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' Rabenauer Anzeiger und ' Zeitung für Seifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete. will, —-- Nummer 8. Donnerstag, den 21. Januar 1897. 10. Jahrgang. er auch war, vermochte er mich doch nicht zu fesseln, und immer wanderte mein Blick zu der schlafenden Schönheit hinüber, zu diesem Weib, das ich seinem Gatten zuführte, zu dem Weib meines alten Stubenkameraden. Nein, ich durfte ihrer Lieblichkeit nicht mehr gedenken! Ich ver suchte sie aus meiner Einbildungskraft zu verscheuche», iudem ich nicht mehr zu ihr hinübersah, ja sogar, indem ich meines fernen Weibes in Paris gedachte, aber immer wanderten meine Blicke zu der Schönen zurück. Nach einer Weile wurde durch eine unbewußte Be wegung ihre Haltung noch entzückender als zuvor; ihre Schönheit erschien noch träumerischer und berückender, und mit der Gluth eines Jünglings drückte der Veteran einen Kuß auf die weiße Stiru vor ihm uud die Schöne fuhr empor. Ich lachte und rief: „Was würde Dick Gaines dazu sagen ?" „Daß Sie das wohl verdient haben," sagte sie rind stimmte in mein Lachen ein, „weil Sie so trefflich für seine Frau gesorgt haben. Wahrhaftig, ich habe Sie so lieb, wie wenn Sie mein — Bruder wären." Als aber ihr Auge dem meinigen begegnete, wendete sie sich in reizender Verlegenheit ab. In diesem Augenblick klopfte der russische Oberst an die Thür. „Sie sind so lustig," sagte er, als er eintrat, denn unser Gelächter hatte sein Ohr erreicht, „bitte lassen Sie mich an ihrer Heiterkeit theilnehmen." Und daniit fing er wieder an, Frau Gaines mit einer Galanterie zu huldigen, die mein Blut in Wallung brachte. „Es ist Dick Gaines gegenüber meine Pflicht," dachte in einer Anwandlung von tausendfacher Entrüstung, „seine Frau vor der senilen Huldigung dieses russischen Don Juans zu schützen!" Die Verachtung, die ein verliebter junger Fünfundvierziger bei solchen Gelegenheiten für einen aufmerksamen alten Sechziger hegt, ist nämlich geradezu schrecklich. Um meinen Nebenbuhler aus dem Felde zu schlagen, begann ich nun furchtbar mit Frau Gaines zu kokettiren an und erwies ihr tausendundeine eheliche Aufmerksamkeit mit weit mehr als dem Feuer eines Ehemannes. Ich be stand darauf, ihre niedlichen Füßchen seien kalt, und wickelte sie in meine Reisedecke; auch wollte ich durchaus nicht zugeben, daß sie bequem sitze, und schob ihre Kissen mit der Andacht eines seit zehn Minuten verheiratheten Mannes zurecht, und bei jeder dieser Aufmerksamkeiten rief ich: „Was würde Dick Gaines dazu sagen?" so daß das liebe, unschuldige Geschöpf zur größten Verwunderung des Oberst immer wieder in ein schallendes Gelächter ausbrach. Da auch der Oberst sehr aufgeräumt war, verbrach ten wir unsere Zeit ganz lustig mit einander, bis die Lichter von Kowuo in Sicht kamen und wir in den Bahnhof einfuhren, wo der Russe ausrief: „Ich muß mich nun von Ihnen trennen, aber Sie haben Zeit, eine Er frischung einzunehmen — Sie müssen mit mir Thee trinken. Ich nehme keine Absage an, mein lieber Herr Oberst Lenox! Sie und Ihre Frau Gemahlin müssen heute Abend meine Gäste sein!" „Gewiß, sehr gern," rief die gnädige Frau uud stützte sich leicht auf seinen Arm, während ich hinter ihnen drein ging und bemerkte, daß Frau Dick Gaines' reizende Gestalt allgemein bewundert wurde, denn ihre Schönheit besaß jenen wunderbaren Zauber, der das Auge der Menge auf sich