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Memuer Anzeiger ili i'UN i tadt! efördst iarte 10. Jahrgang. Dienstag, den 23. Februar 1897. r. 3. Nummer 22. chts zen, und id al» Z Zeitung für Keifersdorf, b«>Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete. Aus unserer Gegend. — In unserer Stadt hat dar Deubener Elektrizitäts- L.verk zu Beleuchtungszwecken schon recht erfreulichen und - L-wm besten Erfolg gekrönten Anschluß gefunden. So hat « »leuerdings ein vielbesuchtes Schanklokal, unsere „Gar- - üche", in allen zur Wirthschaft gehörigen Räumen sich ? ^nit diesem Lichte versehen lassen und hat dadurch Herr llfred Lotze, welcher erst kürzlich Besitzer der „Gar- üche" geworden ist, durch die mit vielen Unkosten ver- nüpfte Lichtanlage den Beweis geliefert, daß er hinter mderen Wirthen nicht zurück stehen will, um seinen Gästen >en Aufenthalt bei ihm zu einem angenehmen zu schaffen. — Ein höchst bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich m hiesigen Orte. Der Stuhlbauer Richter aus Ober mundorf, bei Herrn Oskar Zimmermann beschäftigt, kam nit der rechten Hand in die Hobelmaschine und wurden müge Finger so beschädigt, daß dieselben von Herrn Dr- Zchellhorn abgenommen werden mußten. — Die Musterung der im laufenden Jahre an- >1 lwber. ^meldeten und aufhältlichen Militärpflichtigen findet für -NII U.ue Orte des Amtsgerichtsbezirks Tharandt am 9., 10. !k. s.-- ind 11. März dS. Js. im Albertsalon zu Tharandt statt, bessere — Her hiesige Gewerbeverein feiert Donnerstag vonMk"^ 25. Februar sein diesjähriges Stiftungsfest im Saale Mk. Amtshofes. Abweichend von der in früheren Jahren ^4 an u. ibtichen Tafel, hat das Festcomitee genannten Vereins be- 4'— s chlossen, diesmal ein flottes Theaterstück zur Aufführung d" ;u brmgm, dem sich dann ein Ball anschließen wird. Ile. Lösten wir, daß dem Comitee für seine vielen Bemühungen )urch eine recht zahlreiche Betheiligung die verdiente An- 'E .'rkennung ausgesprochen werden möge. — Bei schönem Wetter und auf tifchplatten Wegen II. u. pazieren zu gehen, ist kein Kunststück, aber in jetziger Zeit ruf Schusters Rappen durch Feld und Wald zu streifen, . w etwas hat Anspruch auf Anerkennung. Am vergangenen Sonntag hat der Turnverein I eine derartige Leistung 'ertig gebracht. Derselbe unternahm Mittags 1 Uhr eine (Nachdrml verbalen.) Meine offieielle Fran. Roman von Col. Richard Henry Savage. „Nein, nein!" stammelte ich, dann faßte ich mich und verlangte, nach dem Jachtclub geführt zu werden. Ein Diener geleitete mich die Treppe Hinab; zwei Thürsteher verbeugten sich vor mir nnd flüsterten in russischer Sprache mit einander, während sie mir nachsahen. Konnten auch sie Spione sein? Ueberall erblickte ich nur noch Schreck gespenster. Mein Begleiter winkte nun einen Wagen herbei, und als er dann die Hand nach seinem Trinkgeld ausstreckte, verbeugte er sich tief, aber in seinem Blicke schien mir Verdacht zu liegen. Selbst der Zuruf, womit der Kutscher seine Pferde antrieb, machte mich erbeben. Wenige Augenblicke später betrat ich den vornehmsten und — wenn man erst zugelassen ist — auch den gast freiesten Club von St. Petersburg. Dank der Vorsorge Constantin Weletskh's lag meine Einführungskarte bereit, und bald befand ich mich in dem üppig ausgestatteten Gemach, wo so hoch und leichtsinnig gespielt wird wie sonst