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Wemmer Anzeiger und Jettrrng für Keifersdorf, und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsbcrg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz etc. Kammer 81. Sonnabend, den 17. Juli 1897. 10. Jahrgang. Atts mlserer Gegend. 7" Oeffentliche Sitzung des Bezirksausschusses ist auf den 20. Juli d. I., Vormittags */z10 Uhr an- ""»>t worden. fj, -7" Ihr 25jähriges Jubiläum feierten am 14. d. M. M ^her'schen Eheleute. Das Jubelpaar erhielt von lind Fern zahlreiche Glückivünsche und sinnige Ge- Möge es demselben noch vergönnt sein, in Ge- > Ml mid Rüstigkeit die goldene Hochzeit zu feiern. Am Sonilabend Nachmittag begiebt sich eine Anzahl Turner von den beiden hiesigen Vereinen ^Jauen i. V. um an dem daselbst statlfindenden Kreis- theilzunehmen. Hoffen wir, daß die Turner mit ausgezeichnet in die Heimath zurückkehren. 7- Wie wir Horen soll bei der am Mittwoch statt- ^denen Kirchen-Vvrstandssitzung Herr Diakonus Adolf f^»ier Pesch eck aus Pesterwitz zum Pfarrer für die Kirchengemeinde gewählt worden sein. In Grillen bürg wurde am Montag Abend l^vrecher, ein Tscheche, auf frischer That ertappt. Als gegen 12 Uhr mehrere Bauhandwerker vom Frei- E Jahrmärkte nach Grillenburg zurückkehrten, bemerkten in der Baubude des Nestler'schen Neubaues Licht ^.Mährten alsbald einen Fremden darin, der alles H.chie niid flott einpackte, was ihn: in die Hände kam. Handwerker drangen darauf in die Baubude ein, ^,7! den Dieb fest und lieferten ihn noch in derselben .As Königl. Amtsgericht Tharandt ein. Der Dieb ly in, Wochen in hiesiger Gegend umhervagiren- .'^scheuer Schlosser, Namens Heß aus Böhmen. » ill der Nacht vorher, vom 11. bis zum 12. Juli, d derselbe in Gemeinschaft mit noch einem Tschechen E"tergersdorf einem Fleischermeister und v?"Ateur einen Einbruchsdiebstahl, wobei die Diebe nebst anderen Fleischwaaren einen Schinken mitnahmen. Leider ist der Cnmpan, der allem Vermuthen nach Schmiere in der Nähe der Baubude in Grillenburg gestanden, ent kommen. Letzterer hat sich dann am Dienstag in Tharaud bettelnd Herumgetrieben, wobei er 18 Mark, lauter neues zusammengespartes Geld, aus einem Schrank gestohlen hat. Der Bestohlene kann hierbei allerdings noch von Glück reden, denn in unmittelbarer Nähe des verschwundenen Geldes lag noch eine Summe von mehreren Tausend Mark in Papiergeld; nur zu leicht konnte auch diese Summe, trotzdem die Frau im Nebenzimmer beschäftigt war, dem Tschechen in die Hände fallen. Also größte Vorsicht, alles zuschließen. Der entkommene Cnmpan trägt einen grauen Anzug, hat schwarzen Bart und ausgeprägten böhmischen Typus. — Am Mittwoch Vormittag wurde die beim Guts besitzer Böhme in Reinhardtsgrimma in Diensten stehende polnische Magd auf einer Wiese zwischen Rein hardtsgrimma und Reinholdshain, auf welcher sie mit Heu machen beschäftigt war, von einem Unbekannten zu ver gewaltigen versucht. Dieser ist ein ca. 40 Jahre alter, an scheinend dem Arbeiterstunde angehöriger Mann mit dunkel blondem Schnurrbart, trug dunklen Jacketanzug, graues Halstuch und schwarzen Hut. — In Reichstädt wurden im Verlaufe der letzten 5 Wochen einem Gutsbesitzer fünf Sparkaffenbücher im Werthe von zusammen ca. 7000 Mark auf unerklärliche Weise gestohlen. Der Dieb wurde in einer Handelsfrau, einer gewissen Holfert, durch die Thätigkeit der Gendarmerie ermittelt und sämmtliche Bücher zu Tage gefördert. Auf 2 Bücher hatte die Diebin bereits reichlich 700 Mark Waare, Nusstattungsgegenstäude und 50 Mark baar in einem Dresdner Geschäft erhalten. — Am Sonnabend, abends gegen 7 Uhr ging auf dem Wege von Bärenklanse nach der Hummelmühle ein einspänniges Geschirr des Rittergutes Bärenklause durch. Das Gefährt stürzte in den Straßengraben, wobei der Wagen beschädigt wurde und der Kutscher anscheinend er hebliche Verletzungen im Gesicht davontrug. . — Das Reichsgericht hat dieser Tage entschieden, daß Preiskegeln nicht als Glücksspiel anzusehcn ist und hat ein landgerichtliches Urtheil, in welchem Theilnchmer an einem solchen bestraft