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Memum Ameiger "Nll und — I s - Zeitung für Seifersdorf, e, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz etc. nnS — -- > — Nummer 38. Sonnabend, den 3. April 1897. 10. Jahrgang. benE irse Mekanntmachung. Der aus das 1. Vierteljahr 1897 am 1. April füllige Wasserzins ist zur Vermeidung von Weiterungen von den Hausbesitzern sofort und längstens innerhalb 10 Tagen zu entrichten. Rabenau, am 29. März 1897. Der Stadtgemeinderath. Einladung zn den öffentlichen Prüfungen. Die diesjährigen öffentlichen Schnlprüfungeu finden Montag u. Dienstag, den 5. u. 6. April, vormittags b—12 Uhr und nachmittags 2—5 Uhr, sowie Mittwoch, den 7. April, vormittags 8—11 Uhr, statt. Das Examen der Fortbildungsschule wird Montag, dm 5. April, abends 6—7'/«, abgehalten werden, worauf dtt Entlassung der abgehenden Fortbildungsschüler erfolgen wird. Die Konfirmandenentlassung findet Freitag, den 9. April, nachmittags 3 Uhr, statt. An den Prüfungstagen, sowie Sonntag, den 4. April, nachmittags 2—5 Uhr, liegen die Schülerhefte und Zeich nungen, sowie Nadelarbeiten in Zimmer 6 aus. Zur Teilnahme an diesen Prüfungen und Schulfeier- ^chkeiten werden die Eltern und Angehörigen der Kinder, sowie alle Freunde und Gönner unseres Schulwesens er- gebeust eingeladen. Im Namen des Lehrerkollegiums Schuldirektor Hennicke. Aus unserer Gegend. — Die Liebe der Bewohnerschaft zu ihrem entschla fenen Pfarrer Weißbach offenbarte sich bei dessen am Mittwoch statlgefundenen Bestattung in reichem Maße. Zu diesem wehmuthsvollen Akt hatten sich die Spitzen der Be hörde, der Kirchenvorstand, das Lehrercollegium und die Schulkinder der obersten Klasse mit der Schulsahne ein gefunden. Ebenso der „Apollo" lind das „Doppelquartett", welche beide iu der Kirche wie am Grabe durch vereinte Gesänge der Feier eine erhöhte Weihe verliehen. Ferner waren erschienen der Gewerbeverein, die Schützengesellschaft, der Turnverein I, letztere beide mit ihren Fahnen und endlich sämmtliche Geistliche der Ephvrie. Außerdem noch der weitaus größte Theil der Bevölkerung. Das stille Antlitz des in einein Palmenhain ruhenden Verklärten zeigte noch jene wohlwollende Milde, die ihn im Leben selten verließ. Nach Verschluß des Sarges wurde derselbe nach dem Altarplatz der Kirche gebracht, woselbst der Ephorus, Herrn Consistorial-Nath Dr. Benz auS Dresden in wür digen ernsten Ausdrücken von dem Verblichenen Abschied nahm, unter Hinweis auf den Sonntag Lätare, der seines Amtsbruders Todestag werden sollte und auf den daraus folgende» Sonntag Judica, an welchem der Dahingeschiedene vor seinem Richter stehen und Zengniß ablegen werde von seinem Wirken hienieden, das allezeit dem Wohle seiner Gemeinde gewidmet gewesen. Hierauf sprach der Beicht vater des Todten, Herr Pastor Köhler aus Seifersdorf zur Gemeinde in Worten, die tief aus dem Herzen kamen und mit oft von Rührung erstickter Stimme hob er die reichen Geistesgaben desselben hervor und zeichnete in tref fenden Farben die seltenen Gemüthseigenschaften seines tobten Freundes. Die Wirkung dieser Rede war tief er greifend und vielen der Andächtigen füllten sich die Augen mit Thränen. Nachdem noch Herr Pastor Wolf aus Döhlen in seiner sich anschließenden Rede zur Charakteri- sirung des Verstorbenen einer früheren Thatsache gedacht hatte, bei welcher letzterer sich erbot, sein gesammtes Eigen thum der Armuth zur Verfügung zu stellen, falls die Ge bote des Christenthums es erheischen sollten, ordnete sich der Zug zum Friedhof. Hier angekommen rief jeder der Geistlichen ihrem AmtSbruder einen biblischen Segensspruch in die Gruft hinab und nachdem Herr Bürgermeister Wittig mit bewegten Abschiedsworten der segensreichen Verdienste des Todten um Stadt und Gemeinde gedacht hatte, zollten die verschiedenen Corperationen dem unten Ruhenden den letzten Tribut ihrer Liebe und Verehrung und bald darauf schloß sich das Grab, das uns nun auf ewig von dem theueren Todten trennt. — Nach Falb verspricht der Monat April diesmal außergewöhnlich schön, trocken und mild zu werden und wird also seinen bekannten Charakter gänzlich verleugnen. — Man rühmt — und wohl mit Recht — die Fin digkeit der Post. Sie ließ sich selbst