zieht, und als wir in den hellerleuchteten, vollen Speisesaal traten, folgten gar manche Blicke der reizvollen Dame und betrachteteil mich, ihren galanten Gatten, mit Neid. Einen Augenblick später thronte meine Grenzkönigin an einem üppig besetzten Tisch, und nach dem sehr guten Abendessen trank unser Wirth in dem in Rußland stets bereiten gelbgesiegelten Cliquot auf das Wohl der gnädigen Frau uud sagte: „Ich kann mich nicht für immer von Ihnen trennen! Ein „Auf Wiedersehen" werde ich zu ertragen suchen, aber eilt „Lebewohl" ginge über meine Kräfte!" Null staud ich schon wieder einem neuen Dilemma gegenüber; ohne unhöflich zn sein, konnte ich ihm meine Petersburger Adresse nicht verschweigen; wenn er aber kam und mich besuchte und ohne die Anziehungskraft traf, die ihn zu diesem Besuche veranlaßt hatte, wie sollte ich ihm dailn das Verschwinden meiner angeblichen Gattin, der bewunderungswürdigen Frau Gaines, erklären? Aber die rasch bereitete Harmlosigkeit meiner Be gleiterin kam mir zu Hilfe. Lächelnd blickte sie in Pe- troffs frageildes Gesicht und bemerkte: „Wir werden uns ungemein stellen, Sie iin Hotel de l'Europe zu sehen. Vergessen Sie ja unsern Namen nicht: Oberst Arthur Lenox und Frau — schreiben Sie ihn, bitte, in Ihr Taschenbuch, denn sonst haben Sie uns gewiß schon im nächsten Augenblick vergessen." Die Augen des Tartareu sagten ihr mehr als deut lich, er werde ihrer stets gedenken." „Sie vergessen, gnädige Frau," seufzte der süßliche Krieger, als er aufstand, „das ist ganz unmöglich! Sie kennen das russische Herz noch nicht!" (Fortsetzung folgt.) i will, will, hat, ngegend ger. gvn itter ikör irt. birna '73. stabenau. meine AlonalS nn von rer und gestellt Drain, ginellen vochen" . Stücke wachse- nerzehn erholen, 'g und Dame seiner bereiten, für die damit Stück Seenen iich an jemand König >en voll obigen rschend rringen md. — dtchens :r Be- geheizt; rtz für Uebel- schnell n mehr ingung Theater chauer- werden >is 5.85 >. Met. Dessins farbige P. Met. aaste rc. Farben, zer: ca. !2j eng Aus unserer Gegend. — Es ist in letzter Zeit mehrmals vorgekommen, daß Solinger Versandfirmen, die sich für Fabriken ausgeben, an Privatkundschaft Stahlsachen — als Scheeren lind Messer — senden, ohne dazu irgend welchen Auftrag er halten zu haben. Diese Sachen werden dem Publikum mit 2,30 Mk. berechnet, während man dieselben in jedem Eisenwaarengeschäft für 2 Mk. aussuchen kann. Das Pub likum ist mit der Behandlung unverlangt zugesandter Gegenstände noch zu wenig betraut, so daß es glaubt, die selben behalten und bezahlen zu müssen. Es liegt nun in jedermanns Interesse, diesem Unwesen dadurch zu steuern, daß man die Sachen entweder bei sich liegen läßt, bis daß die Versandfirma sich gezwungen sieht, den Empfänger um Rücksendung zu bitten, oder daß man sie sogleich unfrankirt der Firma zurückschickt, da dieselbe kein Recht hat, jemandem unverlangte Dinge auf den Hals zu schicken. — Die Sonn- und Feiertage des Jahres 1897. Von den 365 Tagen des Jahres 1897 sind 66 Sonn- und Feiertage; also mehr als ein Sechstel des Jahres entfällt auf Ruhetage. Dafür sind die Doppelfeiertage selten. Ab gesehen von Ostern, Pfingsten und Weihnachten giebt es keinen Doppelfeiertag. Der Ostersonntag fällt auf den 18. April. Der Fasching dauert bis zum 3. März, zählt also im ganzen 55 Tage. Das Jahr 1897 ist arm an Himmelsereignissen. Es giebt keine Mondsinsterniß, und von