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Der kurzen Themenaufstellung folgt eine langsame Variation, die als stimmungsmäßige „Fortspinnung“ des Beginns angesehen werden kann. Dann folgt diesem Andante-Teil der Allegro-Teil des ersten Satzes, der aus vier, sich durch ihre rhythmische Gestaltung unterscheidenden Variationen besteht. In den rhythmischen Energien werden Einflüsse Strawinskys und Bartoks spürbar. Das anschließende, knappe Adagio ist sehr figurativ gearbeitet. Das Andante bringt nach kantablem Beginn große Steigerungen, die sich in dem furiosen Beginn des Finales (Allegro non troppo) fortsetzen. Eine in den Oboen beginnende fugierte Entwicklung sowie Imitationen sind für den brillant abschließenden Satz kennzeichnend. Das Konzert C-Dur für Violoncello und Orchester (Hobokcn-Vcrzeichnis VII b : 1) von Joseph Haydn galt bisher als verschollen. Oldrich Pulkert entdeckte jedoch im Jahre 1961 im Musikarchiv des Nationalmuseums in Prag in dem Fonds Radenin, der vor allem handschriftliche Musikalien aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus der Sammlung des Grafen Filip Frantisek Kolovrat-Krakovsky (gest. 1836) und seiner Familie umfaßt, ein vollständiges handschriftliches Stimmenmaterial zu diesem Werk unter dem verball hornten Namen „heydn“. Als damals die Nachricht von dem bedeutenden Fund durch die tschechoslowakische Nachrichtenagentur verbreitet wurde, erregte sic verdientermaßen beträchtliches Aufsehen in der tschechischen und ausländischen Musikwelt. Nach ein gehendem Quellenstudium und Überprüfung der Originalschrift des Konzertes, also der einzigen bisher existierenden bzw. aufgefundenen, konnte auch vorn Joscph-Haydn- Institut in Köln die gerade angesichts eines solch spät erfolgten Fundes doppelt berech tigte Frage nach der Echtheit des Materials verbindlich beantwortet werden: „Die Echtheit des Werkes ist unbezweifelbar, weil das Thema in Haydns eigenem Werkkatalog (sog. Entwurf-Katalog) notiert ist. Darüber hinaus gestattet der Stil keinen Zweifel an Haydns Autorschaft. Das neuentdeckte Cellokonzert stellt eines der besten Werke aus den 1760er Jahren dar.“ Möglicherweise war die Komposition ein Repertoirestück von dem Violoncellisten Joseph Franz Weigl, dem in der Esterhazy-Kapelle von 1761 bis 1769 tätigen Freund Haydns. Stilistisch steht das Konzert in der Nähe der sinfonischen Werke Haydns aus der Zeit um 1765: Es besitzt deutlich Züge aus der frühen, noch von der Barockmusik beeinflußten Schaffensperiode des Meisters. Haydns Cellokonzert C-Dur, das in unserem heutigen Programm nach zweihundert Jahren der Vergessenheit seine Dresdner Erst aufführung erlebt, erklang erstmals nach der Auffindung am 19. Mai 1962 während des „Prager Frühlings“ in einer Wiedergabe von Milos Sädlo, der von dem Prager Rundfunk sinfonieorchester unter Charles Mackerras begleitet wurde. Das Konzert weist eine für die Entstehungszeit ungewöhnliche zyklische Konzeption auf: Der erste Satz (Moderato) ist in der klassischen Sonatenform, der zweite (Adagio) in der dreiteiligen Liedform, der dritte, das Finale (Allegro molto), wiederum in der Sonaten form geschrieben. Das thematische Material ist einprägsam. Dem Soloinstrumcnt sind alle Möglichkeiten eingeräumt, technisch konzertante Ansprüche mit einem kultivierten musi kalischen Ausdruck zu verbinden. Der Schwerpunkt der Orchesterbegleitung liegt auf dem orchestralen Streichquartett, das lediglich in den Einleitungs- und Schlußteilen sowie in Zwischenspielen mit weiteren Violinen und Blasinstrumenten verstärkt ist. Die The menaufstellung des ersten Satzes (Orchestcreinleitung) bringt zwei Hauptgedanken: ein barock-festliches Thema von entschiedener Haltung, dem sich später in der Durchführung vor allem der Solist zuwendet, und ein zurückhaltend-gesangliches Thema, das mehr dem Orchester Vorbehalten bleibt. Auf die