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Memuer Anzeiger ismle ' Zeitung für Seifersdorf, - 3^. Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete, Nummer 13. Dienstag, den 2. Februar 1897. 10. Jahrgang. Aus dem Gemeindeverwaltungsbericht zu Rabenau vom Jahre 1896. der am 17. December erfolgten Consignativn der Pferde und Rinder wurden im hiesigen Orte 46 Pferde (im Vorjahre 42) und 99 Rinder (im Vorjahre 96) gezählt. > Von Dem Vollstreckungsbeamten Pietzsch mußten im Jahre 1896 25 Pfändungsbefehle mit 217 Aufträgen (im Vor- fahre 251) übergeben werden. In 173 Fällen wurde Zahlung ohne Pfändung, in 30 Fällen durch Pfändung war sekrlangt, in 4 Fällen wurde der Antrag zurückgezogen, in sesonderK Fällen blieb die Pfändung erfolglos und in einem Falle in Milwurde nur theilweise Deckung erlangt. ten Zeil Gewerbliche Streitigkeiten, soweit sie vor das Bürger- >esondeMeisteramt gehören, sind im verflossenen Jahre nicht vor- dte michgekommen. n, dessen Im Armenwesen wurden verausgabt: 697 Mk. an Leidenslaufenden Unterstützungen; 87.60 M. an Miethzinsbei- »öoPathMfen, 554.85 M. an Erziehungsbeiträgen (für unter- elt wor-gebrachte Kinder); 128.48 M. für Naturalleistungen, 394.54 n HerrwMark an anderen Unterstützungen (Kur- und Verpflegkosten); mr vier-216 M. für in Landesanstalten Untergebrachte; 776.50 M. len voiwon anderen Ortsarmenverbänden und Privaten wieder Angenfturnckzuerstattende Unterstützungen und 370.19 M. sonstige daß sftLuSgaben. Jnsgesammt 3562-02 M. j Herr» Außerdem hat der hiesige Frauenvercin und der hier hiermit bestehende Verband der Sächs. Fechtschnle in dankenswerther Weise sich der Unterstützung der Armen rind Hilfsbedürf- ffke, ligen unterzogen. mmern. Ausgestellt wurden: «lrzt i» 24 Arbeitsbücher (im Vorjahre 53), hr. 17 Dienstbücher (im Vorjahre 23), 11 Atteste und Bescheinigungen (59 im Vorjahre), 18 Bescheinigungen über Anmeldung stehender Gewerbe- ag im betriebe (im Vorj. 26), länger- » - ... . stegent- «Nachdruck vsrdcUeu.) Meine offieielle Fran. I Roman von Col. Richard Henry Savage. um 3. ' trer- Fünftes Capilel. rt war Als ich erwachte, war es Heller Tag. Der „Mvnjik" O'u gab durch Klopsen das Zeichen zum Frühstück, und ich mich, um die Pflichten eines neuen Tages in Ruß- ^nchet auf mich zu nehmen. Während ich mich ankleidete, § "" kam der Schaffner herein, um sich die Fahrkarten zeigen ' zu lassen und wiederum sprach er von dem hohen Rang der Fürstinnen Palitzin — sie waren die Gattin und die näher Schwester des Generalgouverneurs von Polen. tß die Nachdem er mir jede mögliche Aufmerksamkeit er- arv' diesen hatte, war er im Begriff, sich zurückzuziehen, als plötzlich die Stimme meines Reisegefährten von gestern Nacht vernehmen ließ. Dieser Herr hatte den Zug offenbar nicht verlassen, denn er saß mit seiner !inocS Toilette beschäftigt auf seiner Seite des Coupes. chlen. „Ein Wort mit Ihnen," sagte er kurz rind scharf zu lacht, oe,u Schaffner. entes „Zu Befehl, Ew. Gnaden," erwiderte der Mann mit Sslos respectvoller Verbeugung. „Ich glaube, Sie sind sich nicht ganz klar darüber, am wer ich bin, sonst würden Sie es wohl nicht wagen, ge- whe" wisse Vorschriften so völlig außer Acht zu