werden sollten, aufgehoben. — Der Rückgang des PilzreichthumS in zahlreichen Forsten hat zu der Maßnahme geführt, daß die Forst» beamten angewiesen sind, strengstens darauf zu achten, daß die Pilzsucher die Schwämme nicht mit den Wurzeln her ausziehen und damit den Nachwuchs schwer beeinträchtigen. Die Pilze suchenden Personen sollen angehalten werden, sich bei ihrer Arbeit eines Messers zu bedienen. — Bier auf Eis. Die Schäden, die der Genuß auf Eis liazenden Bieres erzeugt, sind viel größer al- matt meint. Nicht nur die schlimmsten Magenleiden, Darmentzündungen kommen von dieser Ursache, sondern auch der in den letzten Jahren so häufig vorkommende Herzschlag. Jndeß das Bier früher eine Temperatur von 8—10 Grad hatte, ist es jetzt durch Eislagerung 3—4 Grad kühl und schadet bei unvorsichtigem Genuß oft ebenso wie das sogenannte Konditor-Eis, welches an heißen Tagen von vielen Damen mit großer Vorliebe genoffen wird. — Der als „Naturprediger" überall bekannt ge wordene Johannes Gutzeit ist dem von ihm bisher mit Feuereifer vertretenen Vegetarismus untreu geworden. Er erklärt öffentlich, daß er, „um neue Kräfte zu gewinnen", sich entschlossen habe, wieder Fleisch zu genießen. In Vegetarier-Kreisen erregt der Abfall des langjährigen Vor kämpfers der natürlichen Lebensweise und fleischlosen Kost unliebsames Aufsehen. (Nachdruck verboten.) Vie Gewalten der Hiese. Roman von Lothar Brenkendorf. ^.Aarum sind Sie gestern Abend bei unserer kleinen Schaft ausgeblieben?" fragte sie mit freundlichem Vor- "Bis einer sehr späten Stunde hoffte ich noch - daß Sie kommen würden." kann es bestätigen, Herr Doktor!" mischte sich ^7 in seinem blasirten Tone ein. „Fräulein Hildegard deiner beständigen Unruhe Ihretwegen. Wenn ich ? Stelle wäre, ich würde mir eine solche Unter- Mude niemals verzeihen." Beruf gestattet mir leider nicht immer, an .Vergnügen zu denken, Herr v. Treysa! Ich habe -^."eits in der Frühe des heutigen Tages bei Herrn -A wegen meines Ausbleibens entschuldigt und ihn bei seinen Festlichkeiten künftig nicht erst auf mich .^m. Guten Morgen!" leuchtendes Muster von Liebenswürdigkeit ist ij, Doktor nun gerade nicht," meinte Treysa, während Weg sortsetzten. „Ich muß gestehen, daß ich "'ehmen gegen Sie sogar etwas ungezogen fand." ^7"degard's anmuthiges Gesichtchen war sehr ernst ' aber sie erhob gegen die letzte Aeußerung des ^ entschiedenen Widerspruch. n darf Herrn Bruneck nicht nach dem Maße bl,? Menschen messen," sagte sie. „Wenn er sich auf v^Heleien und Artigkeiten nur schlecht versteht, so ist gewiß nicht geringer zu schützen. Ich habe Be- v ^lür erhalten, daß er nicht nur ein ehrenwerther Wichtiger, sondern auch ein edler Mann ist." >!>,Wahrhaftig, etwas viel Anerkennung in einein ein- ^h^emzug," spöttelte Treysa. „Man sieht, wie ver- doch die Wege sein können, die zu den Herzen ?men führen." , r bedauerte das unbedachte Wort schon, noch ehe er ^ausgesprochen, denn Hildegard erhob mit einer ^.^^egung den Kopf, und es war ein kühl ab- ? Blick, der das Gesicht des Assessors traf. ^^ehe Sie nicht, Herr v. Treysa! Aber wenn angenehm ist, so lassen Sie uns von etwas An- Zprechen." dxx gesandte Kavalier um ein neues ^."scht lange in Verlegenheit, doch seine Schlag- sew diesmal nicht die gewohnte Wirkung, und ^einsame Spaziergang endete für ihn unerfreulicher, als irgend einer, den er früher mit Hildegard unternommen hatte. Achtes Kapitel. Durch einen in knappen und bestimmten Ausdrücken abgefaßten Brief war die Volksschullehrerin Helene Mah- burg a.ifgefordert worden, sich Nachmittags vier Uhr bei dem Stadtrath Gotthelf Schreiner einzufinden. Sie wußte, daß die Aufsicht über das städtische Schulwesen zu den amtlichen Obliegenheiten dieses Herrn gehörte, und da sie sicher war, sich in ihrer Thätigkeit keines Fehlers schuldig gemacht zu haben, folgte sie ohne jedes Bangen dem an und für sich etwas auffälligen Befehl. Man ließ sie eine Weile im Vorzimmer warten, und als sie endlich die Erlaubniß erhielt, in das Arbeitsgemach des StadtratHS einzutreten, war sie ein wenig befremdet durch