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s I, ll, at, Uabenauer Anzeiger und Zeitung für Seifersdorf, E Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete. Nummer 24. Sonnabend, den 27. Februar 1897. 10. Jahrgang. Ans unserer Gegend. vill — Zur Feier des 26. Stiftungsfestes des Gewerbe- ' Vereins zu Rabenau haben sich am Donnerstag, den 25. Februar, im Saale des „Amtshofs" die Mitglieder mit ihren Angehörigen sowie Freunde des Vereins ein gefunden und wurden vom Vorsitzenden, Herrn Gulde, herzlich willkommen geheißen. Das Fest wurde cingeleitet durch den Vortrag ewiger Musikpiecen von derHerklotz- 'schen Kapelle, die in zufriedenstellender Weise aussielen. l Die Hauptgabe, die der Verein seinen Mitgliedern bot, war die Aufführung des einaktigen Schwankes „Der Liebe- Verein" von Constantin Bulla. An der Aufführung dieses reizenden mit köstlichem Humor gewürzten Einakters, be- theiligten sich Frau Wünschmann als Schwiegermutter, llgegeni Fräulein Gnlde als Lehrersfrau, Fräulein Ullrich als Dienstmädchen, Herr Dittrich als Lehrer und Herr Mende als Vereinsdiener. Die genannten Personen machten ihre Sache gut uud ernteten für ihre Leistungen viel Beifall. Besondere Anerkennung verdient Herr Költzsch für das Einstudiren des Ganzen. Den Schluß bildete ein Ball, der sich eines regen Zuspruchs erfreute. — Der Mäunerturnverein „Vorwärts", dessen Festlichkeiten sich immer zahlreichen Besuches erfreuen, ge denkt Sonntag, den 28. Februar, im Saale der „König Alberthöhe" ein Kränzchen für seine Mitglieder und deren Gäste zu veranstalten. Seitens des Vorstandes ist für Verschiedene Überraschungen Sorge getragen, so daß wir " auch diesmal einige frohe Stunden in Aussicht stellen können. — Falsche Auskuuftsertheilung. Nach einem Urtheil MM des Reichsgerichts vom 23. Juni 1896 macht eine wissent- — lieh falsche Äuskunftscrtheilui'g über die Crcditwürdigkeit eines Dritten den Auskuuftserlheiler für den Son ihm ver ursachten Schaden haftbar, auch dann, wenn die Aus- i kunftsertheilung nur mündlich geschehen ist. Das vorsätz liche Verschweigen von wesentlichen Thatsachen, z. B. vor gekommener Wechselproteste rc., bei der Auskuuftsertheilung ist als eine arglistige Ertheilung falscher Auskunft zu er achten. — „Der Brand der Krenzkirche zu Dresden" betitelt sich eine im Verlage Hertwig in Meißen erschienene 16seit. Broschüre, welche eine ausführliche Beschreibung vom Ver laufe der furchtbaren Brandkatastrvphe giebt. Der Preis der Broschüre betrügt 15 Pfg., ein Theil des Reinertrages ist für den Kircheubaufonds bestimmt und sind durch den Verleger bereits 50 Mk. als erste Rate zur Ablieferung gelangt. — Vor dem Gerichtshöfe zu Como wurde in diesen Tagen gegen mehrere italienische Schmugglerbanden ver handelt. Der Schmuggel steht an der italiestisch-schweizerischen Grenze in höchster Blüthe, da das gebirgige Gelände eine Ueberwachung der Grenze sehr erschwert und der Schmuggel gerade von der Schweiz nach Italien sehr einträglich ist, weil in Italien Zucker, Spiritus und Tabak etwa dreimal so theuer sind, als in der Schweiz. Die italienische Re gierung hat vor einigen Jahren, um den Schmugglern ihr Handwerk zu legen, längs der schweizerischen Grenze ein vier Bieter hohes Metallnetz, eine Art chinesischer