lassen. Ein Das Wort in Dein Ohr, Du Vieh! Du Hund! Du Schwein!" ewiß Damit faßte er den Beherrscher des Zuges am Ohr, zog die ihn zu sich heran und flüsterte ihm ein Paar Worte zu, während derer das Gesicht des Schaffners aschfahl wurde, am seine Kniee zu brechen drohten und er sich vor meinem irth- höhnenden Reisegefährten krümmte und wand. Ehe- „Ja — Ew. Excellenz — gewiß, Ew. Hoheit — ,old- Vergebung für Ihren ergebenen Sclaven . . . Ver gebung !" „Keine Redensarten mehr, aber merken Sie sich, was ich gesagt habe! Nun gehen Sie und bestellen Sie im ext: Speisesaal ein Frühstück für mich und meinen amerika nischen Freund, der, wie ich hoffe, dabei mein Gast sein mn, wird." „ne Dabei lächelte er mir freundlich zu, während der Schaffi,er sich schleunigst davon machte. T. Die Wirkung seiner Mittheilung auf den Schaffner M. hatte auch auf mich tiefen Eindruck gemacht rind ich nahm ,pt- die Einladung Baron Friedrich's an. Als ich gestärkt 25. und ausgeruht in die frische, scharfe Lust hinaustrat, er- sch, freute ich mich von Herzen an der Neuheit meiner Um- )en gebung, denn Nerven und Geist hatten sich von den on. gestrigen aufregenden, aber nicht unangenehmen Vorkomm nissen erholt. 54 Erlaubnißscheine zu Schaustellungen, Straßenmusik u. s. w. (im Vorj. 59), 14 Aufenthaltsberechtigungsscheine, 16 sonstige Bescheinigungen, 10 Armuthszeugnisse. Wandergewerbescheine wurden 4 vermittelt. Bürger- Verpflichtungen haben 25 stattgcfunden. Beim Standesamt sind 1896 163 Geburtsfällc — einschließl. 8 Todgeb. (im Vorj. 162s, 34 Eheschließungen (im Vorj. 25), 77 Sterbefälle (im Voij. 84) zur Anzeige gekommen. Die Geburten beliefen sich für Rabenau aus 133 und zwar 68 Knaben und 65 Mädchen (darunter 11 uneheliche), für Obernaundorf auf 23 und zwar 17 Knaben und 6 Mädchen und für Kleinölsa auf 7 und zwar 1 Knaben und 6 Mädchen. Aufgebote wurden beim hiesigen Standesamts 36 (im Vorj. 26) beantragt und die von auswärts zur Bekannt machung eingegangenen Aufgebote belaufen sich auf 13 lim Vorj. 21). Sterbefälle kanten 77 zur Anzeige und zwar 57 auf Rabenau, 14 auf Obernaundorf und 6 aus Kleinölsa. Wie segensreich sich die Unfall-Invaliditäts- und Altersversicherung erweist, dürfte daraus hervorgehen, daß im Jahre 1896 vom hiesigen Kaiserl. Postamt der Betrag von 6786 Mk. an 48 Rentenempfänger zur Auszahlung gelangt ist. Wohl noch keines der vorhergegangenen Jahre ist für unsere Gemeindevertretung ein so arbeitsreiches und für unsere Gemeinde ein so viele Fortschritte bringendes gewesen als das letzte Jahr. Gebe Golt, daß unsere liebe Stadtgcmeinde sich auch im neubegonnenen Jahre weiter entwickele und daß die verschiedenen, noch zu erledigenden Aufgaben recht befriedigende Lösung finden. Sofort schickte ich vom Bahnhof aus meiner Frau einen niedlichen Imbiß in den Zug, und diese bezaubernde Dame ließ mir mit Ihrem Dank die Mittheilung zu gehen, sie wecde in Bälde zu mir kommen. Die Bestellung wurde mir von der Zofe einer der Palitzin'schen Damen ausgerichtet, denn diese waren keine Frühanfsteherinnen, und hatten die Jungfer nach Erfrischungefl in die Restau ration geschickt. Nachdem für Frau Dick gesorgt war, setzten sich Baron Friedrich