Liedform des zweiten Satzes - mit kontrastieren dem Mittelteil — wurde schon hingewiesen. Ein ausgedehnter Sonatensatz begegnet uns im Finale. Das heiter-freundliche Hauptthema und das seufzende Moll-Thema, das an zweiter Stelle steht, werden vom Soloinstrument und Orchester gleichermaßen ver arbeitet. Das Violoncellok.on^ert b-Moll op. 104 begann Antonia Dvorak am 8. November 1894 in New York, noch während seines Aufenthaltes in Amerika, zu komponieren und schloß die Arbeit im wesentlichen am 9. Februar des folgenden Jahres ab. Nach seiner Rückkehr in die tschechoslowakische Heimat wurde dann der letzte Satz noch entscheidend erwei tert. Auf die Gestaltung des Soloparts nahm der damals berühmte Cellist des Böhmischen Quartetts, Hanus Wihan, dem das Konzert auch gewidmet wurde, wesentlichen Einfluß. Obwohl Dvorak das Violoncello nicht eigentlich liebte - weil es, wie er sich ausdrückte, „oben kreischt und unten brummt“ - schuf er mit seinem h-Moll-Konzert, das eine Sin fonie mit obligatem Violoncello genannt zu werden verdient, eine der schönsten Perlen der Cello-Literatur, da cs dem Solisten alles gibt, was er sich wünschen kann: ausdrucks volle Kantilenen, einen mitreißenden rhythmischen Elan und technische Brillanz. Unter der Leitung des Komponisten erklang das Werk zum erstenmal am 19. März 1896 in London mit dem englischen Solisten Leo Stern, der das Konzert auch einen Monat später in Prag bekanntmachte. Der erste Satz (Allegro) beginnt mit einer längeren, ausdrucksvollen Orchestcreinleitung, die das thematische Material vorstellt, namentlich die beiden führenden Themen: das besonders gelungene erste mit seinem heroisch-kraftvollen Charakter und das lyrische zweite, zunächst vom Waldhorn angestimmte. Beide Themen werden danach auch vom Soloinstrument aufgegriffen. Der Aufbau des ganzen Satzes ist locker, fast rhapsodisch. Der zweite Satz (Adagio) ist eine der schönsten lyrischen Eingebungen Dvoraks. Das gesangvollc Thema erklingt zuerst in den Klarinetten, bevor es vom Solocello aufge griffen wird. Der spannungsgeladene Mittelteil geht in eine Reminiszenz an Dvoraks Liedschaffen über. Der wirkungsvollste Teil des Konzerts ist fraglos das Finale (Allegro moderato) mit seiner Fülle von pathetischen, melancholischen und rhythmisch-zündenden Gedanken. Das Hauptthema drückt die Freude des Komponisten über die bevorstehende Rückkehr in die Heimat aus, das Soloinstrument führt die lapidare Melodie nach kurzem Orchestervorspiel vor. Seitenthemen unterstützen diesen Ausdrucksgedanken (u. a. ein Zwiegesang zwischen Solocello und Solovioline). Dann erklingen Motive aus den vor angegangenen Sätzen (Hauptthema des ersten Satzes, das Adagio-Thema) in träume rischer Haltung, bis mit dem Hauptthema des Finales der jubelnde Ausklang des Werkes herbeigeführt wird. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: 6. und 7. Oktober 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Horst Förster Solist: Igor Oistrach, Sowjetunion (Violine) Werke von Joseph Haydn, Dmitri Schostakowitsch und Ludwig van Beethoven Freier Kartenverkauf 29. und 30. Oktober 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 6. AUSSERO RDENTLICHES KONZERT Dirigent: Gerhard Rolf Bauer, Karl-Marx-Stadt Solist: Juri Bukoff, VR Bulgarien/Frankreich (Klavier) Werke von Carl Maria von Weber, Franz Liszt und Peter Tschaikowski Freier Kartenverkauf 26. und 27. November 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 7. AUSSERO RDENTLICHES KONZERT Dirigent: Heinz Rögner, Berlin Solist: Julian von Kärolyi, München (Klavier) Werke von Hans Werner Henze, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1966/67 - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft, Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 39/144 111 9 5 1,5 966 ItG 009/51/66 4. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1966/67