Mauer, errichtet, das mit zahllosen Glöckchen behängt ist, die laut erklingen, wenn man das Netz berührt. Aber die Maß regel hat, wie aus den Prozeßverhandlungen hervorging, nichts geholfen. Wenn die Schmuggler an einer bestimmten Stelle das Netz durchbrechen wollen, so schicken sie einen der Ihren an eine andere Stelle des Netzes. Dort schüttelt er den Draht aus Leibeskräften, daß alle Glocken erklingen und alle benachbarten Zollwächter herbeistürzen. Vom Dunkel der Nacht begünstigt, rüttelt er sodann an dem Netze an einer noch weiter entfernt liegenden Stelle und lockt so die Zollwächter mit sich fort. Inzwischen durch schneiden die Schmuggler mit großen, eigens zu diesem Behufe hergestellten Scheeren möglichst geräuschlos an ihrer Stelle das Netz und bringen ihre Waaren in Sicherheit. Manchmal fallen sie freilich trotzdem den Zollwüchtern in die Hände und haben sich dann außer wegen Schmuggels auch noch wegen Beschädigung von Staatseigenthum zu verantworten. Aber unter zwanzig Malen ist dies höchstens einmal der Fall. Noch ein Schmuggler-Drama, wie es sich in den Prozeß-Verhandlungen abzeichnete, möge hier erzählt werden. Vergangenen Sommer vereinigten sich zwei Schmugglerbanden dahin, daß die eine ein Boot voll Zucker uud Kaffee von dem schweizerischen Theil des Lago Maggiore an einen Felsabhang auf italienischem Gebiet rudern solle. Dort wollte die zweite Bande die Waaren- ballen nüttels Seilen zu sich heranziehen und dann auf den Schultern nach Pallanza tragen. Das Boot langte zur vereinbarten Stunde an den Felsen an. Dir Schmuggler ließen ihr Seil hinab und zogen eS dann, belastet, wieder herauf. „Als die Last beinahe oben war", so erzählte einer der Angeklagten, „merkte ich, daß statt des Kaffeesackes ein Zollwächter an dem Seile hing." — „In der That," warf der Präsident ein, „die Zollwächter hatten das Bobt ab gefangen und einer von ihnen den kühnen Entschluß gefaßt sich zu Euch emporziehen zu lassen, um auch Euch abzu fassen. Was geschah nun, als ihr den Zollwächter sähet?" Wir ließen das Seil los und rissen aus." — „Und der Zoüwächtcr?" — „Der ist hinabgestürzt." — Er hat dabei den Tod gefunden?" — „Ja, du mein Gott, wir hatten keine Zeit, darzustehen und zuzusehen." Die Schmuggler wurden zu Gefängnißstrafen bis zu acht Jahren acht Mo naten verurtheilt. iNachdrml verboten.) Meine offieielle Fran. Roman von Col. Richard Henry Savage, und vel» >are das „Was nun die Gesellschaft anbetrifft, so ist es ganz er koste» unmöglich, daß ich Frau Constantin Weletskh abweise, lind nehme ich sie an, so muß ich auch andere Besuche empfangen. Ein gänzlich unbefangenes und freies Auf- treten wird lins am besten gegen einen etwaigen Verdacht schützen." -Iweizen, „Thun Sie, was Sie wollen," grollte ich, „ich bin ogranu»ÜUN einmal in der Mausefalle." Dann theilte ich ihr :r, neuer alle möglichen Einzelheiten über meine Tochter Marguerite ro looü „ad die Theiluugs-Angelegeuheit mit, die mich als ihren Vertreter nach St. Petersburg geführt hatte, und letzte sie ogranu» dadurch in den Stand, die Rolle der Frau Lenox »veiler 0—132, zu spielen. Hauptsächlich bat ich sie, Frage» über Amerika c Nolizp «uszuweichen und vor Allem nicht zu Viet über ihre Vor- fahren Vauderbilt-Astor zu sprechen, auch sonst nichts zu o 1000 ^geu, was sie nicht bestimmt wüßte. 