den beiden Sonnenfinsternissen ist in unseren Gegen den nichts zu sehen. Die erste Sonnenfinsterniß, am 1. Februar um 6 Uhr 24 Minuten, ist nur in Mittelamerika, einem Theile von Südamerika uud australischen Küsten, die zweite am 29. Juli uur iu Theilen von Afrika und Amerika sichtbar. Jahresregent ist der Mars, der das Renommee hat, daß die von ihm regierten Jahre „trocken und wenig fruchtbar^ sind. — In einem Steinbruch am Blauberg bei Kreischa verunglückte dieser Tage der Steinbrecher Geißler ans Lungwitz dadurch, daß bei dem Versuche, aus dem Bohr- (NachdruU verboten.) Meine officiette Fran. Romau von Col. Richard Henry Savage. Diese Bemerkung über das Gepäck machte mich auf eine uetie Schwierigkeit aufmerksam, denn es fiel mir ein, » daß ich nur einen gemeinschaftlichen Gepäckschein für uns beide hatte, und daß alle Koffer der Dame nach St. Peteisburg eingeschrieben waren. Blieb sie nun in Wilna zurück, so eröffnete sich mir eine liebliche Perspektive auf neue Lügen und Gesetzesübertretungen. Der Oberst plauderte weiter rind zeigte seine Neu gierde, unsere Petersburger Adresse zu erfahren, ganz offen, indem er die Hoffnung aussprach, uns dort wieder zu treffen. Als seine Fragen immer deutlicher wurden, bewun derte ich den echt weiblichen Takt, mit dem meine Pseudo gattin seiner Neugierde eine höfliche Ermüdung entgegen setzte. Ihre Versuche, dann uud wann ein anmuthiges Gähnen zu unterdrücken, waren so unzweideutig, daß unser Gast mit sehr viel Lebensart bemerkte: „Nun will ich aber gehen uud sehen, ob ich nicht Jemand zu einer Partie Piquet auftreiben kann, — die gnädige Frau bedarf der Ruhe." Sobald die Thür hinter ihm geschlossen war, wen dete ich mich zu Helene, um ihr die neue Verwickelung wegen des Gepäckes mitzutheilen, aber zu meinem Staunen sah ich, daß sie sofort eingeschlafen war. Ach wie lieblich und selbstvergessen lag sie da! Ihr anmuthvolles Haupt, von einein blauen Kissen gestützt, war etwas nach hintenüber gesunken und ermöglichte einen Blick auf den herrlichen Hals, der in dem durch das Fenster hereinfallenden Sonnenschein wie Elfenbein glänzte. Ihre rothen Lippen waren leicht geöffnet und zeigten zwei Reihen weißer Perlen, während der kleine Fuß, der nnter den Falten des Nockes vorguckte, dem versührerifchen Bilde einen gewissen pikanten Reiz verlieh. Während ich so in den Anblick der schlafenden Schönheit versunken dasaß, beneidete ich Dick Gaines mehr als je. Solch' vollkommene Ruhe durfte nicht gestört werden; ich sah, daß das arme Kind nach all den Aufregungen der letzten zwei Stunden sdringend der Ruhe benöthigt, und zog sorglich den Vorhang zu, um ihr Antlitz vor den Sonnenstrahlen zu schützen; dann wandte ich mich ab und versuchte mir mit Hilfe eines Romans dies Bild aus dem Sinn zu schlagen. Aber so französisch und so gepfeffert loche einen Schuß zu entfernen, der letztere sich entlud und den Geißler schwer am Kopfe verletzte. — Aus dem Privatleben der Kaiserin von Rußland theilt eine englische Frauenzeitung, Ladies Realm, angeblich aus unterrichteter Quelle eine ganze Reihe von Einzelheiten mit. Nach einer Schilderung des äußerlich kalten und überaus ernsten Charakters der jungen Fürstin, die sich im engsten Kreise jedoch als herzlich und muthwillig offenbart, berichtet der Verfasser: Für das englische Landhausleben mit seiner Zwanglosigkeit schwärmend, hat die Kaiserin auf die erdrückende Pracht der