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' Psg- ustern. mko. leüurg- und Jeitnng für Seifersdorf, Groß- und Klemölsa, Obernaundorf, Hamsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete. Nummer 31. Dienstag, den 16. März 1897. 10. Jahrgang. also kehrte ich wieder nm. Als mir auf dem Newsky plötzlich das Schild eines französischen Apothekers ins Auge fiel, dachte ich, Bewußt losigkeit sei besser als die Empfindungen, die mich jetzt durchtobten, und trat ein. „Ich leide an Schlaflosigkeit," tagte ich zu dem jungen, französischen Apotheker, der nach meinen Wünschen fragte, „und bedarf dringend der Nachtruhe. Können Sie mir etwas geben, was den gewünschten Erfolg herbei führt?" „Natürlich," erwiderte er, „ich werde Ihnen einige Pulver zurecht machen." Während er damit beschäftigt war, unterhielt ich mich mit ihm, um mir meine Gedanken aus dem Sinn zu schlagen. „Wie lange wird die Wirkung wohl auf sich warten lassen?" fragte ich. „Wahrscheinlich eine Stunde." „Das ist lange. Läßt es sich nicht beschleunigen?" „Gewiß, nehmen Sie zwei Pulver, dann wirkt es in einer halben Stunde." „Und wenn ich drei nehme?" fragte ich, denn es lag mir daran, meiner Gemüthsverfassung zu entrinnen. „Drei? Vermuthlich thun drei schon in einer Viertel stunde ihre Wirkung, ober drei " „Könnten gefährlich werden?" „Das schwerlich," sagte der junge Mann nachdenk lich, „aber trotzdem möchte ich Ihnen nicht zu dreien rathen?" „Und im Fall einer allzugroßen Dosis?" fragte ich, denn ich bin immer gern unterrichtet über das Hand werkszeug, mit dem ich arbeite. „Dann nehmen Sie die gewöhnlichen Gegenmittel gegen Opium." „Und das sind?" „Kaffee, unaufhörliche Bewegung und im Nothfall Belladonna." Damit händigte er mir die Pulver ein und bemerkte: „Das wird für mehrere Abende genügen." „Würden Sie Anstand nehmen, mir Belladonna zu geben ?" „Gewiß nicht bei einein Herrn von Ihrer Stellung." Damit füllte er mir ein kleines Fläschchen. „Wie viele Tropfen sind davon zu nehmen?" „Zehn, was nöthigenfalls innerhalb einer Stunde zu wiederholen ist." Ich bezahlte und verschluckte sofort eines der Pulver. Dann begab ich mich wieder nach dem Gasthof und nahm, in mein einsames Zimmer zurückgekehrt, ein zweites Pulver. Einmal im Belt, verlor ich die Empfindung für meine Lage — ich schlief ein. Am andern Morgen schien die Sonne in mein Ge mach, als ich erwachte, und ich fühlte mich nahezu glück lich und fürchtete weder die geheime Polizei, noch den Zaren, ja, das gräßliche Gequike einer Drehorgel klang mir wie die schönste Musik in der italienischen Oper. O Opium, welch lieblicher Tröster der leidenden Menschheit bist du! „Ich stand auf, kleidete mich an und ging in's Wohn zimmer, wo ich einen verlassenen Frühstückstisch vorfand; die gnädige Frau hatte schon gefrühstückt und war aus gegangen, wie mir der Kellner mittheilte. Rasch nahm ich eine Tasse Kaffee und ein weiches Ei zu mir, tröstete mich über meine gestrigen Mißempftn- dungen mit dem Gedanken, daß ich in aller Bälde meine vfficielle Frau von hier fortbringen und dadurch Saschas Herz brechen würde, und verfügte mich sofort zu meinem Anwalt, mit dem ich fast den ganzen Tag verbrachte. Die nöthigen Papiere zur Abwicklung der Angelegenheiten meiner Tochter lagen zur Unterschrift bereit, und ich setzte als ihr Vertreter meinen Namen darunter, so daß ich, soweit diese Angelegenheit in Betracht kam, St. Peters burg verlassen konnte. Ich schlenderte nun nach dem Gasthof zurück, um Helene ihre Koffer packen zu heißen. Vor der Thür unseres Empfangszimmers stieß ich auf Fräulein de Launay. „Die gnädige Frau ist nicht zu Hause; ich sprach im Auftrag Frau von Weletsky's hier vor, die um die Adresse der Pariser Putzmacherin Ihrer Frau Gemahlin bitten läßt," erwiderte die junge Dame auf meine fragenden Blicke. „Meine Frau wird die Adresse schicken, sobald sie heimkommt," sagte ich, „da wir morgen von hier abreisen." „Morgen?" rief die Erzieherin erleichtert aus. „Gewiß! Meine Empfehlungen an Frau Wcletsky, und theilen Sie ihr, bitte, dies mit." „Morgen," wiederholte die Französin leise, als wäre die Neuigkeit zu gut, um sie glauben zu können, und ent fernte sich mit glänzenden Augen und leichten Schritten. Da Helene nicht da Ivar, verfügte ich mich ins Bureau des Gasthofes, gab meine Aufenthaltskarte ab und bat, für Herrn und Frau Oberst Lenox Pässe zur Reise ins Ausland besorgen zu lassen. „Gewiß," jagte der Secretür, „und mit welchem Zug werden die Herrschaften reisen?" (Forschung folgt.) Eingegangen ist: Reichs-Gesetzblatt Nr. 5. Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Alkali- Chromaten. Nr. 6. Verordnung, betr. Beschränkungen der Einfuhr aus Asien. Nr. 7. Verordnung, betreffend die Gerichtsbarkeit der deutschen Konsuln in Eypten. Bekanntmachung, betreffend die Gestattung des Feil bietens von Obstbäumen im Umherziehcn. Nr. 8. Verordnung, betr. die Tagegelder und Fuhrkosten von Beamten der Verwaltung des Kaiser Wilhelm-Kanals. Diese Eingänge liegen 14 Tage lang zu Jedermanns Einsicht hier aus. Rabenau, am 15. März 1897. Der Bürgermeister, wmis. Vermischtes. — Kaiser Wilhelms I. Lieblingsblume war bekannt- jür l'ch die blaue Kornblume. Wie er dazu gekommen ist, weisen ^ gerade diese Blume zu wählen, erzählt Herr Paul Pasig miäusch^- in seiner Schrift: „Der große Kaiser in seiner menschlichen Größe" in folgender Weise: Lassen wir uns von dem >?, Kaiser selbst sagen, wie er zu dieser Lieblmgsblume kam. „Als meine Mutter mit mir," so erzählte er einst, „und Zabrika!^ meinem Heimgegangenen Bruder von Memel nach Königs- berg floh in jener schweren Zeit zu Anfang unseres Jahr- s k k k« Hunderts, traf uns das Mißgeschick, daß ein Rad des ^^^IWagens im freien Felde zerbrach. Ein Ort war nicht zu —^erreichen. Wir setzten uns an einen Grabcnrand, während ^der Schaden, so gut es eben gehen wollte, ausgebcssert iner BaMard. Mein Bruder und ich wurden durch die Verzögerung elbalgeck^Nlüde und hungrig, und besonders ich, der ich ein kleiner, mal 13 YÜ—i , (Nachdruck verboten.) Meine officielte Fran. 15 cm) zen Nach^ ouisbukS schwächlicher, zarter Bursche war, machte meiner theueren Mutter viel Noth mit meinen Klagen. Um unseren Ge danken eine andere Richtung zu geben, stand die Mutter a - , zeigte uns die vielen schönen blauen Blumen in den Fcwcrn und forderte uns auf, davon zu sammeln und ihr dieselben zu bringen. Dann wand sie Kränze davon und wir schauten mit Freuden ihren geschickten Händen zu- Da bei mochte der Mutter wohl die ganze traurige Lage des Landes, ihre eigene Bcdränguiß und die Sorge um der Söhne Zukunft wieder einmal schwer aufs Herz fallen, denn langsam rann aus ihren schönen Augen Thräne um Thräne und fiel auf den Kornblumenkranz. Mir ging diese Bewegung meiner treuen Mutter tief zu Herzen; meinen eigentlichen kindlichen Kummer vergessend, versuchte ich sie durch Liebkosungen zu trösten, wobei sie den von ihren Thränen glänzenden blauen Kranz mir auf's Haupt setzte. Ich war damals 10 Jahre alt, doch mir ist diese rührende Scene unvergeßlich geblieben, und erblicke ich jetzt im hohen Alter die liebliche blaue Blume, so glaube ich die Thränen der treuesten aller Mütter darin erglänzen zu sehen, und liebe sie deshalb wie keine andere." — Eine» Fächer für 400 000 Mark hat der ameri kanische Millionär Howard Gould, ein Sohn des verstor benen Silberkönigs Jay Gould, seiner Braut, der ehe maligen Schauspielerin Neiß Katherine Clemmons, geschenkt. Dieser extravagante Fächer wurde in Paris hergestellt, wo bei nur die ersten Künstler betheiligt waren. Es ist ein Empire-Fächer, dessen Gestell aus Elfenbein gefertigt ist, welches mit acht Miniatur-Gemälden, Copien berühmter Meister, bedeckt ist. Jeder der Fächerstäbe ist 6^ Zoll lang, am Griff kunstvoll geschnitzt und oben abgerundet. Der Beschlag ist von Gold, das Ganze mit Diamanten übersät. Der ganze Fächer ist das Werk von acht der berühmtesten Künstler der Jetztzeit und kostet rund 100000 Dollars, so daß sich Miß Clemmons rühmen kann, den kost barsten Toilette-Artikel der