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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H YGI EN E - MU S EU M Sonnabend, den 30. April 1966, 19.30 Uhr Sonntag, den 1. Mai 1966, 19.30 Uhr 13. AUSSERORDENTLICHES KONZERT * Zum 20. Jahrestag der Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands DIRIGENT: KYRILL KONDRASCHIN SOWJETUNION Felix Mendelssohn Bartholdy 4. Sinfonie A-Dur op. 90 (Italienische Sinfonie) 1809-1847 Allegro vivace Andante con moto Con moto moderato Saltarcllo (Presto) Dmitri Schostakowitsch geb. 1906 PAUSE 10. Sinfonie op. 93 Moderato Allegro Allegretto Andante-Allegro Zum 60. Geburtstag des Komponisten am 25. September 1966 KYRILL KONDRASCHIN, der zu den bedeutendsten sowjetischen Dirigentenpersönlichkeiten gehört, wurde 1914 in Moskau geboren. 17jährig wurde er in die Dirigcntcnklasse N. E. Chaikins im Moskauer Konservatorium aufgenommen. 1937 - nach dem Studium - ging er als Dirigent an das Kleine Lenin grader Operntheater, 1943 erfolgte seine Verpflichtung an das Bolschoi-Theater Moskau. Neben seiner Operntätigkeit errang er auch in Sinfoniekonzerten außerordentliche Erfolge, nicht nur in der Sowjet union, sondern auch im Ausland, so u. a. in Polen, Bulgarien, Ungarn, in der CSSR, in England, in der DDR, in den USA. ZUR EINFÜHRUNG Felix Mendelssohn Bartholdy, der musikalisch von einer seltenen Frühreife war, besitzt in der Musikgeschichte ein dreifaches Ansehen: als Organisator (so gründete er beispiels weise das Leipziger Konservatorium als erstes in Deutschland und brachte Bachs Matthäus-Passion hundert Jahre nach ihrer Uraufführung erstmalig wieder zum Er klingen), als Dirigent der Leipziger Gewandhauskonzerte (hinzu kam seine ausgedehnte Konzerttätigkeit in Berlin, London und anderen Städten) und nicht zuletzt als Komponist zahlreicher Werke für die verschiedensten Gattungen, die zu den schönsten Zeugnissen der deutschen musikalischen Romantik gehören, wie die geniale Musik zum „Sommer nachtstraum“, das Violinkonzert, die „Schottische“ und „Italienische Sinfonie“. Mendels sohns formvollendete Tonsprache erwuchs oft aus Natur- und Landschaftserlebnissen - wie im Falle der 3. Sinfonie a-Moll (der „Schottischen“) und der Hebriden-Ouvertüre, die die Früchte einer Schottlandreisc waren. Ebenso entstand die 4. Sinfonie A-Dur op. 90, die „Italienische“, während einer Italienfahrt des 21jährigen Bankiersohnes Mendelssohn. Von Rom berichtete er 1830: „Die Italienische Sinfonie macht Fortschritte; cs wird das lustigste Stück, das ich gemacht habe.“ Die Sinfonie wollte er nicht beenden, ehe er Neapel gesehen hatte, „denn das muß mitspielen“. Die erfolgreiche Uraufführung des Werkes fand 1833 in London statt. Das liebenswürdige Stück bietet keinerlei Probleme. Der Komponist folgt dem klassi schen Sinfonieschema konsequent. Er musiziert in der „Italienischen“ vorwiegend einfach, heiter und lebensfreudig. Die lichterfüllte Welt des Südens begegnet im jugendlich- jubilierenden, frohbeschwingten Hauptthema des ersten Satzes. Der zweite Satz, dem angeblich ein böhmischer Wallfahrtsgesang, von Holzbläsern und Bratschen vorgetragen, zugrunde liegen soll, gibt sich dagegen mehr elegisch, balladenhaft. Auch der dritte Satz, ein Menuett, gemahnt eher an einen Schubertschen Ländler als an ein Bild aus der italienischen Landschaft. Der Trioteil malt mit weichem Hörnerklang den Zauber des deutschen Waldes, den Mendelssohn selbst in Italien nicht vergessen konnte. Genial ist das Presto-Finale, ein leidenschaftlich dahinwirbelnder „Saltarcllo“ (Springtanz; das Tanzthema erklingt in den Holzbläsern), der, aus der neapolitanischen Volksmusik über nommen, ein mitreißendes Bild aus dem italienischen Volksleben mit seiner ausgelassenen Fröhlichkeit trotz elegischer Episoden zeichnet. Dieser Satz ist ein typischer geistsprühen der, elegant-schwungvoller Mendelssohn, der jeden Hörer wohl in seinen Bann zwingt. Dmitri Schostakowitsch ist heute unbestreitbar der bedeutendste und eigenwilligste sowjetische Komponist. Darüber hinaus zählt er zu den profiliertesten führenden Persön lichkeiten der internationalen Gegenwartsmusik. Von dem großen Meister der Sinfonie liegen bis jetzt dreizehn Belege aus diesem Schaffensgebiet vor, überragende Dokumente zeitgenössischer Sinfonik. Außerdem finden sich in seinem Oeuvre Beiträge zu fast jeder musikalischen Gattung.