nirgends in Europa, ja vielleicht in der ganzen Welt. enau. b^ 10N8. ttel. Eucali- Pfg. ber. au. uc. 8, inölsa. lerisch, isabeth wthold Bald hatte ich unter all' den glänzenden Uniformen, mit denen der Speisesaal gefüllt war, Boris heraus gefunden, der mir mit herzlicher Gastfreundschaft entgegen kam und mit seiner Seemannsstimme rief: „Die gnädige Frau war wohl ermüdet, und Sie kommen, um mit uns eine lustige Nacht zu verleben? Sascha ist schon beim Spiel" — er warf einen Blick nach dem Baccarattisch, wo sein Bruder in aufgeregter, slavischer Weise spielte — „deshalb werde ich mir erlauben, Sie mit unseren Freunden bekannt zu machen, Sie sind ihnen schon nicht mehr fremd — Ihre Frau hat Sie berühmt gemacht. Damit stellte er mich einer Menge von Petersburger Berühmtheiten vor, von denen der amerikanische Oberst sehr gut ausgenommen wurde, der ihnen — wie sie sich ausdrücklen — die Schönheit der kommenden Saison ge bracht und „Paris in Trauer versetzt hatte, um St. Petersburg zu beglücken." In dieser Gesellschaft, bei Cigarren aä libitum und dem Lieblingsgetränk der nordischen Hauptstadt, wohlge kühltem Champagner uä imuseum verbrachte ich eine wilde Nacht. Ich suchte meine Angst zu ertränken und meine Nerven mit Nicotin zu betäuben. Dann setzte ich ein paar Rubel und gewann; und bald lagen soviel Bank- Winterparthie über Großopitz nach Tharandt. Winterlicher Schnee gab es dabei freilich nicht viel, dafür aber desto- mehr aufgeweichte Muttererde, welche sich mit liebender Anhänglichkeit an die Füße der Wanderer anschmiegte. Trotzdem zog die Schaar Wohlgemuth vorwärts, wobei sie auf der Höhe des Hirschbergs deu plötzlichen Durchbruch einer Wassermasse beobachtete, welche in der Tiefe des Erdreichs sich wahrscheinlich in größerer Menge angesam melt hatte. Nachdem der Lauf der mit reißender Schnellig keit den Weg einnehmenden Fluthen eine Zeit lang verfolgt worden war, wurde auf dem „Heiteren Blick" eine ein stündige Nast gehalten und ein daselbst bereits eingetroffenes Vereinsmitglied begrüßt. Nach Aufbruch hielt man gegen 4 Uhr Einkehr im „Erbgericht" zu Tharandt und auf dem Nachhauseweg wurde dem im Gasthause zu Eckersdorf statt findenden Bratwnrstschmaus Beachtung geschenkt und gegen 8 Uhr frisch fromm froh und frei die Heimath wieder erreicht. — Zur Warnung für Hundebesitzer. Im Untersuchungsgesüngniß des Kgl. Landgerichts in Chemnitz hat der wegen Verdachts der Anstiftung zum Meineid ver haftete, Ingenieur Emil Thormeyer aus Aschersleben Selbst mord verübt. Der Unglückliche hatte bei seinem Aufenthalt am Technikum Mitweida eine Haftstrafe von 14 Tagen zuerkannt erhalten, weil er zur Zeit der dort herrschenden Hundesperre seinen Hund frei umherlaufen ließ. In der hiergegen eingelegten Berufung benannte Thormeyer mehrere Zeugen, die bestätigen sollten, daß der Hund gar nicht ihm, sondern seinem Bruder gehörte. Die Hauptverhandlung wurde aber vertagt und Thormeyer vor einigen Tagen verhaftet. — Ein wunderliches Stückchen von-Aberglauben der Koreaner wird aus ihrer Hauptstadt Söul gemeldet. Am 26. Dezember vorigen Jahres verlief sich ein Fuchs in den Park des königlichen Palastes, wurde aber von den Soldaten der Leibwoche Vertrieben. Darauf floh der Fuchs in den Garten des Kriegsmiuisteriums. Auch von dort noten vor mir aufgehäuft, das ich in den nächsten Tagen das