und ich zu einer Mahlzeit nieder, die so vortrefflich war, daß mir heute noch bei der bloßen Er innerung das Wasser im Munde zusammcnläuft. Die Forellen kamen aus Gatschina, die Rebhühner aus Finn land und der Schinken aus Westfalen; dazu tranken wir echten Johannisberger Cabinet und schmauchten eine Cigarre, wie ich sie selbst in Cuba nicht besser geraucht habe. Eine derartige Mahlzeit erzeugt bei Weibern Liebe,I bei Männern Freundschaft. Sv nahm denn auch unsere Unterhaltung, die mit alltäglichen Gegenständen begonnen halte, einen immer vertraulicheren Charakter an. Wir sprachen mit der Unbefangenheit alter Freunde miteinander, und ich war höchlich erstaunt über den tiefen Einblick meines Genossen in Handel, Literatur und öffent liches Leben. Einmal wollte ich die Politik berühren, aber da unterbrach er mich sofort mit der Bemerkung: „Machen Sie ja in diesem Land nie eine Bemerkung über die Regierung. Je mehr sie über Politik denken, desto weniger sprechen Sie darüber." „Aber ich wollte ja nur über amerikanische Politik sprechen," wandte ich ein; „was in aller Welt hat denn der hohe Zolltarif der Vereinigten Staaten mit der Re gierung des Zaren zu thun?" „Vielleicht nichts — vielleicht doch etwas," erwiderte er, „aber verlieren Sie keinen Hauch darüber. Träumen Sie davon, wenn Sie wollen, aber jedenfalls nur, wenn Sie sicher sind, nicht nn Schlaf zu sprechen. Lassen Sie sich's gesagt sein, und vergessen Sie nie, daß wir hier zu Lande gewöhnt sind" — er grinste ein wenig — „ein gesellschaftliches Verbrechen als ganz harmlos anznsehen im Vergleich zu einem politischen." Die Autorität, womit.diese Bemerkung gemacht wurde, überraschte mich, aber noch viel erstaunter war ich über die kriechende Höflichkeit, die der Wirth meinem neuen Freund erwies. Als wir wieder auf den Bahnsteig hinaus gegangen waren, eilte der Wirth uns nach, küßte Baron Friedrich die Hand, fragte ob Seine Excellenz zufrieden gewesen seien, ob er ihm nicht etwas Vorrath für unter wegs, wenigstens ein Kistchen Cigarren und einige Flaschen Champagner in den Wagen bringen dürfe, und gab sich Aus unserer Gegend. — Mit dem Schneefall der letzten Tage tritt bei sämmtlichen Fuhrwerken das behördlich vorgeschricbene Schellen- und Glockengeläute wieder in die Erscheinung, welches, alter Gewohnheit nach, zumeist oben am Halse der Pferde angebracht ist. Wir »vollen diese Art des Anbringens der Geläute nicht gerade als eine directe Thierquälerei hinstellen, meinen aber, daß es für das Pferd, welches bekanntlich ein ungemein feines Gehör be sitzt, immerhin eine große Pein fein muß, das Tönen der Schellen fortwährend unmittelbar vor den Ohren zu haben. Eben so schlimm, wohl noch schlimmer dürfte es sein, wenn das Pferd statt der Schellenriemen vorn eine Glocke tragen muß, welche fortgesetzt an ein und derselben Stelle gegen Kopf und Hals schlägt. Eine Ausnahme davon machen in der Regel nur die Luxuspferde, welche das Läutewerk fast stets am Kammdeckel auf dem Rücken, dem unstreitig besten Platze tragen. Bei gewöhnlichen Ge schirren, wo billiges Läutewerk in Anwendung kommt, ist das nun freilich nicht gut durchführbar, doch wäre auch hier der Sache auf recht bequeme und