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UavenMer Anzeiger und Zeitung für Keifersdorf, Groß- und Klemölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdors, Lnban, Borlas, Sv echtritz etc. - Nummer 151. Sommbeud, den L1. Dezember 1895. 8. Jahrgang. Bekanntmachung, die Genehmigung von Gesuchen um Ausspielung beweg licher Gegenstände betreffend. Es ist wiederholt vorgekommen, daß von Vereinen und Privaten Gesuche um Genehmigung zur Ausspielung beweglicher Gegenstände, so spät hier eingereicht worden sind, daß es nicht mehr möglich gewesen ist, die rechtzeitige Einleitung der nach Ziffer 32 Abs. 2 verbunden mit Ziffer 29 Abs. 5 der Ausführungsvorschriften unter zum Reichs- stempelgesetze vom 27. April 1894 von den Steuerbehörden zu treffenden Maßnahmen zu bewirken. Die Königliche Amtshauptmannschaft wird daher künftig Gesuchen, welche nicht mindestens 14 Tage vor dem Beginne der beab sichtigten Ausspielung hier eingehen, schon aus diesem Grunde in der Regel die Genehmigung versagen. Königliche Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt, am 10. Dezember 1895. vr. 8ekmi6t. Bekanntmachung. Im hiesigen Orte w.rden nach eingetretenem Schnee fall die öffentlichen Fahr- und Fußwege außerordentlich häufig von Kindern mit Schlitten und Schlittschuhen be- sahren. So gerne man nun auch den Kindern Vergnügungen dieser Art gönnt, so sind doch die öffentlichen, im hiesigen Orte meist abschüssigen Wege die ungeeignetsten Orte hierzu, da hier nicht nur die Kinder durch die verkehrenden Ge schirre und letztere selbst, sondern auch die Fußpassanten durch die entstehende Glätte außerordentlich gefährdet werden. Es wird daher auf Grund der Miuisterialverordnung vom 9. Juli 1872 das Schlittenfahren und Schlittschuh laufen der Kinder auf den öffentlichen Fahr- und Fuß wegen zur Vermeidung von Unglücksfällen und Verkehrs störungen verboten, dergestalt, daß diejenigen Eltern, welche es unterlassen ihre Kinder von diesein Gebühren abzuhalten mit Geldstrafe oder entsprechender Hast belegt werden. (Nachdruck verboten.) Glück auf! Roman aus dem Harze von O. Elster. (Forlschung.) Der Winter glich in dieser Beziehung ganz dem vor jährigen, als Fredda zum Besuch bei Ella geweilt hatte. Ella halte im Anfang des Winters oft seufzend an jene schöne lustige Zeit gedacht und sie sehnsüchtig^zurück- gewünscht, denn in diesem Winter sollte sie ja als Braut alle jene Vergnügungen entbehren, welche für ihr Glück und Wohlbefinden nun einmal nvthwendig waren. Papa Major hatte die trübe Stimmung seines Lieblings wohl bemerkt. Eines Abends fand er Ella sogar in Thränen vor, als er aus der „Krone" zurückkam. Als er nach dem Grund dieser Thränen fragte, gestand sie ihm schluchzend, daß sie sich einsam und unglücklich fühle, daß sie sich so sehr darnach sehne, einmal wieder fröhlich unter fröhlichen Menschen zu sein. Den Thränen seines Lieblings ver mochte Papa Major nicht zu widerstehen; er bestimmte, daß man trotz der Verlobung an den Vergnügungen, welche die „Harmonie" und die Studentenschaft veran staltete, theilnehmen werde. Jubelnd war ihm Ella um den Hals gefallen, obgleich Tante Lore bedenklich den grauen Kopf schüttelte und meinte, als sie noch jung gewesen, sei eine Braut niemals ohne den Bräutigam zu einem derartigen Vergnügen gegangen. Der Major und sein Töchterchen kümmerten sich aber nicht um die alt modischen Ansichten der Tante. Die Bälle und sonstigen Vergnügungen wurden ebenso eifrig besucht, wie voriges Jahr. Ella war glücklich und ihre fröhliche Laune bewies dem Major, daß er das Richtige mit seiner An ordnung getroffen hatte. In der Gesellschaft zeigte man sich anfangs über das Wiedererscheinen Ella's etwas erstaunt; die junge Herren welt indessen begrüßte das schöne und lebensfrohe junge Mädchen mit großer Freude. Eifriger denn je um schwärmte man Ella und namentlich John Lee war es, welcher sie in falt übertriebener Weise auszeichnete. Tante Lore wollte oft Einsprache gegen dieses wenig passende Benehmen des Engländers erheben, Ella meinte aber lachend : „Laß doch dem armen John Lee sein Vergnügen, Tante Lore. Ich bin ja verlobt und da hat es keine Gefahr mehr." Dennoch empfand sie ein unbehagliches Gefühl, Auf Grund eines mit dem Wirthschaftsbesitzer und Zimmermann Herrn Friedrich Liebscher hier ge