0—180, „Danke schön, lieber Arthur, daß Sie mich lehren, o Kilo» so weise zu sein wie Sie," flüsterte sie mit schlauem Lächeln. „Nun noch ein anderer Punkt: Wird es nicht i^neuo, Ausfallen, wenn Sie St. Petersburg so schnell wieder ver- >er und lassen, ohne Ihre Tochter gesehen und deren Angelegen- >. Lein» heilen geordnet zu haben?" esatzfre» „Noch heute gehe ich zu einem Anwalt nnd suche ^„'i^'nit dessen Hilfe Marguerite's Geschäfte so rasch wie hen, pro'nbglich abzuwickeln," erwiderte ich und stand auf, um o. 'Lein-meinen Besorgungen nachzugehen. ie iü,oo, Wenige Minuten später hüpfte die offieielle Frau 0 Lenox mit mir die Treppe hinab und wir standen auf Kaiser» „An dem nächsten Drvschkenstand wählte Helene 'Ntlmehl einen geschlossenen Wagen aus, nachdem sie einige russische "o^ioö Worte mit dem Kutscher gewechselt hatte. Narken), »Lassen Sie mich alles anordnen; ich kenne die Stadt, » 23,00, and wir haben jetzt einen zuverlässigen Mann!" Gelassen 0, Nr. ö hieß sie den Kutscher nach der amerikanischen Gesandtschaft fahren und lehnte sich in die Kissen zurück. Auf der n' netto Gesandtschaft wurde ich von einem EüovAö ck'^üuirss ert, pro mipfangen und erhielt einen Brief aus Paris, der mir so Mk.) Herzklopfen machte, obgleich ich ihn uneröffnet in meine kk. Ver- Lasche verschwinden ließ. Nachdem ich nun meine Be- zlaubignng vorgezeigt hatte, fragte mich der Beamte Mich: „Kanu ich Ihnen in irgend etwas dienen, Herr s-3,oo. ^rst?« / Ich drückte meinen Wunsch aus, meiue Briefe mit >er Gesandtschaftspost aus Rußland abgehen zu lassen. „Es thut mir unendlich leid, daß Sie gerade den einzigen Wunsch ausdrücken, dessen Erfüllung ich Ihnen verweigern muß," sagte der Secretär. „Einige der kleine ren Gesandtschaften wurden verdächtigt, gegen hohe Be stechung militärische Briefe befördert zu haben. Infolge dessen gab der „Doyen" des diplomatischen Corps auf unsern gemeinschaftlichen Wunsch Herrn von Giers die Erklärung ab, daß keine Privatbriefe mehr durch die Gesandtschaften befördert werden sollten. Nur unter dieser Bedingung konnten wir uns das Vorrecht unserer ver siegelten Postbentel bewahren. Einlaufende Briefe kann ich für Sie in Empfang nehmen und aufbewahren, für die tragen wir keine Verantwortung." Er bot mir alle möglichen anderen Höflichkeiten an und gab mir eme Empfehlung an einen angesehenen Anwalt, worum ich ihn gebeten hatte, uüd ich bedankte mich und ging. „Was ist geschehen?" fragte Helene, sobald sie einen Blick auf mein Gesicht geworfen hatte. Ich berichtete ihr über meine Schwierigkeiten in betreff der Briefe. „Ueberlassen Sie die Besorgung ihrer Briefe mir," sagte sie heiter und rief dem Kutscher zu: „Nach dem Telegraphenamt. Nasch!" Von dort telegraphirte ich meiner Tochter; ich theilte ihr meine Ankunft mit, gab als meine Adresse die Ge sandtschaft der Vereinigten Staaten an und fügte hinzu: „Schreibe an Niemand als an mich hierher. Bleibe wo Du bist. Ich komme und besuche Dich. Brief folgt und erklärt Alles." Damit war die eine Gefahr beseitigt, denn ich wußte, daß die Weletskh zartfühlend alles Schreiben mir über lassen würden, so lange die geschäftlichen Interessen meiner Tochter in meiner Hand lagen. „Nun will ich