Welt zu besitzen. — Recht resolut hat sich die Bäuerin T. in dem Dorfe Wendlitz gezeigt. Ihr Mann hatte im Kreise von Bekannten das Wirthshaus ausgesucht und dort des Guten zu viel gethan, worauf die Gejellschaft beschloß, ihn seiner Frau auf einer Schubkarre heim zu bringen. Davon hatte die T. Wind erhalten und kurzer Hand sich entschieden, den Schimpf von sich abzuwenden. Kaum hatte die lustige Gesellschaft die Straße betreten, als Frau T. mit einem Gegenstand, der einem Besen unheimlich ähnlich sah, auf die Begleiter ihres Mannes einschlug und sie in die Flucht trieb, dann aber den geliebten Ehemann sicher nach Hause brachte. Mit diesem Siege noch nicht zufrieden, erstattete sie bei einem Gendarmen Anzeige über den Vorfall, und die Polizei hat zu scharfen Maßnahmen gegriffen. Nicht nur dem in Betracht kommenden, sondern auch dem zweiten im Orte concessionirten Gastwirth ist Polizeistunde auf 10 Uhr auferlegt worden, deren Durchführung mit aller Strenge betrieben wird. Außerdem haben die an jenem Abend anwesend gewesenen Gäste Strafbefehle über je 10 Mark erhalten. Damit sind diese aber durchaus nicht ein verstanden, und so wird die Kneip-, Besen- und Schub karrenangelegenheit demnächst das Gericht beschäftigen. — Eine jener grauenvollen Unthaten, die den Bochumer Jndustriebezirk in den letzien Jahrzehnten so viel fach in Verruf gebracht haben, ist am Montag wieder in Harpen verübt worden. Eine Anzahl junger Leute aus der dortigen Gemeinde waren hier zur Aushebung gewesen und hatten, wie gewöhnlich, den Tag über sich in den Wirthshäujern Herumgetrieben. Einer von ihnen spielte die Harmonika und machte mit derselben die Marschmusik. Als die Gesellschaft dann am Abend nach Harpen zurück kam, weigerte sich jener weiter zu spielen und aus Wuth hierüber schnitt ihm einer der Betheiligten buchstäblich den Hals durch. Als ärztliche Hilfe kam, war der Unglückliche, der nur noch wenige Augenblicke gelebt hatte, bereits todt. Der Thäter wurde verhaftet. Roman von Col. Richard Henry Savage. n „Ich will den Brief . , Er hielt Helene für meine Frau — sie trug meinen flamen, und ein Mangel an Achtung ihr gegenüber war j)LNUll' bensv beleidigend für mich, wie wenn sie meine wirkliche -——Gattin gewesen wäre. Ich verfügte mich in mein Zimmer <nd fuhr mit der Hand in die Tasche meines Frackes, p im Saschas Bries herauszunehmen. O Jammer und Elend — er war fort! Die hübschen -ändchen meiner Sirene hatten mir das Villetdoux wieder Flctk. ntwendet, während sie mich im Wagen liebkoste — daher — 7-^ie vorübergehende Zärtlichkeit! enan. Ich mußte den Brief haben — ich stürzte nach der flattb I^E ihres Zimmers zurück und hörte verwundert, daß c das „8trcr sxnnAtvä Lanner" jang und zwischen die c tür hinein kicherte. „Den Brief!" rief ich hinein. . aben!" «Er ist nicht mehr da, Schatz, ich habe ibn vernichtet, " ang es mir zurück. SwN'" "Dann wünsche ich sie zu sprechen!" ries ich. - g, . „Morgen früh, mein Geliebter! Jetzt legst Du Dich sagte sie, „dann wirst Du wieder ver- ' ' ünftig werden. Heute Abend gebe ich Dir gar keine ntwort mehr. Nochmals gute Nacht, lieber Schatz." ltN'kt „Schlafen!" Wie konnte ich schlafen mit der Wuth, :r Eifersucht, dem Wahnsinn, die mich verzehrten. Ich Zimmer auf und ab und schleuderte Flüche auf noiräwei^^^ Haupt. Ich erstickte fast in dem Naum, deshalb ihm ich meinen Ueberrock und stürzte aus dem Zimmer id aus dem Haus und rannte nun in der Straße auf >l. dmubelsd ab, während jeder Polizist, der an mir vvrbeikam, ich an die Gefahr erinnerte, worin ich schwebe um dieses leides willen, das mich zu verhöhnen und zu verachten »a: agte. Nachdem ich eine halbe Stunde auf und ab gewandert ar, dachte ich daran, in den Jachtklub zu gehen, aber r seinen glänzend erleuchteten Portalen hielt ich :eder inne. Dort würde ich jedenfalls Sascha treffen und könnte r leicht eine unüberlegte Handlung zu Schulden kommen Vouvock' ^n, vielleicht ihn fordern, und dadurch eine Untersuchung canlaffen, die syx verhüngnißvoll werden konnte —