allerverschwenderischste Leben hätte führen können. „Lieber Oberst, kommen Sie und bringen Sie mir amerikanisches Glück — die russische Sorte ist mir aus gegangen," rief Sascha vom andern Ende des Tisches, wo ihm das Glück Übel mitgespielt hatte. Gleich darauf spottete er: „Glück im Spiel, Pech in der Liebe!" „Aber, Sascha," rief ein junger Mann, der neben ihm saß, „dann dürftest Du am Baccarattisch gar nichts mehr wagen, seit die Ballerina auf einen Wink von Dir einem Großfürsten den Laufpaß gegeben hat!" „Das will ich auch nicht mehr," rief Sascha und warf mit einem unterdrückten Fluch die Karten hin. Bald nachher verließ er den Tisch, und ich erfuhr, als er ihm kaum den Rücken gedreht hatte, daß sich Major Sascha Weletsky selbst in dieser ausschweifenden Hauptstadt des Rufes erfreute, der ärgste und erfolgreichste Don Juan zu sein, der je in der Adelsgarde hinter dem Zaren geritten sei, was etwas heißen will für einen noch nicht achtundzwanzig Jahre alten jungen Mann. „Du solltest der wankelmüthigen Göttin entsagen," warnte Boris seinen verworfenen Bruder. „Wenn Du so zügellos spielst, könnte es leicht dem Zaren zu Ohren kommen, der es nicht liebt, wenn seine Offiziere am Spiel tisch allzu bekannte Persönlichkeiten werden." „Pah," rief Sascha, „kein Gentleman würde mich anzeigen und die Dienerschaft —" „Besteht zur Hälfte aus Spionen. Also nimm Dich in Acht!" Bei dem Wort „Spionen" überkamen mich all' meine Aengste und Schrecken von neuem; doch ich versuchte, sie wegzulachen und bemerkte: „Vermuthlich fällt Baron Friedrich selbst ab und zu bei Euch ein?" „Was? Diese Canaille?" rief Alexander, den offen bar der Weingenuß unvorsichtig machte. „Der kommt hier nicht herein, außer in Dienstangelegenheiten oder auf Befehl des Zaren. Der kaiserliche Jachtclub läßt keinen deutschen Emporkömmling zu, sei er auch ein noch so ge wiegter Polizeibeamter. Ah, da ist ja Platvff! Von diesem Kosacken gewinne ich immer." Damit kehrte Sascha an den Spieltisch zurück, während Boris sagte, er wolle mich zu meinem Gasthof zurückbegleitcn. Als wir aus dem Club traten, dämmerte schon der Morgen herauf. Unterwegs sprach der Marinelieutenant mit der Vertraulichkeit eines Verwandten über seinen Bruder. „Er führt ein sehr wildes Leben," sagte er, „aber wir hoffen alle, daß ihn die Ehe bändigen wird. Ich hinausgejagt, rannte er in den Garten des Unterrichts ministeriums, wo ihn das gleiche Schicksal traf. Da flüch tete er sich noch in den Garten des Justizministeriums, und als er auch von hier verscheucht wurde, suchte er wieder das Freie auf. Diese an sich ganz harmlose Begebenheit erhielt aber in den Augen der Koreaner eine ganz wunder bare Bedeutung. Man glaubt nämlich in Korea, wie auch noch vielfach bei den ungebildeten in Japan, an einen Fuchsgott, und in diesem Falle sollte Gevatter Reinecke den Geist der feurigen koreanischen Jugend darstellen, die schon seit über Jahr und Tag sich nicht verheirathen darf, weil der König verwittwet ist und sich auch nicht eher ver mählen darf, als bis die verstorbene Königin mit allen ihrer Würde gebührenden Ehren und Feierlichkeiten öffent lich bestattet wird. Nun herrschte schon einige Tag vor dem Erscheinen des bewußten Füchsleins unter dem Volke in Söul das Gerücht, der König werde am 28. Dezember in seinen Palast zurückkehren. Deshalb erschien auch