nicht in Verlegenheit bringen, als sie unlängst einen Brief zur Bestellung vor fand, der nur die Adresse trug: „An den Storch." Der Brief, den ein Kind ohne Wissen der in der Pir»aischen Vorstadt zu Dresden wohnenden Eltern geschrieben, lau tete mit allen Fehlern wörtlich: „Lieber Storch. Ich habe mir schon lange einen kleinen Bruder bestellt weil unser guter Paul gestorben ist. Du kommst aber garnicht du findst uns vielleicht nicht weil wir in die Stadt gezogen sind. Mir wohnen jetzt.. . (hier folgt die genaue Woh nungsangabe.) Der Schluß lautet: Storch Storch du guter bring uns einen Bruder." Die hiesige Postdirection war rasch entschlossen, sie sandte den „An den Storch" adressirten Brief mit entsprechendem Vermerk: „Zur An frage an Frau Stadthebamme Helbig, Wilsdruffer Straße hier", an die genannte Vorsitzende des Hebammenvereins. bietende Gestalt Alexander's des Dritten erschien. Kräftig, mit blondem Bart und blauen Augen schritt er, ein Krieger und Herrscher zugleich, durch den Ballsaal, an seinem Arm seine liebliche Gemahlin, deren dunkle Augen ängst lich und aufgeregt umherblickten. Von seinem Gefolge geleilet, nach allen Seiten grüßend, schritt der Beherrscher voll neunzig Millionen Menschen mit der Kaiserin auf die Estrade zu und ließ sich, von hohen Hofbeamten und Ehrendamen umgeben, dort nieder. Nun ertönte das fröhliche Hornsignal. Sascha führte Helene vor, die Mazurka begann. Dieser schöne Tanz ist eine Mischung voll Cotillon, Polonaise und leidenschaftlichen Rundtänzen, und seine verschiedenartigen Figuren wirken sehr anmuthig in ihrer völligen Ungebundcnheit, hauptsächlich wenn mit dcr den Slaven eigenen Hingebung an Terpsichore getanzt wird. Als Sascha und meine junge Frau Hand in Hand den Saal hinabschritten, folgten ihnen die übrigen Paare; dann wurde beim Klang zusammenschlagender Absätze, der den leidenschaftlichen Nhytmus des Nationaltanzes be gleitete, der Wirbel immer wilder, lebhafter und toller. In dieses Helle Gewühl hinein führte ich die reizende Dosia, nm zu Ehren von „Onkel Sain" mein Bestes zu leisten. Obgleich ich es mit dem riesigen Sascha, der tanzte wie der wilde Tatar der Steppen, nicht aufnehmen konnte, schmeichelte ich mir doch, meine Sache recht gut zu machen, und kam ganz flott voran, als — — Plötzlich stieß die arme Dosia einen kläglichen Schrei aus und schluchzte: „Sie treten mir die Füße entzwei, Herr Oberst. Oh! Oh! — Oh!" Die Füße trat ich ihr entzwei? Ich that mehr als das — ich tanzte beinahe auf ihr. Plötzlich schwankte ich nämlich und sank mit meinen zweihundert Pfund Ge wicht fast über das arme kleine Mädchen hin, das unter der Last keuchte und beinahe zusammenbrach. Was war mir geschehen? Bei einer Wendung des Tanzes war mein Blick auf meine officielle Frau gefallen und mein Herz war erstarrt in tödtlichem Schrecken; das Leben stockte in meinen Adern, meine Gedanken waren nur noch ein wildes Durcheinander von Verzweiflung und Entsetzen, denn nun wußte ich, warum sie auf diesen Ball gegangen war. Ihr Blick, der auf dem Zaren ruhte, war der eines Jägers, der sein Wild erspät, der Blick eines zum Spruug gerüsteten Raublhieres, das seine Beute belauert! O, ihr höllischen Mächte! Sie war in Rußland geblieben, um Auge in Auge mit dem Despoten diesen zu ermorden! Wie ein Blitz zuckte diese Gewißheit in mir auf, und gleichzeitig lagen mir auch alle Beweise dafür klar vor Augen. Helene war gestern noch gewillt gewesen, Rußland zu verlassen; dann hatte sie gehört, der Zar würde auf den Ball kommen — das war die einzige Gelegenheit in ihrem ganzen Leben! Nicht aus Liebe für Sascha, aus Haß gegen den Zaren war sie geblieben. Die Tasche im Ballkleid war nicht für das Niechfläschen, sondern für den Revolver bestimmt, mit dem sie hier iu oiesem Ballsaal den Selbstherrscher von neunzig Millionen Menschen erschießen wollte. Auf irgend eine Weise beförderte ich meine Tänzerin ziemlich unbemerkt auf einen Sitz — sie war froh, mich entlassen zu können — ich war kein guter Tänzer. Entsetzen schüttelte mich, fürchterliche Gedanken stürm ten auf mich ein. Wenn Helene diese That ausführte, welches Schicksal würde da die Weletsky treffen, die sie in die russische Gesellschaft eingeführt