuwernsdorf, Rauschenbach und Georgenthal passirte, ist wohl eine seltene Thatsache. In der Fabrik Liebscher und Obenauf gewahrte man nach Georgenthal zu ein Feuer, das durch den herr schenden Nebel wohl noch bedeutender zu sein schien. So fort ließ man die Dampfpfeife ertönen; hierdurch aufmerksam gemacht, läutete auch die Glocke in NeuwernSdorf Sturm, und das Horn des Nachtwächters ließ seine Klagelaute er tönen. Obwohl man nirgends einen Feuerschein entdecken konnte, ward doch auch die Feuerwehr in Kämmerswalde alarmirt und die Glocken läuteten Sturm. In aller Eile rasselte die Feuerspritze nach Neuwernsdorf; doch bald ward es aufgeklärt, daß das beobacht, te Feuer kein Schadenfeuer sei. — Die Erdbewegungen im Vogl lande und int nördlichen Böhmen wollen gar kein Ende nehmen. Immer wieder kommen Meldungen von dort über schwere Erdstöße, die sich durch mächtiges Rollen anzeigen und mit einem kanonendonnerähnlichen Schlage enden. Letzterer ist in den meisten Fällen so stark, daß die Leute entsetzt die Häuser verlassen und ins Freie eilen. Auch am Sonnabend und Sonntag wurden wieder zahlreiche starke Erdstöße in ver schiedensten Ortschaften des genannten Gebietes verspürt. Solche fortgesetzte Erschütterungen der Erde sind übrigens im Vogtlande schon mehrfach zu verzeichnen gewesen. Sollte der alte Vulkan Kammerbühl bei Eger wieder — wie einst der Versuv — nach langer Zeit in Thätigkeit treten wollen? — In Schkeuditz bei Leipzig explodirte am Montag Abend ein Extracteur der Lederfabrik von Ottomar Dückler. Ein Theil der Fabrik flog in die Luft; der Feuermann der Maschine und zwei Arbeiter waren sofort todt, vier Arbeiter werden noch vermißt. Der Körper des einen Getödteten wurde 80 Meter weit fortgeschleudert und auf das Dach eines Hauses geworfen, das er durchschlug. Die Ursache der Explosion ist noch unbekannt; die Untersuchung ist eingeleitet. Tages-Ereignisse. — Ein diplomatischer Conflict ist zwischen Deutsch land und der Republik Haiti ausgebrochen. Danach ver langte der deutsche Gesandte auf Haiti von der dortigen Regierung für die unberechtigte Gefangenhaltung eines deutschen Reichsangehörigen Namens Lüders Genugthuung. Da solche verweigert wurde, brach Graf Schwerin die diplomatischen Beziehungen ab. Die Aufregung auf Haiti ist nach einer Meldung sehr groß. Die Zeitungen führen eine höchst auf reizende Sprache gegen die dort wohnenden Deutschen. Die Legislatur von Haiti heißt die ablehnende Haltung des Präsidenten gut. Nach anderen Meldungen soll der Streit fall durch die Entlassung des Herrn Lüders aus der Haft bereits schon wieder beigelegt sein, j — Die „Greiz. Ztg." schreibt unter der Spitzmarke „Und das im Herzen Deutschlands!" folgendes: Die Aus gabe der Loose der neuen t h ü r i n g i s ch - anhaltischeti Lotterie steht nun nahe bevor; die Loose unterscheiden sich in ihrem Aussehen von den Loosen anderer deutscher Klassen lotterien dadurch, daß sie neben dem deutschen Text ihn auch auf der Rückseite in französischer, englischer und russischer Sprache wiedergeben! Diese Einrichtung ist gewiß därttnt getroffen worden, weil man auf die Spiellust der zahlreichen Ausländer rechnet, die während der Sommermonate in Thüringen lebcn; daß sie aber nicht nothwendig war, darüber wird man wohl in ganz Thüringen mit uns einer Meinung sein. — Ausweisungsbefehle gehen in allen Städten des Dortmunder Jndustriebezicks den galizischen und rus sischen Arbeitern in großer Menge zu. In Dortmund allein sind es deren siebenzig. —Im östereichischen Abgeordnetenhause legen sich die Deutschen gegenwärtig darauf, jede Thätigkeit lahm zu legen, solange die ungesetzlichen Badenischen Sprachen verordnungen nicht aufgehoben find. Man nennt dies Ob struktion. Kürzlich sprach der Abgeordnete Lecher ungefähr 12 Stunden. Darüber schreibt die „N. Fr. Pr." ! Düs war keine einfache Dauerrede, nur dazu bestimmt, die Zeit auszufüllen und todtzuschlagen, wie es die Reden der irischen Obstluktionisten waren, die Abschnitte aus der Bibel vor trugen und Theaterzettel zur Verlesung brachten; das war eine ernste, groß angelegte Rede, welche Zeugniß gab von seiner souveränen Beherrschung des reichen, komplizirten und schwierigen Stoffes, denn sie umfaßte alle Gebiete des Aus gleichs ^mit Ungarn. Zu Beginn der Rede, als der Abgeordnete Dr. Lecher mit dem Abgeordneten Wolf konku- rirend im größten Lärm sprechen mußte, damit sein Schweigen^nichl als Verzicht auf das Wort gedeutet werden könne, edg er sich in einer Reihe kleiner Scherze; mit heiteren und harmlosen Bemerkungen wußte er über die kritische Zeit hinweg zu kommen, in welcher er nicht für das Haus sprach, sondern zu dem Zwecke, um den sprungbereiten Vicepräsidenten zu täuschen. Als aber der Zwischenfall Wolf beendet und im Hause Ruhe eingetreten war, änderte sich bald der Charakter seiner Rede. Nicht leicht dürfte es einem Redner, der nach 8stündiger Dauer einer Nachtsitzung um halb 3 llhr Morgens spricht, gelingen, daß ihn ein dichter Kreis von Zuhörern umgiebt, die mit Interesse seinen Worten lauschen. Man sah Parteigenossen und Gegner um Lecher versammelt; alle folgten fast andächtig seinen Aus führungen. Dr. Lecher ist eine schlanke, hohe, kräftige Gestalt, er ist eingeübter Bergsteiger, gewöhnt an Daucrleistungen und erfahren in der Kunst, seine Kräfte kühl abzuwägen und mit ihnen auszuhalten. Wie lange er sprechen werde, davon hatte er selbst, als er die Rede begann, keine Ahnung. Ec halte die Rede nicht ausgearbeitet, sondern nur mit Schlag-
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