der Fuchs schon vorher im Palaste, um sich zur Audienz beim Kötiig anzumelden und ihn zu bitten, die todte Königin feierlich bestatten zu lassen und eine zweite Gemahlin zur Königin zu erheben. Als man ihn aber aus dem könig lichen Parke Vertrieb, wollte er sich beim Kriegsministerium Hilfe erbitten, und als man ihn dort ebenfalls verjagte, weil er kein schriftliches Gesuch bei sich hatte, so flüchtete er sich in das Unterrichtsministerium, damit er dort schnell das Lesen und Schreiben erlernte. Da man ihm jedoch diese Bitte abschlug und ihn auch von dort fortjagte, so wollte er sich beim Justizministerium über die ungnädige Aufnahme, die er überall gefunden hatte, bitter beschweren, fand aber auch hier nur taube Ohren, worauf er sich wieder in die Wildniß begab, um unter freiem Himmel sein Leid zu klagen. So legte sich das arme koreanische Volk die Irrfahrt des Fuchses aus. Der König aber weilt immer noch in der russischen Gesandtschaft, und es ist auch noch nicht abzusehen, wann er die Sehnsucht der heirathslustigen Jugend seines Volkes erfüllen wird. glaube, Sie haben seine Verlobte, die Prinzessin Dosia Palitzin, unterwegs kennen gelernt — sie ist ein liebliches junges Mädchen und eine reiche Erbin, aber Sascha ver nachlässigt sie und läuft jedem neuen hübschen Gesicht nach, leider nicht immer ohne Erfolg." Sollte dies eine Warnung in betreff meiner vfficiellen Gattin sein? Offenbar nicht, denn der Seemann ging sofort auf einen anderen Gegenstand über und sprach von dem großen Ball der Gräfin Jgnatieff, zu dem er uns ohne große Schwierigkeiten Karten verschaffen zu können glaubte, weil, wie er sagte, die Gräfin Werth darauf legte, alle großen Schönheiten bei ihren Festen zu haben. Hier wurde er plötzlich unterbrochen; ein halbes Dutzend Männer eilten gerade vor uns über die Straße und bogen in eine andere kleinere ein, die einen rechten Winkel mit dieser bildete. An der Ecke angelangt, blickte ich ihnen nach und sah sie vor einem Hause stehen, das in diesem Augenblick geöffnet wurde. Als sie eintraten, drang das Geräusch eines Kampfes vermischt mit dem Geschrei eine- Weibes bis zu uns. „Zu Hilfe!" rief ich und war im Begriff, ganz L I'Ämörioailis dorthin zu eilen, aber Boris packte mich am Arm und hielt mich zurück. „Man bedarf unserer nicht," sagte er bedeutungsvoll, „es ist eine Polizeiangelegenheit." „O, ein Verbrechen — vielleicht ein Mord!" er widerte ich, denn eine geschloffene Kutsche fuhr vor das Haus, nnd zwei Männer und eine Frau, die uun ganz stille waren, wurden hineingeworfen. „Kommen Sie fort," sagte Boris hastig, „wenn es ein Mord ist, werden Sie's morgen in dem amtlichen Polizeibericht lesen, und wenn es ist, was ich glaube — „Was werde ich dann lesen?" „Nichts!" „In Amerika wären jetzt schon etliche zwanzig Re porter an Ort und Stelle, und morgen stünden große Berichte obenan in allen Zeitungen." „Weder amerikanische Zeitungen, noch amerikanische Reporter würden sich hier zu Lande lange halten," sagte der Lieutenant in einem Ton, der mir zu denken gab- Bald hatten wir den Gasthof erreicht, wo sich dieser wackere Moskowite mit einem kräftigen Händedruck von mir verabschiedete. Als ich hinaufkam, fand ich das Empfangszimmer gerade wie ich es verlassen hatte; die Kerzen waren herab gebrannt und Helene's Thür stand weit offen- (Fortsetzung folgt.)