großen Paläste St. Petersburg und Zarskoje Selo's verzichtet und sich ein trauliches Nest im Peterhofpark eingerichtet. Zu diesem von einer hoben grünen Hecke umgebenen Platze haben nur die in höchster Gunst stehenden Staatsmänner und Damen Zutritt. Aus demselben Grunde größerer Ungenirtheit und eines gesunden Aufenthalts für die Großfürstin Olga hat die Kaiserin in Zarskoje Selo statt des alten 800 Fuß langen Residenz schlosses den kleinen inmitten des Waldes gelegenen Alexan- derpalast zur Wohnung genommen. Die Lieblingsbeschäf tigung der Zarin in ihrer Zurückgezogenheit ist, nächst der Sorge um die Tochter, Zeichnen und Aquarelliren, und zwar pflegt sie einen lustigen, wenn auch höchst gefährlichen Zweig der Malerei: die Karrikatur. Während sie mit ihren Hofdamen plaudert, fliegt die Feder über den Zeichenblock. Eines Tages, als der Kaiser von der Jagd zurückkehrt, überrascht er die Kaiserin hierbei und fragt sie, was sie zeichne. „Karrikaturen, wie gewöhnlich." Lustig besteht der Gemahl darauf, zu sehen, was sie zu Wege gebracht hat. Der erste, auf dessen Bild des Zaren Blick fällt, ist ein in sicheren Strichen skizzirter, untersetzter, kleiner, nervöser Herr mit dunkelem Gesicht, grauem Schnurrbart, ein großes Portefeuille des Ministeriums der auswärtigen Angelegen heiten unter dem Arm: Fürst Lobanow. Er ist in dem Augenblicke gezeichnet, da er an einem offiziellen Dienstag zur Audienz zum Zaren eilt. Die nächste Zeichnung ist Li- Hung-Tschang in der gelben Reitjacke auf dem letzten Hof ball; dann kommt die lustige Gestalt eines rothwangigen, unbeleckten Kosacken-Obersten, der, mit Händen und Füßen nach allen Richtungen strampelnd, einen wilden Walzer aufführt, während ihm als Gegensatz seine Tänzerin, die Kaiserin selber, kühl und majestätisch gegenüber steht. Dann Prinz Nelidoff mit seinem affectirten Stirnrunzeln und seinen groben Bartcoteletten. Hierauf eine flüchtig hin geworfene Waffersarbenskizze des englischen Botschafters O'Connor mit seinem feierlichen Laternengesicht, dem schönen ernsten Auge, dem Hammelcotelette-Bart und schlenkernden Gang. Der Kaiser unterhält sich ausgezeichnet. Aber nun verlangt er plötzlich, selber karrikirt zu werden. Die Kaiserin weigert sich zuerst ganz entschieden. Schließlich kann sie aber den Schmeicheleien des Kaisers nicht länger widerstehen. Das Ergebniß ist geradezu verblüffend: Der Zar ist als ein feierliches, bartgeschmücktes aber kahlköpfiges Babh in langen Kleidern, auf einem hohen Stuhle sitzend, dargestellt, das von einem dichten Haufen von Verwandten, Großfürsten und Großfürstinnen mit geschwungenen Saugflaschen um geben ist, von denen jedes ihn in seiner eigenen Weise füttern will. Angesichts dieser Wirthschaft fängt das Kind an zu fchreieu. Der Humor der Skizze liegt auf der Hand. — Ein giftiger Vogel. Einen höchst sonderbaren Vogel haben die Forschungsreisenden auf Neu-Guinea ent deckt. Es ist eine von Eingeborenen mit dem Namen Rpirndovb bezeichnete Art, der von den Zoologen die Be nennung „Todesvogel" gegeben wurde. Eine Fleischwunde von dem scharfen Schnabel dieses unheimlichen Vogels er zeugt folternde Schmerzen in allen Gliedern und Muskeln, Verlust des Gesichts, des Gehörs und der Sprache, woraus nach Krämpfen lind Rachensperre sich schließlich Genickstarre und sicherer Tod einstellen. Der Biß dieses Vogels ist also ebenso giftig wie der der gefährlichsten Gift schlangen.