de» Empfang, den ihr der Herr des Hauses zu Theil werden ließ. Sie war schon früher wiederholt mit ihm in Berührung gewesen und hatte stets eine freundliche Be handlung, heute aber neigte der Stadtrath in Erwiederung ihres bescheidenen Grußes nur leicht den Kopf und deutete mit einer kurzen Handbewegung auf den neben seinem Schreibtisch stehenden Stuhl. „Sie vermuthen ohne Zweifel bereits, aus welcher Veranlassung ich Ihr Erscheinen gewünscht habe," eröffnete er in einem nichts weniger als liebenswürdigen Tone da- Gespräch. ,'Es wäre mir lieb, wenn Sie dazu beitrügen, diese peinlichen Auseinandersetzungen so kurz als möglich zu gestalten." Er heftete dabei einen so strengen und durchdringen den Blick auf ihr Gesicht, daß sie fühlte, wie ihr trotz ihres reinen Gewissens das Blut in die Wangen stieg. Sie mußte all ihren Muth zusammennehmen, um ihm zu erwiedern, daß sie vollkommen ahnungslos sei, und sie be griff nicht, weshalb bei dieser Antwort die Miene des Stadtraths eine noch unwilligere wurde. „Das thut mir leid," sagte er, „denn ich sehe mich dadurch genöthigt, Dinge auszusprechen, die ich Ihnen lieber erspart haben würde. Sie wissen, daß man vo>i einer Lehrerin nicht nur die Befähigung für ihr Amt, sondern auch einen tadellosen Lebenswandel verlangen muß, wenn ihr vertrauensvoll die geistige und sittliche Erziehung eines Heranwachsenden Geschlechts überlassen werden soll. Ich habe es bei Ihrer Anstellung nicht für nöthig gehalten, das besonder- zu betonen, weil ich mich damals in dem Glauben befand, daß es Ihnen gegenüber dessen nicht bedürfe. Es ist mir sehr peinlich gewesen, mich in dieser Voraussetzung durch meine neuerlichen Erfahrungen getäuscht zu sehen." Helene verstand noch immer kaum, was er ihr eigent lich zum Vorwurf machen wollte; aber die unbestimmte Empfindung, daß sich eine schwere Anschuldigung hinter seinen mit so nachdrücklichem Ernst gesprochenen Worten verbarg, ließ sie im innersten Herzen vor Scham und Ent rüstung erbeben. „Ich muß um eine nähere Erklärung bitten, Herr Stadtrath," brachte sie mühsam hervor. „Beantworten Sie mir gefälligst vorher einige Fragen. Können Sie bestreiten, in Ihrer Wohnung häufig den Besuch junger Herren empfangen zu haben, welche Sie Ihrer ehrbaren Wirthin gegenüber fälschlich als nahe Ver wandte bezeichneten?" Helene war aufgestanden, aber sie mußte sich mit beiden Händen auf die Stuhllehne stützen, weil sie sich einer Ohnmacht nahe fühlte. „Das ist eine Verleumdung!" stammelte sie mit farb losen Lchpe». „Wie komme ich dazu, ein solches Verhör zu bestehen?" „Es steht Ihnen ja frei, mir die Auskunft zu ver weigern. Nur in Ihrem eigenen Interesse wollte ich Ihnen Gelegenheit zu einer Rechtfertigung geben, ehe ich meine Maßregeln treffe. — Sie erklären also jene Behauptung für eine Unwahrheit? Sie habe» niemals einen Herr», dessen Besuch Sie erhielten, für Ihren Verwandten aus gegeben, ohne daß er es gewesen wäre?" Die junge Lehrerin senkte den Kopf und verstummte. „Sie dürfen nicht erwarten, mein Fräulein, daß ich mir dies Schweigen zu Ihren Gunsten deute. E- wäre nur wahrscheinlich niemals eingefallen, mich »m Ihre Privatangelegenheiten zu kümmern, wenn Ihr Verhalten nicht augenscheinlich in weiteren Kreisen Anstoß erregt hätte. ES sind mir im Verlaufe weniger Tage nicht weniger als vier anonyme Briefe zugekommen, die zwar von verschiedenen Absendern herrührten, mit geringfügigen Abweichungen aber die nämlichen Anschuldigungen ent hielten. Die Verantwortung, welche mir mein Amt auf erlegt, ist zu groß, als daß ich diese Zuschriften hätte un beachtet lassen dürfen." Helenens Augen füllten sich mit Thränen, und wie zu einer verzweifelten Bitte erhob sie die Hände. „Ich weiß nicht, Herr Stadtrath, wodurch ich mir den Haß dieser unbekannten Leute zugezogen haben kann. Aber es ist entsetzlich, daß man ihnen Glaube» schenkt. Eine so grausame Beschimpfung habe ich wahrhaftig nicht verdient." „Trotzdem aber mußten Sie mir vorbin, al- ich eine bestimmte Frage an Sie richtete, die Antwort schuldig bleiben." (Fortsetzung folgt.)