aber meinen Brief ans Paris lesen und ihn beantworten, wenn ich es ohne Gefahr kann. Auch au meiue Tochter will ich schreibe»." „Das sollen Sie in aller Sicherheit," sagte Helene zuversichtlich. Sie gab dem Kutscher eine Adresse an — dieser stutzte und nickte dann bedeutungsvoll. Es fiel mir aus, daß der Rosselenker weite Umwege machte, bald schnell, bald langsam fuhr und sich ost behutsam umsah, ehe er leinen Weg weiter wählte. Endlich fuhren wir rasch in eine Seitenstraße, die wenigstens zwei Meilen vom Tele graphenamt entfernt lag, und hielten vor einem kleinen Laden mit zwei Schaufenstern, der die anspruchslose In schrift trng: 1,6 Uran. Nockes äe Loris. „Kommen Sie in zwei Stunden wieder," sagte meine Oberbefehlhaberin zu dem Kutscher uud gab ihm noch einige weitere Anweisungen. Dann bedeckte sie ihr Gesicht mit einem dichten Schleier, schwebte hurtig die Stufen hinauf und hieß mich ihr folgen. Ich stieg aus und überzeugte mich mit einem Blick auf die Straße, daß Niemand nahe genug war, um uns sehen zu können. Der Kutscher verschwand um die Ecke und ich trat in den Laden. Meine Frau sagte eben zu einer niedlichen Französin: „Ich brauche ein Kleid zu dem Ball bei der Gräfin Jgnatieff, das in drei Tagen fertig sein muß. Können Sie's bis dahin liefern?" „Noch früher, wenn die gnädige Frau befehlen." Nun flüsterte Helene etwas, was ich nicht verstand, und die Schneiderin deutete auf eine Seitenthür, woraus »sich Helene in ein kleines, behagliches Zimmer führte und sagte: „So, da sind Schreibmaterialien. Nun schreiben Sie Ihre Briefe, während ich mir ein Kleid auswähle." Aber Sie haben ja eine Menge Kleider in Ihren Koffern," wendete ich ein. „Brauche eiu anderes — habe nichts zum Anziehen — Weiberlaimen. Stellen Sie keine Frage» u»d gehen Sie ja nicht an die Thür," rief mein schönes Räthsel und ließ mich mit einem furchtbaren Verdacht allein zurück — ich befand mich in einem Schlupfwinkel der Nihilisten. Ich schrieb an mein Weib — mein theures Weib in Paris — und beantwortete ihren lieben, gütigen Brief, den ich auf der Gesaudtschaft erhalten hatte. Ich glaube, ich habe dabei geweint; meine Antwort war fehlerhaft, »»grammatikalisch geschrieben, aber zweckmäßig abgefaßt. „Ich hieß meiue ferne Geliebte an Niemand schreiben als an mich — wegen der schwebenden Geschäfte — und ihre Briefe unter doppeltem Umschlag an die Gesandt schaft schicken, auch verbot ich ihr, mir zu telegraphiren, weil alle derartigen Botschaften der Regierung preisgegeben seien. Die Briefe au ihre Tochter bat ich ebenfalls an mich zu schicke». Da»» schilderte ich ihr meine freund liche Aufnahme bei den Weletskh, sagte aber, ich wollte vorher genaue Erkundigungen Anziehen und dann mit Hilfe eines Anwalts die Theilungsangelegenheiten gericht lich regeln. Von einem Besuch in Petersburg rieth ich ihr aus's Entschiedenste ab, da ich in aller Bälde »ach Paris zurückkehren wolle, das Klima abscheulich sei und die Influenza im Verein mit der asiatischen Cholera hier herrsche. Diesen Schreibebrief adressirte ich an „Drexel, Harjes u. Co-, Paris." Dann schrieb ich an Marguerite, setzte sie vom angen- blichen Stand der Dinge in Kenntniß und wies auch sie an, ihre Briefe an mich durch die Gesandtschaft zu senden. (Fortsetzung folgt.)