troffenen Abkommens können die Kinder auf der Herrn Liebscher gehörigen, hinter seinem Hausgrundstück gelegenen Wiese ungestört Schlitten fahren, auch werden die Haus besitzer gebeten ihre Gärten zu diesem Zwecke den Kindern mehr als bisher zur Verfügung stellen zu wollen. Rabenau, am 18. Dezember 1895. Der Bürgermeister. Aus unserer Gegend. — Sonntag, den 22. Dezember d. Js. wird bei hie sigem Postamte der Verkehr mit dem Publikum am Post- Schalter wie an Wochentagen, jedoch mit Ausnahme der Zeit, in welche der Vormittagsgottesdienst fällt, abgehalten werden. Auch die Orts- 'und Landbestellung, kommt an diesem Tage wie an Wochentagen zur Ausführung. Da gegen wird am 25. Dezember — 1. Feiertag — der Post dienst wieder wie gewöhnlich an Feiertagen abgehalten. Ausgenommen hiervon ist nur die Orts-Packetbestellung, welche an diesem Tage ebenso wie an Wochentagen statt finden wird. Die Landbestellung hat am 1. Wcihnachts- feiertage ganz zu ruhen. Bei dieser Gelegenheit wird das Publikum im eigenen Interesse ersticht, die Weihnachtspackete möglichst frühzeitig zur Ablieferung zu bringen. — Auswärtige Diebe scheinen in unserem Städtchen Gastrollen zu geben. Schon seit einigen Tagen sollen in verschiedenen Sladttheiten Einbrüche versucht, jedoch die Diebe durch den Lärm der Hausbewohner an der Ausführung verhindert worden sein. So wurden der Por tiersfrau Baumgart gestern Rachmittag von dem Holz- Platz der Fabrik ein gestreiftes Barchentbetttuch und ein großer Ueberzug gestohlen. Hoffentlich gelingt es der Polizei, die Diebe baldigst dingfest zu machen. — Zum 3. Wcihnachtsfeiertag steht uns ein künst lerischer Genuß bevor, indem es dem Amtshofwirth Herrn Franke gelungen ist, die hier so beliebte Kapelle des 13. Freiberger Jäger-Bataillons zu einem Concert zu ge- welches nur allzu sehr der Reue glich, als kurz vor Weihnachten ein Brief Frederigo's eintraf, welcher meldete, daß er auf das Weihnachtsfest drei Tage Urlaub er hallen habe und sich unsäglich freue, diese Tage bei Ella verleben zu können. Sie fühlte sehr wohl, daß sie Un recht gethan hatte, sich den gesellschaftlichen Vergnügungen hinzugeben, während ihr Verlobter in harter Arbeit um ihre Zukunft rang. Dann aber wart sie trotzig das Köpfchen zurück und flüsterte: „Wäre Alles noch wie früher, dann hätte ich nicht nöthig, ohne Frederigo die Vergnügungen zu besuchen. Ich kann doch nichts dafür, daß er fein Vermögen verloren hat und nun die Ver gnügungen verachtet, bei denen er sonst stets der Erste war." Es war am Nachmittag des heiligen Abends. Das kleine Haus des Majors war festlich geschmückt. Es roch darin nach frisch gebackenem Kuchen, wie in einem Bäcker laden. Die sauberen eben aufgesteckten Gardinen hingen in gleichmäßigen Falten vor den blitzblank geputzten Fenstern. Tante Lore hatte den ganzen Tag in der Küche gekocht und geschmort; der Gänsebraten sollte heute Abend ganz besonders gut ausfallen, kam doch ihr lieber, guter Frederigo um 6 Uhr an. Der Weihnachtsbaum stand aufgeputzt in der besten Stube, die blitzenden Silberkugeln und die feinen Marzipansachen sahen schmuck und ver führerisch zwischen den dunklen Zweigen hervor, welche säuberlich mit weißer Watte belegt waren, sodaß es schien, als komme der Baum soeben aus dem tief verschneiten Walde. Ella hatte für Frederigo einen prächtigen Teppich gestickt, bei welcher Arbeit Tante Lore allerdings sehr fleißig hatte helfen müssen, um sie fertig zu stellen. Ella hatte zu viel mit den Vorbereitungen für die Weihnachts aufführung in der Harmonie zu thun gehabt, sollte sie doch die Hauptrolle des Schneewittchen spielen. Noch heute Nachmittag war Generalprobe gewesen und Ella war kaum zur rechten Zeit auf den Bahnhof gekommen, um Frederigo zu empfangen. Frederigo hatte sie mit warmer Herzlichkeit in die Arme geschlossen. Ella entwand sich jedoch rasch seiner Umarmung und sprach leicht schmollend: „Aber, Frederigo, hier vor allen Leuten! Was soll man von uns denken?" Erstaunt sah Frederigo sie an, er hatte sich den Empfang anders ansgemalt. Tante Lore begrüßte ihn mit aller Herzlichkeit und wahrhaft inniger Freude. Der Major schüttelte ihm kräftig Winnen. Die Kapelle wird in ihrer Gesammtstärke unter persönlicher Leitung ihres Dirigenten auftreten. Kauft am Orte! Diese schon einmal an unser Publikum gerichtete