leichte Weise beizukommen, und zwar dadurch, daß man die Glocken einfach an den Deichselspitzen befestigt, wie wir es auch an einigen Geschirren in eurer Nachbarstadt zu beobachten Gelegenheit hatten. Jedenfalls verdient dieses Beispiel allerwärts nachgeahmt zu werden und empfehlen wir unseren Vorschlag allen Fuhrwerksbesitzern zur geneigten Beachtung. — In Schwarzenberg bei Poehla vergiftete Therese Richter ihre Schwiegermutter mit vergifteten Kaffee. Drei weitere Personen, welche von dem Kaffee getrunken, sind schwer erkrankt, befinden sich aber auf dem Wege der Besserung. Die Giftmischerin ist mit ihrem neunjährigen Sohn flüchtig. erst zufrieden, als Baron Friedrich endlich die Cigarren annahm. Kurz nachdem sich der Wirth entfernt hatte, sagte der Begleiter zu mir: „Ich hatte geglaubt, in Dünaburg aus steigen zu müssen, aber eine Mittheilung, die ich dort erhielt, veranlaßt mich, nach der Hauptstadt zu reisen. Bitte, entschuldigen Sie mich für jetzt; ich habe, ehe der Zug abging, noch einiges zu besorgen." Mit freundlichem Nicken ließ er mich allein, und ich wunderte mich, iver dieser halb germanische, halb fran zösische nnd tatarische Mann, dem die Eisenbahnbediensteten mit solcher Ehrfurcht begegneten, wohl sein mochte; schließlich nahm ich an, er sei der Präsident der Bahn linie und auf einer geheimen Inspektionsreise begriffen. Einige Strahlen feines Glanzes schienen auch auf mich gefallen zu sein, denn ich wurde von mehreren Leuten, die uns beisammen gesehen hatten, mit kriechender Ehr furcht betrachtet. Während ich so auf dem Bahnsteig auf- und ob- wanderte und in meiner Frühcigarre schwelgte, wurde mir sehr behaglich zu Mathe. Wirklich, in Rußland be kommt man die allererlesensten Weine und die allerbesten Cigarren, und die des Barons waren köstlich. Während des Rauchens dachte ich nach, und je länger ich nachdachte, desto glücklicher fühlte ich mich. Ich überlegte, daß mir dies Abenteuer mit der reizenden Frau Dick nicht die mindeste Verlegenheit bereiten könne. Bei meiner Ankunft in St. Petersburg wollte ich Helene gleich in einen Gasthof spediren, daun ihren Mann aufsuchen und ihm erzählen, aus welcher Verlegenheit ich seiner reizenden Gattin geholfen habe. Zunächst beabsichtigte ich dann, meine Geschichte dem amerikanischen Gesandten oder Legationssecretär zu erzählen. Wohl würde dieser Frau Dick etwas sonderbar zulächeln, wenn er sie in Gesellschaft träfe, oder dem armen Gaines einen mitleidigen Blick zuwerfen, wenn er käme, um seine Briefe zu holen, aber er würde die Paßangelegenheit mit der Polizei in Ord nung bringen. Die Amerikaner sind eigene Leute — sie würden denken, ich hätte aus Unwissenheit oder aus Liebe zu der bezaubernden Fran Dick gefehlt, und würden dies für sehr entschuldbar halten — ach, wie schien mir der Tag so schön bei diesem tröstlichen Gedanken! Einen Augenblick später wurde meine Wanderung den Zug entlang plötzlich unterbrochen. „Guten Morgen, lieber Arthur, und besten Dank für das entzückende Frühstück," erklang es heiter hinter mir, und als ich aufblickte, sah ich eine kleine weiße Hand auf meiner Schulter und Helenens Antlitz unter dem halbgeöffneten Fenster. (Fortsetzung folgt.)