hatten? — Gesell schaftliche Vernichtung! Die Fürstin Päsitzl!!, die sie auf den Ball gebracht hatte? — Gänzlicher Ruin! Und Mein Schicksal, — mein grausames Schicksal! Was würde erst aus mir werden, da ich dies Weib als meine officielle Frau mit einem falschen Paß nach Rußland eingeschmuggelt hatte, damit sie diese That thun konnte, — da ich noch heute deu Zug absichtlich versäumt hatte? Alles würde gegen mich sprechen, mich angesichts der Thatsache als Mitschuldiger erscheinen lassen. Welche Strafe traf die Mörder des Zaren? Ewige Allmacht! Ebensogut konnte ich selbst die kaiserliche Hirnschale cinschlagen! Kalter Schweiß drang mir aus allen Poren; mein Herz that wohl zweihundert Schläge in einer Minute, mein Kopf war kalt wie Eis und doch im Fieber. Aus diesem inneren Tumult von Bestürzung, Ent setzen und Verzweiflung trat nur ein Gedanke klar hervor — es mußte sofort etwas geschehen, um uns Alle zu schützen — aber was? Baron Friedrich betrachtete sich die Mazurka unter seiner blauen Brille hervor. Es war ein lieblicher, aber schauerlicher Anblick — dies Weib mit Anmuth, Hingebung und Poesie in jeder Bewegung und Mord im Herzen. Helenes Tanzen war dem Lied des sterbenden Schwanen vergleichbar — es war um so schöner, weil es ihr letzte- war! Wenn ich meinem Freund Friedrich Alles sagte — würde er wenigstens mich retten? Ec konnte mir einige Schmerzen ersparen; vielleicht wurde ich dann nicht ge foltert, sondern nur einfach gehängt. (Fortsetzung folgt.) 80-3/ ,60-3/ iveibe 0 Pf. ° gemul^ und E 1 ,ts< - VE ei-. lkbei'Ü eißwei/ eisnvei^ üogra/ ser, pro E Nische 55— ilograE 20—/- er NoÜ nouaBf 00-E wo E 70—E >00 E p o oder IM »ck', scher / ?5. M besaM 65—/ ilogra/ rchen, k 00. M ßwiE .00 M eizen»/ Dreod» i: KE mmelE Pw / Mcu^ 0 23/ .50, NW ,00, mir uen, N ! 50 iE Mk. E lNach-rml verdoien.) Meine officielle Fran. Noma» von Col. Richard Henry Savage. . Im nächsten Augenblick rief ein Marsch zu Tisch; uh führte Frau Weletsky, und Constantin gesellte sich mit der Fürstin Palitzin zu uns. Helene dagegen schien sich eine jüngere und lustigere Gesellschaft ausgesucht zu haben, wo Sascha das große Wort führte und meiner vfficwllen Frau so den Hof machte, daß sein Onkel sich darüber ärgerte und aufregte. Fürstin Palitzin sah mit einem gut gelaunten Lächeln zu, obgleich sie wohl merken konnte, daß der armen Dosia das Herz darüber brach. Natürlich verwünschte ich dw große Dame für ihr diplomatisches Spiel mit meiner Ehre, aber nichtsdesto weniger bemitleidete ich ihre Schwägerin, und als ich sah, daß diese reizende Tänzerin für die Mazurka gar nicht aufgefordert war — jeder hielt diesen Tanz für das Vor recht des Bräutigams — so bat ich um die Ehre, die mir sofort zu theil wurde- Die junge Dame hatte sehr viel Geist, und da sie nun von der Liebelei des Gardeoffiziers hinlänglich über zeugt war, entschloß sie sich, auch ihrerseits eine angenehme halbe Stunde mit dem entzückenden amerikanischen Oberst zu verleben. Als nun eine Hornfanfare zum russische» National- tauz rief, trat ich mit dem hübschen Fräulein Dosia am Arm in den glänzenden Kreis, nm meine Pflicht zu thun. Wohl wußte ich, daß ich nicht mit der den Slaven eigenen Anmuth hinten ausschlagen konnte, aber ich wollte mein Theil am Kurbettiren schon leisten, und außerdem war es mir in meiner augenbacklichcn wilden, rücksichtslosen Stimmung ganz einerlei, wenn ich auch schöne Füßchen zu Brei zerstampfte oder mit meinen martialischen Absätzen durch Spitzenfalbeln nnd Tüllschleppe» fuhr. Safcha führte Heleue a» die Spitze der Tanzenden, was ich mit Erstaune» bemerkte. Konnte sie die Keckheit haben, einen Tanz ansühren zu wollen, in dessen Irr gänger: und Windungen sich nur Russen, Ungarn und Polen zurechtzufinden vermögen? Uebrigens schien meine officielle Gattin sich des völligsten Selbstvertrauens zu erfreuen, während sie mit ihrem Tänzer plauderte. Im nächsten Augenblick jedoch wurde sie todtenbleich — die russische Nationalhymne ertönte und verkündete das Nahen des Selbstherrschers aller Reußen; als er aber eintrat, da sah sie wieder stolz, gebieterisch rind triumphirend aus. Die Reihe der Tänzer trat zur Rechten und Linken auseinander und verbeugte sich tief, als die ehrfurchtge-