Mahnung möchten wir für die letzten und hauptsächlichsten Verkaufstage vor Weihnachten noch mals eindringlich wiederholen. Der in der Kleinstadt woh nende Mann ist leider mir zu oft von der unglücklichen Manie behaftet, Alles, was innerhalb seiner Mauern pro- duzirt oder verkauft wird, mit einem geringschätzigen Achsel zucken anzusehen, um sich bei seinen Einkäufen an eines der großstädtischen Magazine, an einen der Schleuderbazare, oder Konsum-Vereine zu wenden, die von Dresden aus die ganze Umgegend mit Katalogen und Anerbietungen überschwemmen. Wenn man bedenkt, was ein Dresdener Kaufhaus für Lasten (Miethen, Löhne, Gehälter) gegenüber einem Provinzgeschäft zu tragen hat, so muß ein einfaches Nachdenken fchon besagen, daß der Großstädter nicht so preiswerth verkaufen kann, wie der Kleinstädter. Außer dem wählt der erstere nicht selten die Landbezirke als Absatz gebiete für unmoderne, fehlerhafte und minderwerthige Waare, weil er der Meinung ist, die Leute vom Lande seien beschränkt genug, sich derartige Sachen aufbinden zu lassen. — Es ist ein alter Grundsatz, daß man, besondere entschuldbare Fälle abgerechnet, auch da sein Geld lassen soll, wo man dasselbe verdient. Denn leben und leben lassen ist eines der vornehmsten Prinzipien, die den Reichen ebenso zieren, wie den Armen, den Ungebildeten wie den Gebildeten, den Kleinen wie den Großen. Ein Gang durch die Straßen unseres Städtchens an den hellerleuchteten Läden, an den mit allerhand Kostbarkeiten gefüllten Schau fenstern vorüber, zeigt, welche Mühe sich ein jeder Geschäfts mann gegeben hat, um konkurrenzfähig auf dein Wtih- nachtsmarkte zu erscheinen. Gegenüber solchen Anstreng ungen, die auf ein herzliches Entgegenkommen seitens deS Publikums rechnen, würde es unverzeihlich sein, wenn dieses Publikum die Hoffnungen der Geschäftsleute durch Einkäufe in der Großstadt hinterginge. Darum richten wir noch einmal die Mahnung an alle Einwohner unseres Städtchens: Kauft am Orte. die Hand nnd meinte, er sähe recht wohl und stattlich auS aber Frederigo vermißte den warmen Ton, welcher sonst in den Worten des Majors gelegen halte. Ein unbestimmtes Etwas schien sich entfremdend zwischen ihm und Ella, sowie deren Vater eingeschvbcn zu haben. Das unbehagliche Erstaunen ward noch vergrößert, als Ella zu ihrer Tante sagte: „Die Generalprobe ist vortrefflich ausgefallen," und sich dann zu ihrem Verlobten wendend hinsetzte, „hab' ich Dir schon geschrieben, Frederigo, daß ich am ersten Festtag bei der Aufführung in der „Harmonie" mitwirke?" Betroffen schaute ihr Bräutigam sie an. „Wie," ent gegnete er, „Du willst am ersten Feiertag Theater spielen? Du hast mir nichts davon geschrieben. Es ist mir nicht angenehm, ich hatte mich so darauf gefreut, mit Euch allein das Fest zu verleben. Was sollen wir dort unter den gleichgittigen Menschen? Laßt uns hier bleiben, Ella?" Er streckte ihr bittend die Hände entgegen, doch Ella schien es nicht zu bemerken, sie wandte sich ab und sagte kurz: „Ich kann nicht mehr zurück. Was sollte man von mir denken, wenn ich jetzt im letzten Augenblick absagen würde." „Ella, mir zu Liebe . . ." „Du verlangst Unmögliches. Außerdem finde ich eS nicht sehr rücksichtsvoll von Dir, diese Forderung an mich zu stellen. Ich habe lange genug hier einsam und allein gesessen, ich ertrage es nicht meyr, die Einsamkeit erdrückt mich! Die Nolle einer wartenden Braut ist gerade nicht sehr interessant.'' Starr blickte Frederigo auf seine Verlobte. War das noch dieselbe freundliche, liebenswürdige, hingebendc Ella, wie er sie vor einem Jahre kennen und lieben gelernt hatte? „Ella," rief er erschreckt aus, „was sprichst Du da?!" Ella zuckle mit den Schultern und trat an den Blumentisch, sich über eine eben aufgeblühte Monalsrose beugend. In diesem Augenblick erklang die Glocke in dem Nebenzimmer und Tante Lore öffnete die Flügelthüre. Strahlend im Glanze der Lichter stand der WeihnachtS- baum da, ein irischer Tannenvuft erfüllte das Zimmer, in dessen Mille ein gro^e Ttsch bedeckt mit den Geschenken für Ella, Frederigo und Tante Lore sich befand. Der Unmnth, welcher sich in Ellas Herz geschlichen Halle, machte eurer weicben Stimmung Platz, welche noch durch die ernsten Klänge der Glocken, welche von der nahen Kirche herübertönten, verstärkt wurde. (Forts, f.)